Apokalypse
von Huân Vu
+++ Sheitan II, während der Säuberungsaktion
"Wir setzen zur Landung an, Bruder Scriptor Ilantius! Aufschlag
erfolgt in 30 Sekunden," meldete ihm Hector, Sergeant des fünf
Mann großen Taktischen Trupps, der ihn begleiten sollte.
Der Aufprall war hart, aber die Insassen der Landungskapsel waren
es gewohnt. Hector öffnete die Ausgangsluke und ließ
seine Männer das Areal um den Landungsort herum absichern.
Methodisch und routiniert postierten sich die dunkelgrauen Space
Marines der Prevailers an strategisch günstigen Stellen, von
wo aus sie die Umgebung beobachten und notfalls mit tödlichen
Bolterschüssen abdecken konnten.
Ilantius stieg als Letzter aus der glühenden und dampfenden
Kapsel. Er rammte seinen Psi-Stab in den Boden und ließ seinen
Blick über die rauchenden Krater der aschgrauen Landschaft
wandern. Das orbitale Bombardement hatte den ganzen korrumpierten
Planeten namens Sheitan vollständig verwüstet. Das rote
Licht der riesigen Sonne ließ den ganzen Himmel wie ein blutrotes
Leichentuch erscheinen, das über die Szenerie der Zerstörung
gebettet wurde. In der Ferne machte Ilantius einige Prevailers aus,
die die letzten Widerstandsnester der Word Bearers und ihrer Kultisten
auf der Oberfläche aushoben. Der Schlachtenlärm drang
nur noch schwach zu ihm herüber, der Kampf auf der Planetenoberfläche
war bald vorüber...
Nachdem Bruder Hector per Funk ihre erfolgte Landung und den Beginn
mit der Mission gemeldet hatte, meinte er zu Ilantius: "Bruder Scriptor
Ilantius, wir werden sie nun zum mit Trupp Epsilon Delta vereinbarten
Treffpunkt eskortieren. Der Sektor wurde vor zwei Stunden gesäubert
und ist gesichert. Wir sollten uns beeilen, Bruder Scriptor, die
Entdeckung von Thelius Trupp sei sehr beunruhigend."
"Was auch immer kommen mag," sprach daraufhin Ilantius, "der Imperator
wird uns beistehen im Kampf gegen die Blasphemie und Ketzerei! Nun
denn, machen wir uns auf den Weg, Brüder."
Der Marsch dauerte weniger als eine halbe Stunde. Ihr Ziel war ein
halb eingestürztes Tor aus schwarzem Marmor, das sich in einer
Landsenke befand. Die beiden Säulen und der Torbogen waren
mit häretischen Fresken und Schriften übersät. Eine
in der Nähe runtergangenene Bombe hatte eine der Säulen
umgeworfen und nun lag der reich verzierte Torbogen gespalten vor
dem Durchgang. In diesem war eine in den Stein gehauene Treppe zu
sehen, die in die Tiefe führte.
"Möge der Imperator unseren Geist von Zweifel und Ängsten
reinigen und unsere Gedanken vor den Versuchungen und Verlockungen
bewahren." Mit diesen Worten schritt Ilantius über den Torbogen
und hinein in die Finsternis des engen Tunnels. Die Prevailers nickten
und folgten ihm wortlos in die Tiefe.
Die Treppe schien endlos zu sein, sie führte schnurstracks
und ohne jegliche Unterbrechungen hinab in die Unterwelt Sheitans.
Nach einiger Zeit erreichten sie aber eine Kreuzung, links und rechts
zweigte jeweils ein Gang ab, die Treppe ging aber geradeaus weiter.
Hector meldete: "Das Funkgerät scheint in dieser Tiefe nicht
mehr zu funktionieren, Bruder Scriptor. Ich bekomme keine Verbindung
mit dem Hauptquartier."
"Abschirmende Gesteinsschichten könnten ebenfalls die Ursache
der Störung sein," fügte einer seiner Männer hinzu.
"Das macht nichts, ich kenne den Weg zum Treffpunkt. Versuchen Sie
aber dennoch eine Verbindung mit Thelius oder einem seiner Männer
zu bekommen, Bruder Hector," antwortete Ilantius und deutete ihnen
ihm in den rechten Gang zu folgen.
