„Wir sind in Position!“ rief Logan vom Pilotensitz des U-Bootes. „Jäger?“ fragte ich kurz. Logan drückte ein paar Knöpfe und drehte sich halb zu mir um. „Nix auf den Scannern,“ grinste er. „OK, dann gehen wir ´rein,“ rief ich und ging zu den Sitzen. Frost, Burst und Storm waren schon bereit, hatten ihre Köpfe auf den Gestellen niedergelassen, sich aber noch nicht in die Matrix eingeloggt. „Operator bereit!“ rief Mary von ihrer Station. „Aarrrgh, ich hasse es, der Dummy für and’re zu sein,“ beschwerte sich Burst ein weiteres mal. „Ja ja, wir wissen es. Tröste dich, jetzt da es bestätigt zu sein scheint, dass der Erleuchtete gefunden ist, wird unser Krieg nicht mehr lange dauern,“ beruhigte ich ihn. „Glaubst du die Gerüchte? Ich nicht, denn wie erklärst du dir, dass Morpheus’ Crew fast vollständig ausgelöscht wurde?“ fragte er finster. „Viel Glück!“ rief Mary und schickte unsere Bewusstseine in die Matrix, das unglaublich große und mächtige Gebilde, dass die Roboter aufgebaut hatten um die Menschheit zu versklaven.
Ein altmodisches Telefon klingelte vor sich hin. Der wacklige Tisch bewegte sich unter den Bewegungen der Klingel. Ich griff danach und hob den Hörer ab. „Operator?“ kam Marys Stimme durch die Muschel durch. „Wir sind da,“ sagte ich nur und legte auf. Das Leder knisterte als wir gemeinsam auf den Ausgang des baufälligen Hauses gingen. Ich hängte mir meine Sporttasche über die Schulter des grauen, fast schwarzen Dusters und blickte mich um. Kein Penner in der Umgebung. Gut, denn so war die Gefahr von einem Agenten bemerkt zu werden geringer.
„Ich denke, dass beweist doch nur, dass Morpheus Erfolg hatte. Denkst du wirklich, sie hätten eine volle Schwadron Jäger und gleich ein halbes Dutzend Agenten auf diesen Neuling Neo geschickt?“ beantwortete ich Bursts Frage. „Ich denke Morpheus war einfach zu unvorsichtig. Verdammt, mit den Hochhäusern, die Trinity und dieser Neo in die Luft gejagt haben, haben sie mehr Aufmerksamkeit erregt als gut für uns alle ist,“ grummelte er weiter. „Ach sei ruhig,“ fauchte ihn Frost an. Sie stieg auf der Fahrerseite einer schwarzen Limousine ein. Ich stieg auf der anderen Seite rein und verstaute die Tasche im Fußraum.
Ich stieg die schmale Treppe in dem Treppenhaus hoch und klopfte an einer Holztür auf der der Lack langsam absplitterte. „Wer da?“ kam leise eine Stimme durch das Holz. „Freedom Technologies,“ antwortete ich. Die Tür wurde geöffnet. Ich und Frost, die hinter mir gestanden hatte, traten ein. Zwei weitere Personen in schwarzem Leder und dunklen Sonnenbrillen erwarteten uns. „Was habt ihr für uns?“ fragte ich. Der eine Mann griff in seine Innentasche und holte einen zusammengerollten Plan hervor. Mit einer Bewegung aus dem Handgelenk entrollte er den Plan auf dem Tisch. „Die Roboter scheinen im Gefängnis irgend etwas vorzuhaben. Wir haben in dem Bereich erhöhte Aktivitäten gemessen,“ erklärte er knapp. Frost verzog ungläubig das Gesicht. „Was sollten denn die Roboter im Gefängnis für Interessen haben?“ fragte sie. „Ich könnte mir da so einiges denken,“ meinte ich. Bei allen hob sich eine Augenbraue und sie sahen mich fragend an. „Wir glauben zu wissen, dass die Maschinen sich nicht selbständig weiter entwickeln können. Sie können bereits bestehende Komponente neu anordnen, aber keine eigenständige technische Neuerungen entwickeln. Neue Technologie wurde vermutlich von den Menschen in der Matrix entwickelt und von den Maschinen in der Realität umgesetzt. Aber das dauert. Und die Matrix scheint besonders aggressiv zu werden. Ich vermute es hat mit dem Gerücht zu tun, dass der Auserwählte gefunden wurde. Die Matrix könnte zahlreiche GAU-Protokolle für den Fall entwickelt haben.“ Die beiden Männer sahen sich an. „Du denkst, die Aktivitäten in dem Gefängnis ist ein GAU-Protokoll der Maschinen?“ Ich nickte. „Wir dachten uns, dass die Matrix einige Menschen entsprechend konditioniert und auf uns Matrixrunner hetzen.“ „Dafür haben sie Agenten,“ warf Frost ein. „Aber nicht in der realen Welt. Da haben sie nur die Jäger, und wir haben gelernt ihnen aus dem Weg zu gehen. Aber Menschen in Booten wie unseren würden wir als ungefährlich betrachten.“ „Wir würden denken, dass sie eine neue Gruppe wären. Sie könnten womöglich sogar
in den Sicherheitsbereich von Zion vordringen,“ sprach der erste Mann weiter. Ich nickte wieder. „Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die die Robotter sich ausgedacht haben könnten. Wir gehen rein und sehen uns an, woran die Matrix arbeitet,“ entschloss ich mich. „Und wenn uns nicht gefällt, was wir finden?“ fragte der andere.
