Ich versuche nicht zu viel von der Story zu verraten. Diese ist übrigens
recht geradlinig, birgt keine besonderen Überraschungen und sorgt für
genug Action. Wir erfahren mehr über die Welt in der Matrix, aber auch
einen detaillierten Blick auf die letzte Stadt der Menschheit – Zion –
wird gewährt. Zion kennen wir aus dem ersten Teil praktisch nur vom Hörensagen,
nun können wir es endlich sehen und in einer längeren Rave- und Sex-Szene
schon fast spüren.
Wir erleben wieder eine kraftvolle Bildsprache … die kühle grüne
Welt der Matrix wird dem warmen Look von Zion gegenübergestellt.
Und die Charaktere? Trinity und Morpheus sind immer noch cool und abgeklärt
wie im ersten Teil der Trilogie. Gerade die Geliebte von Neo fiel mir besonders
positiv auf – ihre zarte Figur und Körpersprache stehen im jähen
Kontrast zu ihrem harten und toughen Auftreten in der Matrix. Auf eine bestimmte
Weise wuchs mir Trinity besonders ans Herz. (ähem)
Neo scheint sich am meisten entwickelt zu haben. Seine Kräfte setzt er
souverän in der Matrix ein. Diese starke Kraft wird auch durch seine große
Akzeptanz und Verehrung seiner Person unter der Bevölkerung Zions unterstrichen.
Er ist und bleibt sympathisch, auch wenn wir ihn nunmehr in einer völlig
anderen Rolle erleben.
Und Agent Smith? Da sag ich nur: „Mr. Anderson …“ …
mehr als einmal musste ich Schmunzeln mit welcher Coolness Hugo Weaving den
nun freien Agenten verkörpert. Es macht ihm Spaß in der Matrix nach
Neo zu jagen, und ist wirklich unabhängig von allem und allen – sogar
anderen Agenten. Und es macht Spaß ihm dabei zuzusehen.
Die anderen Bösewichte enttäuschen ebenfalls nicht. Die beiden Agenten
Johnson und Jackson sind bösartig wie immer und schlagen einen Bogen zum
ersten Teil. Und das diabolische Grinsen der beiden Zwillinge befriedigt jeden,
den es nach richtigen Bösewichten dürstet.
Bei den Spezialeffekten muss ich allerdings die Erwartungen etwas dämpfen. Halt, nicht weil sie technisch schlecht gemacht wären, das ist bei weitem nicht der Fall: Bis auf Trinitys tiefen Sturz aus einem Hochhaus sieht keine Effekt nach CGI aus, und John Gaeta hat wahrlich ganze Arbeit geleistet. Nein, die Negativpunkte sind anderer Art: Da fast alle Spezialeffekte durch Trailer oder Clips gezeigt wurden, sieht der geneigte Fan leider wenig Neues. Dies trübt leider den sonst wirklich hervorragenden Eindruck. Mehr als einmal schoss mir durch den Kopf: „So was hat’s noch nicht gegeben“. Die Musik unterstreicht die Action übrigens ungemein, wir werden richtig mit den Geschehnissen auf der Leinwand mitgetrieben.
Wer so richtig tief in den Film eintauchen will, der darf schon mal Ausschau nach der Zahl Pi halten! Auch einige kleine Filmfehler (Fehler in der Matrix?) fallen bereits beim ersten Schauen auf.
Mein Fazit ist also, dass man sich auf den Film freuen kann, und nicht enttäuscht
werden wird. Wer allerdings eine Revolution (ähem) wie beim ersten Teil
wartet, der wird wohl zu kurz kommen. Der Film ist spannend, setzt technische
Maßstäbe und hat ein fantastisches Ende, das Lust auf mehr macht
– er erfindet aber nichts Neues.
Zunächst einmal beginnt der Film nach der Traumvision etwas holprig, denn Verknüpfungen und Brücken zum ersten Teil müssen erst einmal etabliert werden. Die Einführung von Link, dem neuen Operator der Nebuchadnezzar, ist sehr plump, aber so endet es nun mal wenn ein Schauspieler plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht (Tank wird kurz als Verlust erwähnt, sein Schicksal bleibt leider im Dunkeln). An anderer Stelle setzen die Wachowskis gnadenlos auf das Vorwissen durch ihre parallel ablaufenden Matrix-Produktionen. So wird die Bedrohung durch die grabenden Maschinen zunächst nicht bildlich umgesetzt und als sofort gegeben hingenommen, was für diejenigen welche den „Letzten Flug der Osiris“ nicht gesehen haben verwirrend sein könnte. Für gut informierte Matrix-Fans ist es jedoch überhaupt kein Problem sich sofort zurechtzufinden. Bei unkundigen Kinogängern könnte es aber problematisch werden, sollte dies ihr erster Ausflug in die Matrix sein.
Zum offensichtlichsten Merkmal der „Matrix“-Filme: Die Spezialeffekte.
