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VOLKER WÖLL - "DAS WIESENBAD MASSAKER"

ERSTES KAPITEL

Der junge Gardist schritt frierend seinen Weg ab. Nachtpatroullie durch das Rotlicht Viertel Wiesenbads. Sein Kollege, ein fülliger alter Veteran, schwieg die meiste Zeit und kaute auf einer alten Meerschaumpfeife. "Das wärmt von innen" pflegte er immer zu sagen. Tabak, so nannten ihn seine Kollegen, gab wohl den größten Teil seines Soldes für teuren Tabak aus Lustria aus. Der junge Gardist hatte viel von ihm gelernt und wenn er auch nicht gerade gesprächig war, so war er in den letzten drei Monaten zu einer Art Vaterfigur geworden. Tabak nahm den jungen Mann schützend unter seine Fittiche und führte ihn in das harte Leben eines Wächters ein. Balthasar, so der Name des jungen Wächters seinerseits war ein aufmerksamer Schüler und erfüllt von jugendlichen Idealen.
Nun aber war es Winter geworden in Stirland und auch in einer so grossen Stadt wie Wiesenbad war es bitterkalt. Balthasar sehnte sich nach einer heissen Tasse Grog im "Wächters Ruh" und der zarten Umarmung von Charlotte, der Kellnerin. Ihre Liesone war noch sehr jung und ihre Liebe frisch und Leidenschaftlich. Auf seinen langen monotonen Wachgängen vermisste er sie am meisten. Vermisste ihre geschmeidigen Hüften, vollen Brüste und ihr wallendes schwarzes Haar. Aber am allermeisten vermisste er ihr Lächeln.
Das leise trommeln schwerer Regentropfen auf seinem Helm kündigte einen neuen Schauer an.
"Balti, lass uns eine Kneipe "inspizieren", bis es trockener ist." raunte Tabak.
"Ja, Wachtmeister. Eine gute Idee."
Zu ihren vielen Pflichten gehörte auch ein Auge auf die Kneipen und Bordelle zu haben und in kalten regnerischen Nächten waren das die besten Momente.
Die Kneipe in die sie kamen trug den verheißungsvollen Namen: "Das Loch in der Wand". Es war eine bekannte Abenteurer Absteige in der sich Glücksritter auf der Durchreise oft ein Zimmer nahmen. Der grosse dreckige Schankraum war fast leer als sie eintraten. Eine Gruppe von Binnenschiffern saß an einem Tisch ein anderer war von einem Kriegerisch bekleideten Elf (eine echte Seltenheit so tief im Reich) und zwei Menschen in Sholaren Kleidung besetzt. Ausser zwei Huren und dem Wirt war die Kneipe sonst leer. Der Wirt stand hinter dem auf Fässer genagelten Brett, das er Theke nannte und putzte ein paar gammelige Holzkrüge. Als er die Wächter sah schaute er auf.
"Ahh, Herr Wachtmeister! Und der junge Rekrut ... Balthasar, nicht war?"
Er wischte seine Hände an seiner schmierigen Lederschürze ab und streckte sie dem Jungen Wächter entgegen. Zögernd schüttelte Balthasar die dargebotene Hand, was den Wirt zu einem neuen Wortschwall ermutigte:
"Ihr müsst euch setzen, die tapferen Männer der Stadtwache müssen bestimmt durstig sein! Ein Bier? Ein Grog? Ihr seid eingeladen, ich bin glücklich solange ihr für ruhe unter meinem Dach sorgt!"
Kupplerei war verboten und da "Das Loch in der Wand" wie viele andere Kneipen in der Gegend seine Zimmer nicht nur Nächteweise vermietete waren sie auf das Wohlwollen der Wache angewiesen. Den Wächtern war das nur recht und sie hatten weiß Siegmar besseres zu tun als Freier um ihr wohl verdientes Vergnügen zu bringen. Selbst Balthasar hatte das schnell verstanden.
"Wir nehmen zwei heiße Grogs, Nachbar." Antwortete Tabak für sie beide und nahm an einem Tisch nahe der Theke platz.
Bedrückende Stille herrschte, nachdem der Wirt ihnen ihre Bestellung gebracht hatte. Nur das Murmeln des Elfs und das leise Gespräch der Schiffer waren zu hören.
Ein neues Geräusch zog Baltharsars Aufmerksamkeit auf sich: das Knarren der Eingangstür. Ein weiterer Fremder, der Zuflucht vor dem Regen suchte. Eine gebückte dunkle, ganz in Mantel und Kapuze gehüllte Gestallt stand im Türrahmen. Balthasar wollte sich gerade wieder seinem Grog widmen als ihm der Mantel des Mannes auffiel. Unruhig zuckte etwas auf dessen Rücken hin und her und kurz konnte Balthasar einen behaarten Schwanz sehen.
"Mutant!" schrie er und stieß sich vom Tisch ab. Auch Tabak kam schläfrig auf die Beine, schaute aber nur Balthasar fragend an. Eine der Huren stieß einen schrillen Schrei aus, als sich die Fremde Gestallt vom oberen Absatz der Eingangstreppe abstieß, seinem Umhang fahren lies und ansatzlos Balthasar angriff. Dieser starrte wie gelähmt auf das hässliche Rattenmonster das ihn ansprang. Der ganze Körper des Skaven war in Schwarze Tücher gewickelt und verschiedene Messer und Wurfsterne waren zu sehen.
Der Aufprall der Kreatur warf Balthasar zu Boden. In seinen letzten Augenblicken wanderten seine Gedanken zurück zu Charlotte und ihrem herrlichen Lächeln, die diese Nacht vergeblich auf seine Rückkehr warten würde. Auch Tabak starb schnell und bevor er verstand war geschah in der wirbelnden Attacke der Assasine.
Nur der Elf war schnell genug. Er wirbelte um die eigene Achse, hatte das Schwert schon gezogen und erwartete die Attacke des Mutanten.
"SSSSchtirb Fraosssssssch!" stammelte das Wesen uns stieß sich zu einem Sprungtritt vom Tisch der Wächter ab. Der Elf reagierte schnell, doch noch bevor die Kontrahenten aufeinander trafen ging der Skaven schreiend in Flammen auf und stürzte Tod vor die Füße seines Gegners.
Einer der Scholaren massierte beiläufig sein Handgelenk aus: "Sieht so aus Fraoch, als würden deine Freunde dich noch immer suchen!"
"Ja, " stimmte der andere ihm zu "und sie werden alles versuchen dich zu kriegen. Wiesenbad sieht unruhigen Zeiten entgegen. Wir sollten den Magistrat warnen"

