"Vorwärts!… Feuer!" Keeth rannte als erster los. Er
spurtete hinter der zusammengeschossenen Ziegelsteinwand hervor und erklomm
mühsam den rutschigen Schutthügel hinauf zu der kleinen Anhöhe. Seine fünf
verbliebenen Gardisten folgten ihm dicht auf. Sofort prasselte ein Hagel Laser
und Hartmantelgeschosse auf die Elitesoldaten ein. Schon wieder.
Die
Rennenden zogen ihre behelmten Köpfe ein und feuerten ihre
Hochenergielasergewehre in der Bewegung ab. Keeth schaltete seine Boltpistole
auf Automatik und ballerte in die dämmrige Ruinenlandschaft, die einmal die
große Stadt Westernweg auf dem Planeten Cadia gewesen war. Seine Boltpistole
stotterte, dann war die letzte Patrone verbraucht. Keeth fluchte und steckte die
Waffe ein. Die Elite Krieger des Imperiums kämpften sich auf den Hügel
vor.
Reflexartig richteten sie ihre Waffen auf die Gestalten aus, die hinter
den provisorischen Barrikaden aus Schutt und Gerümpel umherhuschten. Aber es
waren Soldaten der Cadianischen PVS Truppen.
"Nicht schiessen!" brüllte Keeth
zu den Kauernden. "Wir gehören zu euch!" Keeth und seine Gardisten warfen sich
hinter die eilig errichteten Barrikaden, während die Cadianer ihnen Deckung
gaben. Keeth zog den Kopf hinter einen Stahlträger und lud seine Boltpistole
nach, während um ihn herum weiter der Kampf tobte.
Seine Gardisten bezogen
Stellung und nahmen die Angreifer unter Feuer. Ihre dunklen, lederfarbenen
Kampfanzüge mit den bulligen Hochenergielasergewehren und den typisch geformten
Helmen hoben ließen ihre Bewegungen ruhig und routiniert aussehen. Aber Keeth
wusste, das seine Männer Angst hatten.
Kisten splitterten, Fässer wurden von
Geschossgarben penetriert. An manchen Stellen waren die cadianischen Soldaten
damit beschäftigt, von den Ketzern geworfenen Stielhandgranaten aus ihren
Befestigungen zu kicken.
Ein junger Soldat mit Leutnantstreifen auf seiner
dreckigen Uniform und einem Offiziersschiffchen auf dem Kopf kam auf Keeth
zugekrochen.
"Sir? Ich bin Leutnant Zacharie von den…" Keeth unterbrach den
Leutnant. "White Shields?"
"Ja Sir" "Verdammt."
Keeth zischte einen alten
Jonutheimerfluch, den er sich für besonders miese Situationen aufgehoben hatte.
Aber offenbar hatte ihn der Leutnant nicht verstanden. Die White Shields waren
eine Art "Greenhorn" Regiment. Untrainierte oder frisch aus der Grundausbildung
gekommene Freiwillige der PVS. Zu erkennen waren sie nur an dem weißen Kragen
ihrer Overalls, ansonsten verfügten sie über die gleiche Ausrüstung wie die
anderen Cadia Regimenter.
"Sir… sind sie unsere Entsatzung?" Keeth sah in die
Augen des Leutnants. "Entsatzung? Scheiße, nein, Kleiner… wir waren eigentlich
die Kardinal Allan Straße nach Norden unterwegs um die Stadttore bei den
Kreuzer-Points zu halten…" Keeth zuckte unwillkürlich zusammen, als ein
Laserschuss knapp über seinem Kopf gegen die Barrikade krachte.
"Aber bis
dahin kamen wir gar nicht." Er machte eine gewisse Kopfbewegung in Richtung der
dunklen Schatten, die damit begannen, sich auf die kleine Stellung der
Imperialen einzuschießen. "Die haben uns überrascht."
Der Leutnant spähte mit
Angst über die Barrikaden hinweg. "Meine Befehle waren es…" begann er, aber
Keeth unterbrach ihn. "Wir müssen uns ausfliegen lassen!" "Aber Sir, wir müssen
doch die Stadt verteidigen!" Keeth sah ihn an. Der alte Jonutheim Ganger schalt
sich selber einen Trottel. Natürlich. Der Mann war ein Einheimischer. Und dann
auch noch ein White Shield. Er hatte wohl Familie und Freunde in der Stadt.
