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DEN FEIND IM BLICK

Rogergeri war mit seinen restlichen Männern in den Sektor von Sergeant Elleester geflüchtet. Zusammen waren sie zur Rebellenbasis zurückgekehrt und er war ordentlich zusammengestaucht worden. Er hatte nun wieder den Rang eines Korporals, der Rebellenarmee und hatte die miesesten Aufträge zu erledigen. Man hatte ihn soweit, wie möglich von allen Kampfhandlungen ferngehalten und er war sich sicher, dass er den Rest seines Lebens im Militärdienst auch keine Waffe mehr in die Hand bekommen würde. Die Rebellenarmee war zwar nicht mehr offiziell, aber da große Teile der PVS-Truppen, sowie einige außerplanetarische Generäle die Rebellenarmee ausmachten, waren viele Vorschriften der imperialen Armee erhalten geblieben. Und genau, wie in der imperialen Armee, wurde auch in der Rebellenarmee Versagen bestraft. Da es aber keine Kommissare mehr gab und man die restlichen Truppen so kurz vor dem Sieg nicht demoralisieren wollte, hatte man darauf verzichte Rogergeri zu erschießen und ihn stattdessen degradiert. Als er nun zum Hauptmann gerufen worden war, rechnete er mit einer neuen fiesen Aufgabe, die er erledigen sollte. Vielleicht waren ja die mobilen Hygiene-Zellen mal wieder verstopft und man wollte Chemikalien sparen, wenn man auch über einen Versager verfügen konnte, der die Zellen von Hand reinigen konnte.

Die Basis der Rebellen für diesen Bezirk der Makropole lag in den Trümmern eines alten Verwaltungsgebäudes. Der Hauptmann hatte seine Räumlichkeiten in einer der oberen Etagen der Ruine. In einem Vorzimmer saßen zwei ehemalige PVS-Funktechniker, welche die eingehenden Funksprüche bearbeiteten. Als sie Rogergeri sahen, winkte ihn einer der beiden direkt durch zum Büro des Hauptmanns. Rogergeri klopfte an der Tür. Der Hauptmann schien ein "Herein!" zu grummeln und der zum Korporal Degradierte trat ein. Rogergeri setzte zum Gruß an, doch der Hauptmann deutete nur auf einen Klappstuhl vor seinem Schreibtisch. Rogergeri nahm Platz, während der Hauptmann noch an einer Karte der Makropole stand und etwas auf ihr einzeichnete. Das Büro war auch schon vor der Benutzung durch den Hauptmann von wichtigen Beamten genutzt worden. Das alte luxuriöse Mobiliar war größtenteils noch vorhanden. An der Wand lehnte ein Portrait des ehemaligen Gouverneurs. Die Stelle an der Wand, wo es mal gehangen hatte, wurde nun von der großen Karte der Makropole eingenommen, vor der der Hauptmann stand. Rogergeri betrachtete die Karte nun auch etwas genauer. Die Makropole war einfach riesig. Einige Bereiche waren blau oder rot eingefärbt. Fähnchen markierten wichtige Gebäude und Einheiten. Die Farben der Rebellen dominierten und kreisten die Loyalisten allmählich ein. Aber diese kämpften verbissen um jeden Zentimeter der zerstörten Stadt. Sie kontrollierten noch den Raumhafen, die Energiewerke und das Handelszentrum, aber dafür hatten die Rebellen die wichtigsten Munitionslager und Waffendepots der PVS-Armee erobert und verfügten über den größten Teil des militärischen Fuhrparks. Das war ein enormer Vorteil gegenüber den Loyalisten. Der Hauptmann drehte sich um und ging zu seinem Tisch.

