Gaan stapfte durch
den hüft hohen Schnee, der die karge Felswüste bedeckte.
Er sehnte sich nach der Wärme des Reißzahns, von wo
aus er zu seiner Queste aufgebrochen war. Seit einer verfluchten
Woche wanderte er alleine, ohne Waffen und seiner Rüstung
beraubt durch die stroffen Felsen und die Schnee bedeckten Berge
seines Heimatplaneten. Seit einer verfluchten Woche hatte er außer
Baumrinde und ein paar Wurzeln, die er unterwegs gesammelt hatte,
nichts mehr gegessen. Seit einer verfluchten Woche war er auf
der Suche nach den wahren Wölfen Fenris.
Vor zwei Wochen hatte der Todeswolf Ulrik ihn für diese
Queste bestimmt. Er, Gaan, Mitglied der Wolfsgarde des Wolflordes
Haarken, sollte in die unmenschliche Natur ausgesandt werden,
um ein Rudel Fenriswölfe zu zähmen. Gaan war vor Stolz
und Tatendrang gar nicht mehr zu halten gewesen. Unbedingt wollte
er losziehen und seine Aufgabe mit Ruhm zu erfüllen. Doch
nun, zwei Wochen später und nach einer Woche in dieser
weißen Hölle, war sein Stolz wahrlich geschmolzen
und sein Tatendrang hatte sich verflüchtigt. Doch die berühmte
Halsstarrigkeit seines Ordens und sein großer Glaube an
seine Queste, hatten ihn weitermachen lassen. Viele waren in
den 10000 Jahren seit dem großen Bruderkrieg zu dieser
Queste ausgezogen.
Doch nicht einmal die Hälfte hatte sie bestanden.
Manche fand man unter einer dicken Eisschicht begraben, andere
mit gebrochenem Rückrat vor einer Mammuthöhle. Doch
so groß auch die Gefahr war, desto größer war
der Ruhm und die Anerkennung bei einer erfolgreichen Mission.
Der Gedanke an diese Ehre lies Gaan weiterlaufen.
Nach weiteren endlosen Stunden im Schnee, vernahm er ein entferntes
Heulen im Sturm. Ein leichtes Echo hallte von den Bergwänden
wieder. Ermutigt mobilisierte Gaan seine letzten Kraftreserven
und rannte auf die Felsen zu. Das Rennen tat angenehm gut, da
seine Gliedmaßen von seinem bisherigen schleppenden Gang,
so gut wie eingefroren waren. Beim Rennen knetete Gaan seine
Hände um die Kälte zu vertreiben. Er lief auf die
Felsen zu und erblickte einen vom Wind gebeugten Baumhain. Der
Wolfskrieger rannte darauf zu und wollte sich dort für
ein paar Minuten erholen, als aus dem Schatten der Bäume
ein Wolf trat, dem mehrere folgten.
Die Wölfe waren riesig, der Leitwolf ging Gaan, der normaler
weise als groß eingestuft wurde, bis zu den Schultern.
Ihr zotteliges Fell hing nass an ihren sehnigen Körpern
herunter. Der Wolf der als erstes aus dem Wald gekommen war,
anscheinend der Leitwolf, hielt seine Nase in den Wind. Nach
einer Weile zuckte der breite Kopf des Wolfes zu dem Felsen,
an den Gaan sich stützte. Gaan konnte praktisch den Blick
des Tieres spüren. Er blicke kalt zurück, wie als
eine unausgesprochene Herausforderung.
Den Gaan konnte das Rudel nur unter sein Kommando bringen, wenn
er den Leitwolf des Rudels tötete. Gaan atmete tief durch.
Er würde den Wolf mit bloßen Händen töten
müssen. Er richtete sich zu voller Größe auf
und ging langsam auf den Wolf zu. Dieser zuckte höhnend
mit der Schnauze und knurrte Gaan an. Doch der Leitwolf trabte
ebenfalls auf Gaan zu und als sie sich trafen, umkreiste er
Gaan lauernd in geduckter Haltung.
Gaan beobachtete jeder Bewegung des Wolfes und wartete ab. Er
hatte keinerlei Ahnung wie man einen Fenriswolf tötete.
Der Wolf zucke nach vorne und schnappte nach Gaans Seite. Gaan
wich nach links aus und schlug in Richtung Hintern des Leitwolfes.
Er traf tatsächlich, doch sein schlag war nicht gut berechnet
und auch nicht hart, sodass das dichte Fell des Wolfes den Schlag
zum Großteil wirkungslos machte. Der Wolf sprang zurück
um sich direkt wieder kräftig abzustoßen und nach
Gaans Kehle schnappte. Gaan bog den Rücken durch und der
kräftige Kiefer des Wolfes verbiss sich anstatt in seiner
Kehle, in seinem Arm, da Gaan zur Seite gewankt war. Stechender
Schmerz schüttelte Gaan durch und sein rechter Arm wurde
taub. Er ließ seine linke Faust in hohem Bogen auf den
Kopf des Wolfes niederfahren.
Der Wolf zuckte zusammen, doch anstatt zusammen zubrechen, vergruben
sich die Zähne nur noch tiefer in Gaans Arm. Wieder und
wieder ließ Gaan seine Faust auf den großen Kopf
des Wolfes fahren und erst beim fünften Schlag ließ
der Wolf locker und torkelte außerreichweite von Gaans
Arm.