Keeth beschloss die Sache abzumildern. "Meine Befehle sind eindeutig Leutnant
Zacharie. Sie kommen direkt von Ursakaar Keets. Sämtliche Zivilisten und
Nicht-militärisches Personal ist bereits evakuiert und wir werden uns auf einen
Stützpunkt in der äußeren Perimeterverteidigung zurückfallen lassen. Dort warten
wir auf das 34te Panzerregiment um diese Schweinehunde wieder aus der Stadt zu
jagen." Die Miene des jungen Leutnants schien sich merklich aufzuhellen. "Die
Stadt zurückerobern, Sir?" "Ja mein Sohn." "Panzer, Sir?" "Ja mein Sohn… ich
selber hab mit Colonel McFingus gesprochen… die Jungs vom 34te sind ganz heiß
darauf sich ein paar von diesem Häretikern zu schießen…" Keeth wusste weder ob
es ein 34te Cadianisches Panzerregiment noch einen Colonel McFingus gab. Was er
wusste war leider wahr, dass es keinerlei offizielle Evakuierungen in der Stadt
gegeben hatte.
Die Schinder vom Ministorum wollten nicht, das die Bevölkerung
glaubte sie hätten nicht alles unter Kontrolle.
Tatsache war, das niemand
mehr etwas unter Kontrolle hatte. Das Militärhauptquartier in den Außenbezirken
der Stadt wurde von den Ketzern angegriffen und eingenommen. Der schwerfälligen
Organisation der imperialen Armee war damit buchstäblich der Kopf abgeschlagen
worden. Keeths Trupp hatte sich bis hierher durchgekämpft weil sie hofften einen
funktionierenden Vox Caster zu finden.
"Leutnant? Gibt es in ihrer Einheit
noch ein Funkgerät?" "Ja Sir, aber der Funker ist tot…"Erwiderte der junge
Cadianer. Keeth sah sich nach seinem Techgardisten um "Bowery!!! Kommen sie
her!" Der Gardist robbte auf Keeth und Zachari zu. "Sir?" "Ich will eine
Verbindung zum HQ in der Hauptstadt… und ich will einen Valkyrie Transporter…und
das sofort. Wir müssen abgeholt werden!" Bowery nickte.
Einer der White
Shields wurde von einem Hartmantelgeschoss in der Brust getroffen. Seine
Armaplastweste splitterte und er viel ohne ein Geräusch nach hinten.
"Beeilen
sie sich Mann!" schnappte Keeth. Bowery fingerte an dem klobigen Vox Caster der
White Shields herum. "Die Schweine haben uns richtig schön festgenagelt,"
bemerkte Keeth zu Leutnant Zacharie während er sich hinter einen Sandsackstapel
kauerte und nach Zielen für seine Boltpistole suchte.
"Wir hatten keinerlei
Informationen über Feindaktivitäten in diesem Gebiet, Sir," keuchte der junge
Leutnant und hielt seine Dienstlaserpistole an die Brust gepresst.
Bewundernswert wie der Junge mit dieser Situation hier fertig wird, dachte
Keeth. Der Mann konnte keine 24 sein. Sein blondes Haar war kurzgeschoren und
sein Gesicht von einem stoppeligen Bartwuchs verunziert. Es waren jetzt noch
fünf White Shields übrig.
Urplötzlich wurde es Still. Die Verteidiger
brauchten eine Weile bis sie bemerkten, das sie auf einen Feind schossen, der
nicht mehr da zu sein schien.
Keeth hielt den Atem an und lauschte
Angestrengt in die Dämmerung hinaus. Nichts. Er schaltete das Infrarotvisier
seines Helms ein und wies seine Gardisten an es ihm gleich zu tun.
Sie
scannten die Umgebung. Hier und da lag ein Körper in der Schuttlandschaft. Hier
und da lagen krude, merkwürdig verzierte Feuerwaffen herum.
"Sir?" Zacharie
drückte seinen in einer Hockstellung verharrenden Körper gegen einen umgekippten
Industriekarren, der als Barikadenbestandteil diente. Er blickte zu Keeth auf.
"Sind sie weg?"
Keeth hörte das hohe Jaulen. Bildete sich ein zu sehen, wie
die Granate einen Bogen beschrieb.
