+++ Im Dschungel von Sinos III, östlicher Spiralarm
„HQ bitte kommen,... Hier spricht Kommandant Prothos der Patrouille
Omega, erbitte Antwort... HQ bitte kommen,...“ Prothos drehte wütend
an den Schaltern des Funkgeräts, bekam aber nur ein verzerrtes
Rauschen rein. Er begann leise zu beten, um den Geist der Maschine
zu besänftigen, doch es half nicht: Das Funkgerät schien
aufgrund der Feuchtigkeit hier im Dschungel betriebsunfähig
geworden zu sein. Prothos verfluchte es und schwor, dass er dem
ehrwürdigen Bruder Techmarine Intencius bei seiner Rückkehr
gehörig die Leviten lesen werde. Erst die Bikes und nun das!
Verzweifelt setzte er schließlich nochmal zu einem Versuch
an: „HQ bitte kommen,... Wenn mich dort draußen irgendjemand
hört, hier spricht Kommandant Prothos der Patrouille Omega,
Stellung bezogen gemäß Marschroute B. Mussten Bikes am
Waldrand, Planquadrat C5, liegenlassen, Weiterfahrt war nicht möglich
wegen schlammigem Untergrund. Setzen nun Marsch durch Dschungel
fort. Voraussichtliche Ankunft in sechs Stunden. Prothos Ende...“
Verärgert steckte Prothos das verfluchte Funkgerät in
seine Gürteltasche und machte seinen Männern, die die
Lichtung nach allen Seiten hin absicherten, Zeichen ihm zu folgen.
Er schulterte gerade seine Kombi-Waffe, als er plötzlich wie
erstarrt innehielt. Wie alle Space Marines war auch er dafür
ausgebildet worden, in Sekundenbruchteilen die Situation zu bewerten
und Lösungsstrategien zu finden. Dies tat er nun, die Gedanken
rasten in seinem Kopf: Es ist so still auf einmal, zu still... Sehe
Feindziele sich von Norden und Süden nähernd, wollen uns
einkreisen, Fluchtwege abschneiden... Taktischer Rückzug zu
den Bikes beste Lösung... Feindziele wie erwartet als Tyraniden
klassifiziert, müssen auf dem Pfad bleiben, Feuerunterstützung
geben, Direktkontakte vermeiden,...
Mit knappen Worten dirigierte er seine Männer auf ihre Positionen
und betete leise zum Imperator, auf dass er ihnen Kraft und Willensstärke
gebe...
Plötzlich durchfuhr ihn ein lähmender Schmerz, als irgendetwas
seine Rückenpanzerung durchschlug und sich in seinem Fleisch
verhakte. Bevor er reagieren konnte, verlor er den Boden unter den
Füßen und wurde in den Dschungel gezogen. Scharfe Chitinklauen
durchschlugen mühelos seine Servorüstung und durchbohrten
seinen Körper. Von den Schmerzen betäubt, spürte
Prothos wie sein Gegner ihn mit seinen hornartigen Klauen packte
und gegen den nächsten Baum stemmte.
Langsam öffnete er die Augen und sah vor sich den in unzähligen
Farben und Schattierungen verschwimmenden Körper eines Liktoren.
Der Liktor blickte direkt in seine Augen, Prothos fragte sich, warum
er ihm nicht den Todesstoß gab.
Doch als er in die leuchtenden Augen des Tyraniden sah, begriff
er und die Erinnungen von damals holten ihn wieder ein: Vor fünfzehn
Standardjahren, bei der Säuberungsaktion nach der ersten Tyranideninvasion
von Sinos III, waren sie sich schon einmal begegnet. Er war damals
noch ein junger Scout, kurz nach seiner Aufnahme in den GoldenEye
Guards Orden und auf seiner ersten Mission. Sie waren zu zwanzigst
und hatten den Auftrag die letzten Hormagantennester ausfindig zu
machen und zu zerstören. Eines Nachts, als er auf einem Patrouillengang
war, sah er in einiger Entfernung wie sich etwas durchs Dickicht
bewegte, etwas, was er nicht wirklich sehen konnte, da es durchsichtig
zu sein schien. Es blickte ihn mit seinen leuchtenden Augen an.
Als er sein Nachtsichtgerät aktivierte, war es plötzlich
verschwunden. Damals dachte er, es wäre nur ein einheimisches
Tier gewesen und setzte seine Patrouille fort...
Am nächsten Morgen berichtete er davon und wurde vom Sergeant
ob seines Leichtsinns und seiner Pflichtvergessenheit hart gescholten.
So etwas hätte er sofort melden müssen. Damals erfuhr
er von ihm, was und wie gefährlich ein Liktor ist, und aufgrund
seines Versagens wollte Prothos eine hohe Bestrafung seiner selbst
beantragen. Doch am nächsten Tag meldete ein anderer Suchtrupp,
dass sie einen Liktor aufgespürt und vernichtet hätten.
Damals dachten alle, es wäre derselbe gewesen...
Heute, fünfzehn Standardjahre später, war er ein Kommandant
und die Tyraniden sind zurückgekehrt, um die Ernte des Planeten
fortzusetzen. Seinen Rang hatte Prothos nun nicht mehr verdient,
die Erkenntnis seines Versagens ließ unstillbaren Hass in
ihm aufkommen. Der Liktor drückte ihn immer fester gegen den
Baumstamm. Mit einem Krachen zerbarsten unter dem gewaltigen Druck
seine Knochen. Er sah, wie der Kopf des Liktoren sich ihm langsam
näherte und schleimige Tentakel aus seinem Mund nach ihm tasteten...
Mit den letzten Kräften, die noch seinem geschundenen Körper
innewohnten, bäumte er sich nochmal auf und keuchte: "Im Namen
des Imperators werde ich hier und jetzt meine Sünde vergelten!"
Der Liktor hielt verdutzt inne und begriff viel zu spät.
Prothos löste schnell die Melterbombe von seinem Gürtel,
packte sie fest und drückte auf den Zünder...