"Horus Heresy" ist ein Strategiespiel aus dem Hause Fantasy Flight Games unter Lizenz von Games Workshop für 2 Spieler. Die Schlacht um den Palast des Imperators wird hierbei nachgestellt und die Spieler übernehmen jeweils das Kommando über die Streitkräfte des angreifenden Verräters Horus und des verteidigenden Imperators.
AUSSTATTUNG Von Fantasy Flight Games wird man ja eigentlich immer mit einem sehr
hohen Standard verwöhnt, aber wenn der Begriff "Warhammer 40.000"
fällt, neigt man eben doch dazu noch etwas mehr zu erwarten. Leider
kann Horus Heresy in diesem Bereich am Ende nur bedingt punkten - das
Spielbrett fällt zwar unter die Kategorie 'Groß', ist aber
auch nicht richtig beeindruckend gigantisch-groß ausgefallen. Gerade
da die Zielgruppe vornehmlich aus Tabletop-Spielern besteht, die große
Spieltische gewohnt sind, hätte man hier eventuell lieber mehr investieren
sollen. Die Aufmachung ist wiederum ganz ansehnlich, doch im Vergleich
zum äußerst stimmungsvollen Boxcover-Artwork wirkt das Spielbrett
doch etwas zu funktional. Ein zusätzlicher Rahmen mit düsteren
Gothic-Motiven oder Schlachtgemälden hätte dem ganzen nicht
schlecht gestanden.
SPIELKONZEPT Das Kampfsystem ist relativ simpel und leicht zu erlernen. Einheiten
besitzen einen Kampfwert, der ihre Lebenspunkte darstellt und außerdem
zieht man im Kampf die aufgerundete Hälfte an Kampfkarten. Diese
haben einen Angriffswert und eventuell auch Verteidigungspunkte, sowie
bei passender Einheit Sondereffekte. Interessanterweise dauern nicht alle
Schlachten gleich lang, je nach Befehl kann eine Schlacht auch mal nur
4 Runden lang gehen, das Maximum beträgt 8. Der Veteidiger bestimmt,
wer die erste Runde erhält, und hier wird es wieder sehr taktisch:
Denn in der ersten Runde darf nur mit einer Karte angegriffen und auch
nur mit einer Karte verteidigt werden, in der zweiten Runde mit derer
zwei usw. usf. Man muss sich also im Hinblick auf seine gezogenen Karten
gut überlegen, wann man sie einsetzt - eine hohe Angriffskarte in
der ersten Runde kann z.B. kaum geblockt werden, da nur wenige Karten
einen hohen Verteidigungswert aufweisen. Andererseits will man eventuell
auch lieber seine Karten für den letzten Schlag aufbewahren, und
spekuliert darauf, dass der Gegner seine Karten bis dahin vor allem für
Angriffe verwendet hat und daher am Ende kaum noch etwas blocken kann.
VARIANZ Durch den Verzicht auf Würfel ist die Varianz durch die verschiedenen Kartenstapel festgelegt. Zu Beginn des Spiels gibt es z.B. eine Korrumptionsphase, bei welcher einige der anfangs vorhandenen Truppen auf Terra zu Horus überlaufen. Hierbei zieht man aber dieselben Karten wie auch danach beim initiierenden orbitalen Bombardement. Karten, welche ein Überlaufen bewirken, sind gleichzeitig auch meist Treffer beim Bombardement - dies bewirkt, dass sich das Glück ausbalanciert, es ist eher unwahrscheinlich, dass der Chaos-Spieler viele Truppen übernimmt und dann auch noch beim Bombardement gut trifft, wenn auch nicht unmöglich. Mittels dieser zufallsbestimmten Eingriffe vor Spielbeginn startet das Spiel schon mal immer ein wenig anders. Ansonsten ist der Aktionskartenstapel recht umfangreich und hier kann die richtige Befehlskarte zur richtigen Zeit enorm viel am Spielverlauf ändern. Die Ereigniskarten sind dagegen nicht sehr zahlreich und mit Absicht vorhersehbar und planbar gehalten, im Basisszenario ist ihre Zusammenstellung vorgegeben und es wird nur innerhalb der drei Akte gemischt, so dass es z.B. klar ist, welche drei die ersten Ereigniskarten sind, aber nicht ihre Reihenfolge. Dem Regelbuch ist ansonsten noch ein Missionsbuch mit insgesamt 6 Szenarien beigelegt. Während das Basis-Szenario die "historische" Schlacht darstellt, kann man in den anderen z.B. die Startaufstellung ändern, und es werden andere Ereigniskarten eingesetzt. Ein bestimmtes Szenario entfernt wiederum die Siegesmöglichkeit des Imperiums per Zeitstrahl, so dass der imperiale Spieler viel offensiver vorgehen, und entweder Horus zur Strecke oder die vier Raumhäfen besetzen muss. Am grundsätzlichen Spielsystem ändern diese Szenarien zwar nichts, doch sie führen zu abweichenden Abläufen und neuen Strategien, eine hohe Wiederspielbarkeit ist somit auf jeden Fall gegeben.
KOMPLEXITÄT Beim ersten Mal muss man sich noch ganz schön durcharbeiten (Spieldauer ca. 6 Stunden, später schafft man es in ca. 4 Stunden), und da besonders in der Anfangsphase des Spiels vor allem vom Chaos-Spieler wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, gestaltet sich der Einstieg nicht leicht. Die taktischen Überlegungen auf dem Zeitstrahl einerseits und dem Schlachtfeld andererseits führen zu komplexen Situationen, bei denen man auch einige Züge in die Zukunft denken muss. Da verwendete Einheiten bis zum nächsten Erholungsfeld auf dem Zeitstrahl inaktiv sind, muss man sich sehr gut überlegen, wie man vorgeht. Und da geflohene Truppen zwei Erholungen benötigen, um wieder aktiv zu werden, muss man auch seine Schlachten gut planen. Eine verlorene Schlacht bedeutet, dass eine überlebende Rest-Armee für lange Zeit tatenlos herumsteht. Verluste sind zudem meist nicht zu kompensieren, alle Space Marines Einheiten und besonders die mächtigen Helden sind z.B. einzigartig. Auch wenn "Horus Heresy" sehr actiongeladen ist (es gibt kein Ressourcenmanagement, keinen regelmäßigen Einheitenbau, keine Forschung, nur Krieg) bewirken der hohe taktische Anteil und die vielfältigen strategischen Möglichkeiten, dass sich Warhammer 40.000 Spieler, die solches vom Tabletop her nicht kennen, überfordert oder davon sehr angestrengt fühlen könnten. "Horus Heresy" reiht sich vom Schwierigkeitsgrad her neben anderen vergleichbaren Strategiespielen der ersten Liga ein, wie z.B. "Der Ringkrieg" oder "Starcraft". Entsprechend werden passionierte Brettspielfans kein Problem mit der gebotenen Komplexität haben.
FAZIT Ein anspruchsvolles spannendes und hochtaktisches Strategiespiel für Hobby-Kriegsmeister und -Imperatoren, das in der Austattung leider "nur" gehobener Standard ist und daher in dem Bereich ein klein wenig enttäuscht. Ansonsten ein Garant für lange Spielabende und rauchende Köpfe.
Huân
Vu, 2010 |
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