ALSO DAGEGEN WAR RELOADED JA LANGWEILIG...
..:: von
Vector ::..
…war meine erste Reaktion als die Lichter im Kinosaal wieder angingen und
der Abspann wie ein Endlosband an Namen von Darstellern und Filmcrew über
die Leinwand lief. Es ist ein wunderbares Gefühl wenn man einen Kinofilm
anschaut und dermaßen weggeblasen wird, daß man lange Zeit nicht mehr
aus dem Staunen und Nachdenken herauskommt. Das werdet ihr vielleicht auch in
dem folgenden Text merken.
Die Story, die mit dem Ende von Reloaded soviele Fragen aufwirft, wird mit
Bravur zuende geführt. Wobei man sagen muß, daß das Ende wieder
viele Gedanken und Interpretationen zulässt. Wenn sich Matrix um das Entdecken
des Kaninchenbaus dreht und Reloaded um die Erforschung dieses Kaninchenbaus,
dann kann man sagen daß Revolutions erklärt was der Kaninchenbau
ist und warum er überhaupt da ist. Es gibt viel mehr Referenzen auf den
ersten Matrixfilm –beispielsweise Dialoge oder Szenenbilder innerhalb
der Matrix; weswegen man ihn nochmals ansehen sollte (meine Empfehlung).
Neo ist mächtiger geworden. Ebenso Smith. Er entpuppt sich als das absolute
Böse, noch dazu hat er sich die gesamte Population der Matrix unter den
Nagel gerissen. Selbst in der echten Welt richtet er in Bane’s Körper
Schaden an, was Neo und Trinity beinahe zum Verhängnis wird. Während
Morpheus, Niobe und alle anderen an Bord der Mjolnir nach Zion zurückkehren
um Commander Locke und den Zionisten bei der Verteidigung der Stadt Hilfe zu
leisten, fliegt Neo mit Trinity an die Oberfläche zur Maschinenstadt “01”.
Die Handlung teilt sich somit auf und beide Teile werden mit Abwechslung und
Spannung erzählt. Es gibt sehr viele Überraschungen und an manchen
Stellen lässts einem die Kinnlade zu Boden fallen. Ein kleines Beispiel
wären die Bohrmaschinen. Diese tun nicht nur bohren… Selbst die Squiddies
haben eine gewiefte Kampftaktik.
Die Nebenrollen des Films erweisen sich teils als Schlüsselfiguren. Rama
Kandra und insbesondere seine Tochter Sati, denen Neo in seinem Komazustand
begegnet, haben eine wichtige Rolle die Neo bei seiner Selbsterkennung ein Stückchen
weiterhilft. Da Gloria Foster unglücklicherweise verstorben ist, mußte
eine neue Schauspielerin für das Orakels einspringen. Mary Alice bringt
die Rolle glaubhaft rüber. Selbst die nötige Umstellung der Story
wird von den Wachowskis perfekt inszeniert. Captain Mifune und “The Kid”
erweisen sich nach anfänglichen Streitigkeiten als schlagkräftiges
Duo. Letzteres Nervenbündel aus Reloaded trägt maßgeblich zur
Rettung Zions bei.
Die Special Effects sind wahrlich das beste was ich jemals bis dato in einem
Film gesehen habe. Ich möchte nicht wissen wieviel Überstunden die
Animateure und Computergraphik-Spezialisten eingelegt haben. Das Resultat ist
mehr als bloß beeindruckend. Eher umwerfend wäre der passende Ausdruck.
Die Bewegungen der Horden von Squiddies, die Eingliederung der Schauspieler
in den Special-Effects-Szenen, der letzte Kampf zwischen Neo und Smith, der
Aufbau der Maschinenstadt…ich könnte die Liste endlos fortsetzen.
Visuell hat an Revolutions alles gepasst. Die Vertonung war realistisch und
laut und die Explosionen hallen immer noch in meinen Ohren. Die Soundkulisse
hat einfach etwas Individuelles, etwas womit man Matrix identifizieren kann.
Ähnlich wie Star Wars oder Aliens ebenso ihre eigenen Soundeffekte haben.
Natürlich erreicht kein Film absolute Perfektion und auch Matrix Revolutions
schafft das nicht. Leute die keine schlechten Nachrichten hören können,
mögen diesen Teil überspringen, dennoch seien einige Dinge an dieser
Stelle erwähnt. Die Dialoge haben sich im Vergleich zu Reloaded mäßig
verbessert. Jedoch wirken sie manchmal künstlich und stiften Verwirrung
wo keine Verwirrung angebracht ist. Auch die traurigen oder romantischen Szenen
weisen nicht genug Emotion auf um sie wirklich glaubhaft zu gestalten. Filme
wie Herr der Ringe bringen diese Stellen wesentlich gekonnter herüber.