Ich zog blitzschnell meine Pistole und lud durch. Das metallische Schnappen beeindruckte niemanden im Raum, aber es unterstrich meine Meinung. „Dann blasen wir es zur Hölle!“
Wir trafen uns am Ausgangspunkt und warteten nur kurz. Dann klingelte das Telefon. Ich nahm ab. „Operator?“ kam es aus dem Hörer. „Wir brauchen Waffen. Transferiere uns direkt zur Waffenkammer,“ sprach ich in die Muschel. „Bestätigt.“ Plötzlich hatte ich das Gefühl zu fallen und fand mich in einer unendlich weißen Welt wieder. Kurz nacheinander erschienen noch die anderen. Aus der Innentasche des Dusters zog ich ein Handy und klappte es auf. „Mandy, fang mit dem Kleinkram an,“ befahl ich ihr durch das Handy. Ein leiser Donner ertönte. Mit beinahe Schalgeschwindigkeit rasten unendlich viele Reihen von schwarzen Gestellen an uns vorbei. Und mit einem plötzlichen Ruck blieben sie um unsere Gruppe stehen. „Was erwartet uns?“ fragte Storm. „Wir brechen in ein Gefängnis ein. Also schon erst mal die üblichen Wachen auf ihren Positionen. Wir müssen schnell sein, bei so vielen Leuten können die Agenten leider schnell reagieren. Und wir müssen an den Rückweg denken. Burst, denk an eines deiner Spielzeuge. Ich habe eine gute Position an einer Außenwand gesehen, wo wir es dann deponieren können.“ Burst nickte, nicht mehr großmäulig sondern hochprofessionell. „Deckt euch mit genug AP-Granaten ein,“ meinte ich noch und griff nach den Maschinenpistolen und holsterte zwei unter den Achseln. Zwei lange Wurfmesser verschwanden in den Ärmeln. Ich packte noch eine zusätzliche Pumpgun und ein Sturmgewehr in die Sporttasche und füllte den restlichen Freiraum mit genügend Munition aus.
Hinter mir schlug Metall auf. Ich drehte mich um und sah Storm eine Gatlinggun in einem Metallkoffer verstauen. Der Koffer war zum Glück tief genug, um noch Munition unter zu bringen. Bei der Kadenz dieses Monsters war das nötig, aber Storm liebte das Teil. Frost schob gerade zwei Maschinengewehre unter ihren Mantel. Neben ihr stand der Koffer mit ihrem Scharfschützengewehr. Burst stand schon bereit, einen dicken Rucksack auf dem Rücken. Er lud einen Granatwerfer mit einer Faustgroßen Granate durch, weitere Granaten beulten die Tasche an seiner Seite aus.
„Die Wrecking Crew ist bereit zum Einsatz,“ rief ich. „Yeah!“ rief Burst zurück. Ich holte das Handy wieder hervor. „Operator? Wir sind bereit.“ „Achtung, bereithalten,“ antwortete Mary. Und wieder fühlte ich das Gefühl des Fallens.