Hauptmann Kessel betrachtete die sich Formierende Horde der Skaven über die Zinnen hinweg. Tausende dieser Rattenwesen waren dabei Gräben aus zu heben und Schutzwände hoch zu ziehen. Sie richteten sich auf eine Belagerung ein.
Bürgermeister Haberschreck trat neben ihn auf den Wehrgang. der feiste Mann atmete schwer nachdem er die Leiter erklommen hatte.
"Nun Hauptmann wie sieht's aus?"
"Seit Stunden sind keine neuen Kräfte mehr eingetroffen. Das da unten scheinen alle ihre Leute zu sein. Grosse Überraschungen sehe ich nicht"
"Na ja, " sagte der Magistrat mit ängstlichem zittern in der Stimme " das scheinen mir aber bei weitem genug zu sein."
"Ungefähr, zwei bis drei tausend würde ich sagen." Kessel war die Ruhe selbst. Auch im Angesicht dieser tödlichen Gefahr war in seinem Narben gezeichneten Gesicht unter den kurzen grau melierten Haar keine Regung zu sehen.
"Und was haben wir?" Das Gesicht des Beamten verlor immer mehr an Farbe, je länger er die fleißigen Belagerer beobachtete. Angstschweiß glänzte auf seiner hohen Stirn.
"Die Garde und die Wache, plus die Stadt Batterie. Ca. 200 Mann." Der Berufsoldat spuckte braunen Tabaksaft über die Brüstung. "Dazu noch die Zünfte das sind fast tausend Mann. Allerdings völlig ohne Training und schlecht Bewaffnet."
"Haben wir eine Chance?" Der Bürgermeister zitterte im kalten Wind.
Kessel lachte trocken: "Die Mauern sind hoch und mit dem alten Furchmahr und seinem Schüler haben wir zwei gute Zauberer. Angeblich ist einer der Fremden ebenfalls magisch begabt."
"Siegmar hat uns diese Krieger geschickt!" Habeschreck beschrieb das Zeichen des Hammers.
"Ich weiß nicht wer sie geschickt hat", Kessels Blick verriet Skepsis, "aber ich hoffe, sie sind was sie behaupten."
"Warum sollte der Elf lügen?"
"Ich kenne das arrogante Pack. Bevor er sich nicht im Kampf bewiesen hat schenke ich keinem seiner Worte glauben."
"Äh Hauptmann" Habeschreck war kreidebleich und stotterte "was hat das da zu bedeuten!"
Kessel folgte dem ausgestreckten Arm des Magistrats.
"Das sind Rattenoger. Es geht los, Sir. Feldwebel, geben sie Arlarm und sie Bürgermeister holen besser ihre neuen Freunde!"
Dunkle Schwärme pelziger Rattenkörper brandeten gegen die Mauern Wiesenbads. Fiebsige Schreie und das Brüllen verzweifelter Verteidiger erfüllten die Luft. Lange Faserige Pulverschwaden zogen über das Schlachtfeld und der Boden vor der Mauer war glitschig vom Blut der Angreifer. Das Donnern der Stadtbatterie zerriss den Lärm der Schlacht und zum dritten Mal zog sich die Woge der Skavenkrieger von den Wällen zurück nur um Minuten später aufs Neue gegen das menschliche Bollwerk an zu rennen.
Hauptmann Kessel stand auf dem Haupttor bei der Großkanone und den Fahnen. Hier tobte die Schlacht am ärgsten, Skaven und Menschen fielen im Sekundentakt. Berge entstellter Kadaver türmten sich diesseits und Jenseits der Mauer auf. Siegmar sei dank vor allem auf der Jenseitigen Seite. Furchmahr und sein Schüler entfesselten einen magischen Mahlstrom vom Südtrum aus und drängten auch dort die Skaven zurück. Kessel lud seine Pistole erneut und warf einen Blick zum Nordturm. Dort Kämpfte der Elf und seine fremden Zauberer Freunde. Was der Hauptmann dort sah beunruhigte ihn mehr als alle Sturmratten vor dem Tor. Ein gewaltiges magisches Duell wurde über die Zinnen des alten Schanzwerks ausgetragen. Eine grässliche weisse Ratte die auf einer von Rattenogern getragenen Sänfte stand warf schwarz-grüne Blitze auf den Turm. Um diesen hatte sich eine blaue Energiekugel gebildet über welche die schwarzen Flammen hungrig aber vergeblich loderten.
Ein rot flammender Strahl vom Turm versengte eine Gruppe Rattenkrieger die eine Sturmleiter in Stellung brachten. Kessel war gebannt vom Anblick dieses magischen Duells.
"Achtung! Hauptmann!"
Kessel fuhr aus seinen Gedanken hoch. Gerade rechtzeitig.
Wie von einer Sprungfeder angetrieben schoss ein Skaven der in schwarze Wickel gehüllt zu sein schien über die Brüstung. Kessel stiess sich mit dem linken Fuß von der Brüstung ab, gerade aus der Reichweite der Ratte. Im Fall riss er die Pistole hoch und drückte ab. Schmerzhaft prallte er auf die rechte Schulter und für Augenblicke wich jedes Gefühl aus seinem Arm. Gehetzt blickte er sich nach der Ratte um. Tot. das Monster lag verkrümmt auf den Steinplatten vor ihm.
Verdammt, ermahnte er sich selbst du bist hier zum kämpfen nicht zum gaffen.
Froach stand af der Plattform des Nordturms. Vor ihm am Boden sass Heinerich mit verschränkten Beinen vor seinem Beschwörungskreis und meditierte. Schweiß rann in Bächen über seine Stirn und jedes Mal wenn der Blaue Energieschild des Elementaristen von einer Attacke des Grauen Propheten getroffen wurde spannte sich sein sonst so gelassenes Gesicht. Johan, der Kampfmagier, stand an den zinnen und schleuderte Verderben auf die heranstürmenden Skaven.
Der Halbelf selbst konnte nichts tun. Er war zwar darin geübt die Kraft seines Geistes zu kontrollieren und auch zu einigen magischen Kunststücken fähig, aber im vergleich zu seinen beiden Freunden war er ein Stümper. Er hatte die beiden vor mehr als fünf Jahren in Nuln getroffen. Sie hatten in ihrem Labor in der Stadt gemeinsam nach den Geheimnissen des Arkanen geforscht. Dort waren sie auch hinter das Geheimnis des Artefakts gekommen. Froach hatte sie für ihre Suche zunächst gut bezahlt, aber als sie die Gefahr erkannten welche das Relikt in sich trug hatten sie seinen Kampf zu ihrem gemacht. Tatsächlich hatten sie es geschafft Sknitsch sein Kleinod zu entreißen.
Als sein Blick wieder auf eben jenen Grauen Propheten viel, tasteten seinen Finger unwillkürlich nach dem Samtbeutel an seinem Gürtel. Ja es war noch da!
"Du kannst es auch spüren, nicht war Sknitsch?" zischte er. Er fixierte die ferne Gestallt des Skaven und alter Hass verlieh seinem Blick die Schärfe einer Rasierklinge.
Er sah wie der Skaven sich mit Warpstein voll stopfte um seine arkane Kraft zu mehren. Schwarzer Speichel troff ich auf sein weißes Fell. Irrsinn loderte in seinen roten Augen. Ein grünliches Schwären umspielte seine Widderhörner. Mit beiden Armen wie ein ertrinkender um sich schlagend beschwor er einen neu Attacke herauf. Der Graue Prophet warf seinen Oberkörper nach vorne, öffnete sein Maul und spie den Verteidigern seine Macht entgegen.
Heinerichs Schirm erzitterte. Die Züge des Mannes spannten sich und Fraoch sah wie die Äderchen in seinen Augen platzten Blut lief ihm aus Ohren und Nase. Dann verlor der Zauberer das Bewusstsein und mit ihm kollabierte ihr Schirm.
Sknitsch stieß einen Triumphierenden Schrei aus! Ohne zu zögern warf er sich erneut in Pose, noch immer glühend vor Arkaner Macht. Mit der rechten Pfote griff er weit nach Hinten aus und richtete die Linke auf den Turm, als wolle er einen Ball schleudern. Wirklich formte sich in seiner Rechten Klaue eine Kugel nachtschwarzer Energie in der ein grünliches pulsieren zu erkennen war. Grade als Sknitsch den Zauber loss schicken wollte zerriss ohrenbetäubender Donner den Lärm der Schlacht. Einer der Träger-Rattenoger hatte plötzlich keinen Kopf mehr und die Sänfte des Rattenmagiers stürzte zusammen. Im Sturz stiess Sknitsch seine Energie von sich und der mächtige Spruch landete im Regiment seiner eigenen Sturmratten. Alles Fleisch wurde von den Knochen der Krieger gefressen und Tod und Verderben breiteten sich Wellenförmig durch die gesamte Skaven Armee aus. Mit leeren Augenhöhlen stürzten dutzende Krieger noch in hundert Schritt Entfernung zu Boden. In Panik flohen die Skaven.
Froach sah zum Haupttor und konnte erkennen wie Hauptmann Kessel dem Meisterkannonier anerkennend auf die Schultern klopfte.
"Nur einen Meter höher", dachte der Elf, " und wir wären alles Probleme ledig."

