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SCHICKSALE

"Vorwärts!… Feuer!" Keeth rannte als erster los. Er spurtete hinter der zusammengeschossenen Ziegelsteinwand hervor und erklomm mühsam den rutschigen Schutthügel hinauf zu der kleinen Anhöhe. Seine fünf verbliebenen Gardisten folgten ihm dicht auf. Sofort prasselte ein Hagel Laser und Hartmantelgeschosse auf die Elitesoldaten ein. Schon wieder.
Die Rennenden zogen ihre behelmten Köpfe ein und feuerten ihre Hochenergielasergewehre in der Bewegung ab. Keeth schaltete seine Boltpistole auf Automatik und ballerte in die dämmrige Ruinenlandschaft, die einmal die große Stadt Westernweg auf dem Planeten Cadia gewesen war. Seine Boltpistole stotterte, dann war die letzte Patrone verbraucht. Keeth fluchte und steckte die Waffe ein. Die Elite Krieger des Imperiums kämpften sich auf den Hügel vor.
Reflexartig richteten sie ihre Waffen auf die Gestalten aus, die hinter den provisorischen Barrikaden aus Schutt und Gerümpel umherhuschten. Aber es waren Soldaten der Cadianischen PVS Truppen.
"Nicht schiessen!" brüllte Keeth zu den Kauernden. "Wir gehören zu euch!" Keeth und seine Gardisten warfen sich hinter die eilig errichteten Barrikaden, während die Cadianer ihnen Deckung gaben. Keeth zog den Kopf hinter einen Stahlträger und lud seine Boltpistole nach, während um ihn herum weiter der Kampf tobte.
Seine Gardisten bezogen Stellung und nahmen die Angreifer unter Feuer. Ihre dunklen, lederfarbenen Kampfanzüge mit den bulligen Hochenergielasergewehren und den typisch geformten Helmen hoben ließen ihre Bewegungen ruhig und routiniert aussehen. Aber Keeth wusste, das seine Männer Angst hatten.
Kisten splitterten, Fässer wurden von Geschossgarben penetriert. An manchen Stellen waren die cadianischen Soldaten damit beschäftigt, von den Ketzern geworfenen Stielhandgranaten aus ihren Befestigungen zu kicken.
Ein junger Soldat mit Leutnantstreifen auf seiner dreckigen Uniform und einem Offiziersschiffchen auf dem Kopf kam auf Keeth zugekrochen.
"Sir? Ich bin Leutnant Zacharie von den…" Keeth unterbrach den Leutnant. "White Shields?"
"Ja Sir" "Verdammt."
Keeth zischte einen alten Jonutheimerfluch, den er sich für besonders miese Situationen aufgehoben hatte. Aber offenbar hatte ihn der Leutnant nicht verstanden. Die White Shields waren eine Art "Greenhorn" Regiment. Untrainierte oder frisch aus der Grundausbildung gekommene Freiwillige der PVS. Zu erkennen waren sie nur an dem weißen Kragen ihrer Overalls, ansonsten verfügten sie über die gleiche Ausrüstung wie die anderen Cadia Regimenter.
"Sir… sind sie unsere Entsatzung?" Keeth sah in die Augen des Leutnants. "Entsatzung? Scheiße, nein, Kleiner… wir waren eigentlich die Kardinal Allan Straße nach Norden unterwegs um die Stadttore bei den Kreuzer-Points zu halten…" Keeth zuckte unwillkürlich zusammen, als ein Laserschuss knapp über seinem Kopf gegen die Barrikade krachte.
"Aber bis dahin kamen wir gar nicht." Er machte eine gewisse Kopfbewegung in Richtung der dunklen Schatten, die damit begannen, sich auf die kleine Stellung der Imperialen einzuschießen. "Die haben uns überrascht."
Der Leutnant spähte mit Angst über die Barrikaden hinweg. "Meine Befehle waren es…" begann er, aber Keeth unterbrach ihn. "Wir müssen uns ausfliegen lassen!" "Aber Sir, wir müssen doch die Stadt verteidigen!" Keeth sah ihn an. Der alte Jonutheim Ganger schalt sich selber einen Trottel. Natürlich. Der Mann war ein Einheimischer. Und dann auch noch ein White Shield. Er hatte wohl Familie und Freunde in der Stadt. Keeth beschloss die Sache abzumildern. "Meine Befehle sind eindeutig Leutnant Zacharie. Sie kommen direkt von Ursakaar Keets. Sämtliche Zivilisten und Nicht-militärisches Personal ist bereits evakuiert und wir werden uns auf einen Stützpunkt in der äußeren Perimeterverteidigung zurückfallen lassen. Dort warten wir auf das 34te Panzerregiment um diese Schweinehunde wieder aus der Stadt zu jagen." Die Miene des jungen Leutnants schien sich merklich aufzuhellen. "Die Stadt zurückerobern, Sir?" "Ja mein Sohn." "Panzer, Sir?" "Ja mein Sohn… ich selber hab mit Colonel McFingus gesprochen… die Jungs vom 34te sind ganz heiß darauf sich ein paar von diesem Häretikern zu schießen…" Keeth wusste weder ob es ein 34te Cadianisches Panzerregiment noch einen Colonel McFingus gab. Was er wusste war leider wahr, dass es keinerlei offizielle Evakuierungen in der Stadt gegeben hatte.
Die Schinder vom Ministorum wollten nicht, das die Bevölkerung glaubte sie hätten nicht alles unter Kontrolle.
Tatsache war, das niemand mehr etwas unter Kontrolle hatte. Das Militärhauptquartier in den Außenbezirken der Stadt wurde von den Ketzern angegriffen und eingenommen. Der schwerfälligen Organisation der imperialen Armee war damit buchstäblich der Kopf abgeschlagen worden. Keeths Trupp hatte sich bis hierher durchgekämpft weil sie hofften einen funktionierenden Vox Caster zu finden.
"Leutnant? Gibt es in ihrer Einheit noch ein Funkgerät?" "Ja Sir, aber der Funker ist tot…"Erwiderte der junge Cadianer. Keeth sah sich nach seinem Techgardisten um "Bowery!!! Kommen sie her!" Der Gardist robbte auf Keeth und Zachari zu. "Sir?" "Ich will eine Verbindung zum HQ in der Hauptstadt… und ich will einen Valkyrie Transporter…und das sofort. Wir müssen abgeholt werden!" Bowery nickte.
Einer der White Shields wurde von einem Hartmantelgeschoss in der Brust getroffen. Seine Armaplastweste splitterte und er viel ohne ein Geräusch nach hinten.
"Beeilen sie sich Mann!" schnappte Keeth. Bowery fingerte an dem klobigen Vox Caster der White Shields herum. "Die Schweine haben uns richtig schön festgenagelt," bemerkte Keeth zu Leutnant Zacharie während er sich hinter einen Sandsackstapel kauerte und nach Zielen für seine Boltpistole suchte.
"Wir hatten keinerlei Informationen über Feindaktivitäten in diesem Gebiet, Sir," keuchte der junge Leutnant und hielt seine Dienstlaserpistole an die Brust gepresst. Bewundernswert wie der Junge mit dieser Situation hier fertig wird, dachte Keeth. Der Mann konnte keine 24 sein. Sein blondes Haar war kurzgeschoren und sein Gesicht von einem stoppeligen Bartwuchs verunziert. Es waren jetzt noch fünf White Shields übrig.