Der Wachmann kam aus seinem Häuschen mir entgegen. Storm und Burst gingen rechts und links neben mir. „Kann ich ihnen helfen?“ rief der Polizist uns entgegen und stellte sich breitbeinig vor dem großen Metalltor des Gefängnisses auf. Ich lächelte als ich mir vorstellte, wie wir für den Mann erscheinen mussten. Drei Männer, alle in schwarzem Leder mit Metallbeschlägen, mit schweren Taschen bepackt und sehr dunklen Sonnenbrillen an diesem stark bewölkten Tag. Ich weiß nicht ob die Matrix Ironie verstehen konnte, denn mich traf ein Regentropfen in den Nacken. „Nein,“ meinte ich und zuckte nicht zusammen, als auf der Stirn des Wachmannes ein roter Punkt erschien und der Mann nach hinten fiel. Oben auf der Mauer gestikulierten zwei weitere Wachmänner und deuteten auf ihren nun toten Kollegen. Zu mehr kamen sie nicht, als Frost mit ihrem Scharfschützengewehr die beiden Wächter erledigte. Ungerührt nahm Storm dem Wachmann vor uns die Torschlüssel vom Gürtel und schloss das Tor auf. Frost kam so schnell ihre schneeweiße Ledermontur es erlaubte angerannt und gesellte sich zu uns. Ich stieg als erster durch den Durchgang, gefolgt von den anderen.
Niemand war zu sehen in dem kleinen Innenhof. Ein alter Gefangenentransporter stand auf einer Seite, einige Türen führten weiter hinein ins Gefängnis. Wir gingen auf eine Tür mit Verglasung zu. Ein langer Gang dahinter endete zehn Schritte vor uns an einer Theke, an der drei Wachmänner lehnten. Als sie uns sahen richteten sich die Männer auf. Drei Kugeln flogen so dicht an meinem Kopf vorbei, dass die Mündungsfeuer aus dem Scharfschützengewehr in meinem Rücken meine Haare ansengten. Die Männer an der Theke klappten zusammen, jeder von einer einzelnen Kugel nieder gestreckt. Wir gingen weiter.
Plötzlich kam ein Mann um die Ecke an der Theke und stürzte dahinter. Eine Alarmglocke schrillte als der Wächter sich wieder aufrichtete. Hinter der Theke in Deckung wollte er eine Pistole auf uns richten als auf einmal ein Loch in der Theke erschien und der Wachposten explodierte. Burst öffnete den Verschluss des Granatwerfers und ließ die leere Patrone rausfallen.
An dem ehemaligen Wachpunkt teilten wir uns auf. Burst und Frost gingen nach rechts, während Storm und ich nach links weiter. Ich trat über die funkensprühenden Enden der Stromversorgung der Überwachungsmonitore der zerstörten Theke und drückte eine weitere Tür auf. Vor uns ertönte das Geräusch schwerer Stiefel im Laufschritt. Ich hörte, wie Storm die Verschlüsse des Metallkoffers öffnete und die Gatlinggun heraus hob. Ich selbst öffnete den Reißverschluss der Sporttasche und holte eine Pumpgun raus.
Wir traten durch eine weitere Tür in einen Zellenblock ein. Wir waren im Erdgeschoss. Rechts war eine Außenwand, kahl und grau mit einigen Schmierereien drauf. Links von uns waren die Zellen in denen die Gefangenen an den Gittern standen und irgend welches Zeug riefen. Die Stiefel, die ich schon vorhin gehört hatte, ertönten auf den Laufstegen direkt über uns. Storm hob ungerührt die Gatlinggun senkrecht hoch und drückte ab. Ein Geräusch ertönte wie wenn jemand Endlospapier in der Mitte zerriss. Der Laufsteg über uns wurde zersiebt. Storm brauchte nicht zielen, bei der Geschwindigkeit, mit der die Waffe Geschosse ausspie konnte er nicht verfehlen. Wie die Schreie bewiesen.
Ich fischte mit einer Hand das Handy aus der Manteltasche und rief an. „Operator?“ „Wo lang?“ fragte ich einfach. „Treppe hoch, zweite Etage. Dann dritte Türe links, Geheimgang,“ antwortete Mary, die den Grundriss auf ihrer Station vor sich hatte. „Die anderen?“ „Sind unterwegs zum Treffpunkt,“ antwortete sie und ich legte auf. Ein zu langer Anruf konnte die Jäger auf unser Boot aufmerksam machen.
