Effekte & Design

Die visuelle Umsetzung der Buchvorlage

Peter Jacksons eigene und innovative Special Effects Firma Weta FX war für alle Spezialeffekte und Designs der Filme verantwortlich. Während sich die Abteilung Weta Workshop um die Gestaltung der Requisiten, Modelle und Kostüme kümmerte, begann für Weta Digital die Arbeit der Postproduktion erst nach Abschluss der Dreharbeiten und wird noch bis Ende 2002 andauern. Heute ist die relativ kleine und unbekannte Firma von einst durch die Herr der Ringe Verfilmung zu einem der führenden Filmunternehmen in der Branche geworden.


DIE EFFEKTE

Größenunterschiede
Für die Darstellung der Hobbits kamen viele Spezialtricks zur Anwendung. So setzte man zum Beispiel kleine Doubles der Hobbit-Darsteller mit Gesichtsmasken neben den großen Schauspielern ein, oder dementsprechend riesige Leute als die menschlichen Charaktere (Gandalf, Aragorn,...) neben den Hobbits. Auch Sams Pony wurde von zwei verschiedenen Pferden gespielt und viele Filmsets wurden zusätzlich noch in Übergröße gebaut.
Eine weitere oft angewandte Technik war die Ausnutzung perspektivischer Größenunterschiede. Die Hobbitschauspieler ließ man z.B. weiter hinten stehen, so dass sie nachher auf der Leinwand viel kleiner wirken. Das Problem, das man dabei nicht die Kamera bewegen konnte ohne den Effekt zu zerstören wurde dadurch umgangen, dass der verkleinert dargestellte Schauspieler auf eine bewegliche Plattform gestellt wurde, die sich synchron zur Kamera bewegte.
All diese Tricks werden mit Hilfe modernster Technik komplettiert und führen dazu, dass die Zuschauer die Illusion der verschiedenen Größenproportionen gar nicht mitbekommen werden.

Schlachten
Eine der beeindruckendsten Techniken ist die Darstellung der Schlachten. Ein von Weta Digital innerhalb von 2 Jahren erschaffenes Programm namens "Massive" kann ungefähr 100 000 Extra-Animationen darstellen, die über eine Art künstlicher Intelligenz verfügen und sich gegenseitig bekämpfen, ohne dass man irgendetwas tun mu
Ein ähnliches System erlaubt wiederum eine Vervielfältigung der Akteure ohne erkennbaren Qualitätsverlust. So werden zum Beispiel aus nur 250 Pferden eine gigantische Armee aus 6000 anstürmenden Reitern gemacht. Mit diesen Techniken könnte eine neue Ära der Computer-Effekte beginnen.

Spezialeffekte
Weta hat mindestens 1 Millionen Dollar für Informix "Media 360" ausgegeben, einem System, das für die Archivierung der ganzen Spezialeffekte (insgesamt werden es bis zu 100 Terabytes sein!) zuständig sein wird. Insgesamt 1200 Spezialeffekte werden dann im fertigen Film zu sehen sein - mehr als in irgendeinem Film jemals zuvor! Für den ersten Teil sind 400-500 Effekte geplant. 60-70% der Effekte werden von höchster Komplexität sein, wie z.B. Computeranimationen, die mit den Schauspielern interagieren können.

CGI-Charaktere
Insgesamt 12 komplett computeranimierte Hauptcharaktere wird es geben, davon 5 im ersten Teil "Die Gefährten". Gollum ist der komplexeste und am schwierigsten zu realisierende gewesen, denn er spielt ab dem zweiten Film eine zentrale Rolle und steht des öfteren im Mittelpunkt, so dass die Animationsdesigner ihn so realistisch und glaubwürdig wie nur irgend möglich darstellen mussten. Peter Jackson versichert jedenfalls, dass Gollums Design gut gelungen sei und er nicht zu "fishy" oder "froggy" wirke. Die ersten Augenzeugen sind jedenfalls absolut beeindruckt von seinem Aussehen: Er soll große Augen haben, die voll von Trauer und Pein sind, sein gesamtes Äußeres ist das einer unendlich Mitleid erregenden Kreatur. Wer ihn erstmal gesehen hat, werde verstehen, warum Frodo ihn nicht töten konnte. Für seine Animationen, Mimiken und Gestiken wurde sein Sprecher Andy Serkis per Motion-Capturing als Vorlage benutzt. Die sprunghaften Wechsel zwischen Sméagol und Gollum wurden der Computerfigur ebenfalls bis ins letzte Detail einprogrammiert, so dass der Zuschauer bereits durch feine Unterschiede in dessen Körperhaltung und Bewegungen erkennen kann, mit wem man es zu tun hat.
Doch Gollum ist nicht der einzige computergenerierte Charakter im Film. Man nehme nur den großen Höhlentroll, der die Gefährten in Moria attackiert. Auch die Ents wurden mit dem Computer erstellt und sollen ca. 15 Fuß (4,5m) groß sein. Und nicht zu vergessen der furchteinflößende Balrog, der mit bombastischen Feuereffekten versehen wurde. Und Flügeln!

Explosionen
Im Film wird es auch pyrotechnische Effekte - sprich Explosionen - geben, worum sich Steve Ingram und dessen Leute unter anderem kümmern werden. Beim Sturm auf Helms Klamm hat Saruman nämlich eine primitive Form von Schwarzpulver einsetzen lassen, um die mächtigen Mauern zu sprengen.