Er sah zu Zacharie runter als die erste
Granate einschlug. "Das glaube ich nicht," sagte der Hauptmann, doch über den
ohrenbetäubenden Lärm der Detonation waren seine Worte nicht zu hören. Die
Imperialen warfen sich in Deckung und pressten die Hände über den Kopf. Noch
zielten die Ketzer zu weit. Die Granaten schlugen in den Stockwerken des hinter
den Barrikaden der Cadianer liegenden Administrator Gebäudes ein.
"SIR!"
Bowery schrie über den einsetzenden Mörserbeschuss zu Keeth hinüber. "Wir werden
abgeholt, aber der Pilot kann hier nicht landen." Keeth fluchte. Dann fiel sein
Blick auf das mehrstöckige Gebäude, vor dessen Eingang die White Shilds
kämpften.
"Auf´s Dach… Los, auf das verdammte Dach, alle Mann mir nach!!!"
Keeth spurtete los und feuerte mit seiner Boltpistole auf eine Gruppe gestalten
in Rot beschmierten, Erdbraunen Uniformen, die urplötzlich am Rand der
Schutthalde auftauchten.
Hell Spawns. Verdammt.
Die Cadianer und die
Gardisten sprangen auf. Keeth ließ die ohnehin schon schief in den Angeln
hängende, geschwungene Flügeltür des wohl ehemaligen Administratums mit einem
Schuss seiner Waffe zersplittern.
Die Belagerten stürmten in das Gebäude.
Keeth gab seinen Leuten Deckung, als Gardist Sacker in den Rücken getroffen
wurde. Er stolperte, von der Wucht des Schusses aus dem Gleichgewicht gebracht
nach vorne und fiel in Keeths Arme.
"Durchhalten Sacker…," keuchte Keeth,
während er den Verletzen mit sich in das stockfinstere Treppenhaus schleifte.
Der Jonutheimer befingerte die Rückenpartie von Sackers Plattenrüstung und
wusste, dass es aus war. "S…Sir…i…ich…" Brachte der Leichenblasse, apathische
Gardist hervor.
Dann spürte Keeth wie Sackers Körper unter den Einschlägen
von drei Laserimpulsen bockte und dann in sich zusammensackte.
"Ihr
Schweine!!!" brüllte Keeth zu den gesichtslosen Angreifern in die zunehmende
Dunkelheit. Er ließ Sackers Leiche zu Boden gleiten und feuerte einige
ungezielte Geschossgarbe der Frustration nach draußen. Dann spurtete er die
zertrümmerten Stufen Hoch.
Die hochwertige Prothese die den kleinen Finger
seiner linken Hand ersetzte schmerzte wie verrückt.
Als er sie auf Barothep
vor einem Jahr verloren hatte, hatte er überhaupt nichts gespürt. Aber seit her
hatte er immer dieses unangenehme Pochen verspürt, wenn er sich Aufregte oder
unter Stress stand. In seinem Job stand man die ganze verdammte Zeit unter
Stress.
Keeth keuchte die Stufen hinauf. Er war nicht mehr jung. Er wurde
alt. Dabei hatte er überhaupt nie vor gehabt so alt zu werden. Auf seiner
Heimatwelt Jonutheim konnte ein Unterweltbewohner wie er schon froh sein, wenn
er überhaupt 40 wurde.
Im letzten Stockwerk hatten sich die Soldaten
bereits zutritt zum Dach verschafft. "Tür verriegeln!" schrie Keeth und die
Gardisten und White Shields machten sich daran die simple Holztür so gut es ging
zu verrammeln. Oben auf dem flachen Dach des Gebäudes spähte Keeth in den
grauen, düsteren Himmel.
Dann sah er zu seinem Funker hinunter, der mit dem
Kommunikationsgerät beschäftigt war. "Wie sieht´s aus, Bowery?" "Alles klar Sir,
das Shuttle müsste jede Minute da sein." Keeth nickte abgehackt.
Plötzlich
schmetterten mehrere Schnellfeuersalven durch die Holztür und ließen einen White
Shield, der gerade dabei war die Tür zu verrammeln tot zu Boden sinken. "Sie
sind hier!" Schrie ein von der Tür zurückgestolperter Gardist seinem Hauptmann
zu.
Keeth riss sich eine Fragmentgranate von seinem Koppel und warf sie durch
die große Öffnung aus gesplittertem Holz ins Treppenhaus.