Mit großen Schritten liefen Storm und ich eine Treppe hoch in den zweiten Stock. Wir traten so behutsam auf den Laufsteg mit der Perforation in der Mitte, wie wir konnten. Weiter oben eröffnete ein Wächter das Feuer mit seiner Dienstwaffe auf uns. Mit einer Hand richtete ich die Pumpgun auf den Mann und drückte ab. Schrot hätte auf die Entfernung nicht viel angerichtet, aber diese Pumpgun hatte Massivgeschosse geladen, die selbst eine Stahltür nicht aufhalten konnte. Der Wächter fiel an uns vorbei in das Erdgeschoss. Hinter mir hörte ich wie Storm in seinen Taschen kramte und eine andere Pistole herausholte, zielte und ein hakenbesetztes Geschoss in die Außenwand jagte.
Ich kümmerte nicht darum sondern ging zur dritten Tür des Zellentraktes. Leider war diese Zelle aber belegt. „Mach die Tür auf!“ knurrte ich die fetten Kerl in der Zelle an. „Wieso glaub’ste, dass ich det könnte?“ grinste der zurück. Ich war nicht in Stimmung für so was. Aus der Hüfte feuerte ich die Pumgun auf das Schloss ab. Dass das Schloss die Kugel kaum verlangsamte war verständlich. Der Kerl hinter dem Schloss merkte das auch schnell. Mit einer Hand zog ich die Zellentür zur Seite und stieg über den ehemaligen Bewohner. Storm folgte mir und deutete auf das Bett an der gegenüberliegenden Wand. Ich nickte und sah es mit an. Ein unter der Matratze versteckter Knopf ließ die Wand mit dem Bett in die Wand einfahren und enthüllte einen Durchgang. Schnell nahm ich einen Draht und mehrere Handgranaten aus der Sporttasche und präparierte mit Storm die Zelle. Einen Agenten würde das vielleicht nicht stoppen, aber wenigstens die anderen Idioten des Wachpersonals.
Dann gingen wir weiter. Und kamen in einem Labor an. Computer, chemische Mittel und die Ausrüstung sie zu verwenden standen an den Wänden und im Raum. Ein Labyrinth der Wissenschaft. Ich packte die Pumpgun zurück und holte dafür ein Sturmgewehr heraus. Das Handy läutete. „Ja?“ fragte ich. „Wir sind bereit,“ meinte Burst und legte auf. Kaum hatte ich aufgelegt als plötzlich ein Man in weißem Laborkittel hinter einigen Apparaten auftauchte. Mit einer kleinkalibrigen Pistole feuerte er blind in unsere Richtung. Storm und ich zuckten nicht zusammen, die Schüsse waren viel zu ungenau. Dafür war Storms Antwort umso effektiver. Die Gatlinggun spuckte wieder Blei und zerfetzte erst die Laboreinrichtung zwischen uns und dem Mann. Dann, als die Kugeln noch nicht genug gewütet hatten, trafen sie den Laboranten und warfen ihn zurück. Storm und ich liefen in die Richtung, aus der der Mann aufgetaucht war durch eine weiter Tür. Ich warf mich vorwärts und rollte mich ab. Über mich flogen weitere Kugeln. Rechts und links hatte weitere Laborkittel ein Kreuzfeuer geplant, sich damit aber mehr selbst als mich gefährdet. Aus der Rolle heraus feuerte ich auf die Gruppe rechts, während Storm als Rechtshänder die linke Gruppe zerstreute, wortwörtlich. Die Hochgeschwindigkeitsgeschosse meines Sturmgewehrs stanzten Löcher in die Tische, die die Männer als Deckung umgeworfen hatten, und in die Leute dahinter.
Hinter mir piepste es, als Storm ein weiteres Hakengeschoss in die Wand schoss. „Ich hatte mich schon gefragt, wann sie uns besuchen kommen,“ plauderte eine Stimme im Hintergrund des verwüsteten Labors. Blitzschnell richteten Storm und ich die Waffen auf den Mann, der da gesprochen hatte. Ein dunkelblonder Mann mit runder Brille und Geschäftsanzug trat vor, die Hände locker an den Seiten hängend. „Wer sind sie?“ fragte ich den Mann scharf. „Nennen sie mich Bridges. Bill Bridges. Ich bin Leiter dieser Einrichtung,“ stellte er sich vor. Ich grinste. Selbst wenn das stark nach Falle roch, so konnte dieser Mann uns einige Fragen beantworten. „Gut. Dann können sie uns ja herumführen,“ meinte ich. Der Mann zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen. Ich hatte schließlich darauf gehofft, sie für unser Projekt zu interessieren.“ Er drehte sich um und öffnete eine Metalltür mit einem Zahlencode und Magnetkarte. „Wie meinen sie das?“ fragte Storm lauernd. „Nun ja, wir warten schon lange darauf, dass einige Leute von Zion zu uns kommen. Über ihre Rückkopplung zu ihren Booten können wir diese Verschwendung von Ressourcen beenden,“ erklärte er. „Moment! Sie wissen über Zion bescheid?“ rief Storm aus und richtete die Gatling auf den Mann. „Sind sie ein Agent?“ Der Mann lachte. „Nein, aber die Matrix hat mich über die Lage aufgeklärt und mich um Hilfe gebeten. Natürlich gegen einige Zusagen für meine Softwarefirma,“ erklärte er und übersah ostentativ die auf ihn gerichtete Waffe.