Natürlich trübt das nicht die generelle Stimmung des Films. Nur wären
diese Szenen professioneller, dann würde Revolutions der Barriere zur Perfektion
sehr nahe kommen.
Ich möchte euch nicht das Ende des Films verraten. Es ist absolut kein
Hollywood-typisches Ende. Eher war es eine Art von Ende welches ich mir gewünscht
habe. Eben auch die letzten Dialoge von Revolutions vermitteln eine sehr mächtige
Message an unsere Menschheit. Somit gebe ich den Wachowskis ein wahrhaftiges
“Bravo” -dafür daß sie aus dem Nichts heraus eine Story
gezaubert haben, die so viel philosophisches Nachdenken in uns auslöst
und noch dazu in Form einer gelungenen Filmtrilogie Augen und Ohren stimuliert.
Eines weiß ich sicher, ich werde mich in 50 Jahren auch noch an Matrix
erinnern.
Diejenigen von euch, die nächsten Mittwoch Revolutions sehen werden und
insbesondere diejenigen welche die Möglichkeit haben alle 3 Filme nacheinander
in einem Triple-Feature zu sehen, sei eines gesagt: Ihr werdet nicht enttäuscht
werden.
Ich zumindest wurde nicht enttäuscht.
DIE RÜCKKEHR ZUR REVOLUTION
..:: von
Torwächter ::..
Die Wachowskis sind wieder da! Nach der zwiespältigen "Reloaded"-Etappe
sind sie nun wieder auf dem richtigen Gleis angelangt. Der Beweis dafür:
Als ich aus der Pressevorführung kam, war ich schweißgebadet, rot im
Gesicht, hatte leichte Kopfschmerzen - "Matrix Revolutions" ist atemberaubend
rasant und überwältigend spannungsgeladen. Das würdige Ende der
Trilogie deklassiert den zweiten Teil zu nicht mehr als einem lauwarmen Prolog
des großen Finales. Spätestens jetzt wird klar, dass "Reloaded"
nur drei Aufgaben hatte: Er sollte Geld verdienen, den Zuschauer vertraut machen
mit der Aufbau der Matrix (ihre Funktion wurde ja bereits im ersten Film erklärt)
und ihn verwirren und überraschen, mit seinen deutungsnötigen Wendungen
und Offenbarungen zum Ende hin. Das alles hat "Reloaded" erfüllt,
aber als eigenständiger Film funktioniert er nunmal einfach nicht bzw. nur
schlecht. Die wahre Fortsetzung von "Matrix" ist "Revolutions"!
Die Geschichte geht erfreulicherweise ohne große Umschweife weiter - wer
aber die Geschehnisse aus dem Intermezzo "Reloaded" nicht mehr im Kopf
hat und den Inhalt auch noch nicht komplett mental verarbeiten konnte, der wird
große Probleme bekommen. Denn die Zündung erfolgt sehr schnell und
die Spannungskurve schraubt sich vehement in die Höhe. Während der Vorgänger
relativ geradlinig ablief, haben wir es hier bald mit mehreren Handlungsebenen
zu tun, zwischen denen bravourös hin- und hergeschnitten wird, so dass das
Adrenalin bald in Massen zu strömen beginnt.
Wie bereits bekannt geschieht diesmal nicht so viel in der Matrix. Dementsprechend
unspektakulär läuft auch die Rettung Neos vor dem Merowinger ab. Der
Kampf im Vorraum des "höllischen" Fetisch-Clubs ist nur eine nette
Selbsthommage und Reminiszenz an die unvergessliche Lobby-Stürmung des ersten
Films. Die wahre Post geht in der Wüste der Wirklichkeit ab! Statt an mittlerweile
ohnehin etwas schal gewordenem Cyber-Kungfu dürfen SciFi-Fans sich an der
epischen Schlacht um Zion erfreuen. Wem beim Anblick des Wächter-Schwarms,
der sich wie ein apokalyptischer Lindwurm in das Dock ergießt, nicht der
Unterkiefer herunterklappt und beim anschließenden Dauerfeuer-Gefecht der
APU-Kampfläufer keinen Schweißausbruch bekommt, der muss wohl scheintot
sein. Der Actionpegel und der Verschleiß an Spezialeffekten sind enorm -
wer braucht da noch ästhetisierte Bullet Time Zeitlupen?