Er hörte gedämpftes
aufschreien und dann den dumpfen Klang der Explosion. "Weg mit der Tür!" Ein
paar Soldaten rissen die lädierte Holztür aus ihren Angeln und Keeth und seine
Männer ballerten in das dunkle Treppenhaus hinab.
Nach ein paar Sekunden
herrschte Stille und Keeth wechselte den Clip seiner Boltpistole. "Sir!" Bowery
zeigte nach oben und Keeth konnte die schnittigen Konturen des Shuttles
erkennen, der mit strahlenden Positionslichtern aus einer grauen, tiefhängenden
Wolkenformation brach. "Alles hier rüber!" Schrie Keeth und die letzten White
Shields und die Gardisten hetzten zu den sich bereits öffnenden Einstiegsluken
des Valkyrie. "Vorwärts…Vorwärts" Keeth stand neben der Zugangsluke und half
jedem beim Einsteigen. Als Bowery als letzter drin war packte Keeth die
Verstrebung der Zugangsluke und ergriff jeweils eine Hand von Leutnant Zacharie
und die eine behelmten Crewmitgliedes des Transporters.
Ein Donnerschlag
ließ Keeth nach hinten taumeln und er verlor den Halt. Seine schwere
Plattenrüstung zwang ihn zu Boden und er brauchte ein paar Sekunden um zu
begreifen was geschehen war und noch ein paar Sekunden, bis er sich in dem
schweren Kampfanzug wieder aufrichten konnte.
Der Flieger vor ihm schlingerte
unruhig auf seinem Luftkissenfeld und wich dem Mörserbeschuss so gut es ging
aus. Keeth sah das Crewmitglied die Zugangsluke schließen und den Transporter an
Höhe gewinnen. "Hey ihr Säcke!!! Was soll der Scheiß? Ihr könnt mich doch nicht
einfach…"
Weiter kam er nicht, denn er wurde von der Glutheißen Antriebswelle
der Nachbrenner erneut von den Füssen gerissen. Sein automatisches Visier
klappte sich herunter und nur sein Kampfanzug verhinderte, dass er vollkommen
gebacken wurde.
Keeth richtete sich wieder auf. Er öffnete sein Visier und
hustete durch seinen qualmenden, geschwärzten Anzug. Er konnte seine verkohlten
Haare riechen und die blankliegenden Platten aus sperrigem Ceraplast seines
Anzuges, da die oberen Schichten des Kleidungsstückes vollkommen weggebrannt
waren.
Unbeholfen die auf seinem Körper tanzenden Funken ausschlagend
taumelte er an den Rand des Hochhauses und sah die Valkyrie in der Ferne immer
kleiner werden. Er seufzte.
Plötzlich war ein lautes Zischen zu hören. Der
Hauptmann hatte keinerlei Zeit sich über seine momentane Situation Gedanken zu
machen, denn direkt vor Keeth erhob sich die verzerrte Gestalt eines Ketzer
Landungsschiffes aus den Häuserschluchten.
Es war ein Mark III Hammerhai
Enterboot. Soviel erkannte Keeth, obwohl seine Kenntnisse über Raumfahrzeuge der
imperialen Armee nur mäßig ausgeprägt waren.
Woran jedoch keinerlei Zweifel
bestand war die Tatsache, dass es sich hierbei um ein Model handelte, welches
keineswegs im Dienste des göttlichen Imperators stand.
Es hatte einen
Nachtschwarzen Anstrich mit riesigen Flammenmotiven zu beiden Seiten des
gewaltigen Rumpfes.
Es drehte dem Hauptmann die massiven Triebwerke zu,
sackte kurz ab und schien sich offensichtlich an die Verfolgung der Valkyrie
machen wollen. Damit wäre das Schicksal seiner Kameraden besiegelt.
Keeth
konnte niemals sagen, warum er gesprungen war. Er starrte das Schiff für ein,
zwei Sekunden an, dann nahm er Anlauf und sprang. Er sprang trotz seiner
schweren Rüstung so hoch und weit, wie in seiner Jugend auf Jonutheim, wo er die
in den höheren Schichten der aufgegebenen Makropoltürme von einem Wettermast zum
Nächsten gesprungen war.
Er schmetterte gegen eine der Landestützen und
klammerte sich daran mit aller Kraft fest.
Er hörte ein Zischen und spürte
wie das Landungsschiff die Stützen einzog.