Furchmahr schritt durch die langen dunklen Gänge des Rathauses. Die dicken Teppiche dämpften seine Schritte und die prächtigen Gobelins an den Wänden schluckten jedes Geräusch. Der Magier lebte länger in der Stadt, als selbst ihr ältester Einwohner sagen könnte. Scheinbar seit Jahrhunderten bewohnte er den südlichsten Turm der Stadtmauer und nutzte die im Hügel darunter liegenden Uralten Verliese. Alle in der Stadt begegneten ihm und seinen Lehrling mit grossem Respekt, nein, mit Angst. Man vermied es ihm zu begegnen und wenn man seine Hilfe brauchte verhandelte man lieber mit Gurdon, seinem Famulus.
Niemand wagte sich auszumalen, was er hinter den Mauern seines Turmes oder in den finsteren Tiefen der Verließe für grauenhafte Experimente trieb. Mansche Leute behaupteten nachts gellten schreckliche Schreie aus dem Verlies und das Rasseln von Ketten sei zu hören. Wer konnte auch nur ahnen welche Schrecken der finstere alte Mann dort gefangen hielt. Nein niemand mochte Furchmahr, aber alle respektierten ihn und seine Meinung. Nur Hauptmann Kessel bezeichnete den Zauberer ab und zu als "kauzig". Haberschreck, der Bürgermeister hatte eine geradezu abergläubige Angst vor dem Magier, aber es gab auch nicht viel, vor dem er nicht Angst hatte. Haberschreck war Händler und deswegen hatte man ihn auch gewählt und nicht um Chaoskreaturen die Stirn zu bieten. Dafür hatte man Kessel angeheuert und verlies sich auf Furchmahr.
Und Furchmahr glaubte eine Lösung für ihr Problem gefunden zu haben. Mit einer Beiläufigen Bewegung seines Stabes stieß er die doppelflüglige Tür zu Haberschrecks Arbeitszimmer auf. Der rundliche Mann hinter dem Schreibtisch fuhr erschreckt hoch, nur um dann wie eine Marionette mit zerschnittenen Schnüren auf seinem Polster Sessel zusammen zu sinken.
"Ihr..Ihr seid es, bei Siegmar ihr habt mich erschreckt"
Der Bürgermeister war blass und die Augen saßen tief in seinen Höhlen. Der Stress tat ihm nicht gut und Furchmars Anwesenheit sorgte nicht dafür das er sich entspannte.
"Magistrat, ich habe vielleicht eine Lösung für euer dringendstes Problem."
Der Magier war von imposanter Statur. Fasst sechs Fuß gross und mit langem weissen Bart stand er Kerzengerade im Raum, als sei er eben aus dieser Stelle emporgewachsen. Der knorrige Holzstab in seiner Rechten wies keinerlei Verzierung auf und er trug die weiten Gewänder seiner Zunft.
"Was?"
"Wie ihr vielleicht wisst stehe ich in Verbindung mit Mächten die eure Vorstellungskraft weit überschreiten. Im geheimen Konzile mit eben jenen Kräften habe ich den Grund für das hier sein des Rattenvolkes erfahren!"
"Und warum…äh…ist das Rattenvolk hier?" Haberschreck wand sich auf seinem Stuhl unter dem Blick des Zauberers. Alles Übernatürliche war ihm zu wieder und erschreckte ihn zutiefst.
"Der Elf und seine Freunde, sie haben dem Anführer der Ratten, dem Grauen Propheten Sknitsch, etwas gestohlen, das er nun wieder zu erlangen hofft."
"Und was schlagt ihr vor?"
"Ich habe mit den Skaven Kontakt aufgenommen…"
"Ihr habt was?" Der Magistrat saß kerzengrade auf seinem Stuhl, die Augen vor Überraschung geweitet. "Ihr habt euch mit diesen Teufeln eingelassen, fürchtet ihr nicht um eure Seele?"
Das Gelächter des Magiers ging dem Bürgermeister durch Mark und Bein und schallte trotz der schweren Stoffe weit durch die Korridore des Rathauses.
"Ihr Narr!" Die Augen des Zauberers waren hart wie Diamanten "Ihr habt keine Ahnung von den Geheimnissen der Magie und der Seele"
Haberschreck hatte Angst, und dafür begann er Furchmahr zu hassen, aber er hatte keine Wahl, als den Rat des Mannes an zu nehmen. Für das Wohl seiner Stadt.
"Also was schlagt ihr nun vor?"
"Die Ratten stellen ihre Angriffe ein, wenn wir eine kleine Gruppe von ihnen in die Stadt lassen um sich zu holen was ihnen gehört. Wenn sie es haben werden sie abziehen und die Belagerung aufgeben."
"Aber das wäre Verrat!"
"Verrat an wem? An den Fremden die uns in diese Situation gebracht haben? An denen die uns absichtlich die wahren Hintergründe verschwiegen haben?"
"Aber sie haben uns gewarnt!"
"Erst als es bereits zu spät war! Sie missbrauchen uns um eine private Fehde auszutragen!"
"Aber… nagut, wie viele Skaven?"
"Nur fünf Ratten!"

Ischika sprang lautlos von Dach zu Dach. Er war der perfekte Schatten in der Nacht. Unsichtbar, lautlos, tödlich. Seit ihm sein erstes Fell gesprossen war, war er vom Estin Clan dazu ausgebildet worden zu töten und zu gehorchen. Er war die tötlichte Ratte der alten Welt, hatte seine Kräfte mit den besten gemessen und hatte Triumphiert. Er war den Assasinen der Elfen entgegen getreten und hatte überlebt, ja sogar seinen eigenen Meister hatte er erdolcht. Nun war er der Meister und seine Gossenläufer waren die berüchtigtsten in den Tunneln unter dem Imperium. Dieser Auftrag war eine Kleinigkeit. Eine gut bezahlte Kleinigkeit, denn seine Dienste waren nicht billig. Der graue Prophet hatte eine Menge Warpmünzen berappen müssen um sein Kleinod wieder zu bekommen. "töte den Elf und bring mir alles was er bei sich trägt!" Nichts leichter als das.
Überflüssiger Weise hatte de Auftraggeber darauf bestanden, das er ein Team Gossenläufer zur Unterstützung mitnahm. Auch dafür hatte er gut gezahlt.
Ischika warf einen Blick in die Gasse hinab und sah seine vier Schützlinge dem Wind gleich durch die Müllberge Wiesenbads huschen. Farschk ihr Anführer würde einst Ischikas Nachfolger werden. Es dauerte noch eine Weile bis er ihn verraten und töten würde um selbst Meister zu werden, aber er hatte gute Anlagen und Ischika war sehr stolz auf ihn.
Der Meister hatte einen Augenblick zu lange in seinem Stolz geschwelgt und sich zu weit nach vorne gelehnt. Farschk hatte ihn bemerk und warf ihm einen Lob erheischenden Blick zu. Abgelenkt stürzte der junge Gossenläufer über einen zerbrochenen Nachttopf und schlug einem Geschoss gleich in mehrere Mülltonnen an der Ecke. Ohrenbetäubendes Getöse zerriss die Stille der Nacht. Fluchend zog Ischika sich zurück. Dieser hoffnungslose Anfänger hatte ihren ganzen Plan ruiniert. Er hatte immer gewusst, das Farschk zu wenig Selbstkontrolle besaß um es weit zu bringen.