Urplötzlich wurde es Still. Die Verteidiger brauchten eine Weile bis sie bemerkten, das sie auf einen Feind schossen, der nicht mehr da zu sein schien.
Keeth hielt den Atem an und lauschte Angestrengt in die Dämmerung hinaus. Nichts. Er schaltete das Infrarotvisier seines Helms ein und wies seine Gardisten an es ihm gleich zu tun.
Sie scannten die Umgebung. Hier und da lag ein Körper in der Schuttlandschaft. Hier und da lagen krude, merkwürdig verzierte Feuerwaffen herum.
"Sir?" Zacharie drückte seinen in einer Hockstellung verharrenden Körper gegen einen umgekippten Industriekarren, der als Barikadenbestandteil diente. Er blickte zu Keeth auf. "Sind sie weg?"
Keeth hörte das hohe Jaulen. Bildete sich ein zu sehen, wie die Granate einen Bogen beschrieb.
Er sah zu Zacharie runter als die erste Granate einschlug. "Das glaube ich nicht," sagte der Hauptmann, doch über den ohrenbetäubenden Lärm der Detonation waren seine Worte nicht zu hören. Die Imperialen warfen sich in Deckung und pressten die Hände über den Kopf. Noch zielten die Ketzer zu weit. Die Granaten schlugen in den Stockwerken des hinter den Barrikaden der Cadianer liegenden Administrator Gebäudes ein.

