Der erste Eindruck vom zweiten Fest Eine dreistündige Autofahrt, welche zunächst in die falsche Richtung ging (kein Kommentar... :)), lag hinter mir und meiner Mitfahrerin Heleebendoch als sich der finstere mittelhessische Wald vor uns zu lichten begann und plötzlich die hell erleuchtete Burg Hohensolms vor uns aufbaute, auf der das zweite Tolkien-Fest stattfand. Dort angekommen wurden wir bereits vor der Einfahrt von voll kostümierten Rittersleuten willkommen geheißen. Diese sollten aber für die nächsten Tage einen gewohnten Anblick darstellen, denn die Burg füllte sich bereits mit den etwa 200 Tolkien-Fans, von denen viele ihre Leidenschaft auch nach außen hin zur Schau trugen. Gleich zu Beginn offenbarte sich die Atmosphäre der Veranstaltung als freundschaftlich und herzlich, überall war Wiedersehensfreude unter den anderen Gästen zu erkennen, die sich teilweise nicht mehr seit dem letzten Mal gesehen haben und dementsprechend lautstark und freudig waren. Und so konnte das Fest für mich beginnen... Hier in mehr oder weniger knapper Form eine Zusammenstellung von persönlichen Meinungen und Beobachtungen: Seminare Leider musste ich feststellen, dass ich bereits einige Programmpunkte verpasst hatte, die am Nachmittag des Freitag stattgefunden hatten, doch das was an jenem Abend und dem folgenden Tag noch so alles an Vorträgen, Diskussionsrunden und Präsentationen geboten wurde, war mehr als genug um sich mit Tolkien und seinen Werken auseinanderzusetzen. Da hätten wir René van Rossenbergs englischsprachigen Vortrag über Radio-Adaptionen, in dem der niederländische Besitzer des Tolkienwinkels uns aus Liedern, Lesungen und Hörspielen vorspielte und sein gewaltiges Fachwissen einbrachte. Hört sich für so manchen nicht gerade prickelnd an, doch René verstand es das Thema durch seinen Humor und lustigen Anekdoten auf eine interessante Art und Weise zu präsentieren. Dies fiel mir sofort ungemein positiv auf und überraschenderweise änderte sich daran nichts, denn auch in den anderen Seminaren des nächsten Tages gab es immer wieder etwas zu lachen. Sei es beim Vortrag Christian Weichmanns von der DTG, in dem er gewollte Parodien und ungewollte Entgleisungen rund um Mittelerde vorstellte, wie z.B. die abstruse HdR-Inhaltsangabe in Michael Nagulas "Tolkiens Welt", die der Herausgeber fälschlicherweise von einer Satire-Website übernommen hatte, oder dem Film-Workshop des DTG-Vorsitzenden Marcel Bülles, bei dem man sich auf äußerst humorvolle Weise über die Nachwirkungen der Verfilmung, die Qualität des Merchandisings, den Vergleich mit Harry Potter, die Ignoranz der Medien und vieles mehr unterhalten konnte - es war eine Freude an diesen Vorträgen teilgenommen zu haben! Nicht ganz so lustig aber sehr informativ waren wiederum die Diskussionsrunden mit Frank Weinreich und Friedhelm Schneidewind, beides versierte Tolkien-Experten, die sich auch beruflich mit den Werken des Professors beschäftigen. Während es beim Letztgenannten schwerpunktmäßig um die Bedeutung und Besonderheit von Mittelerde als moderner Mythos ging, wurde bei der vorangegangenen Runde eifrig über die immer wieder gerne gemachten Kritisierungen an Tolkien diskutiert. Mögliche literarische und politische Angriffspunkte wurden von den Teilnehmern fair und offengeistig durchleuchtet und entkräftet, so dass wieder einmal gezeigt wurde, dass die Fans ihre gemeinsame Leidenschaft auch gegenüber "professionellen" Kritikern zu verteidigen verstehen. Schade nur, dass ein solcher nicht anwesend war, denn so wirkte