Doch im Gegensatz zu "Reloaded" besteht "Revolutions" nicht
nur aus aneinandergereihten Action-Sequenzen. Die verschiedenen Handlungsebenen
werden von starken, teilweise neuen, Charakteren getragen, wie z.B. Mifune, der
bärbeißige Anführer der APU-Verteidiger, oder Kid welcher als
Aufmunitionierer das Kriegsinferno hautnah miterlebt, oder die zur Guerilla-Kämpferin
avancierte Zee, und nicht zu vergessen der hartgesottene Captain der Hammer. Einzig
Morpheus bleibt, erkennbar gezeichnet und verwirrt durch die Offenbarungen des
vorhergegangenen Films, eher blass - ganz im Gegenteil wiederum zur toughen Niobe,
die nun endlich auch außerhalb des Videospiels zeigen kann was sie drauf
hat.
Das einzige was man meiner Meinung nach an "Revolutions" kritisieren
kann, sind die nach wie vor ziemlich simpel gestrickten Dialoge und die wenigen
eingestreuten "romantischen" Szenen mit Neo und Trinity, die in gewohntem
Kino-Schmalz eingetaucht sind. Eigentlich weiß der Zuschauer ja, dass sie
sich lieben, aber es wird dennoch andauernd erwähnt und gezeigt und bewiesen.
Es ist ähnlich wie mit der Sex-Szene in "Reloaded" - ihre Beziehung
wirkt trotz aller Bemühungen immer noch klinisch und konstruiert. Was sie
aber vielleicht auch sein soll, schließlich ist es beider Schicksal. Außerdem
muss man zum Schutze sagen, dass es nunmal nicht einfach ist eine Liebesbeziehung
in einem auf Action getrimmten SciFi-Film über die Dauer von zwei Fortsetzungen
zu strecken - die meisten Geschichten in diesem Genre hören dann auf wenn
der Held sein Mädchen gefunden hat.
Das epische Finale von "Revolutions", dem man es wahrhaftig ansieht
wie teuer es war, stellt den zweiten Höhepunkt nach der Schlacht um Zion
dar. John Gaetas "virtuelles Kino" in Höchstform - der strömende
Regen verleiht dem Zweikampf zwischen Neo und Agent Smith eine ungeahnte Wucht,
indem er es möglich macht die gewaltigen Kräfte zu visualisieren, die
hier aufeinander prallen. Und bei Neos Ultra-SloMo-Fausteinschlag sehen wir die
realistischste computergenerierte Gesichtsanimation, die es bisher zu sehen gab.
Die Effekte sind zwar nicht wirklich revolutionär, aber sie stellen in Aufwand,
Vielzahl und Umsetzung alles bisherige locker in den Schatten.
Wie ich schon andeutete, passt "Revolutions" weitaus besser zu "Matrix"
als "Reloaded". Farblich ist er sehr düster gehalten, und von Anfang
an wieder vollgestopft mit religiösen, mythischen und computertechnologischen
Allegorien und Symbolen, die bei Fans wieder für Gesprächsstoff sorgen
werden. Man nehme da nur den Trainman als Fährmann zwischen den Welten, die
Namen der "indischen" Programmfamilie, Neos Flug in das von ihm geschaffene
an ein Spinnennetz erinnernde Muster an der Wand, Seraphs Anrede als Flügelloser
und Judas, der auf Neos Brust aufblitzende Schein in Form eines Kruzifix, die
"Firewall" der Maschinenstadt oder die á la Kali vielarmige Maschine,
die Neos Körper zu sich nimmt. Die Liste ist schier endlos und es wird so
einige Filmsichtungen und Forumsdiskussionen brauchen bis man alle Zeichen gedeutet
hat oder zumindest glaubt die zweite Inhaltsebene einigermaßen überblickt
zu haben.
Das Ende der Trilogie sei hier nicht explizit verraten, aber es ist relativ simpel
gehalten und ziemlich genau so wie ich es erwartet habe. Der Titel impliziert
es ja bereits. Doch es stellt sich die brennende Frage wie es weitergeht mit der
Matrix. Was mit den Menschen und Zion geschieht. Den Programmen in der Matrix
(gerade den illegalen wie dem Merowinger oder Flüchtlingen wie der niedlichen
Sati). Aber das wird wohl Stoff für die phantasiereichen Fans sein - oder
in zukünftigen Matrix-Spinoffs wie eben Comics oder Videospielen erleuchtet
werden.
Interessant sind diesbezüglich auch die ständigen DejáVu-Aussagen
von Agent Smith und die Fraktale, die man zu Beginn nach der Titelanimation und
zum Ende hin bei der Vogelperspektive der Maschinenstadt sehen kann. Fraktale
sind unendliche Gebilde, und Smith erinnert sich scheinends an andere Inkarnationen
von ihm. Könnte dies - ganz buddhistisch-hinduistisch, oder auch nordisch
wenn man den "Super Brawl" als Ragnarök gleichsetzt - nicht heißen,
dass nicht doch alles ein Ende hat, was einen Anfang hatte? ;)