Dieser Gang war breiter als der Abstiegstunnel, er bot genug Platz
für zwei Seite an Seite marschierende Terminatoren. Nach unzähligen
Kurven, Kreuzungen und Querverbindungen entdeckten sie den Leichnam
eines Word Bearers. Er lag zusammengekauert an der Tunnelwand, in
einer riesigen, längst vertrockneten Blutlache. Ilantius untersuchte
ihn kurz und entdeckte mit Erstaunen, dass er von dreizehn Boltertreffern
durchlöchert war. Kein Prevailer hätte grundlos eine solche
Menge an Munition verschwendet. 'Dämonisches Wirken,' schloss
er, als er die Beschwörungsrunen und -gebete auf der dunkelroten
Servo-Rüstung des Verräters erkannte. Vor allem die mit
Dornen besetzte siebenschwänzige Peitsche des Word Bearer schien
eine zentrale Rolle in der Huldigung der Chaosgötter innezuhaben.
Den Geboten der Reinheit folgend, erläuterte er es seinen Brüdern
nicht und befahl Bruder Ferrec den Leichnam mit seinem Flammenwerfer
einzuäschern. Danach führte er sie weiter, immer tiefer
hinein in das unüberblickbare Katakombensystem von Sheitan.
Dann waren sie schließlich am vereinbarten Treffpunkt angekommen.
Es war eine riesige Gebetshalle der Word Bearers. Vorsichtig betraten
sie die unheilige Stätte. Hectors Männer schwärmten
aus und sicherten sofort die Zugänge. Hector selbst machte
sich nach Absprache mit Ilantius auf die Suche nach Trupp Epsilon
Delta, den sie hier treffen sollten.
Voller Anwiderung betrachtete Ilantius anschließend den Saal:
Auf dem Boden war mit Blut ein riesiges Beschwörungssymbol
gezeichnet worden, das einem üblichen Pentagramm ähnelte,
aber über dreizehn Zacken verfügte, ein sogenanntes Tridekagramm.
An jeder Spitze stand eine einsame Kerze, die fast runtergebrannt
war. An den Wänden hingen dreizehn auf grässlichste Weise
entstellte Menschenopfer, festgenagelt und ausgeblutet, jede Zacke
deutete auf einen von ihnen. Sie schienen einfache Menschen zu sein,
stellte der Scriptor entsetzt fest, die unschuldige Bevölkerung
Sheitans wurde hier für ketzerische Dämonenbeschwörungen
missbraucht! Ansonsten war der Saal noch voll von unzähligen
okkultischen Pergamenten und Bannern, die abstoßende Symbole
und Runen des Chaos und die Texte der verruchten Gesänge und
Gebete der Häretiker zeigten. Das flackernde Licht der dreizehn
Kerzen ließ die Halle gespenstisch und bedrohlich erscheinen,
überall tanzten und sprangen die vielgestaltigen Schatten.
Ilantius konnte die Nervosität seiner sonst so routinierten
Brüder förmlich spüren.
'Ein Ritual der Beschwörung von dunklen Mächten,' überlegte
er, während er im Zentrum des schwarzmagischen Symbols stand
und die dreizehn Leichen betrachtete. 'Ein Ritual gigantischer Ausmaßen,
dies war bestimmt nicht die einzige Ritualstätte! Und allen
Anzeichen nach scheint die Beschwörung noch nicht vollzogen
worden zu sein.'
"Keine Spur von Trupp Epsilon Delta, Bruder! Die umliegenden Gänge
und Schächte sind leer, das Auspex zeigt keine Lebewesen in
der näheren Umgebung an. Das ist äußerst beunruhigend,
irgendetwas stimmt hier nicht!" meldete der zurückkehrende
Sergeant mit besorgter Miene.
"Da kann ich Ihnen nur beipflichten, Bruder Hector! Dieser Ort ist
verflucht, wir müssen ihn sofort säubern, bevor das Ritual
vollendet werden kann!"
Ferrec richtete daraufhin seinen Flammenwerfer auf das nächsthängende
Opfer und wollte eben einen Strom aus brennenden Chemikalien auf
es feuern, als es plötzlich seine Augen öffnete. Verwirrt
wich der Prevailer einige Schritte zurück. Der untote Leichnam
schien weiblich gewesen zu sein und beobachtete nun mit rot glühenden
Augen die entsetzten Space Marines. Dann sprang die Untote auf einmal
kreischend von der Wand, die Nägel, die sie an die Mauer banden,
riss sie einfach mit sich. Mit unnatürlicher Schnelligkeit
stürzte sie sich auf Ferrec und riss diesem fast beiläufig
den Kopf ab.
Ilantius reagierte so schnell wie er vermochte und pumpte ein Boltgeschoss
nach dem anderen in das besessene Fleisch der Untoten. Seine Brüder
schlossen sich ihm an und begannen ebenfalls zu feuern. Die Schreckenskreatur
wand sich vor Pein und wurde von der Wucht der Treffer nach hinten
geschleudert. Ohne mit dem Beschuss aufzuhören, begannen die
Space Marines in Halbkreisformation auf die wimmernde Kreatur zuzumarschieren.