Wir traten in einen weiteren Raum ein. Schwach beleuchtet schaute ich angestrengt umher, um zu sehen ob es eine Falle war. Der Mann deutete auf eine Glaswand. Storm und ich konnten nicht glauben, was wir da sahen. Männer saßen auf den Pritschen, wie wir zum Einstieg in die Matrixrealität benutzten. „Was machen sie da?“ fragte ich. „Wir konditionieren die Männer und schulen sie in verschiedene Fertigkeiten. Dann kommen sie als biologische Komponente in die Jäger,“ erklärte er.
Das Handy läutete wieder. „Ja?“ „Wir habe einige Probleme. Agenten!“ rief Burst in das Mikrofon. „Zieht euch zurück. Ausweichplan!“ befahl ich ihm und legte auf. „Sie hätten sie ruhig zu uns holen können,“ tadelte der Anzugsmann. „Ich höre mir lieber erst ihr Angebot an, bevor ich die anderen zusammenrufe,“ sagte ich zu ihn und bedeutete Storm zu schweigen. Der Mann lächelte und deutete auf ein altes Telefon mit Wählscheibe auf einem Tisch im Hintergrund des Raumes. „Sie können von diesem Ausgang zu ihrem Boot zurück. Dort öffnen sie ihre Computer für einen Download und warten auf die Jäger. Wir integrieren sie nach einigen Befragungen wieder in die Matrix und alle sind glücklich und zufrieden,“ erklärte Mister Bridges. „Warum sollten wir das machen?“ fragte ich ihn. Er lächelte breiter. „Nun ja, wie gesagt, ich und meine Verbündeten hoffen durch die Analyse ihrer Ausrüstung einige Abwehrmöglichkeiten entwickeln zu können.“ „Was haben ihre Verbündeten ihnen erzählt?“ fragte ich ihn weiter. Sofort erlosch das Lächeln. „Die Wahrheit. Die Roboter haben mir die Oberfläche gezeigt. Wie die Menschheit die Oberfläche verwüstet hat und die Maschinen die Matrix aufgebaut haben um unseren Planeten zu retten. Ich konnte nicht fassen, was unsere Vorfahren für Gräueltaten gemacht haben. Ich bin dankbar dafür, dass ich den Maschinen helfen kann. Die Menschheit ist eine Plage. In der Matrix kann sie so viel Schaden anrichten wie sie will, man kann Reset drücken und alle sind wieder glücklich. Man darf die Menschen nur nicht wieder auf die Erde loslassen,“ sprach der Anzugsmann.