"SIR!" Bowery schrie über den einsetzenden Mörserbeschuss zu Keeth hinüber. "Wir werden abgeholt, aber der Pilot kann hier nicht landen." Keeth fluchte. Dann fiel sein Blick auf das mehrstöckige Gebäude, vor dessen Eingang die White Shilds kämpften.
"Auf´s Dach… Los, auf das verdammte Dach, alle Mann mir nach!!!" Keeth spurtete los und feuerte mit seiner Boltpistole auf eine Gruppe gestalten in Rot beschmierten, Erdbraunen Uniformen, die urplötzlich am Rand der Schutthalde auftauchten.
Hell Spawns. Verdammt.
Die Cadianer und die Gardisten sprangen auf. Keeth ließ die ohnehin schon schief in den Angeln hängende, geschwungene Flügeltür des wohl ehemaligen Administratums mit einem Schuss seiner Waffe zersplittern.
Die Belagerten stürmten in das Gebäude. Keeth gab seinen Leuten Deckung, als Gardist Sacker in den Rücken getroffen wurde. Er stolperte, von der Wucht des Schusses aus dem Gleichgewicht gebracht nach vorne und fiel in Keeths Arme.
"Durchhalten Sacker…," keuchte Keeth, während er den Verletzen mit sich in das stockfinstere Treppenhaus schleifte. Der Jonutheimer befingerte die Rückenpartie von Sackers Plattenrüstung und wusste, dass es aus war. "S…Sir…i…ich…" Brachte der Leichenblasse, apathische Gardist hervor.
Dann spürte Keeth wie Sackers Körper unter den Einschlägen von drei Laserimpulsen bockte und dann in sich zusammensackte.
"Ihr Schweine!!!" brüllte Keeth zu den gesichtslosen Angreifern in die zunehmende Dunkelheit. Er ließ Sackers Leiche zu Boden gleiten und feuerte einige ungezielte Geschossgarbe der Frustration nach draußen. Dann spurtete er die zertrümmerten Stufen Hoch.
Die hochwertige Prothese die den kleinen Finger seiner linken Hand ersetzte schmerzte wie verrückt.
Als er sie auf Barothep vor einem Jahr verloren hatte, hatte er überhaupt nichts gespürt. Aber seit her hatte er immer dieses unangenehme Pochen verspürt, wenn er sich Aufregte oder unter Stress stand. In seinem Job stand man die ganze verdammte Zeit unter Stress.
Keeth keuchte die Stufen hinauf. Er war nicht mehr jung. Er wurde alt. Dabei hatte er überhaupt nie vor gehabt so alt zu werden. Auf seiner Heimatwelt Jonutheim konnte ein Unterweltbewohner wie er schon froh sein, wenn er überhaupt 40 wurde.