Es dauerte nicht lange, bis der Bolterhagel den Körper der
Untoten zerfetzt und zerstückelt hatte. Das schwarze Blut der
Kreatur begann langsam eine große Lache zu bilden.
Nachdenklich untersuchte Ilantius die rauchenden, geschwärzten
Überreste, während die anderen die zwölf restlichen
Leichen im Auge behielten. 'Eine Form von dämonischer Besessenheit,'
schloss er. 'Wurde das Ritual etwa doch schon vollzogen?'
"Wir brauchen Verstärkung, Bruder Hector! Sie und all ihre
Männer bis auf einen, der bei mir bleibt, kehren sofort zur
Oberfläche zurück und berichten dem Hauptquartier, was
sich hier unten zusammenbraut! Ich werde, so der Imperator mir helfe,
hier die Stellung halten und versuchen aufzuhalten, was noch aufzuhalten
ist," sprach er entschlossen und mit grimmiger Miene.
"Verstanden, Bruder Scriptor Ilantius! Möge der Imperator mit
Ihnen sein!" entgegnete Sergeant Hector und verließ im Laufschritt,
gefolgt von zwei Männern seines dezimierten Trupps, den blutbefleckten
Ritualsaal.
Der zurückgebliebene Prevailer postierte sich im Zentrum der
Halle und richtete seinen Bolter auf die bedrohlichen Opfer. "Haben
Sie weitere Instruktionen für mich, Bruder Scriptor?" fragte
er mit fester Stimme.
"Behalten Sie einfach nur die Beschwörungsopfer im Auge, Bruder.
Melden Sie mir die kleinsten Anzeichen und vergessen Sie nicht,
dass der Imperator uns in dieser Schicksalsstunde mehr denn je zur
Seite steht," antwortete ihm darauf Ilantius.
Der Scriptor trat vor eines dieser schlafenden Monster und streckte
ihm die geballte Faust entgegen. Ilantius schloss seine Augen und
sammelte die Kräfte des Warp in seinem Geist. Dann bündelte
er sie in seiner Faust, um die teuflische Kreatur mit einem allesvernichtenden
Schmetterschlag zu zerschlagen...
In diesem Augenblick, als der Prevailer seine Psikraft entfesseln
wollte, schoss eine Woge aus Glut und Hitze wie aus dem Nichts über
sie. Ilantius schleuderte geistesgegenwärtig die gebündelte
Kraft dem Feuer entgegen, um sich davor zu schützen. Aus den
Augenwinkeln sah er, wie der Bruder Space Marine in Flammen stand,
und seine dunkelgraue Rüstung verkohlt wurde.
Lichterloh brennend ließ er seinen Bolter fallen und torkelte,
Schmerzensschreie mühsam unterdrückend, nach hinten. Ein
aus nächster Nähe abgefeuerter Zwillingsbolter beendete
dann sein Leiden..
Als die Flut aus züngelnden Flammen versiegte, konnte Ilantius
durch den beißenden Qualm die Feinde sehen: Es waren drei
Terminatoren der Verräterlegion der Word Bearers. Ihre äonenalten
Rüstungen waren mit den Schädeln ihrer besiegten Gegner
geschmückt und überall von Kampfspuren gezeichnet. Als
er das gigantische Banner und den in die Energieklaue eingebauten
Schweren Flammenwerfer sah, wusste Ilantius, dass dies ihr General
war, der Anführer der Ketzer. Auch spürte er die immense
Kraft, die in dem die Macht der falschen Götter anpreisenden
Banner steckte.
Einer der beiden Gefolgsleute des Generals richtete unvermittelt
seine Bolter/Melter-Kombiwaffe auf ihn und feuerte einen allesversengenden
Hitzestrahl ab. Ilantius konnte dem Strahl nicht mehr ausweichen,
sein rechter Arm schmolz getroffen zu einer zähflüssigen
Masse, die nun von seiner unversehrten Schulter tropfte.
Bevor Ilantius begriff, was mit ihm geschah, hatte der General ihn
schon erreicht und mit den monomolekularen Klingen seiner Energieklaue
niedergestreckt. Sein Psi-Stab und der Bolter fielen zu Boden. Unfähig
sich zu wehren, spürte er wie das Blut aus seinen Adern floss.
Noch einmal holte der Gegner voller Hass aus und grub seine Faust
in den Unterleib des Sterbenden.
Ilantius war noch bei Bewusstsein, als er sah, wie seine inneren
Organe aus seinem aufgeschlitzten Körper fielen. Dann spürte
er, wie er empor gehoben und gegen die nächste Wand geschleudert
wurde.
Noch einmal wurde er hochgehoben, mit verschwommenen Blick sah er
direkt in die hasserfüllten Augen des Generals.
