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ANKLAGE: FLUCHT VOR DEM FEIND

"Leutnant! Bringen sie ihre Leute zu Punkt Delta Charlie!" donnerte die Stimme von Hauptmann King über die Schützengräben. "Ja, Sir," brüllte Leutnant Carson zurück. "Im Namen des Imperators, bewegt euch, ihr Verteidiger von Cairn Prime!" feuerte Kommissar Ludovic den Zug an. Carson verzog das Gesicht, als er die Stimme des Kommissars hörte, denn eigentlich war es seine Aufgabe die Männer zu befehligen, was den Kommissar aber nicht im geringsten störte. Doch selbst Carson musste zugeben, dass der Ludovic ein imposante Gestalt war. Wie alle Kommissare trug Ludovic einen schwarzen Mantel über seiner gefütterten Uniform und einem großen Abzeichen in Form des imperialen Adlers. Doch beeindruckender war der rechte Arm: Um Gefechtsnarben zu überdecken, hatte sich der Kommissar einen Handschuh aus Gold übergezogen, der von der Schulter bis zu den Händen reichte.
Hintereinander rannte sein Zug durch die Schützengräben zu der ihnen zugewiesenen Position. Mit geübten Blicken sah sich der Leutnant seine Männer an und erkannte in allen angespannte Energie, wie vor jedem Kampf. Mit dröhnenden Motoren fuhren zwei Vanquisher Panzer direkt neben ihnen in vorbereitete Gräben, so dass nur noch die Türme aus den Gräben ragten. Die beiden schwer gepanzerten Fahrzeuge flößten dem Zug weiteres Vetrauen in die Imperiale Armee ein. "Sir, der Zug befindet sich in Position," hörte Carson hinter sich die Stimme des Kommissars. Wie vom Blitz getroffen wirbelte der Leutnant herum. "Kommissar, dürfte ich darum bitten, dass sie ihre Arbeit tun und mich meine Aufgaben übernehmen lassen," sagte Carson mit schwer zurückgehaltener Wut. Ludovic, noch mit dem Hörer des mobilen Funkgerätes, schien den Ausbruch des Leutnant nicht zu bemerken. "Sie kommen," antwortete er einfach.
Wie auf Stichwort fingen die beiden Panzer in ihrer Nähe an zu feuern. Lange Salven Munition wurden dem Feind entgegengeschleudert. Leutnant Carson hob das Fernglas vor seine Augen. Er sah drei Antigravpanzer der Eldar über die Ebene vor den Schützengräben rasen, gefolgt von Infanterie zu Fuß. Der vordere Gleiter fand sich in einem Kreuzfeuer der beiden Vanquisher Fahrzeuge wieder, doch er schüttelte die Attacken ab wie einen leichten Tropenregen dieses Planeten. "Haltet euer Feuer zurück, bis wir die Infanterie sehen," befahl Leutnant Carson seinen Männern. Halb rechnete er damit, dass Ludovic seinen Befehl rückgängig machen würde, doch der Kommissar leierte nur imperiale Litaneien des Glaubens und des Mutes wieder. Die beruhigenden Worte schienen den Soldaten mehr Entschlusskraft zu geben. Dann öffnete sich die Luken des ersten Eldarpanzers. Sofort feuerten die Soldaten auf die schemenhaften Gestalten im Innern des Gleiters. Doch ohne sich um die Soldaten zu kümmern, bewegten sich die roboterhaftigen Wesen auf die Panzer zu. Nur der Runenleser, der die Phantomdroiden begleitete, sah sich die Soldaten an und hob die Hand. Flammen zuckten aus der Hand des Psionikers und durchfluteten den Schützengraben. Zum Glück reichten die Flammen nicht allzu weit, aber Soldat Whyte wurde von ihnen verzehrt. "Feuert weiter," brüllte Kommissar Ludovic, aber der noch rauchende Körper von Whyte verzerrte die Wahrnehmung der Soldaten. Der Turm des Antigravpanzers drehte sich, feuerte einige Salven in den Graben und traf zwei weitere Soldaten. Schnell riss Leutnant Carson den Hörer des Funkgerätes ab und rief ins Mikrophon: "Sir, wir haben schweren Feindkontakt. Ich erbitte Artilleriefeuer auf Koordinaten 327-286." "Erwarten sie die Artillerie nicht sehr bald, die Außerirdischen sind an mehreren Stellen bereits durchgebrochen. Halten sie die Stellung, im Namen des Imperators!" Der Funkkontakt brach mit einem Knacken zusammen. Kurz darauf explodierte der erste Vanquisher. Carson beobachtete mit einer seltsamen Faszination, wie sich der Feuerball ausdehnte. Dann öffneten sich Luken auf dem zweiten Vanquisher und drei Sitze wurden in die Luft geschleudert, kurz bevor auch der zweite Panzer explodierte. Ein Schleudersitz wurde von einem herumfliegenden Trümmerteil getroffen und stürzte ab. Die anderen beiden kamen hinter Carson und seinen Männern herab. "Kommt schon Männer, bewegt euch. Es zählt jede Waffe, die wir haben," feuerte Carson die Männer aus dem Panzer an, die versuchten sich so schnell wie möglich aus ihren Gurten zu befreien. "Achtung! Artillerie!" brüllte da einer der Männer. Carson seufzte erleichtert, dass ihnen die Artillerie endlich half. Ein entsetzter Aufschrei ließ Carson herumwirbeln, und er sah wie die beiden überlebenden Panzerpiloten von einem Netz gefangen waren, dass ihnen die Gliedmaßen amputierte. Zwei weitere dieser Monofilamentnetze folgten dem ersten, trafen aber nicht. Es war nicht die imperiale Artillerie, sondern die des Feindes. "Rückzug, zur zweiten Linie," rief Carson in aufsteigender Panik. "Nein! Feuert weiter, im Namen des Imperators!" brüllte Kommissar Ludovic. "Sind sie verrückt? Die Panzer feuern zum Glück nicht mehr, aber ihre Artillerie hat uns im Visier. Wir müssen uns zurückziehen und hinten beim Hauptmann aushelfen," sprudelte es aus Carson heraus. "Unsere Befehle lauten, die Stellung zu halten, und das werden wir auch tun," sprach der Kommissar. "Dann bleiben sie hier. Diese Position muss aufgegeben werden, und das werde ich mit meinen Männern auch machen." Leutnant Carson wollte sich umdrehen, aber Ludovic riss ihn wieder herum. "Ich exekutiere sie wegen Feigheit vor dem Feind," sagte der Kommissar. Noch bevor Carson den Inhalt dieser Worte verstanden hatte, feuerte Ludovic seine Boltpistole ab. Herausfordernd sah der Kommissar die Soldaten an. "Keiner rührt sich. Wer nicht auf die Feinde feuert, wird wegen Missachtung eines Befehls exekutiert." Drei weitere Monofilamentnetze fielen vom Himmel herab, aber verfehlten glücklicherweise den Zug.
"Folgt mir! Wir werden die Artillerie des Feindes angreifen," rief Kommissar Ludovic und lief auf eine Lücke im Schützengraben zu. Doch bevor er sie erreichte, streckten ihn mehrere Lasergewehrschüsse nieder.
Der Zug war der Ansicht, dass Rückzug doch die bessere Taktik war.



Urheberrecht: Jörg Nemitz, 2001



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