"Korporal Rogergeri! Ich freue mich wirklich, dass sie es so schnell einrichten konnten." Der Hauptmann setzte sich hinter den massiven Tisch, der wahrscheinlich sogar einem Kampfgeschütz getrotzt hätte. "Ich habe mir ihre Akte noch einmal genauer angeschaut und glaube, dass man etwas voreilig gehandelt hat, als man sie degradierte." Rogergeri horchte auf. Hatte er richtig gehört? "Ich habe gelesen, dass sie bereits außerplanetarische Erfahrung gesammelt haben. Sie waren im Berenasi-Sektor auf Golden Bowl. Das muss ziemlich hart gewesen sein, den ganzen Tag mit Gasmaske zu kämpfen." Der Hauptmann machte eine Pause. Er schien wohl auf einen Antwort von Rogergeri zu warten.
"Ich habe einfach nur versucht zu überleben, Sir." "In der Tat! Und das haben sie sogar recht erfolgreich geschafft. Aber sie waren ja auch im Gargon-System im Einsatz. Ich dachte immer, die Gargonen machen keine Gefangenen. Die wenigen Überlebenden, die es geschafft haben, bevor die Ultramarines das ganze System gesäubert haben, wurden doch alle nach Solaris Beta verschifft, oder nicht?" Wieder eine Pause.
"Nicht alle, Sir. Die nur leicht Verletzten wurden nach Regula versetzt, um sich von der Strahlung der Gargon-Sonne zu erholen." "Nun gut! Jetzt sind sie jedenfalls wieder im Klunes-System. Und sie sind einer der Wenigen, die auch außerhalb des Systems Kampferfahrungen sammeln konnten. Sie hatten doch auch schon mit Space Marines zu tun, oder? Und bestimmt haben sie auch den einen oder anderen Trick aufgeschnappt, den sie weitergeben können."
"Möglicherweise, Sir." "Sehr gut. Korporal Rogergeri, ich vergesse ihre kürzlich gemachten Fehler und ernenne sie hiermit wieder zum Sergeant. Sie erhalten das Kommando über einen eigenen Trupp." Der Hauptmann griff nach einer Schublade des massiven Tisches und holte einige Papiere hervor, die vor Rogergeri auf den Tisch knallte. "Sir, ich glaube ni..." "Sergeant, das war keine Bitte, sondern ein Befehl. Auch in dieser Armee hat man Befehle zu befolgen, klar?!" Der Hauptmann aktivierte einen in den Tisch eingearbeiteten Monitor. Er schaute auf. "Sie sind ja immer noch da. Wegtreten, sofort!" Rogergeri nahm die Papiere und verlies den Raum. Er las sich die Befehle durch. Offenbar waren vor einigen Tagen Schlachtschiffe unbekannten Ursprungs in das System gekommen. Das Oberkommando der Rebellen vermutete dahinter Verstärkungen der Loyalisten. Wahrscheinlich Space Marines. Nun galt es sich auf deren Angriff vorzubereiten und alle potentiellen Landeplätze von Raumtransportern zu befestigen. Dazu wurden die Rebellentruppen in mehrere Teile aufgespaltet.

Rogergeri hatte nun den Auftrag mit den Resten seines alten Trupps und freiwilliger Milizionäre, eine neue Stellung einzunehmen, die in der Nähe eines großen Platzes lag. Die Milizionäre waren fanatische Anhänger der Rebellenidee. Viele hatten einmal in der imperialen Armee gedient oder hatten zumindest schon einmal eine Waffe in der Hand gehabt. Einige hatten in den Klunes-Waffenfabriken gearbeitet und konnten mit Lasergewehren halbwegs umgehen. Dennoch war Rogergeri sich der Ironie der Situation bewusst. Vor ein paar Tagen hatte er gegen so einen Trupp, schlecht ausgerüsteter Männer, fast seine ganze Einheit verloren. Nun wollte er diese Männer nicht unterschätzen, da er aus eigener schmerzlicher Erfahrung wusste, dass sie über sich selbst hinaus wachsen konnten.
Er rief den Trupp zusammen und scheuchte sie in einen altersschwachen Lastwagen. Dieser schiefe Kasten wirkte nicht grade vertrauens erweckend und schien seine besten Zeiten schon lange, lange hinter sich zu haben. Auf der Ladefläche wartete schon ein weiterer Trupp Freiwilliger.
"Ah Loosergerie, willkommen bei den Abteilungen, der Kanonenfutterkompanie!", rief eine Rogergeri leider nur zu bekannte Stimme. Sie gehörte Sergeant Harridan. Er und Rogergeri konnten sich schon von Anfang an nicht leiden. Sie hatten schon bei mehreren Einsätzen zusammen arbeiten müssen und waren sich fast immer sofort an die Gurgel gegangen, weil sie sich nie über die richtige Taktik einigen konnten.

