von Inge Schemm & Petra Krippner Einst, in der keltischen Mythologie, in der Epoche, als noch große Wälder
die Erde bedeckten und in der Wildnis schon Dörfer entstanden, bewegten sich
die Feen und Elfen frei unter den Menschen. Da Feen und Sterbliche einander sehr
fremd waren, war ihre Beziehung nie ganz unkompliziert. Die Menschen versuchten,
in ihrer Welt eine Ordnung zu schaffen, in der sie sich leichter zurechtfinden
konnten, und begannen, das Land in Herrschaftsgebiete aufzuteilen, in denen jeder
seinen Platz zugewiesen bekam und sie stellten Regeln auf, um anarchische Zustände
zu verhindern. In dem sich die Menschen von anderen Geschöpfen abgrenzten,
verwandelten sich die Feen in unsichtbare, ätherische Geschöpfe, von
launenhafter, wechselvoller Wesensart. In der Gestalt von Menschen waren sie ungewöhnlich
schön, aber auch manchmal grotesk. Sie konnten sich in einen Hirschen, einen
Falken, in eine Blume, Flamme oder einen Edelstein verwandeln. Zwischen der Welt
der Menschen und ihrer Sphäre gab es eine Verbindung, und dennoch war ihr
Reich in einer anderen Dimension. Von einem Augenblick zum anderen konnte ihre
Welt auftauchen und wieder verschwinden.
Der Ursprung ihres Namens ist nicht eindeutig, wie alles, was mit Feen im Zusammenhang
steht. Von dem lateinischen Wort „fatum“, Schicksal, scheint das italienische
„ fada oder fata“ für Fee zu stammen. Das französische Wort
„fee“ ist auch in die deutsche Sprache eingegangen und ist auf das
lateinische „fatare“ zurückzuführen und bedeutet verzaubern.
Das englische Wort „ faerie“ bezeichnet zum einen die Kunst des Zauberns,
aber auch die Bezeichnung für die Welt der Feen insgesamt. Die Wörter
„ fairy oder fay“ bedeuten einzelne Wesen. Eine einzelne Fee wurde
im Englischen auch „elf“ genannt, die als „Elfe“ in die
deutsche Sprache übernommen wurde.
Die Menschen sprachen von den Feen meistens in Umschreibungen, wie „den
vornehmen Leuten“, „den guten Leuten“ oder „ dem wohltätigen
Volk“. Damals galt die direkte Benennung eines Wesen als Drohung, und das
war bei den Feen wegen ihrer Unberechenbarkeit nicht angeraten.
Die Feen wurden nach zwei Gruppen unterschieden –dem Landvolk und der Aristokratie.
Das Landvolk waren lauter einzelne Feen, die die ganze Natur beseelten und Wächter
über Wald und Flur, über Teiche, Seen und Flüsse waren. Nur durch
Anzeichen wie sich biegende Grashalme, Raunen im Geäst oder glitzernde Eisblumen
am Fenster wurde ihre Anwesenheit wahrgenommen. Von den Aristokraten hieß
es, dass sie von alten Göttern abstammen würden. Sie wohnten in unterirdischen
Reichen oder jenseits der Meere und besaßen außergewöhnliche
Kräfte. Menschen , die ihnen begegneten, wurden von einem heftigen Verlangen
ergriffen, da die Liebe zwischen einem Sterblichen und einer Elfe noch nicht mit
der Gefahr verbunden war, die Grenze zwischen ihren Welten zu überschreiten.
Die Menschen, immer neugierig und bemüht, die Dinge zu erklären, hielten
ihre Erfahrungen mit den Elfen in Liedern, Geschichten und Gedichten fest (z.B.
Avalon).
Anders verhält es sich mit Tolkiens Elben, die seit jeher die Geschicke von
Mittelerde lenkten und beeinflussten. Sie haben nur sekundär etwas mit den
Elfen und Feen der keltischen Mythologie zu tun. In der Orginalfassung hat T.
sie als „Elven“ bezeichnet, deren Ursprung teilweise in der jüdischen
und christlichen Mythologie zu suchen ist.
Die Elben sind das „Erstgeborene Volk“, erschaffen von dem allmächtigen
Eru, dem Einen, ähnlich dem jüdischen und christlichen Gott, der die
Engel auch als erstes erschaffen hatte. In der christlichen Religion weiß
man nur von Engelserscheinungen zu berichten, während man im Judentum sogar
von einer Hierarchie unter den Engeln weiß, die die Engel in hochrangige
Thronen und einfache Erzengel unterscheidet. Wie die Elben sind auch die Engel
unsterblich und können sich mit Menschen vereinen, was nach jüdischen
Schriften öfter vorgekommen sein soll. In der Bibel und in den jüdischen
Schriften kann man aber keine Berichte über Mischwesen aus Engel und Mensch
finden. Elrond z.B. hat menschliches und elbisches Blut in sich vereint, besitzt
aber dennoch die ungeteilten Fähigkeiten und Kräfte der Elben.
Nach der keltischen Sage lebten hochrangige Feen, die Tuatha de Danaan, lange
bevor es Menschen gab in Britannien, die sich nach vielen Kriegen gegen das Böse
in die „Fernen Lande“ , einem mystischen Ort, zurückzogen. Eine
Parallele zu Valinor, nach dem sich die Elben Mittelerdes sehnten und sich mit
ihrer letzten Reise dorthin von den „Grauen Anfurten“ aus begaben,
ähnlich dem Paradies.
Genau wie in der Bibel, in der Luzifer manche Engel verführte, die zu Dämonen
wurden, verführte, verstümmelte und folterte Melkor Elben, die dann
zu Orks wurden, einer unmündigen Armee im Dienste ihres Erschaffers.
J.R.R.Tolkien hat sich also nicht nur von alten Märchen und Mythen, sondern
auch in nicht geringem Maße von der christlichen Mythologie inspirieren
lassen.
Um genaueres über die Elben, ihr Leben, ihre Eigenschaften und ihr Wirken
in Mittelerde zu erfahren, sollte man nicht versäumen, das „Silmarillion“
von J.R.R.Tolkien zu lesen. Das „Große Tolkien -Lexikon“ von
Friedhelm Schneidewind und das „Handbuch der Weisen“ von Wolfgang
Krege sind sehr hilfreich, sich in der Welt der Elben zurechtzufinden und ersparen
mir eine ungeheuere Arbeit, die die beiden Autoren so vortrefflich bewältigt
haben.
Autoren: Inge Schemm & Petra Krippner
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