Im letzten Stockwerk hatten sich die Soldaten bereits zutritt zum Dach verschafft. "Tür verriegeln!" schrie Keeth und die Gardisten und White Shields machten sich daran die simple Holztür so gut es ging zu verrammeln. Oben auf dem flachen Dach des Gebäudes spähte Keeth in den grauen, düsteren Himmel.
Dann sah er zu seinem Funker hinunter, der mit dem Kommunikationsgerät beschäftigt war. "Wie sieht´s aus, Bowery?" "Alles klar Sir, das Shuttle müsste jede Minute da sein." Keeth nickte abgehackt.
Plötzlich schmetterten mehrere Schnellfeuersalven durch die Holztür und ließen einen White Shield, der gerade dabei war die Tür zu verrammeln tot zu Boden sinken. "Sie sind hier!" Schrie ein von der Tür zurückgestolperter Gardist seinem Hauptmann zu.
Keeth riss sich eine Fragmentgranate von seinem Koppel und warf sie durch die große Öffnung aus gesplittertem Holz ins Treppenhaus.
Er hörte gedämpftes aufschreien und dann den dumpfen Klang der Explosion. "Weg mit der Tür!" Ein paar Soldaten rissen die lädierte Holztür aus ihren Angeln und Keeth und seine Männer ballerten in das dunkle Treppenhaus hinab.
Nach ein paar Sekunden herrschte Stille und Keeth wechselte den Clip seiner Boltpistole. "Sir!" Bowery zeigte nach oben und Keeth konnte die schnittigen Konturen des Shuttles erkennen, der mit strahlenden Positionslichtern aus einer grauen, tiefhängenden Wolkenformation brach. "Alles hier rüber!" Schrie Keeth und die letzten White Shields und die Gardisten hetzten zu den sich bereits öffnenden Einstiegsluken des Valkyrie. "Vorwärts…Vorwärts" Keeth stand neben der Zugangsluke und half jedem beim Einsteigen. Als Bowery als letzter drin war packte Keeth die Verstrebung der Zugangsluke und ergriff jeweils eine Hand von Leutnant Zacharie und die eine behelmten Crewmitgliedes des Transporters.