Gaan und der Wolf schauten sich gegenseitig tief in die Augen.
Beide waren nicht bereit aufzugeben. Der Wolf täuschte
einen Sprung an Gaans kehle an, schnappte stattdessen nach Gaans
Bein. Gaan wusste, dass er seine winzige Chance verspielen würde,
wenn er zu fall kam. Er zog das Bein zurück, sodass die
Zähne des Leitwolfes, blutige Furchen in sein Schienbein
rissen.
Doch Gaan trat mit seinem verletzten Bein auf und ließ
das Andere vor schießen. Seine Ferse traf den Wolf hart
in die Seite, sodass dem Tier die Luft aus den Lungen gepresst
wurde. Wütend knurrend sprang der Wolf vor und riss Gaan
den linken Arm der Länge nach auf. Gaan wurde von einer
bestialischen Wut gepackt und griff nach dem Kopf des Wolfes.
Er drückte fest zu und stieß den Kopf des Tieres
auf den Boden.
Ein Winseln entwich dem mächtigen Tier, doch Gaan schlug
wieder und wieder den Kopf auf den harten Boden. In seiner Panik
schnappte der Wolf nach Gaan und biss ihm ein ganzes Stück
aus der Wade. Gaan nahm all seine Kraft zusammen und schlug
den Kopf mit derart barbarischer Kraft auf den Boden, das der
Schädel des Leitwolfes barst und Gaan mit Blut und Gehirnmasse
bespritzt wurde. Der mächtige Leib des Wolfes zuckte und
blieb dann regungslos liegen.
Gaan sah es durch einen dichten Schleier der sich auf seine
Augen gelegt hatte. Erschöpft und vor Schmerz fast Ohnmächtig,
wuchtete er seinen Körper auf die Knie und sah zu dem Baumhain
herüber. Das zehnköpfige Rudel starrte zurück.
Dann lösten sie sich aus ihrer Starre und kamen auf Gaan
zu. Doch anstatt ihn in Stücke zu reißen, leckten
sie seine Wunden und da wusste Gaan, das er es geschafft hatte.
Das Rudel akzeptierte ihn als Leitwolf. Übermenschliches
Glück erfasste Gaan und er legte jedem Wolf einzeln die
Hand auf den Kopf. Schwach richtete er sich vollständig
auf. Die Schmerzen waren unbeschreiblich. Er wandte sich an
sein Rudel.
„Kommt, wir gehen zurück zu meiner alten und eurer
neuen Heimat.“, rief der Krieger sie an und setzte sich
schleppend in Bewegung. Als die Wölfe sahen, das ihr Leitwolf
sich kaum halten konnte, nahmen ihn zwei Tiere in die Mitte
und er konnte sich an ihnen stützen.
Der Rest des Rudels lief in einem lockeren Kreis um sie herum
und bildete eine Eskorte für Gaan.
Nach ein paar Stunden brach Gaan jedoch entkräftet zusammen.
Sein Blut sickerte langsam in den weißen Schnee seiner
Heimatwelt. Die Wölfe stimmten ein bedrücktes Geheul
an. Doch auf einmal verstummten sie. Mit letzter Kraft drehte
der sterbende Wolfskrieger sich herum und blickte in die Richtung,
in welche die Wölfe mit einem Ausdruck schauten, der ihn
komischerweise an Furcht erinnerte. Furcht. So etwas kannten
weder die Space Wolves noch ihre Wölfe.
Er erblickte eine imposante Gestalt. Der mächtige Körper
war in eine schwarze Rüstung gehüllt, schwere Wolfsfelle
hingen um die breiten Schultern. Der Kopf war unter einer Totenkopfmaske
verdeckt. Gaan schauderte. Es war einer der Wolfspriester, einer
jenen unheimlichen Männern, welche die Geschichte der Wölfe
weitertrugen und die jungen Aspiranten initiierten. „Verzeiht,
Meister. Ich habe versagt. Meine Mission erfüllte ich,
doch mein Leib hat zu große Wunden erlitten. Doch sterbe
ich in Ehre, denn ich kann ein Rudel Fenris Wölfe mein
Eigen nennen.“ Er wollte weitersprechen, doch die schweigsame
Gestalt gebot ihm mit erhobener Hand zu schweigen.
„Schweig. Du bist ein Marine der Space Wolves. Und wahrlich,
du hast einen großen Kampf hinter dir. Und allein die
Tatsache, dass du deine Mission erfüllt hast ist der Grund,
weshalb ich nun hier stehe. Dein Wolfslord Djal Harrken hat
Interesse daran, das du weiterlebst. Er achtet deinen Mut und
dein Geschick. Und nun ruhe, ich werde deine Wunden versorgen
und dich in den Reißzahn bringen lassen.“ Gaan nickte.
Sein Körper entspannte sich sichtlich. Der Wolfspriester
trat näher und als er ihm die Hand auf den Kopf legte,
verfiel Gaan in einen heilenden Schlaf. Ein Schlaf, aus dem
er als Held der Wolfsgarde erwachen sollte... |