Jeder der beiden versuchte, den anderen an Professionalität und List zu übertreffen. Das hatte sie schon vor der Rebellion zu ausgezeichneten Einheitsführern gemacht, aber auch zu erbitterten Gegnern. Solange die Einsätze nicht darunter litten, hatten ihre Vorgesetzten diese Konkurrenz gefördert, doch einmal war Harridan zu weit gegangen. Bei einer wichtigen Mission hatte er auf sämtliche Vorsichtsmaßnamen verzichtet und dabei alle seine Männer verloren. Man hatte ihn aufgrund seiner Dienste und Erfolge nicht hinrichten lassen, aber dafür zu lebenslanger Gefängnisstrafe in einer Strafkolonie verurteilt. Rogergeri war überrascht, ihn hier zu sehen. Wahrscheinlich hatte man während der Rebellion den Gefängnisinsassen eine Amnestie gewährt und die Freiheit versprochen, wenn sie für die Rebellen kämpften. Harridan schien seine Gelegenheit genutzt zu haben. Vor seinen Männern wollte er sich jedenfalls keine Blöße geben und ignorierte Harridan einfach. Vielleicht konnte er ihn früh genug loswerden, bevor er zu lästig wurde.

Der Truppentransporter schien mit Höchstgeschwindigkeit zu fahren, aber alle Insassen warteten nur darauf, dass er gleich den Geist aufgeben würde. Und als hätten sie es alle heraufbeschworen, gab es einen Ruck und das alterschwache Fahrzeug blieb stehen. Einen Moment später ertönte die nervende Hupe des Vehikels und hörte nicht mehr auf zu plärren. Harridan schien sofort zu schalten.
"Alle runter von der Ladefläche!" Rogergeri war ebenfalls abgesprungen und hastet nach vorne zum Führerhaus. Der Fahrer lag über dem Lenkrad und drückte dabei immer noch auf die Hupe. Schnell zog der, wieder beförderte, Sergeant ihn aus der Kabine und unter den Wagen. Hier konnte er ihn genauer betrachten. Harridan robbte an seine Seite. Wortlos nahmen sie dem Toten seine Ausrüstung ab. "Das war ein recht gut gezielter Schuss. Wahrscheinlich aus einer der Ruinen vor uns." " Na ja bei dem langsamen Tempo hätte das fast jeder geschafft, der vernünftig mit einem Gewehr umgehen kann. Wir waren die perfekte Zielscheibe." "Hmm,...wer war der Schütze? Etwa ein Loyalist?" Harridan gab seinen Leuten ein Handzeichen. Sie sollten in Deckung bleiben. Rogergeri besah sich die Einschusswunde zwischen den Augen des toten Fahrers genauer. "Das war kein Standartprojektil!" "Ein Assassine? Im Klunes-System? Ist das nicht etwas übertrieben?" "Nein, die benutzen andere Munition und werden bestimmt nicht auf klapprige Rebellenfahrzeuge angesetzt." Irgendwo hatte Rogergeri so eine Einschusswunde schon einmal gesehen. Natürlich bei den Scoutscharfschützengewehren der Space Marines!
"Verdammt! Die Space Marines sind schon hier! Unsere Informationen sind veraltet!" "Erzähl keinen Mist. Wir hätten doch eine planetare Invasion, der Space Marines bemerkt." Aber auch Harridan hatte keine bessere Erklärung. "Egal sie können uns nicht alle erschießen." Harridan kroch unter dem Fahrzeug hervor und rief nach dem Funker. Der Mann kam geduckt zu ihm und schaute sich ängstlich um. Wahrscheinlich verfluchte er mittlerweile das Privileg, das Funkgerät zu tragen.

Harridan griff nach dem Hörer und wollte ihn gerade zum Ohr führen, als er ihm aus der Hand geschossen wurde. Einem antrainierten Impuls folgend, warf sich Rogergeri ohne nachzudenken auf Harridan. Wo dieser eben noch gestanden hatte, spritze Straßenbelag auf, als die Kugel heran zischte. "Verdammt, hast du im Knast alles vergessen? Jetzt weiß der Schütze, dass du der Anführer bist. Glückwunsch!" "Ach, halt dein Maul und ruf lieber einen Sanitäter. Der Hurensohn hat mir die Hand zerschossen." Harridan würde in nächster Zeit keine Waffe mehr in der rechten Hand halten können.
"Mach das selber. Ich hätte dich eben verrecken lassen sollen! Ich habe keine Lust, wegen dir drauf zu gehen! Unsere Wege trennen sich hier! Mir tut's nur um deine Männer leid." Rogergeri rannte geduckt zu seinem Trupp. Dellhaus, einer der Männer, die noch aus seinem alten Trupp waren, warf eine Nebelgrante. Als die Wolke sie umschloss, machten sie sich auf den Weg. Als sie in halbwegs sicherer Deckung waren, erklärte Rogergeri ihnen seinen Plan. "Wir versuchen uns zu Fuß zu unserer Stellung durchzuschlagen. Leider sind die Space Marines schon gelandet. Wir müssen also alle zweihundert Prozent geben!" "Warum versuchen wir nicht, die Scharfschützen zu erledigen?", fragte einer seiner Männer, an dessen Name sich Rogergeri im Moment nicht erinnern konnte. "Scharfschützen wechseln ihre Stellungen ständig. Er ist bestimmt schon über alle Berge und hat uns eine kleine Überraschung dagelassen."