Dieser brüllte ihn voller Wut und Zorn an: "Welch Sakrileg!
Wie konntet ihr Maden es wagen, unser heiliges Werk zu schänden,
Ungläubiger? Ein Opfer habt ihr Heiden in eurer Sünde
schon genommen! Nun denn, der süße Tod der Erlösung
wird dir dafür nicht gewährt werden, Erzsünder! Deine
Seele soll auf ewig verdammt sein! Deine Seele soll nun den freigewordenen
Platz im Zirkel der Apokalypse einnehmen!"
Mit diesen Worten stemmte er den fast leblosen Körper des Prevailers
gegen das freie Stück Mauer, an dem zuletzt noch das vernichtete
Dämonenwesen hing. Der General ließ sich den fallengelassenen
Psi-Stab des Scriptoren reichen und rammte ihn durch den Brustkorb
seines Besitzers und die Wand dahinter. Dann sprach er finstere,
unverständliche Beschwörungsformeln und einer seiner Knechte
flößte ihm das schwarze Blut der Untoten ein. Ilantius
spürte, wie es sich in seinem geschundenen Körper ausbreitete
und ihn am Leben erhielt...
"ES beginnt...," hörte er den General wie aus einer unendlich
großen Ferne sprechen. "Auf zur Oberfläche, Brüder,
das Werk ist vollbracht! Lasst uns der Offenbarung der Götter
beiwohnen und sie in ihrer Allmacht huldigen!"
"So sei es, Nazkharaz, glorreicher Prophet! Tod dem Falschen Imperator!
Preiset die allmächtigen Chaosgötter!" erschallte es im
Chor, dann vernahm Ilantius sich entfernende Schritte, deren dumpfer
Klang bald verschwand...
Dafür bemerkte er etwas Anderes. Sein Körper begann zu
heilen, doch er war nicht mehr der seinige. Etwas begann in ihm
zu wachsen und sich vom letzten Funken Lebenskraft, das noch in
ihm steckte, zu nähren.
Das Hämmern seiner Herzen und die flüsternden Stimmen
in seinem Kopf wurden unerträglich...
Nazkharaz und seine Männer hatten inzwischen die Oberfläche
erreicht. Mit Zufriedenheit sah er, wie seine Glaubensbrüder
aus den Katakomben stürmten und die schwächlichen Prevailers
zurückschlugen. Er entfaltete das Banner und streckte es gen
Himmel.
Ein kleiner Punkt gleißenden Lichts war dort zu sehen, der
mit unglaublicher Geschwindigkeit anwuchs. Grelle Blitze durchzuckten
den blutroten Himmel und schwarze Wolken begannen sich am Horizont
aufzutürmen. Bald entpuppten sich diese als riesige Schwärme
dämonischer Heuschrecken, die hungrig über die zurückweichenden
Space Marines herfielen.
ES hatte begonnen...
Während die Fahne im aufkommenden Sturmwind flatterte, begann
er voller Inbrunst zu beten:
"Der Tag ist gekommen! Euer Reich komme! Euer Wille ist geschehen!"
Das schwarze Blut floss nun in seinen Adern, Ilantius wusste, dass
sein Tod nah war. Doch der Glaube an den Imperator und die Menschheit
ließ ihn nicht verzweifeln...Die Stimmen wurden immer lauter...
"Der Tag des Triumphs ist gekommen! Euer Reich komme! Euer Wille
ist geschehen!"
Noch einmal, ein allerletztes Mal, sammelte Ilantius seine Kräfte.
Er bündelte auch verzweifelt die Kräfte, die durch seinen
Psi-Stab strömten...
Die Stimmen begannen süß und verlockend auf ihn einzureden...
"Der Tag der Verheißung ist gekommen! Euer Reich komme!
Euer Wille ist geschehen!"
Schließlich bündelte Ilantius die gesammelten Kräfte
in seinem Geist und versuchte den Dämon in ihm zu besiegen.
Seine Gedanken formten die Silben: "EXOR..."
Die Stimmen flehten ihn verzweifelt an...
"Der Tag der Apokalypse ist gekommen! Euer Reich komme! Euer Wille
ist geschehen!"
"...TIA..."
Die Stimmen klangen nun bedrohlich und fordernd...
"Der Tag der ewigen Nacht ist gekommen! Euer Reich komme! Euer Wille
ist geschehen!"
"..DAEMO..."
Die Stimmen geiferten voller Hass und Zorn...
"Der Tag ist gekommen! Euer Reich komme! Euer Wille ist geschehen!"
"...NICA!!!"
Ein unnatürlicher Schmerzensschrei erschallte gleichzeitig
in Ilantius Kopf und auf der kahlen Oberfläche Sheitans...
Kalte Finsternis legte sich sanft über Ilantius Geist...
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