„Sehr interessant. Ich habe andere Aufzeichnungen gesehen, wo die Maschinen den Krieg angefangen haben. Im Endeffekt ist es auch egal, wer angefangen hat. So lange die Maschinen die Menschheit versklavt, werden die Menschen von Zion sie bekämpfen.,“ meinte ich ruhig und stellte mich vor die Glaswand. Schnell überprüfte ich die Umgebung. Kein Agent zu sehen. Ich griff so unauffällig wie möglich in die Tasche und klebte dann etwas auf die Scheibe vor mir. Inzwischen hatte sich Mister Bridges von meiner Antwort erholt. „Sie sagten die Menschen von Zion. Sie sind aber kein Mensch von Zion, bedeutet das, dass sie akzeptieren?“ Ich drehte mich wieder zu ihn herum. „Ich merke doch, wie verzweifelt die Maschinen sind. Der Erleuchtete ist gefunden worden und nun suchen sie nach Möglichkeiten, das Unabwendbare doch noch zu vermeiden. Ich lehne ihr Angebot ab. Ich will nicht zurück in die Matrix.“
In meiner Manteltasche drückte ich auf einen Signalgeben und die kleine Sprengladung, die ich auf die Scheibe geklebt hatte, sprengte ein Loch in das Glas. Ich sprang hindurch, gefolgt von Storm. Auf der anderen Seite zischten Kabel und einige der Männer auf den Pritschen standen langsam auf. Ich griff unter den Duster und holte eine großkalibrige Pistole hervor. Ich richtete die Pistole auf den nächsten Mann und drückte mehrmals ab. Die Kugeln rissen Fleischfetzen aus der Gestalt, doch der Mann kam unbeeindruckt weiter auf mich zu. Storm war erfolgreicher mit seiner Gatlinggun, doch auch seine Ziele schlurften weiter selbst nach dem Verlust von Beinen oder Armen. „Was sind das für Zombies?“ spuckte er aus. Ich duckte mich unter einen Arm mit einer Feuerwehraxt durch. Aus Armesentfernung richtete ich meine Pistole auf das Auge des Zombies und feuerte. Wie ein nasser Sack fiel der Mann zusammen. Meine Pistole klickte leer. Ich sah mich um während ich die Waffe fallen ließ. Ein Laborkittel schlich sich von hintern an Storm heran. Schnell griff ich mir die Axt des toten Zombies und schleuderte sie. Der Laborkittel sah die Axt zu spät als sie sich überschlagen in seine Brust vergrub. Storm grunzte mir was zu, vielleicht eine Art Danke. Schnell griff ich in die Sporttasche und holte die Pumpgun mit den Massivgeschossen heraus und ballerte los.
Plötzlich hörte das reißende Geräusch der Gatlinggun auf. Keine Munition mehr. Storm warf den Koffer mit seiner Lieblingsknarre weg und zog zwei Maschinenpistolen hervor. Beidhändig lief er umher, feuernd und unter den Angriffen der Zombies hindurch duckend. Doch auch die Maschinenpistolen waren schnell leer. Ein Zombie war sehr nah heran gekommen. Storm sprang ihn an, den rechten Arm ausgestreckt legte er um die Kehle des Geschöpfes, das nicht schnell genug reagierte. Mit einem Sprung brachte sich Storm hinter den Zombie und riss am Arm. Das Genick brach wie ein dünner Ast.
Mehrere Zombies kamen gleichzeitig auf mich zu und ich musste unwillkürlich an die Spielhallen denken, die ich früher so mochte bevor mich der Kapitän aus der Matrix befreite. Meine Waffe brüllte mehrmals hintereinander, immer traf ich den empfindlichen Kopf und sofort brach der Zombie zusammen. Dem letzten Zombie drückte ich die Mündung unter das Kinn. Dann war die Waffe leer. Ich ließ die Pumpgun fallen und drehte mich um. Mister Bridges war uns durch das Loch im Fenster gefolgt und stand mit verschränkten Armen da.
„Haben wir uns klar ausgedrückt?“ fragte ich ihn leise. „Leider ja,“ antwortete er genau so leise und beherrscht. „Ich bedaure es, dass sie dieses Projekt behindern. Aber ich denke, ich habe noch ein Argument, dass sie nicht ausschlagen können.“ Wie auf Stichwort ging eine Tür auf. Drei Agenten traten ein, Pistolen im Anschlag. Die Agenten verteilten sich gleichmäßig um Storm und mich. Ich warf die Sporttasche zu Boden, schob sie in Richtung eines Agenten und zeigte die leeren Handflächen.
„Und jetzt?“ fragte Storm und warf dem Anzugsträger einen finsteren Blick zu. „Immerhin sind sie vernünftig genug, aufzugeben. Vielleicht können wir ihren Kapitän überzeugen, uns die Koordinaten von Zion zu geben. Wenn nicht,.... . Nun ja, dann haben wir nur dafür gesorgt, dass die Menschen der Matrix etwas sicherer sind,“ meinte Mister Bridges. „Wie dumm sind sie?“ fragte ich ihn und ließ die Arme etwas nach unten sinken. Mit der rechten Hand griff ich ums linke Handgelenk, knapp über der Uhr. Der Anzugsträger sah mich ungläubig an. „Wie meinen sie das? Ich bin immerhin nicht in ihrer Lage. Ich hätte an ihrer Stelle diesen unsinnigen Kampf aufgegeben. Sie sind der lebende Beweis dafür, dass die Maschinen unsere Rettung sind. Sie sind Barbarisch. Brutal. Sie widern mich an,“ rief Mister Bridges. „Da sind wir uns einig,“ antwortete ich ruhig. „Ich würde vorschlagen, die Agenten ziehen sich sofort zurück,“ sprach ich weiter.