Ein Donnerschlag ließ Keeth nach hinten taumeln und er verlor den Halt. Seine schwere Plattenrüstung zwang ihn zu Boden und er brauchte ein paar Sekunden um zu begreifen was geschehen war und noch ein paar Sekunden, bis er sich in dem schweren Kampfanzug wieder aufrichten konnte.
Der Flieger vor ihm schlingerte unruhig auf seinem Luftkissenfeld und wich dem Mörserbeschuss so gut es ging aus. Keeth sah das Crewmitglied die Zugangsluke schließen und den Transporter an Höhe gewinnen. "Hey ihr Säcke!!! Was soll der Scheiß? Ihr könnt mich doch nicht einfach…"
Weiter kam er nicht, denn er wurde von der Glutheißen Antriebswelle der Nachbrenner erneut von den Füssen gerissen. Sein automatisches Visier klappte sich herunter und nur sein Kampfanzug verhinderte, dass er vollkommen gebacken wurde.
Keeth richtete sich wieder auf. Er öffnete sein Visier und hustete durch seinen qualmenden, geschwärzten Anzug. Er konnte seine verkohlten Haare riechen und die blankliegenden Platten aus sperrigem Ceraplast seines Anzuges, da die oberen Schichten des Kleidungsstückes vollkommen weggebrannt waren.
Unbeholfen die auf seinem Körper tanzenden Funken ausschlagend taumelte er an den Rand des Hochhauses und sah die Valkyrie in der Ferne immer kleiner werden. Er seufzte.
Plötzlich war ein lautes Zischen zu hören. Der Hauptmann hatte keinerlei Zeit sich über seine momentane Situation Gedanken zu machen, denn direkt vor Keeth erhob sich die verzerrte Gestalt eines Ketzer Landungsschiffes aus den Häuserschluchten.
Es war ein Mark III Hammerhai Enterboot. Soviel erkannte Keeth, obwohl seine Kenntnisse über Raumfahrzeuge der imperialen Armee nur mäßig ausgeprägt waren.
Woran jedoch keinerlei Zweifel bestand war die Tatsache, dass es sich hierbei um ein Model handelte, welches keineswegs im Dienste des göttlichen Imperators stand.
Es hatte einen Nachtschwarzen Anstrich mit riesigen Flammenmotiven zu beiden Seiten des gewaltigen Rumpfes.
Es drehte dem Hauptmann die massiven Triebwerke zu, sackte kurz ab und schien sich offensichtlich an die Verfolgung der Valkyrie machen wollen. Damit wäre das Schicksal seiner Kameraden besiegelt.
Keeth konnte niemals sagen, warum er gesprungen war. Er starrte das Schiff für ein, zwei Sekunden an, dann nahm er Anlauf und sprang. Er sprang trotz seiner schweren Rüstung so hoch und weit, wie in seiner Jugend auf Jonutheim, wo er die in den höheren Schichten der aufgegebenen Makropoltürme von einem Wettermast zum Nächsten gesprungen war.
Er schmetterte gegen eine der Landestützen und klammerte sich daran mit aller Kraft fest.
Er hörte ein Zischen und spürte wie das Landungsschiff die Stützen einzog.
Keeth bot all seine Kräfte auf und quetschte sich zwischen den Verstrebungen der Hydraulik in den Alkoven der Vorrichtung.
So gelangte er ins Innere des Fliegers. Er hörte das Dröhnen der Triebwerke, als das Shuttle die Verfolgung aufnahm und mühte sich dann trotz der an ihm zerrenden G-Kräfte aus dem engen Bereich der Landungsstützen heraus.
Keeth schleppte sich durch eine Klappe auf das Deck des Shuttles. Vor ihm sah er einen langhaarigen Mann, der ihm den Rücken zuwandte.
Der Ketzer trug eine olivgrünen Overall, so wie er für das militärische Hilfspersonal auf Cadia üblich war. Rote Runen waren jedoch auf den Stoff aufgeschmiert. Runen, die Keeth vertraut waren. Entsetzlich vertraut.
Nach all diesen Jahren schmerzten sie ihn immer noch beim hinsehen.
Der Chaosanbeter hielt sich mit beiden Händen an den oberen Haltestangen des Shuttles fest und blickte nach vorn in Richtig Cockpit.
Keeth faste seine Boltpistole fester und zog seinen alten Kavalleriesäbel aus der fleckigen Scheide.
Leise schlich er sich an den Ketzer heran.
Plötzlich fuhr der Mann abrupt herum, aber der Jonutheimer war schneller und trieb dem Ketzer seinen Säbel bis zum Schaft in die Magengegend.
Der Mann gurgelte und spuckte Blut. Seine funkelnden Augen, schienen seinen Mörder mit einem Blick verfluchen zu wollen. Keeth ließ den Sterbenden langsam zu Boden gleiten. Da trat der Verräter im Todeskampf einen Feuerlöscher aus der Bordhalterung der Shuttlewand. Polternd scheppernd landete das Ding auf dem Gitterrost des Decks.
Ruckartig fuhr der behelmte Kopf des Piloten im Cockpit herum und als er Keeth in dem offenen Durchgang erblickte schrie er alarmiert zu seinem Co-Piloten, der in der Kontrollsenke unter ihm in der Schnauze des Shuttles saß.
Die beiden Männer hantierten in ihren Gurten panisch nach ihren Autopistolen, aber Keeth schaltete seine Boltpistole auf Schnellfeuer und fetzte die Piloten wie sowie einen Großteils des Cockpits damit in einem gewaltigen Akt zu Schau gestellter Zerstörungswut in Stücke. Er schrie über das Dröhnen der Waffe und die wie Gliederpuppen hin und her zuckenden Körper der Piloten seine Frustration und seinen Unmut über die ganze verdammte Ungerechtigkeit des Daseins hinaus.
Er feuerte solange weiter bis seine Waffe leer war. Ein breites Grinsen stahl sich auf sein rußgeschwärztes Gesicht. Da vorne im Cockpit bewegte sich nichts mehr.
Gleich darauf bemerkte er, welche Dummheit er da grade angerichtete hatte. Das Shuttle schlingerte und bockte. Es stürzte ab. Keeth wurde zu Boden geschleudert. Der Aufprall auf das Gitterrost saugte alle Luft aus seinen Lungen. Das letzte was er sah war der rasend schnell näher kommende Boden der Stadt.
Keeth schmetterte das letzte Magazin seiner Boltpistole in die Waffe und fluchte lautstark. Draußen hagelten schon wieder Geschossgarben gegen den Rumpf des havarierten Shuttles.
Der Gardistenhauptmann presste die Überreste seines linken Kampfhandschuhs auf die in Strömen roten Blutes pulsierende Wunde an seiner Hüfte, die er sich beim Absturz zugezogen hatte.
Er lehnte gekrümmt gegen einen der frei liegenden Stahlträger der Rumpfkonstruktion. Der Blutverlust hatte ihn geschwächt und er fühlte Übelkeit in sich hochsteigen. Tapfer umklammerte er mit seiner zitternden, rechten Hand seine Pistole und richtete die Waffe hinaus in die Dunkelheit.
Sie würden bald wieder kommen.
Nach dem Absturz hatte Keeth versucht aus dem Wrack zu kriechen, aber die Ketzer hatten ihn bereits gefunden und hatten ihn unter Feuer wieder ins Innere des Shuttles zurückzuziehen.
Gestalten tauchten am Rand der langen Kraterwände auf, die das Shuttle bei seinem Absturz in den weichen Boden gepflügt hatte. Keeth feuerte ungezielt auf seine drohende Nemesis.
Es war aus. Er wusste es. Er würde verbluten, oder sie würden mit einem Flammenwerfer kommen und ihn hier drinnen bei lebendigem Leib grillen.
Sein Leben würde enden.
Mag sein, das manch frommer Offizier der imperialen Armee das "Imperator wir entsagen deiner…" angestimmt hätte. Aber nicht Keeth. Vor so langer Zeit hatten ihn die Arbitratortrupps auf seiner Heimatwelt Jonutheim in den Dienst der Armee gepresst. Er hatte im Beta-Aquille Kreuzzug an der äußersten östlichen Ecke des Imperiums gekämpft. Er war später zu den Gardisten gekommen.
Er dachte an jene, die er auf Jonutheim zurücklassen musste… seine Mutter…seine Brüder… seine geliebte… Lehna?...Malehna? Alehna?... Keeth zitterte.
Er wusste ihren Namen nicht mehr. Der alte Ganger fühlten kalten Schweiß über seinen geschundenen, nackten Rücken unter der demolierten Plattenrüstung laufen. Er wusste nicht mehr…wie… sie… hieß?
Das Imperium hatte ihm viel genommen. Und nichts gegeben. Nie. Er hatte in den Jahrzehnten des ständigen Krieges mehr Freunde verloren als andere Menschen jemals haben würden.
Aber er konnte sich nicht an den Namen des Mädchens erinnern, dass er heiraten wollte. Dessen Namen er heimlich auf die große Blechtafel in der Siedlung gekratzt hatte, damit es alle erfahren sollten. Alle.
Er besah seine Waffe. Er hatte sie enttäuscht. Er hatte sie im Stich gelassen. Er schämte sich. Er erinnerte sich an diese Stelle in den Dienstvorschriften der imperialen Gardisten. "Im Fall einer Gefangennahme…" Keeth schloss die Augen…
Und erschoss die beiden Verrätersoldaten in den zerlumpten Uniformen, die bisher lautlos an den Flanken des Shuttles entlang geschlichen waren und sich nun auf den Hauptmann stürzen wollten. Einen dritten Ketzer schoss er von dem aufgeworfen Erdwall herunter.
Keeth stützte sich auf seinen Säbel, spuckte geräuschvoll auf die Leichen seiner beiden Möchtegernmörder, keuchte schwer und spähte entschlossen in die Dunkelheit hinaus.
"Da müsst ihr dreckigen Schweinehunde euch schon was besseres einfallen lassen!"