***


Kurz zuvor…
Die Dark Angels hatten begonnen, den Planeten anzugreifen. Sie benutzten dabei aber eine so genannte Vorhutinvasionen, bei der Scouttruppen das Gelände vor Ort sondierten und für die Ankunft der Hauptstreitmacht vorbereiteten.

Sergeant Hexor lud seine Boltpistole durch und schaute dann durch das Zielfernrohr seines Scharfschützengewehres. Alles war perfekt eingestellt. Seine Ordensbrüder taten es ihm nach und testeten ebenfalls ihre Ausrüstung auf volle Einsatzfähigkeit. Der verdeckte Absprung aus dem Thunderhawk war verdammt hart gewesen. Der Auftrag war klar. Eliminieren aller Rebelleneinheiten und erkunden des Geländes! Verunsichern des Feindes und für Unruhe sorgen! Standartverfahren bei Vorhutinvasionen. Hexors Trupp hatte solche Aufgaben schon auf vielen Welten, gegen viele Feinde des Imperiums, durchgeführt. Die Hauptstreitmacht der Dark Angel wartete im Weltraum und würde bald landen, um an vorderster Front zu kämpfen. Die Scout-Scharfschützen würden dann beginnen, hinter den feindlichen Linien ihren Kampf gegen den Gegner zu kämpfen. Hexors Einheit bestand aus fünf gut ausgerüsteten Scharfschützen, welche durch Tarnmäntel jederzeit mit ihrer Umgebung verschmelzen konnten. Alle waren voll ausgebildete Dark Angels, die jeden Rebellen auch im Nahkampf besiegen würden, sollte es dazu kommen. Es würde zu keinen nennenswerten Problemen kommen. Diese Menschen waren schwacher Abschaum, der nicht einmal die Kugeln der Scharfschützengewehre wert war. Sie hatten sich gegen das Imperium entschieden und damit ihr eigenes Todesurteil unterschrieben. Die Dark Angels würden mit ihnen, den von Ketzerei beschmutzten Boden aufwischen und das gesamte Klunes-System, von allem unwürdigen Unrat, reinigen.

Über Kurzstreckenfunk verständigten sie sich untereinander und suchten sich eine neue Deckung. Hexor hatte beschlossen, mit seinen Brüdern an einer Kreuzung zu lauern und die erste Rebelleneinheit anzugreifen, die sich ihnen zeigte. Nach einer Stunde wurde ihr geduldiges Warten belohnt. Eine Einheit PVS-Deserteure näherte sich ihrer Stellung. Die Rebellen rannten geduckt durch die zerstörte Stadtlandschaft und versuchten so, sich möglichst unauffällig in Richtung der Loyalistensektoren zu bewegen. Hexor hatte den Anführer des 15-Mann-Trupps schnell erkannt und legte auf ihn an. Das schallgedämpfte Projektil trat genau zwischen den Augen seines Opfers ein und brachte den Mann zu Fall. Nun brachen auch andere Männer zusammen, als hätte sie der Schlag getroffen. Der Mann mit dem Plasmawerfer. Die zwei Männer, die eine schwere Bolter-Lafette schoben. Der Funker. Nach und nach waren alle wichtigen Männer des Trupps ausgeschaltet. Die restlichen Rebellen suchten ihr Heil in der Flucht. Doch die Dark Angles hatten sich so verteilt, dass sie den Trupp aus allen Richtungen und Winkeln beschießen konnten. Nach nicht einmal drei Minuten war der ganze Spuck vorbei und die Dark Angels Scouts wechselten die Stellung, um woanders auf neue Beute zu lauern. Doch vorher filzten sie noch die toten Männer und wurden schnell fündig.