Ungläubig sahen sich die Agenten an. „Glauben sie, dass sie in der Lage sind, Forderungen zu stellen?“ fragte einer. „Absolut!“ Wie auf Stichwort ließ Storm sich fallen während ich den Auslöser der Uhr drückte. Die versteckte Sprengladung in der Sporttasche zündete und explodierte. Und nicht nur die, sondern auch die Sturmgewehre, die zweite Pumpgun und die restlichen Handgranaten. Der Agent, an dessen Beinen die Tasche gelegen hatte, wurde von der Explosion förmlich zerrissen. Schrapnell flog umher und die anderen Agenten benötigten kostbare Pikosekunden, um die Lage zu analysieren.
Storm und ich taten etwas, wovon die anderen Matrixläufer unter allen Umständen abrieten: Agenten angreifen. Da sie nun nur noch zu zweit waren, war die Auswahl leicht. Ich sprang hoch, in einem perfekten Sprung der Kranichtechnik des Kung Fu. Mit den Fingern fischte ich die Messer aus den Ärmeln und warf. Agenten sind sehr agil und können Kugel ausweichen. Doch auf diese Entfernung waren sogar die relativ langsam fliegenden Messer zu schnell. Wie in Zeitlupe sah ich die Klingen auf den Agenten gleiten. Die Sonnenbrille verbarg die Augen des Agenten, aber offensichtlich erkannte er seine Lage. Aber er konnte nichts machen als die Spitzen der Messer seinen Anzug durchbohrten. Als ich mit den Zehenspitzen den Boden berührte fiel der Agent rückwärts hin. Die Griffe der Dolche standen aus seiner Brust als sein Körper auf dem Boden prallte. Die Pistole in seiner Hand brüllte noch einmal auf, dann lag der Agent still. Ich ließ mich in Hocke gleiten, griff unter den Mantel und wollte eine der Maschinenpistolen hervor holen, als ein Knacken hinter meinem Hinterkopf warnte. Ich wandte mich um so schnell ich konnte. Und warf mich zur Seite, als ich sah, wie sich der Finger des Anzugsträgers krümmte. Seine kleine Pistole knallte und ich spürte noch den Luftzug der Kugel, die knapp an meinem Gesicht vorbei flog. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Storm mit seinem Agenten mehr Schwierigkeiten hatte.
Ich musste mich entscheiden. Schnell drückte ich mich vom Boden ab und kam hoch. Den rechten Arm, der mit der MP, schwang ich vertikal herum wie eine Sense und stoppte kurz über dem Schussarm des Anzugsträgers. Ich war so ausgekommen, dass ich mit dem Rücken zu Mister Bridges stand. Mit der freien linken Hand griff ich nach seinem Handgelenk und zog. Gleichzeitig drückte ich den Abzug der MP und trat mit einem Fuß nach hinten aus. Mit dem anderen Fuß drückte ich mich ab und sprang. Da ich aber Mister Bridges auf dem Rücken mit mir zog war der Sprung nicht ideal. Aber effizient. Mister Bridges knallte mit dem Rücken auf den Boden und ich gleich hinterher auf ihn. Ich hörte den Anzugsträger keuchen, sicher, dass er sich einige Rippen mindestens geprellt hatte.
Dann sah ich nach Storm. Er blutete etwas aus Wunden, wo einige meiner Kugeln seinen Körperpanzer durchschlagen hatten. Aber die meisten Kugeln waren in den Agenten eingeschlagen, was auch der Sinn war.
„Sie Verräter! Warum haben sie das Angebot abgeschlagen? Die Maschinen sind unsere Freunde, unsere Retter!“ keifte der Anzugsträger. „Tatsächlich?“ fragte ich über die Schulter. „Ich glaube nicht. Ich werde weiter gegen die Maschinen kämpfen, weil ich weiß, dass es richtig ist. Sie sollten sich das auch überlegen,“ riet ich ihm. Ich rollte mich von ihm herunter und nahm ihm die Pistole ab. „Ich werde kein Terrorist wie sie,“ fauchte er uns an.