Hauptmann Kessel hatte ein letztes Mal die Barraken inspiziert und den Soldaten Mut zu gesprochen. Der Kampf war blutig, doch wenn seine Männer standhaft blieben würden die Ratten nie einen Fuss in die Strassen seiner Stadt setzen.
Kessel ging allein zu seinem Quartier und genoss die Nächtliche Ruhe in den Strassen der Belagerten Stadt. Dies war seine 8te Belagerung und es würde seine letzte sein. Der Altgediente Söldner hatte in Wiesenbad seinen Altersruhesitz gefunden und würde wenn sein Vertrag auslief ein kleines Geschäft am Markt eröffnen. Das Gebäude hatte er schon gekauft. In Middenheim hatte er seine erste Belagerung erlebt. Tiermenschen waren zu tausenden aus den Wäldern um die Stadt erschienen, scheinbar aus dem nichts hatte sich eine furchtbare Armee formiert. Nach drei Monaten hatte Entsatz aus Altdorf die Stadt befreit und Kessel war in die Garde eingetreten. Der Anfang einer langen und blutigen Karriere.
"Es ist nur recht, dass ich meine Karriere auch in dem Mauern einer belagerten Stadt beende." Dachte er.
Ein lautes Scheppern riss ihn aus seinen Gedanken. Eine Katze konnte so einen Krach nicht machen. Wie von selbst glitten Pistole und Rapier aus seinem Gürtel. Das Geräusch kam von Norden, vielleicht zwei Blocks entfernt. Kessel verfiel in den Laufschritt.

Auch Fraoch war allein unterwegs. Nach Heinerichs Tod brauchte er einen klaren Kopf. Johann lag betrunken im "Goldenen Pferd". Fraoch verstand den Magier, immerhin hatte er mit Heinerich zusammen studier und sie waren Freunde gewesen, aber die Kraft des Mannes würde Morgen wieder gebraucht werden. Betrunken konnte er keine Hilfe sein. Leise Fluchte er in der Sprache der Elfen. Welches Unglück dieses Verfluchte Artefakt gebracht hatte. Vor allem aber welches Unglück würde es noch bringen wenn sie versagten. In den Händen des skrupellosen Grauen Propheten stellte es eine Gefahr für das gesamte Imperium da. Außerdem war es Fraochs ererbte Pflicht den Schlüssel zu beschützen.
Der Schlüssel von Lorcha, jenes Artefakt, das seinen Großvater einst das Leben kostete und dem seit damals seine ganze Familie hinterher jagte. Bis nur noch er allein übrig geblieben war. Der letzte der Bru´ensha, halbmenschlicher Prinz aus einem Elfengeschlecht das älter war als der Immergipfel. Edel wie der Phönixkönig, aber machtlos wie eine verblasste Erinnerung. Erbe einer Sippe von Magiern aus einer Zeit lange vor dem Weissen Turm. Hüter eines schrecklichen Geheimnisses und noch größerer Verantwortung.
Ein lautes Scheppern direkt neben ihm lies ihn herum fahren. Ein Regenfass rollte aus der Seitengasse zwei Meter vor ihm und ein dunkler Leib schlug auf die Strasse. Ein Skaven. Im Licht einer einsamen Fackel wie ein Blitz aufleuchtend fuhr sein Schwert aus der Scheide. Kaum war er in Abwehrstellung schossen drei weitere Gestallten aus der Gasse, direkt auf ihn zu.
Die erste Ratte sprang in hohem Bogen auf ihn zu. Spitze Zähne und rote Augen leuchteten auf. Froach warf sich nach links, vollführte mit dem Schwertarm eine rasche Gegenbewegung und Spaltete den Angreifer in der Hüfte. Bevor der Halbelf das Gleichgewicht wieder finden konnte warf sich ein zweiter Gegner mit der Schulter voran gegen sein Standbein. Froach fiel über den Skaven und landete mit Wucht auf dem Rücken. Bunte Sterne tanzten für Momente vor seinen Augen. Das erste was er wieder sah war der Dolch des dritten Attentäters, der auf seine Brust zuschnellte. Mit den Reflexen jahrelangen Trainings griff er den Arm des Angreifers und brach mit einer schnellen Körperdrehung Elle und Speiche aus ihren Gelenken. Nun wieder auf den Knien stieß er dem heulenden Skaven die Handkante in den Adamsapfel. Röchelnd erstarb das Tier. Der zweite Skaven hatte sich wieder erholt, eine Garotte gezogen und warf dem knienden Elf die tödliche Schlinge um den Hals. Froach brachte die Finger der linken Hand rechtzeitig zwischen Hals und Schlinge doch der Gossenläufer stützte sich gegen seinen Rücken und zog mit seinem ganzen Gewicht.
Das stumme Ringen dauerte eine Ewigkeit. Die Ratte, die gegen die Regentonne gerannt war kam langsam wieder zu sich. Als sie die Szene sah die sich vor ihr abspielte stieß sie ein quiekendes Lachen aus, zog ein langes Messer und kam langsam auf Fraoch zu. Mit Adrenalin geschärften Sinnen meinte Fraoch auf dem Dach hinter dem sich nähernden Skaven sogar noch eine Gestallt ausmachen zu können: einen großen grinsenden Schemen.
Ein greller Blitz hinter dem Messer-Skaven, ein lauter Knall und eine blutige Eruption auf der Brust des Angreifers. Der beissende Geruch von Schiesspulver in der Luft. Für Sekunden lies die Kraft des erschreckten Würgers nach. Fraoch wirbelte herum bekam Fell zu greifen und schleuderte seine Last gegen das nächste Haus. Entsetzt quiekend suchte der Skaven das Weite, aber mit zwei Schritten war der Elf über ihm, packte seine Schnauze und brach mit einem Ruck sein Genick.
"Saubere Arbeit!" Sagte Hauptmann Kessel, der gelassenen Schrittes näher kam und seine Pistole neu lud.

Ischika konnte sein Unglück nicht fassen. Eben hatte es noch ausgesehen als wende sich doch alles zum Guten und dann war dieser Mensch aufgetaucht. Seisdrum, ein guter Assasine wusste wann er sich zurückziehen musste. Außerdem war da ja noch plan B: Das unbewachte Ausfalltor, durch das sie in die Stadt gelangt waren und ein Regiment Sturmratten, das in einer Senke vor der Stadt bereit lag. Er konnte sein Leben nicht hier aufs spiel setzen, sondern musste seinen Brüdern die Stadt öffnen. Armen Wiesenbad, du wirst den Morgen nicht erleben und an dem Elf und dem Mensch werde ich persönlich Rache nehmen!