Hexor betrachtet die Karte, welche er bei dem Rebellenanführer gefunden hatte. Auf ihr waren verschiedene Stellungen, Lagerdepots und Sammelpunkte der Verräter aufgezeichnet. Der Scoutsergeant lachte kurz auf und konnte sein charakteristisches Grinsen nicht unterdrücken. Diese Ketzer machten ihm seine Aufgabe leichter, als er gedacht hätte. Sie mussten nun ihre Beute nicht mehr suchen, sondern konnten sich von der Karte zu den verschiedenen Rebellennestern führen lassen. Diese Imperiumsverräter waren einfach keine richtigen Gegner für ihn und seine Ordensbrüder. Seine Verachtung für diese schwachen Menschen wuchs nur noch. Ihn dürstete es nach einem richtigen Feind, der ihn und seine übermenschlichen Fähigkeiten herausforderte. Sicher diese PVS-Krieger waren bewaffnet und konnten vielleicht auch halbwegs mit ihren Lasergewehren umgehen. Aber er fühlte keinen richtigen Ergeiz, gegen sie zu kämpfen. Sie waren keine Herausforderung. Als er die Karte noch einmal genauer betrachtete, begannen seine Augen zu leuchten. "Brüder wir ändern unsere Route und nehmen uns ihre Rebellenbasis für diesen Sektor vor. Das wäre ein wichtiger taktischer Sieg im Kampf gegen diese Ketzer!" Seine Ordensbrüder nickten zustimmend. Auch sie fühlten, wie er. Waren vom gleichen Schlag, wie er. Sein Grinsen wurde noch um eine Spur kälter: Ja, das war die Herausforderung, die er gesucht hatte. Fünf Dark Angels gegen eine mehrfache Übermacht.

***


Thomas Reuter war gelangweilt. Da tobte endlich mal so etwas wie ein richtiger Krieg im Klunes-System und seine Garnisonseinheit war mitten in eine heiß umkämpfte Makropole versetzt worden, und er durfte wieder mal nur Wachdienst schieben. Einmal wollte auch er das, in der jahrelangen Ausbildung erlernte, Militärwissen im Ernstfall anwenden und etwas erleben. Er war zum Wehrdienst in die Klunes-PVS-Truppen eingezogen worden und hatte seine Grundausbildung schon lange hinter sich. Gleich danach war er auf eine kleine Außengarnison in einer Miene von Klunes III versetzt worden, in der das Schlimmste was ihm passieren konnte, das ausgegangene Klopapier war. Nun tat er Dienst an einer Straßensperre, welche eine der Zufahrten zur Sektorbasis der Rebellentruppen absperrte. Jeden Tag kamen und gingen neue Rebelletruppen und kämpften gegen die Loyalisten, doch er tat nun schon von Anfang an hier an der Sperre Dienst. Das Leben konnte so grausam sein. Sein Funkgerät knackte kurz und die Stimme von Harold kam aus dem Lautsprecher. "Posten 16 von Basis. Meldung machen!" "Basis von Posten 16. Nichts passiert! Keine Probleme." "Du wirst in einer Stunde abgelöst Thomas. Dann kannst du Essen fassen. Aber ich muss dich warnen. Es gibt Auflauf und der Koch hatte mal wieder einen schlechten Tag." "Danke Harold, bis in einer Stunde dann." "Ende und aus!" Thomas beendet das Gespräch und schaute die Straße entlang. Nichts los. Er ging zur anderen Straßenseite und überprüfte nun schon zum tausendsten Mal den Stacheldraht. Natürlich war alles in Ordnung.
Er drehte sich um und bemerkte jetzt eine dunkle Gestalt, die im Schatten seines kleinen Wachhäuschens stand. Sie trug einen Tarnmantel und hielt eine ziemlich bedrohlich aussehende Boltpistole in sein Gesicht. Thomas hob sein Gewehr, doch die schallgedämpfte Waffe seines Gegenübers ruckte kurz und durchschlug das Funkgerät und den dahinter liegenden Körper. "Verdammt! Du Dreckskerl!" Vor Schmerz die Zähne zusammenbeißend, wollte er den Abzug seines Lasergewehres durchdrücken, doch die Gestalt bewegte sich mit übermenschlicher Geschwindigkeit auf ihn zu. Sie entriss ihm das schwere Lasergewehr, als wäre es eine Spielzeugpistole. Dann hielt sie ihm den Mund mit einer Hand; groß wie ein Klodeckel, zu. Und kurz darauf bohrte sich die Klinge eines Unterarmlangen Kampfmessers brutal durch seine kugelsichere Armaplastweste und seinen Körper. Ach wie gerne wäre er jetzt wieder auf Klunes III. So schlecht war es gar nicht in der Mine gewesen. Dann verlor er das Bewusstsein und verblutete langsam. Sein lautloser Angreifer machte ein Handzeichen und vier weitere getarnte Gestalten tauchten auf, um die Straßensperre zu verminen. Danach trugen sie den sterbenden Wachposten beiseite. Dann war wieder alles still. Als Harold die Wachposten alle angefunkt hatte und von ihnen erfahren hatte, das es nichts zu berichten gab, wollte er noch mal seinen Kumpel Reuter anfunken. Doch der gab keine Antwort. Das war seltsam. Aber vielleicht war Thomas ja nur mal dem Ruf der Natur gefolgt, erleichterte sich wieder mal an der Sandsackbarrikade und hatte grade keine Hand frei. Na ja er war ja auch nur ein Mensch, oder? Er würde Thomas einfach später noch mal anfunken.