Stille.

Flüstern in der Dunkelheit.

"Kommt doch her und holt mich!!!"

Sie holten ihn.




Absender: Adeptus Ministorum Logistik Büro Nr.36426 Abteilung 13f Cadia
Empfänger: Inquisitor Palmer
Autor: Schreiber erster Klasse Reinhard Mesenduin
Datum: 788999M.41
Freigabe: Administrator Sirius Torenweg
Astrophatischer Kanal: Terminus Halreisia

Geehrter Inquisitor,

wie es Euer Wunsch war habe ich Nachforschungen bezüglich des Verbleibs des von Euch genannten Subjekts angestellt. Ich schicke Euch hier einen Auszug der Datei, der all eure Fragen beantworten sollte.

Auszug Anfang:

Ausfall-Liste milit. Personal in der cadianischen Provinz Westerland (erste Schlacht um Westerweg)
*** Hinweis: 6 Eintragungen von insgesamt 800.677 ***






Kaaf, Jost, Gefr.
KIA
Pos. 643.532
Kand, Roman, Ben Corp.
KIA
Pos. 643.533
Kealenie, Esther, Gefr.
KIA
Pos. 643.534
Keeth, Hauptm.
KIA
Pos. 643.535
Kefter, Mick, Gefr.
KIA
Pos. 643.536
Koester, Marun, Serg.
KIA
Pos. 643.537

Auszug Ende.



Urheberrecht: Michael Zupp, 2003



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