Kessel half dem Elfen auf die Beine.
"Warum sind die Skaven wirklich hier?"
Fraoch räusperte sich und spuckte Blut auf das dreckige Pflaster. Die Waffe des Attentäters hatte ihn schwer mitgenommen.
"Ich weis nicht wovon sie reden."
Das zerfurchte Gesicht des alten Hauptmannes bekam etwas Hartes: "Versuchen sie nicht mich zu verarschen. Ich bin kein Sesselpupser wie Haberschreck. Ich hab gesehen wie vier Gossenläufer auf sie losgegangen sind. Also, was wollen die Ratten von ihnen?"
Fraoch musterte den Soldaten lange. In seinen Augen war zu lesen, dass er eine Entscheidung traf. Als er redete, sprach er langsam und leise, die Stimme rau und rasselnd vom Blut in seinem Hals.
"Was wissen sie von den Grauen Propheten Kessel? Kennen sie die unheilige Macht dieser Wesen?" ein Hustenanfall schüttelte ihn und erneut spuckte er Blut. Der metallische Geschmack füllte seinen Mund und der Schmerz den er beim Sprechen spürte verriet ihm, dass sich seine Stimme so bald nicht erholen würde. Wenn überhaupt.
"Ich habe gegen die Skaven gekämpft" entgegnete Kessel "Und ich habe Geschichten über die Macht der Priester der Gehörnten Ratte gehört." `Geschichten gehört´, ha, wenn der Elf nicht ehrlich war, so hatte auch Kessel seine Geheimnisse. Was in Tilea vor fast 30Jahren passiert war hatte er noch niemandem erzählt und er würde jetzt nicht damit beginnen, aber ja er kannte die Grauen Propheten und er wusste um ihre tot bringende Macht.
"Nun, " fuhr der der Halbelf mit schrecklich rasselnder Stimme fort. Er sah nicht gut aus im fahlen Licht des Mondes: vornüber gebeugt, das strähnige Haar im Gesicht hängend, das Hemd zerrissen und Blut an den Mundwinkeln und über die Wangen verschmiert. Er sah aus als hätten die Assassine Erfolg gehabt und nur sein eiserner Wille weigere sich das ein zu sehen. "dann stellen sie sich vor, das all diese Geschichten zutreffen und eines dieser Monster die Möglichkeit hätte auf eine Manaquelle unerschöpflichen Ausmaßes zugreifen zu können."
"Eine solche Quelle gibt es nicht in Wiesenbad."
"Doch, jetzt schon." Fraoch griff an seinen Gürtel und hielt einen unscheinbaren kleinen Lederbeutel hoch. " Der Schlüssel von Lorcha."
Kessel kniff die Augen zusammen um in der Dunkelheit überhaupt etwas erkennen zu können. "Unscheinbar." War alles was er sagte.
Fraoch stiess ein Schnauben hervor, das ein Lachen gewesen sein könnte. "Tja, nichts desto trotz ermöglicht er Zugriff auf ein System mit dem die Elfen schon seit Jahrtausenden die Magie auf dieser Welt kanalisieren. Rohe Urkräfte der Magie."
Mehr würde er jetzt nicht sagen, aber Hauptmann Kessel schien zufrieden. Die Schärfe war aus seinem Blick gewichen und einer Art Besorgnis, nein Angst war darin zu sehen. Er schien in weite Ferne zu blicken und finsteren Gedanken nach zu hängen.
"Hauptmann?"
"Hm, ja, das sollten wir wohl verhindern." Er ging in die Knie und hob das Schwert des Halbelfen auf um es ihm zu reichen.

Sknitshs Augen glänzten. Nur noch wenige Stunden und er würde das Artefakt in den Händen halten. All die Jahre Forschung und Kampf würden sich auszahlen. Die nächste Geheimnisnacht würde das Bild der Welt verändern. Der Schlüssel von Lor`tscha würde ihm Macht bringen, nicht nur über das Tiefenreich der Skaven, sondern auch über die verhassten Menschen. Als Führer des Rats der 13 würde er über sie kommen, schlimmer als die schwarze Pest. Schon jetzt strömte das erste Elite Regiment seiner Armee durch die Strassen von Wiesenbad. Noch schliefen die Menschen doch bald würde das Gemetzel anheben. Auf seinen Befehl hin erhob sich auch der Rest der Skaven Streitmacht aus ihren Senken. Eine schwarze Lawine aus dunklem Pelz und roten Augen rollte auf die verlorene Stadt zu.
Eine schrille Alarmglocke erscholl von den Mauern der Stadt. Endlich hatte man ihren Angriff bemerkt, doch zu spät! Der Graue Prophet lachte meckernd. Nichts konnte die Menschen mehr retten. Die Mauer war gefallen! Sein, alles Sein! All die Macht!
Sknitsch der Grossse!

Kessel und Fraoch waren auf dem Weg zum Goldenen Pferd, als ein gellender Schrei sie aufschreckte. Eine Frau hatte in einer Seitenstrasse, keine dutzend Schritt vor ihnen geschrieen. Sofort eilten die beiden los, und sofort sah Kessel, wie schlecht es um seinen halbelfischen Begleiter stand. Fraoch blieb deutlich hinter ihm zurück und sein rasselnder Atem hatte sich in ein tiefes Keuchen verwandelt. Kessel blieb stehen. Er hatte erlebt, wie ein Kamerad fast eine Stunde nach einem Würge Angriff wie dem des Assasine, erstickt war. Wenn der Schildknorpel verletzt war, konnte die Luftröhre zuschwellen. Kessel war kein Feldscher und er wusste nichts über die Behandlung solcher Verletzungen. Er konnte nur hoffen, dass dieser Mann zäher war, als der alte Tim damals. Er wollte den Elfen stützen, doch der riss sich los und eilte schlurfend voran. Engstirniger Bastard!
Die Beiden ereichten die Ecke fast gleichzeitig. Zuerst sahen sie nur eine fasst zwei Schritt grosse gepanzerte Ratte. Das Monster stand über der blutigen Leiche einer jungen Magd. Der Eimer in dem sie Wasser vom Brunnen geholt hatte lag verschüttet neben ihr und ihr Rock war von dem Wasser durch tränkt. Kessel zog sein Schwert und seine Pistole. Auch Fraoch griff nach seinem Schwert, gab aber nur noch ein Stoß weises Winseln von sich und brach zusammen.
Kessel fluchte.
Er richtete seine Pistole auf die Chaosgestalt, als weitere Bestien hinter der ersten erschienen. Die ganze Strasse wimmelte auf einmal vor Leben als dutzende Sturmratten aus den Seitenstrassen hinter ihrem Kameraden auftauchten. Die ganze Stadt musste von ihnen wimmeln.
Wie konnten sie in die Stadt gelangen?
Warum hatte es keinen Alarm gegeben?
Die erste Ratte lies von ihrer Beute ab und starrte Kessel aus roten, hassverschleierten Augen an.
Ansatzlos schoss die Bestie auf den Soldaten zu. Sie kam drei Schritte weit, bevor Kessels Pistole sie niederstreckte. Der laute Knall der Waffe brach den Bann auch bei den anderen Monstern, die sich nun auf machten Kessel und Fraoch zu zerreissen.
Die Stadt war verloren, nun galt es das Artefakt zu retten. Kessel hatte die Herrschaft der Skaven am eigenen Leib kennen gelernt und er kannte die Macht der Elfen. Ein Grauer Prophet mit solcher Macht, der Gedanke drehte ihm den Magen um. Er warf sich den bewusstlosen Elfen über die Schultern und rannte um sein Leben. Nur am Rand registrierte er das Läuten einer Alarmglocke. Zu spät, armes Wiesenbad, zu spät.