***


Die Ruine war einst ein imposantes Verwaltungsgebäude gewesen. Aber auch jetzt wurde es wieder für verwaltende Zwecke benutzt. Die Rebellen hatten hier eine ihrer Sektorbasen untergebracht und die massiven Mauern neu befestigt. In den nicht zerstörten Räumen befanden sich Waffenkammern, Lazarette, Feldküchen und die Befehlszentrale des Sektors mit dem Büro des Kommandanten. Einige der Fenster waren sogar schon wieder repariert worden. Hexor hatte sich in einem ausgebrannten Panzerwagen versteckt und beobachtete das rege Treiben um die Basis. Da wurden Fahrzeuge in Stand gesetzt oder ausgeschlachtet, um mit ihnen die teilweise recht altersschwachen Transporter zu flicken. Einige Soldaten bereiteten sich auf den Abtransport vor und andere stiegen von Ladeflächen um sich auszuruhen und neu aufzumunitionieren. Sie sahen müde und ausgezerrt aus.

Alles erinnerte Hexor irgendwie an seine schon ferne Ausbildung zum Space Marine. Aber da hörten die Ähnlichkeiten auch schon auf. Diese Imperiumsverräter hatten nichts mit ihm und seinen Brüdern gemein. Sie wähnten sich in falscher Sicherheit und rechneten nicht mit einem Angriff auf ihre Basis. Ja sie schienen nicht einmal besonders auf ihre Wachposten zu achten, die sie in viel zu geringer Anzahl um das Lager postiert hatten. Die fünf Dark Angels hatten schon eine Hand voll von Wächtern ausgeschaltet, die alleine das Gelände sichern sollten. Sie hatten keine Probleme gehabt bis in das Innere der Basis zu kommen und sie würden auch keine weiteren bekommen. Die Scouts hatten schon alles vorbereitet und warteten nur noch auf das Signal zum Angriff. Hexor schüttelte noch einmal den Kopf, als er sich vorstellte, wie diese Männer eine Welt gegen feindliche Außerirdische, wie die verschlagenden Eldar oder die wilden Orks verteidigen sollten. Sie hätten keine Chance. Und sie dachten sie könnten sich gegen das Imperium und dessen Macht stellen.
Allein die Tatsache das die Dark Angels den Planeten schon längst angriffen, ohne das diese Ketzer es merkten, war ein Beweis für ihre Unfähigkeit Sie gehörten gar nicht mehr zum Imperium und darum waren sie nicht besser als Abschaum. Sein Blick glitt noch einmal über das Gelände. "Drake optimiere deine Deckung! Wenn ich dich sehe, können es auch diese unfähigen Versager!" Drakes schemenhafte Umrisse beim Stapel alter Autoreifen schienen sich aufzulösen, als der Scout sich noch mehr in den Schatten des Stapels drückte. Aus dem Ausgang des Gebäudes trat eine Gestalt.
Hexor zoomte das Gesicht des Mannes mit seinem Zielfernrohr heran. Er folgte dem zerfurchten Gesicht eine Weile. Es schien sich hierbei um einen echten Veteranen zu handeln, der seine Narben in echten Kämpfen erhalten hatte. Seine Bewegungen waren geschmeidig und sein Blick schien jede Person in seinem Sichtfeld zu scannen. Als er einen Moment stehen blieb, bot sich die ideale Gelegenheit zum Schuss. Nein. Dieser Mann war ein erfahrener Gegner, den man im Kampf nicht unterschätzen sollte. Er verdiente in Hexors Augen einen fairen Kampf. Er würde diesen Mann verschonen. Sicherlich würde er ihm noch in den nächsten Tagen über den Weg laufen und dann würde Hexor dem Mann gegenübertreten und zu Boden schicken. Jetzt war es auch zu gefährlich seine Position zu verraten, wenn er diesen Mann vor aller Augen niederschoss. Er durfte das Hauptziel ihrer Mission nicht gefährden.