So visuell opulent der Film auch sein mag – leider wurde bereits in den
Trailern so viel von den besten Szenen gezeigt, dass der „Whoa!“-Faktor
diesmal fast ausblieb. Der „Burly Brawl“ Kampf in voller Länge
war höchst beeindruckend und der LKW-Crash auf dem Freeway hat meine Kinnlade
gen Boden gehen lassen – aber auch nur weil ich diese eben noch nicht
zig Male zuvor gesehen hatte. Die restlichen SFX-Szenen waren allesamt zwar
meisterlich, perfekt und glaubwürdig in Szene gesetzt (bis auf Trinitys
Super-SlowMotion-Sturz vielleicht, der mir auch im Trailer schon nicht gefiel),
und es stimmt wohl, dass niemand so bald derart komplexe Tricks wird nachahmen
können, doch beim Vergleich zwischen Aufwand und Resultat ist das Verhältnis
dann doch eher mager. Eine revolutionäre Schockwelle wie seinerseits durch
den „Bullet Time“-Effekt (ja, auch wenn Gaeta ihn nicht wirklich
erfunden hat) ist nicht zu verspüren. Das propagierte „Virtuelle
Kino“ funktioniert zwar sehr gut – aber eben weil es subtil arbeitet
und in den meisten Szenen nicht unterschieden werden kann zwischen echtem Darsteller
und CGI-Ebenbild. So gesehen ist vermutlich nur für den eingefleischten
Filmemacher eine nennenswerte Weiterentwicklung zu entdecken.
Der Look des Films ist nicht zuletzt dadurch irgendwie anders als beim Vorgänger. Er wirkt bunter, vielfältiger und damit (leider?) nicht mehr so düster und atmosphärisch. Auch einen komplett weißen leeren Matrix-Hintergrund habe ich vermisst (wobei es im Kontrollterminal von Zion es recht ähnlich aussieht). Doch die Sets in Zion bzw, der realen Welt sind dagegen echte Augenöffner. Alles sieht verrottet und uralt aus, wie im Innern eines riesigen Unterseeboots. Auch die Rave- und die Sex-Szene wirkten nicht so schlimm wie böse Zungen weismachen wollten. Einzig die Kostüme der Zion-Senatoren erinnerten mich zu sehr an „Star Trek“, der restliche Ethno-Mix aus afrikanischen und ostasiatischen Einflüssen war dagegen sehr stimmungsvoll.
Natürlich gab es auch genug an Kampf und Action. Der
im Vergleich zum ersten Film viel höhere Anteil mag nicht jedem gefallen,
aber bis auf den eher unnötigen Etablierungskampf zwischen Neo und Seraph
fügen sich alle Kampfsequenzen gut in die Handlung ein, wie in einem guten
klassischen KungFu-Film aus Hongkong eben, wo es auch alle paar Minuten zur
Sache geht.
Die Choreographie ist wie immer exzellent umgesetzt und man kann sich vermutlich
gar nicht vorstellen wie viel Arbeit und Einsatz Yuen Wo Ping, sein Team und
die Darsteller dafür haben aufbringen müssen. Auch die Zuhilfenahme
von digitalen Techniken fügt sich wie gesagt nahtlos ein.
Unterstreicht wird die packende Rasanz durch den ultimativen Soundtrack von Don Davis. Die neue CD hat mich ja schon umgehauen, aber in Verbindung zu den Bildern... zu diesen Bildern... da bleibt nicht viel Luft zum Atemholen.
Das Tempo des Films ist ohnehin gewaltig, es bleiben einem nur wenige Verschnaufpausen im Erzählfluss. Und in diesen geht es recht komplex zur Sache. Die Leitmotive des zweiten Films sind „Bestimmung“ und „Entscheidungen“, und das bekommt man dieses Mal leider höchst plakativ aufgedrückt. Während im ersten Teil vieles relativ subtil im Hintergrund verlief, ist mir der philosophische Aspekt diesmal etwas zu vordergründig ausgefallen. Fast in jedem Dialog fällt der Begriff „Bestimmung“ und allzu viele Personen wissen über Dinge Bescheid, die sie uns nicht zu erklären vermögen. Ab der Mitte des Films beginnt das überbordende Gerede sogar langsam zu nerven, doch das kuriose Finale entschädigt dafür. Wer den mathematisch-technologischen Monologen des Architekten zu folgen vermag, welche krass im Kontrast zu den philosophisch-religiösen Reden von Morpheus, Orakel & Co. stehen, der beginnt nun, nachdem er im ersten Film erfahren hat was die Matrix ist, zu verstehen, wie die Matrix funktioniert. Danach dann nur noch eine Prise Hollywood-Romantik und ein fieser Cliffhanger, der uns relativ ratlos über den weiteren Storyverlauf des dritten Teils zurücklässt. Da hilft auch der „Revolutions“-Trailer nach dem Abspann nicht.
Man darf also gespannt sein was im November noch auf uns zu kommt. Vor allem ob der Merowinger, Persephone oder die Zwillinge dort noch eine tragende Rolle spielen werden, wo „Matrix Revolutions“ doch hauptsächlich in der realen Welt spielen wird. Denn deren Auftritte in „Reloaded“ sind doch eher kurz und ihre Charaktere daher eben dementsprechend auch recht flach. Gerade die Zwillinge fand ich zum Beispiel nicht so beeindruckend, im Vergleich zum neuen Agent Smith, dessen Ego proportional zu seiner neuen Vielzahl angewachsen zu sein scheint, wirken sie doch eher nur wie blasse Ersatz-Bösewichte.
Wie dem auch sei, Andeutungen im Film und nicht zuletzt der Titel lassen vermuten, dass „Matrix Revolutions“ nicht in einer platten Hollywood-Auflösung enden wird, in dem die Maschinen besiegt werden, sondern mit einer Welt, in der Koexistenz zwischen Mensch und Maschine möglich sein wird. Doch auch der dritte Teil wird vermutlich „nur“ eine klasse Fortsetzung eines kongenialen filmischen Meisterwerks, dessen Status als wegweisender ScienceFiction-Film meiner Meinung nach einfach unerreichbar bleibt...
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