das ganze trotz allem versuchtem Verständnis für Tolkien-Gegner natürlich etwas einseitig. Events Das Programm umfasste noch viele weitere Veranstaltungen - vom Kostümwettbewerb über ein anspruchsvolles Quiz bis hin zu einer Video-Vorführung, bei der ein sehr gelungenes Erinnerungsvideo vom ersten Tolkien-Fest und diverse "Making Of"-Dokumentationen zu sehen waren (und leider kein DZT-Trailer). Es war also eine Menge geboten und da die von Círdan moderierten Shows von fast allen Gästen besucht wurden, herrschte natürlich auch stets eine tolle Stimmung, die mehr als nur einmal wieder gedrosselt werden musste. Spiele Hierzu kann ich nur wenig sagen, da ich mich von diesen Programmpunkten eher fern gehalten habe. Man konnte sowohl Games Workshops Tabletopspiel als auch Deciphers Sammelkartenspiel, das Mittelerde Rollenspiel und die Brettspiele ausprobieren und diesen mit Gleichgesinnten stundenlang frönen - doch mich zog es mehr zu den oben genannten Seminaren, denn die Spiele kannte ich nunmal schon und man kann sie ja auch anderenorts mal austesten. Bilder, Bücher & mehr Von Anke Eißmann, welche ebenfalls unter den Teilnehmern zu finden war, konnte man in einem der Tagungssäle ihre einzigartigen und weltweit unter Tolkien-Fans bekannten Aquarelle bewundern. Daneben hatte René van Rossenberg seinen Tolkienwinkel-Verkaufsstand, wo man praktisch alles rund um Tolkien und Mittelerde finden konnte. Verpflegung & Unterkunft Alles im allem sehr zufriedenstellend, die Zimmer entsprachen dem Niveau von üblichen Jugendherbergen und das Essen war gut. Besonders das gemeinsame üppige Rittersmahl am Samstag Abend, bei dem die Irish Folk-Band Glendalough für passende Stimmung sorgte. Ambiente Einfach beeindruckend - der Zauber der mittelalterlichen Burg mit ihrer idyllischen Lage, den verwinkelten Räumen und halb-verfallenen Bereichen ist in Worte kaum zu fassen. Und als sich dann noch Freitag Nacht ein leichter Nebel über den Hof legte, glaubte man sich wirklich in den Ruinen von Amon Sûl wiederzufinden.... Teilnehmer So gut wie alle möglichen Typen des Tolkien-Fans konnte man auf der Burg Hohensolms antreffen: Wie zum Beispiel fanatische Live-Rollenspieler auf der einen oder wiederum Familien mit Kleinkindern auf der anderen Seite. Diese bunte Mischung zeigt gut wie breit gefächert die Anhängerschaft Tolkiens doch ist. Aber dies in Verbund mit der Tatsache, dass viele der Gäste sich bereits durch frühere Treffen oder das Internet kennengelernt hatten, führte zu einer recht hohen Grüppchenbildung. Für neue Fest-Besucher war es daher nicht immer einfach Kontakte zu knüpfen. Organisation Die Organisatoren und all die Helfer verdienen weitaus mehr als ein einfaches Dankeschön. Es ist kaum zu glauben mit wieviel Enthusiasmus und Herzblut diese große Veranstaltung geplant, vorbereitet und durchgeführt wurde. Für ihren Einsatz, anderen Gleichgesinnten ein schönes Wochenende zu bereiten, gebührt ihnen größter Respekt. Bei soviel Trubel kann es natürlich auch mal passieren, dass die Rollenspieler ihre Würfel vergessen oder dass der Beamer bei der Vorführung kurz mal spinnt. ;) Ich freue mich jedenfalls schon jetzt auf das dritte Tolkien-Fest, das wegen Renovierungsarbeiten an der Burg (nicht wegen uns!) vermutlich im Sommer des nächsten Jahres stattfinden wird, und rate allen Interessierten eindringlichst sich so rasch wie möglich anzumelden, denn die Teilnehmerplätze werden mit Sicherheit noch begehrter werden. Huân
Vu, 2002
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