"Bruder Nemon und Hardas habt ihr eure Positionen eingenommen?" Ein aus zweistimmiges "Positiv." antwortete ihm. Gut dann konnte es ja losgehen. "Bruder Bastian mach dich bereit!" "Positiv." Bastian hatte an verschiedenen Stellen des Lagers Sprengladungen angebracht und würde die Zünder auslösen. Hexor legte sein Scharfschützengewehr auf sein Ziel an. Es war der Lagerkommandant im oberen Stockwerk der Ruine, seines Ranges und der Uniform nach, ein ehemaliger Hauptmann der PVS-Truppen. Er stand vor der riesigen Karte an der Wand und schien neue Fähnchen anzubringen. Da die Scheiben in aller Eile erneuert wurden, hatte man auf das panzersichere Glas verzichtet. Hexor hatte seinen Ziellaser ausgeschaltet um zu vermeiden, dass der Hauptmann den kleinen roten Punkt auf der Karte auf sich zuwandern sah.
"Brüder, bereit?" "Bereit!", kam die mehrstimmige Antwort. Hexors Finger krümmte sich langsam um den Abzug und suchte den Druckpunkt. "Jetzt!" Er bog den Finger durch, als die Geräuschkulisse der Basis am lautesten war. Glas splitterte und fiel in einem Scherbenregen zu Boden. Die Scouts hatten alle gleichzeitig geschossen, um die entstehende Verwirrung noch zu fördern. Ein großer Blutfleck an der Karte zeugte vom Erfolg der Mission. Nemon und Hardas hatten auf der anderen Seite des Gebäudes die zwei Funkoffiziere unter Beschuss genommen und sie erledigt. Hexor war erstaunt, das die Ketzer noch nichts bemerkt zu haben schienen. Aber eigentlich war es auch kennzeichnend für diese Verräter. Nun gut nun galt es Sekundärziele auszuschalten. "Jetzt die Sekundärziele!" Jeder Scout suchte nun nach vereinzelten Soldaten, die alleine unterwegs waren oder nicht sofort entdeckt wurden, wenn sie tot zusammenbrachen. "Brüder, bereit?" "Bereit!", kam die mehrstimmige Antwort.

Sie wiederholten die Prozedur noch einige Male, bevor ihnen die geeigneten Ziele ausgingen. Danach suchten sie sich kleinere Gruppen aus. "Abbruch! Abbruch! Da kommen zwei Transporter!" rief Bastian in den Funk. Die Fahrer würden sich wahrscheinlich über die verlassene Straßensperre aufregen und versuchen sie selbst zu öffnen. Dabei würden sie auch die Sprengfallen auszulösen. Hexor hörte die Detonationen und stellte sich vor, wie die Truppentransporter von mehreren versteckten Sprengsätzen durchgerüttelt wurden. "Gut Brüder Rückzug zu den vereinbarten Koordinaten. Hier ist unsere Aufgabe getan. Bastian los!" Bastian löste nun auch die restlichen Sprengsätze aus, die er an Benzinfässern und offen rumstehenden Munitionskisten oder taktisch wichtigen Punkten, wie Hauseingängen und Waffenkammern angebracht hatte. Der nun entfesselte Feuerzauber kostete weiteren Rebellen das Leben als sie versuchten sich irgendwo in Sicherheit zu bringen. Hexor nutzte die Gelegenheit um noch einige verwirrt umherlaufende Gegner zu erledigen, bevor auch er sich zurückzog.

Ja, die Mission war ein voller Erfolg. Und auf der erbeuteten Karte waren noch mehr solcher Ziele eingezeichnet.



Urheberrecht: Sven Lungershausen, 2004



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