Keeth bot all seine Kräfte auf und
quetschte sich zwischen den Verstrebungen der Hydraulik in den Alkoven der
Vorrichtung.
So gelangte er ins Innere des Fliegers. Er hörte das Dröhnen der
Triebwerke, als das Shuttle die Verfolgung aufnahm und mühte sich dann trotz der
an ihm zerrenden G-Kräfte aus dem engen Bereich der Landungsstützen
heraus.
Keeth schleppte sich durch eine Klappe auf das Deck des Shuttles. Vor
ihm sah er einen langhaarigen Mann, der ihm den Rücken zuwandte.
Der Ketzer
trug eine olivgrünen Overall, so wie er für das militärische Hilfspersonal auf
Cadia üblich war. Rote Runen waren jedoch auf den Stoff aufgeschmiert. Runen,
die Keeth vertraut waren. Entsetzlich vertraut.
Nach all diesen Jahren
schmerzten sie ihn immer noch beim hinsehen.
Der Chaosanbeter hielt sich mit
beiden Händen an den oberen Haltestangen des Shuttles fest und blickte nach vorn
in Richtig Cockpit.
Keeth faste seine Boltpistole fester und zog seinen alten
Kavalleriesäbel aus der fleckigen Scheide.
Leise schlich er sich an den
Ketzer heran.
Plötzlich fuhr der Mann abrupt herum, aber der Jonutheimer war
schneller und trieb dem Ketzer seinen Säbel bis zum Schaft in die
Magengegend.
Der Mann gurgelte und spuckte Blut. Seine funkelnden Augen,
schienen seinen Mörder mit einem Blick verfluchen zu wollen. Keeth ließ den
Sterbenden langsam zu Boden gleiten. Da trat der Verräter im Todeskampf einen
Feuerlöscher aus der Bordhalterung der Shuttlewand. Polternd scheppernd landete
das Ding auf dem Gitterrost des Decks.
Ruckartig fuhr der behelmte Kopf des
Piloten im Cockpit herum und als er Keeth in dem offenen Durchgang erblickte
schrie er alarmiert zu seinem Co-Piloten, der in der Kontrollsenke unter ihm in
der Schnauze des Shuttles saß.
Die beiden Männer hantierten in ihren Gurten
panisch nach ihren Autopistolen, aber Keeth schaltete seine Boltpistole auf
Schnellfeuer und fetzte die Piloten wie sowie einen Großteils des Cockpits damit
in einem gewaltigen Akt zu Schau gestellter Zerstörungswut in Stücke. Er schrie
über das Dröhnen der Waffe und die wie Gliederpuppen hin und her zuckenden
Körper der Piloten seine Frustration und seinen Unmut über die ganze verdammte
Ungerechtigkeit des Daseins hinaus.
Er feuerte solange weiter bis seine Waffe
leer war. Ein breites Grinsen stahl sich auf sein rußgeschwärztes Gesicht. Da
vorne im Cockpit bewegte sich nichts mehr.
Gleich darauf bemerkte er, welche
Dummheit er da grade angerichtete hatte. Das Shuttle schlingerte und bockte. Es
stürzte ab. Keeth wurde zu Boden geschleudert. Der Aufprall auf das Gitterrost
saugte alle Luft aus seinen Lungen. Das letzte was er sah war der rasend schnell
näher kommende Boden der Stadt.
Keeth schmetterte das letzte Magazin seiner
Boltpistole in die Waffe und fluchte lautstark. Draußen hagelten schon wieder
Geschossgarben gegen den Rumpf des havarierten Shuttles.
Der
Gardistenhauptmann presste die Überreste seines linken Kampfhandschuhs auf die
in Strömen roten Blutes pulsierende Wunde an seiner Hüfte, die er sich beim
Absturz zugezogen hatte.
Er lehnte gekrümmt gegen einen der frei liegenden
Stahlträger der Rumpfkonstruktion. Der Blutverlust hatte ihn geschwächt und er
fühlte Übelkeit in sich hochsteigen. Tapfer umklammerte er mit seiner
zitternden, rechten Hand seine Pistole und richtete die Waffe hinaus in die
Dunkelheit.
Sie würden bald wieder kommen.
Nach dem Absturz hatte Keeth
versucht aus dem Wrack zu kriechen, aber die Ketzer hatten ihn bereits gefunden
und hatten ihn unter Feuer wieder ins Innere des Shuttles
zurückzuziehen.