Haberschreck fuhr aus seinem Bett hoch. Etwas hatte ihn geweckt. Da, da war es wieder: Das schrillen einer Alarmglocke. Entsetzen machte sich in ihm breit: Die Skaven kommen. In der Dunkelheit seines Schlafzimmers tastete er nach dem Arm seiner Frau. "Margit, wach auf, Margit, wir werden angegriffen." Margit Haberschreck hatte einen sehr tiefen Schlaf, aber der Bürgermeister schüttelte seine Frau immer heftiger.
"Was ist los Haberschreck!" Margit Haberschreck war eine hagere und harte Frau. Sie hatte eine Hakennase und stechende Augen. Sie besaß darüber hinaus die unheimliche Fähigkeit und Angewohnheit selbst auf wesentlich grössere Personen hinab zu blicken. Sie war sehr oft gereizt, vor allem im Umgang mit ihrem Mann, den sie für einen Versager hielt. Besonders gereizt war sie jedoch wenn man sie mitten in der Nacht weckte. Der oberste Magistrat hatte es nicht leicht mit seiner Frau.
"Wir werden angegriffen!"
"Ja und? Hat dieser Kessel nicht gesagt, wir währen sicher? Schlaf jetzt. Und weck mich nicht mehr." Damit drehte sie sich um und war eingeschlafen.
Aber wie sollte er Ruhe finden? Dort draussen wurde gekämpft! Was wenn die Skaven die Mauern überwanden? Was wenn sie in sein Haus eindrangen? Wie konnte er einschlafen, wenn er vielleicht nie mehr erwachte!
Da, da war doch ein Geräusch. Ganz deutlich an seiner Haustür. Oder nicht?
Haberschreck rutschte auf seinem Bett nach hinten, saß mit dem Rücken an der Wand. Ängstlich zog er die Bettdecke bis unter sein Kinn. Nein er würde heute Nacht keinen Schlaf mehr finden. Zu finster war die Nacht, zu dunkel der Raum, den der halbe Mond nur spärlich erhellte. Dunkle Schatten lauerten in jeder Ecke: Reißzähne und bepelzte Schwänze.
Ein Windstoss lies das halb offene Fenster leise knarren. Haberschreck fuhr zusammen, er war wie gelähmt, unfähig aufzustehen um es zu schließen.
Da ! Wieder ein Geräusch, diesmal von der Treppe. Der Magistrat erbleichte, ihm wurde kalt und heiß. Seine Fantasie zeigte ihm lange Krallen, die über die Dielen seiner Treppe strichen.
Er griff nach der Pistole, die geladen auf seinem Nachtschrank lag und hielt sie mit beiden Händen vor sich. Der Lauf war unsicher auf die Tür gerichtet und zitterte auf und ab.
Ein neuer Windstoss fuhr durch das Fenster und drückte die angelehnte Tür auf.
Haberschreck wollte das Herz im Leib zerspringen! Welche Finsternis hinter der Tür lag. Wie ein aufgesperrter Höllenschlund gähnte vor ihm ein Abgrund tiefster Schwärze. Kein Licht erhellte den Flur und er malte sich aus welche Kreatur dort genau außerhalb seines Blickfeldes auf ihn lauerte.
Er starrte gebannt in die Dunkelheit vor seiner Schlafzimmertür, ständig auf eine Bewegung wartend, auf das Monster das dort gewiss lauerte und sich auf ihn stürzen würde. Seine Hände waren nass vor Schweiß, um ein Haar hätte er die Pistole fallen gelassen. Er konnte seinen Pulsschlag hören und das Blut rauschte in seinen Ohren. Er zitterte am ganzen Körper, war ganz Angst und Entsetzen. Nein, er würde heute nicht mehr Schlafen.
"Schenke Siegmar dieser Nacht ein schnelles Ende und lass mich noch einmal die Sonne sehen!" Wimmerte er.
Endlich eine Bewegung, zwei glühende Augen im Flur, ganz deutlich.

Als die Sturmratte den Raum betrat war der kleine Mann schon tot. Sein Herz hatte einfach aufgehört zu schlagen.


Kessel rannte so schnell er konnte. Das gewicht des Ohnmächtigen Elfen drückte ihn ganz schön nieder, aber er wusste, das noch mindestens zwei Ratten hinter ihm her waren. Seine Lunge pfeifte wie ein defekter Teekessel und er wusste er würde ihnen nicht davon laufen können. Früher vielleicht, heute nicht mehr.
"Ich bin zu alt für diese Scheisse!"
Knurrte er, lies den Halbelf von seiner Schulter gleite, zog sein Schwert und erwartete die Sturmratten.
Die erste griff mit gesenktem Speer an und wollte ihn ohne zu bremsen durchbohren. Kessel sprang zur Seite und schlug von oben auf die Spitze der Stangenwaffe. Der Speer bohrte sich in den Boden und zerbrach als sich die Ratte überschlug.
Die zweite Kreatur warf sich mit dem Schild voran auf den Hauptmann. Kessel wich erneut aus und stieß der vorbeirauschenden Ratte sein Schwert zwischen die Rippen. Er war schon immer sehr stolz auf seine Beinarbeit gewesen. Auch als der erste Skaven wieder auf die Beine kam und einen hässlichen langen Dolch zog, gab Kessels tileanischer Stil den Ausschlag.
"Komm nur her du Missgeburt!" knurrte er.
Die Sturmratte schlug zu und Augenblicke später landete ihre abgetrennte Schwerthand auf dem Pflaster. Ein letzter Ausfall und Kessels Schwert durchbohrte die Kehle des Monsters.
Schwitzend und stöhnend stand er über seinem Opfer. Inzwischen schmerzte ihm jeder Knochen im Leib.
"Dieses Rumgehopse ist was für die Jugend. Was ich brauche ist noch eine Pistole!"
Er nutzte die Verschnaufpause um seine Pistole schussbereit zu machen, lud sich dann den Elfen auf die Schulter um sich erneut auf den Weg zu machen.
"Halte dir immer einen Ausweg offen" hatte sein Mentor immer gesagt. Das war ein sehr kluger Rath und auch wenn Hauptmann Kessel bei Gott kein Feigling war, so hatte er auch hier für einen Ausweichplan gesorgt. Eigentlich sollten auf diesem Weg Boten und VIPs die Stadt verlassen, aber für all dies war es inzwischen zu spät und den einzigen VIP schleppte Er auf seinem Rücken.
Wiesenbad schmiegte sich an im Osten und Nordosten an die Steile Böschung einer Hügelkette. Aus dieser Böschung entsprang ein unterirdischer Bach, der sich in den Dorfweiher ergoss. Kessel war dem Bach einige hundert Meter in den Berg gefolgt und hatte etwas gefunden was er für einen Teil des alten unterirdischen Wegenetzes der Zwerge hielt. Er wusste nicht, was die Zwerge in den Siegmarverlassenen Stirhügeln gesucht hatten, aber er hoffte, dass dies sein Fluchtweg sein konnte. Und er hoffte, dass der verfluchte Elf nicht vorher verreckte.
Es war ein verdammter Kampf den ohnmächtigen Fraoch aus dem Boot in den Bachtunnel zu hieven. Jetzt musste er ihn nur noch zweihundert Meter durch das Knöcheltiefe Wasser schleifen und das auf seinen eigenen Knien, da der Tunnel nur einen Knappen Meter hoch war. "Ich hoffe du bist das alles wert Spitzohr, und wag es bloß nicht mir hier zu sterben!"
Durch einen gemauerten Ring in der Decke gelangten sie in eine relativ grosse Kammer, deren Felswände glatt gearbeitet waren und deren Boden mit einer Art Granitfliesen ausgearbeitet war. Kessel vermutete, dass auch die Zwerge die unterirdische Quelle als Brunnen nutzten.
Der Raum war stockdunkel und Kessel entzündete eine der Laternen die er hier deponiert hatte. Außerdem lagerten in dem kleinen Raum Vorräte und Ausrüstung für einen Trupp von bis zu fünf Flüchtlingen. Der Hauptmann beschloss erstmal hier zu rasten. Er machte Feuer in einem alten Zwergen Kamin (Er hatte auf dem Hügel nach dem Schlot gesucht, aber nichts finden können, nicht mal aufsteigenden rauch. Er wusste nicht, wie die Zwerge das gemacht hatten, aber es funktionierte.) und zog sich trockene Kleidung an. Dann machte er sich daran den Elfen trocken zu legen.
Noch atmete er, aber sein Hals war böse geschwollen. Kessel half ihm so gut er konnte, aber eigentlich konnte er nur warten. Nach einer Weile schlief auch er erschöpft ein.