Farbgebung
Eine wichtige Aufgabe von Weta Digital ist die digitale Nachbearbeitung der Farben im Film, denn Peter Jackson hat ein ganz bestimmtes Aussehen von Mittelerde im Sinn, das durch konventionelle Filmtechniken nicht erreicht werden kann. Da fast jede Szene durch aufwendige Prozeduren überarbeitet werden muss, holte man sich mit The Post House, einem renommierten deutschen Postproduktionsunternehmen, fachkundige Unterstützung nach Neuseeland, die daraufhin nahe des Weta Hauptquartiers ihr Lager aufschlug.


DAS DESIGN

Weta Workshop (110 Mitarbeiter) kümmerte sich unter der Aufsicht der Tolkien-Künstler Alan Lee und John Howe um das Design der Bewohner, Waffen und Gebäude von Mittelerde.

Requisiten
Peter Jackson habe nach Waffen verlangt, die einzigartig seien, und die es so noch nie zuvor zu sehen gegeben habe. So entstanden z.B. die bizarren Stachelschwerter der Moria-Orks und die geschwungenen Elbenklingen. Insgesamt mussten ca. 50 000 Requisiten hergestellt werden - darunter 900 Rüstungen, 2000 Waffenimitate, 100 handgefertigte Waffen, 20 000 Kleidungsaccessoires und Gebrauchsgegenstände und 1600 Hobbitfüße und -ohren.
Beim Design habe man sich allgemein so exakt und detailliert wie möglich an Tolkiens Vorlage gehalten. Um ein hohes Maß an Authentizität zu erreichen, wurde eine originalgetreue altertümliche Schmiede errichtet, wo Experten aus aller Welt mit denselben Methoden und Techniken wie vor hunderten von Jahren zu Werke gingen.

Kostüme
Man verpasste jedem Volk ein individuelles und unglaublich detailliertes Design. So sind z.B. die Gewänder der Elben anfangs noch mit bunten Blütenmotiven versehen, verwandeln sich jedoch im Verlauf des Films zu immer dunkleren Herbsttönen, was das Ende ihrer Zeit in Mittelerde symbolisieren soll. Die Menschen von Gondor tragen auf ihren Flaggen und Bannern das Symbol des Weißen Baums mit sechs Sternen. Der echte Baum wird jedoch kahl und fast verdorrt dargestellt, da das Königreich im Sterben liegt. Diesen ganzen Aufwand wird der gewöhnliche Zuschauer wahrscheinlich kaum bemerken. Aber laut Richard Taylor würde man diese Detailverliebtheit Tolkien und seinen Fans einfach schulden.
In einem ausführlichen Interview mit der Kostümdesignerin Ngila Dickson konnte folgende Dinge in Erfahrung gebracht werden:
- Die Kostüme werden allgemein eher schlicht denn übertrieben pompös sein. Man lege Wert auf Realismus, die Kleidung soll nicht zu fantastisch wirken.
- Die Krieger aus Harad tragen schwarze Turbane und stachelige Halskränze.
- Die Hobbits tragen grüne oder braune Tweed-Kleidung, vom Stil her dem England des 18. Jahrhunderts ähnelnd
- Elben haben ein "antikes" Aussehen. Ihre Kleider bestehen hauptsächlich aus Brokat und Samt. Elben aus Bruchtal tragen mehr Schmuck und luxuriösere Farben als die Elben von Lórien, die sich überwiegend in bräunlichem Stoff kleiden. Insgesamt soll das Aussehen aller Elben gleichzeitig Stärke und Schönheit zeigen.
- Das Kostüm von Gandalf nach seiner Wiederauferstehung besitzt nicht nur eine andere Farbe, sondern auch ein verändertes Aussehen, das ihn vitaler und bedrohlicher wirken lässt.
- Die Kleidung der Rohirrim ist sehr stark skandinavisch beeinflusst. Die Krieger tragen Kettenhemde und Stahlhelme mit Nasenschutz.

Setdekoration
Die Inneneinrichtung von Elronds Haus soll einfach nur atemberaubend sein. Man wird in Samt und Leder gebundene Bücher sehen, die mit goldener Elbenschrift beschriftet sind, Kristalleuchter an den Decken, beeindruckende Schwerter und Rüstungen an den Wänden hängend und ein von Alan Lee gemaltes Wandgemälde, das den historischen Zweikampf zwischen Isildur und Sauron zeigt.
Ähnlich optisch opulent gestaltet sich Orthanc, der schwarze Obsidianturm Sarumans. Unzählige reflektierende Kanten, Ecken und spiegelglatte Flächen erzeugen ein unheimliches und fantastisches Interieur ähnlich einer bizarren gotischen Kathedrale, das dennoch seinesgleichen sucht.
Über das Aussehen der anderen Gebäude, die im Film vorkommen werden, lässt sich z.B. sagen, dass sich die Designer teilweise an bestehenden Architekturtypen orientiert haben. So werden die Häuser der Rohirrim stark vom Baustil der Wikinger und frühen Skandinavier beeinflusst sein, während die Elbengebäude wiederum an den Stil des Art Noveau erinnern werden.



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