Gestalten tauchten am Rand der langen Kraterwände auf, die
das Shuttle bei seinem Absturz in den weichen Boden gepflügt hatte. Keeth
feuerte ungezielt auf seine drohende Nemesis.
Es war aus. Er wusste es. Er
würde verbluten, oder sie würden mit einem Flammenwerfer kommen und ihn hier
drinnen bei lebendigem Leib grillen.
Sein Leben würde enden.
Mag sein, das
manch frommer Offizier der imperialen Armee das "Imperator wir entsagen deiner…"
angestimmt hätte. Aber nicht Keeth. Vor so langer Zeit hatten ihn die
Arbitratortrupps auf seiner Heimatwelt Jonutheim in den Dienst der Armee
gepresst. Er hatte im Beta-Aquille Kreuzzug an der äußersten östlichen Ecke des
Imperiums gekämpft. Er war später zu den Gardisten gekommen.
Er dachte an
jene, die er auf Jonutheim zurücklassen musste… seine Mutter…seine Brüder… seine
geliebte… Lehna?...Malehna? Alehna?... Keeth zitterte.
Er wusste ihren Namen
nicht mehr. Der alte Ganger fühlten kalten Schweiß über seinen geschundenen,
nackten Rücken unter der demolierten Plattenrüstung laufen. Er wusste nicht
mehr…wie… sie… hieß?
Das Imperium hatte ihm viel genommen. Und nichts
gegeben. Nie. Er hatte in den Jahrzehnten des ständigen Krieges mehr Freunde
verloren als andere Menschen jemals haben würden.
Aber er konnte sich nicht
an den Namen des Mädchens erinnern, dass er heiraten wollte. Dessen Namen er
heimlich auf die große Blechtafel in der Siedlung gekratzt hatte, damit es alle
erfahren sollten. Alle.
Er besah seine Waffe. Er hatte sie enttäuscht. Er
hatte sie im Stich gelassen. Er schämte sich. Er erinnerte sich an diese Stelle
in den Dienstvorschriften der imperialen Gardisten. "Im Fall einer
Gefangennahme…" Keeth schloss die Augen…
Und erschoss die beiden
Verrätersoldaten in den zerlumpten Uniformen, die bisher lautlos an den Flanken
des Shuttles entlang geschlichen waren und sich nun auf den Hauptmann stürzen
wollten. Einen dritten Ketzer schoss er von dem aufgeworfen Erdwall
herunter.
Keeth stützte sich auf seinen Säbel, spuckte geräuschvoll auf die
Leichen seiner beiden Möchtegernmörder, keuchte schwer und spähte entschlossen
in die Dunkelheit hinaus.
"Da müsst ihr dreckigen Schweinehunde euch schon
was besseres einfallen lassen!"
Stille.
Flüstern in der
Dunkelheit.
"Kommt doch her und holt mich!!!"
Sie holten
ihn.
Absender: Adeptus Ministorum Logistik Büro
Nr.36426 Abteilung 13f Cadia
Empfänger: Inquisitor
Palmer
Autor: Schreiber erster Klasse Reinhard
Mesenduin
Datum: 788999M.41
Freigabe: Administrator Sirius
Torenweg
Astrophatischer Kanal: Terminus Halreisia
Geehrter
Inquisitor,
wie es Euer Wunsch war habe ich Nachforschungen bezüglich des
Verbleibs des von Euch genannten Subjekts angestellt. Ich schicke Euch hier
einen Auszug der Datei, der all eure Fragen beantworten sollte.
Auszug
Anfang:Ausfall-Liste milit. Personal in der cadianischen Provinz
Westerland (erste Schlacht um Westerweg)
*** Hinweis: 6 Eintragungen von
insgesamt 800.677 ***
Kaaf, Jost, Gefr. |
KIA |
Pos. 643.532 |
Kand, Roman, Ben Corp. |
KIA |
Pos. 643.533 |
Kealenie, Esther, Gefr. |
KIA |
Pos. 643.534 |
Keeth, Hauptm. |
KIA |
Pos. 643.535 |
Kefter, Mick, Gefr. |
KIA |
Pos. 643.536 |
Koester, Marun, Serg. |
KIA |
Pos. 643.537 |
Auszug
Ende.