Zweites Kapitel

Fraoch erwachte in einer düsteren, gemauerten Kammer. Sein Mund war knochentrocken und jeder Muskel seines Halses schmerzte als habe er versucht einen Schwarzork auf seinem Kopf zu balancieren. Langsam hob er den Kopf um sofort von überwältigendem Schwindel zu Boden gedrückt zu werden. Übelkeit stieg in ihm auf und tausend eisige Nadeln stachen in seine Schläfen. Stunden lang dämmerte er dahin, halbwach, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Dann endlich kam nach und nach sein Bewusstsein zurück. Und mit ihm kamen die Fragen. Wo war er? Was war geschehen? Er erinnerte sich an Skaven innerhalb der Mauern. An einen Hinterhalt und an einen schweren Kampf. Warum tat sein Hals so weh?
Speichel sammelte sich in seinem Mund, troff ihm von den Lippen. Er wollte schlucken, aber sein Rachen war wie gelähmt. Jetzt schmerzte jeder Atemzug, als habe man seinen Hals mit Sandpapier ausgerieben. Er schmeckte das metallische Aroma von Blut.
Wiesenbad? War die Stadt verloren? Ein Skaven hatte ihn gewürgt! Das war früher gewesen und dann? Flucht? Er war zu sich gekommen als er durch einen langen feuchten Tunnel gezogen worden war. Waren sie aus der verlorenen Stadt geflohen?
Der Halbelf richtete sich auf. Wieder wurde ihm schwindelig, aber er konnte die Verwirrung und die aufkommende Übelkeit niederringen. In der Mitte der quadratischen Kammer war eine Art Brunnen und an der Wand dahinter ein Kamin in dem die letzten Reste eines Feuers verglühten. Die Glut war die einzige Lichtquelle im Raum, aber sie reichte seinen guten elfischen Augen um sich ein Bild von der Kammer zu machen. Auf den Sims über dem Kamin waren zwergische Runen geprägt. In einer anderen Ecke des Raumes waren einige Kisten und zwei Fässer gestapelt. In der Wand zu seiner linken, also direkt gegenüber dem Kamin war ein niedriger Türbogen eingelassen. Dieser Durchgang wurde durch eine massive Eisentür versperrt. Vor dem Kamin lag eine menschliche Gestalt hingestreckt.
Hauptmann Kessel schlief in seinem Wams und seinen Stiefeln. Fraoch trat näher und schaute sich den alten Soldaten genauer an.
Seine Statur lies auf noch immer große Kraft schließen und der Veteran hatte sich nicht genug Luxus gegönnt um einen Bauch an zu setzen. Die angegrauten Haare und die zerfurchte Stirn gaben ihm einen Anschein von Weisheit und Lebenserfahrung. Die Wettergegerbte Haut und die Narben erzählten von den langen Jahren des Söldnertums. Über dem rechten Auge prangte ein schlecht verheilter drei Zentimeter langer Riss. Darunter auf der Wange waren drei vernarbte Striemen die an die Krallen eines Tieres gemahnten. Eine Dritte große Narbe zierte das markante Kinn auf der linken Seite. Darüber hinaus hatte an fast jedem freiliegenden Flecken Haut eine verheilende Wunde Spuren hinterlassen. An den Handgelenken sah Fraoch die charakteristischen Spuren lang getragener schwerer Eisenketten. Das Gesicht des Hauptmanns strahlte auch im Schlaf eine verwegene Entschlossenheit aus und wenn er an den stahlharten Blick des Mannes dachte erkannte er dass hinter diesem Menschen ein starker Wille stand. Ein starker Wille, aber eben nur für einen Menschen.
Aber Wiesenbad hatte wieder einmal das Versagen dieser schwachen Rasse gesehen. Wieder hatte Fraoch Freude verloren. Menschen waren einfach zu schwach, zu kurzlebig. Johan und Heinerich waren tot. Sie waren nicht stark genug gewesen. Er musste an die Verzweiflung seines Vaters denken, als seine große Liebe, für die er sich über alle Konventionen hinweg gesetzt hatte, vor ihm verwelkt und gestorben war. Wenn Fraoch an seine Mutter dachte spürte er nur Mitleid - fast.
Und nun lag das Schicksal der Bru´encha wieder in der Hand eines Menschen. Wenn diese Aufgabe erfüllt war würde er den Gefilden der Menschheit für immer den Rücken zukehren. Zu seinem Glück hatte er mehr von seinem Vater als seiner Mutter geerbt. Unter Menschen zu leben war zu anstrengend, demütigend und schmerzhaft.
"Hauptmann Gustav Kessel ich wünsche ihnen mehr Glück als die anderen."

Kessel erwachte frisch und ausgeruht. Zu seinem erstaunen war Fraoch schon wach. Der Hals des Halbelfen war grün und blau angelaufen und der Abdruck der Garotte war noch immer deutlich zu sehen. Er hatte sich um das Feuer gekümmert und in einem Topf etwas von dem gebunkerten Proviant erhitzt. Das war gut, den Kessel war hungrig wie ein Ork.
"Guten Morgen. Ich danke ihnen für meine Rettung."
Die Stimme des Elfen klang schrecklich. Sie war nicht mehr als ein röchelndes Flüstern. Aber immerhin lebte er noch.
"Guten Morgen. Ihr habt gekocht? Nun ich denke dann sind wir quitt!" Kessel grinste gierig und rieb sich die Hände.
Fraoch hob eine Augenbraue, lächelte dann aber ebenfalls. "Ihr habt lange geschlafen, ich dachte mir dass ihr hungrig seid."
Fraoch füllte ihre Teller mit Bohnen und Speck und sie aßen schweigend.
"Was jetzt, ich meine, wo wollen sie hin mit diesem…Artefakt?" Brach Kessel ihr Schweigen.
"Das hängt erstmal davon ab, wo wir überhaupt sind." Entgegnete der Halbelf zwischen zwei bissen.
Kessel stand auf um sich seinen Teller erneut zu füllen.
"Wir sind im Wegenetz der Dawi. Sie scheinen die Quelle Wiesenbads als Brunnen benutzt zu haben. Ich habe diesen Rastplatz vor der Belagerung mit Ausrüstung und Proviant versorgen lassen. Für Fälle wie diesen."
"Sehr weitsichtig."
"Ein alter Söldner Grundsatz, sich immer eine Option offen zu halten, wenn sich das Geld zu schwer verdient." Aus Kessels Stimme sprach tiefer Zynismus.
"Der Verlust Wiesenbads geht ihnen sehr nah."
Der Veteran schnaubte und er deutete mit einer fahrigen Geste nach oben.
"Dort sind 5000 Menschen dem Wohlwollen der Skaven ausgesetzt, fünftausend für die ich die Verantwortung hatte!" Er lies sich an der Wand zu Boden sinken, stellte seinen Teller ab und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare.
"Ich habe es immer gehasst für Zivilisten Verantwortung zu übernehmen und ausgerechnet dann als ich mich zur Ruhe setzen wollte, muss ich bei der Verteidigung einer ganzen Stadt versagen."
Fraoch schaute den Menschen lange über seine Schüssel hinweg an, dann lies auch er das Geschirr sinken und sprach:
"Es war nicht eure Schuld. Die Skaven kamen in die Stadt ohne Dass die Wachen Alarm schlugen. Ich bin sicher, dass Verrat im Spiel war. Irgendwer" - irgend ein Mensch - "hat sich kaufen lassen und für ein paar Silberlinge die ganze Stadt ans Messer geliefert."
Kessel blickte auf und in seinem Blick lag abgrundtiefer Hass: "Sollte ich den Schuldigen jemals zu fassen bekommen werde ich ihn bezahlen lassen."