Ich konnte ihn nur bemitleiden. „Sie sollten bedenken, dass Terrorismus und Patriotismus eine Frage des Standpunktes ist.“ „Pah! Am Ende werde ich über sie Lachen. Hören sie? Ich werde ihnen ins Gesicht lachen, wenn die Maschinen sie wieder in die Matrix integrieren,“ fluchte der Schlipsträger. „Ich hoffe, sie vergessen das nicht. Die Maschinen werden sicherlich nicht sehr freundlich zu ihnen sein, wenn sie die Schweinerei hier gesehen haben,“ meinte ich in dem freundlichsten Plauderton, den ich herausbekam. Mit der Linken fischte ich das Handy aus der Manteltasche und öffnete es. „Virus an Bakterie. Storm und ich kommen jetzt raus. Gebt uns fünf Minuten, dann lasst die Spielzeuge sprechen,“ sprach ich ins Mikrophon. „Geht klar. Wurde auch Zeit!“ kam die Antwort aus dem Handy. Storm sah mich fragend an. „Warum nehmen wir nicht den Ausgang, den sie uns angeboten haben?“ fragte er und deutete auf das altmodische Wählscheibentelefon nebenan. „Weil ich nicht glaube, dass die Maschinen den Ausgang einfach so erschaffen haben. Mindestens ein Trackerprogramm würde ich tippen. Und jetzt los.“ Aus dem Stand sprinteten wir los, den Weg zurück, den wir gekommen waren. Wir übersprangen die Falle in der Gefängniszelle und dann über das Geländer zwei Ebene hinunter. Unten auf dem Boden gingen wir in die Knie und fingen den Schwung ab. „Stop!“ rief eine unbekannte Stimme.
Ich sah auf. Eine Handvoll Agenten hatte sich in die Gefängnisinsassen transferiert und umstellten Strom und mich. Storm fluchte. „Hatten sie sich das etwas leichter vorgestellt?“ fragte ein Agent sarkastisch. „Eigentlich nicht, deshalb haben wir vorgesorgt,“ antwortete ich und drehte mich im knien mit dem Rücken zur Mauer. Einige Agenten sahen sich fragend an. Dann ertönte das Pfeifen.
Plötzlich explodierte die Mauer in den Trakt hinein. Zwei Agenten waren der Explosion zu nahe und wurden von den Flammen verschlungen. Unbemerkt in dem Chaos warf ich den restlichen Agenten Granaten vor die Füße und schlug den Arm vor das Gesicht. Selbst Agenten werden empfindlich verletzt wenn AP-Granaten zwischen ihren Füßen explodieren.
Storm war schon auf den Beinen als ich mich aufrichtete und gab den Agenten mit zwei Pistolen den Rest. Ich zog ihn mit zum Loch das die Explosion in die Mauer gerissen hatte und stieg mit ihm durch. Wieder ertönte das Pfeifen und ich sah die Rakete an uns vorbei auf das Gefängnisgebäude zu fliegen. Gelenkt wurden die Raketen von den Peilsendern, die Storm in die Wände geschossen hatte.
Storm und ich rannten weiter auf den Zaun zu und sprangen über den Stacheldraht. Auf der anderen Seite raste unser Wagen heran und bremste vor uns scharf ab. Storm und ich sprangen hinein und Burst gab Gas. Hinter uns explodierten weitere Sprengsätze und machten das Gefängnis dem Erdboden gleich. Die zweite Gruppe Matrixrunner hatte sich drei mobilen Raketenbatterien von der Armee geklaut und räumte nun hinter uns auf.
Burst fuhr so schnell er konnte zu einem Ausgang in einer einsamen Telefonzelle. Nacheinander griffen wir den Hörer und verschwanden aus der Matrix. Ich war der Letzte, der in seiner Liege auf dem Boot wieder aufwachte. „Alles klar?“ fragte Logan. Wir alle sahen ziemlich fertig aus, mit den Blutergüssen und Wunden, die durch das Matrixfeedback in unsere realen Körper zurück geschickt wurden. „Es war eine Falle,“ sagte ich nur und griff nach einem Handtuch. Logan nickte und eilte zur Fahrtkontrolle. Kurz darauf fuhr das Boot los. In der Zwischenzeit tippte ich eine Nachricht von unserer Erkundung und bereitete sie vor für die nächste Sendung nach Zion.
Die anderen Gruppen mussten gewarnt werden.
Die Maschinen wurden aggressiver und hinterhältig.
Sie wussten, sie hatten verloren.
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