Hauptmann Kessel hatte sich an den Vorräten neu ausgerüstet. Er trug nun ein schweres Lederwams, auf dem vorne und hinten in vier Reihen Eisenringe genäht waren. Die Kurzen Ärmel waren mit Nieten verstärkt. Darunter trug er ein grobes Leinenhemd. An den Unterarmen trug er zwei kleine Dolche in Spezialhalftern, die durch weite lederne Stulpenhandschuhe, wie sie im Reich gerade Mode waren verdeckt wurden. Er hatte sich darüber hinaus für weite Hosen aus widerstandsfähiger und grober, schwarzer Wolle entschieden. An den Füssen trug er nach wie vor seine schweren Militärstiefel. Über seine Brust zog sich der Trageriemen seiner schweren Wandertasche. An der linken Hüfte hing sein langes tileanisches Schwert und rechts steckte seine Pistole im Halfter.
So gerüstet würde er mit Fraoch zusammen versuchen, die Skaven durch das unterirdische Wegenetz zu umgehen. Sie würden sich nach Westen halten um in Altdorf oder Marienbad schließlich ein Schiff für Fraoch zu finden. Der Träger des Schlüssels von Lor`cha hatte beschlossen dieses Artefakt zu seinen Ursprüngen nach Ulthuan zurück zu bringen und Kessel würde nicht von seiner Seite weichen, bis er ihn auf irgendeinen Elfensegler gesetzt hatte.
Fraoch trug noch immer seine Elfenkleidung. Eine grüne Hose und ein weißes Hemd aus jenem geheimnisvollen Stoff der, obwohl leicht wie Seide, warm war wie ein Fell und gleichzeitig luftig wie ein Hemd. Nur einen grünen Jagdumhang hatte er angenommen um sich vor regen und Wetter zu schützen. Natürlich trug er noch immer sein leichtes Kettenhemd, aber bewaffnet war er nach wie vor nur mit seinem elfischen Schwert. Diese Klinge hatte Kessel schwer beeindruckt. Der Griff der Waffe war wie der Leib eines Drachen geformt, dessen angewinkelten Beine den Knauf bildeten und dessen eingerollter Schwanz einen kleinen roten Edelstein umschloss. Die ausgebreiteten Schwingen des Drachen bildeten die Parierstange. Die Proportionen der Kreatur waren kunstvoll verzerrt um die jeweiligen Aufgaben der Waffenteile nicht zu behindern und so war auch der Kopf des Drachen im vergleich zu den Schwingen vergrößert, aber all das ohne den perfekten Eindruck des Kunstwerkes zu stören. Denn Kopf des Drachen hielt die Klinge des Schwertes und die war auf einen Spann Länge wie die Zunge der mystischen Kreatur geformt. Der Hauptmann hatte nie eine perfektere Waffe gesehen und das, obwohl er selbst in Besitz einer der besten Klingen der Menschheit war. Sein Schwert war aus Tolenostahl geschmiedet und Herzog Umberto von Toleno hatte es ihm persönlich für die Errettung seines Erben geschenkt. Die Klinge hatte sogar einen Namen. Einen Frauen Namen natürlich, den schließlich war der Schmied Tileaner. Aber trotzdem war seine Waffe im Vergleich zu dem Schwert des Halbelfen ein reines Werkzeug.
Sie hatten ihre Sachen in zwei schwere Wandertaschen gepackt und machten sich auf den Weg. Sie hatten einige Mühe die kleine Stahltür zu öffnen die ihnen den Weg in das unterirdische Reich der Dawi versperrte, aber mit vereinten Kräften und einer Brechstange schafften sie es. Dahinter lag eine T-förmige Kreuzung. Die gemauerten Gänge waren breit genug für einen Karren und auch hoch genug für ein Fuhrwerk. Alles in allem eine Beeindruckende Konstruktion, wenn man bedachte welche Strecken diese Wege überbrückten. Der Weg nach Westen führte sie unter den Trümmern Wiesenbads hindurch. Dieser Tunnel bildete zunächst eine Art Rampe um unter das Bodenniveau der Stadt zu gelangen. Sie folgten dem Tunnel einige hundert Meter, Kessel vermutete dass sie sich ungefähr in Richtung der südlichen Befestigungen bewegten, als sie unvermittelt vor einer Mauer standen. Der Tunnel war nachträglich zu gemauert worden, aber mit einem Handwerklichen Geschick, das dem der Erbauer glich.
Kessel hob seine Laterne etwas an und drehte den Docht etwas höher um mehr erkennen zu können.
"Da," Fraoch zeigte auf eine Stelle in der Mitte der Mauer. "Zwergen Runen."
Kessel betrachtete die Stelle. Auf einem großen Steinquader waren eine Reihe von Runen eingemeißelt.
"Eine Warnung der Dawi!" Sagte er schließlich.
"Ihr könnt zwergisch lesen?" Fraoch klang mehr als verwundert und hatte die Augenbrauen zweifeln nach oben gezogen.
"Nur ein paar rudimentäre Zeichen. Seht: Thagi steht für einen Verräter, Umgi ist ein Mensch und dieses Zeichen solltet ihr selbst lesen können." Kessels Hand war eine Reihe von Runen entlang gefahren und zeigte nun auf das letzte Zeichen in der Reihe. Und ja Fraoch kannte es.
Es stand für eine Grenze, die kein Gesunder Mensch überschreiten sollte. Es stand für Versprechungen die viele in den Wahnsinn getrieben hatten und die noch immer eine zu große Versuchung für die Schwachen und Machtgierigen war. Es stand für die Nemesis der Magier, für den Veränderer der Wege.
Es stand für Tzeentch.

"Nun ich denke das gibt uns einen guten Hinweis darauf wer die Stadt verraten hat."
Kessels Stimme klang eisig.
"Was meinen Sie?"
"Nun, wir müssten uns im Bereich der Südbastion befinden, also bei den alten Verließen. Und das ist das Gebiet Furchmars, des Zauberers."
"Eines Chaosanbeters." Schloss Fraoch. "Ein weiterer gefallener Mensch. Ihre Spezies ist so schwach, durch solcheVerräter wird das Chaos am Ende Obsiegen!"
Kessels Hand schoss vor wie eine Kobra und ehe Fraoch begriff was los war hatte der Hauptmann ihn an der Kehle gepackt, angehoben und drückte ihn an die Wand. Geschwindigkeit und Kraft dieser Bewegung straften das Alter des Veteranen lügen.
"Ich habe mehr gute Männer im Kampf gegen das Chaos sterben sehen als ich zählen möchte" zischte er "Und ich sah junge Männer, die noch keinen Flaum am Kinn hatten mit Mistgabeln gegen Kreaturen antreten, die sich nicht der Alptraum eines siechen Priesters ausmalen könnte. Nur um ein karges Stück Land zu verteidigen, das sie Heimat nannten, irgendwo in Kislev, der Ostmark oder sonst wo in der alten Welt. Also behalte deine Ansichten besser für dich Halb-Elf!" damit lies er den Elfen los.
Fraoch erkannte, dass Kessel am Ende seines Weges war. Die Ereignisse seines ungewöhnlich langen Söldnerlebens drohten ihn auszubrennen und er wusste es. Deshalb hatte er sich in Wiesenbad niedergelassen: er hatte seine Gleichgültigkeit verloren.
Er war zu alt für diesen Scheiß.
Unterdessen hatte Kessel begonnen die Mauer mit seinem Brecheisen zu bearbeiten und brach mühevoll Stein und Stein aus dem Mauerwerk.
"Was habt ihr vor" Fraoch Stimme war noch immer nur ein Flüstern und der raue Angriff des Menschen hatte die Sache nicht verbessert.
"Das mit eurem Hals tut mir leid." So schnell er explodiert war, so schnell hatte er seine Ruhe wieder gefunden. "Ich werde den Hexer zur Rechenschaft ziehen. Außerdem ist er im Weg."
Eigentlich war es Fraoch zuwider seine Mission durch einen Chaos-Hexer zusätzlich zu gefährden, aber bei Tzeentch wusste man nicht ob er nicht längst selbst hinter dem Schlüssel her war. Also holte er Hammer und Meißel aus seiner Tasche und machte sich ebenfalls an die Arbeit.
Sie waren fasst eine halbe Stunde beschäftigt, ehe sie das erste Mal die Wand durchbrachen. Hinter dem kleinen Loch lag vor allem tiefe schwärze und soweit Fraoch blicken konnte setzte sich der Tunnel einfach fort.
"Es ist Verboten und äußerst töricht die Warnungen der Dawi zu missachten!"
Die Stimme kam von direkt hinter den zweien. Es war ein tiefes Grollen mit einem unheimlichen Nachhall der einem kalte Schauer über den Rücken jagte.
Langsam drehten Fraoch und Kessel sich um. Fünf Schritt vor ihnen standen drei Zwerge im Tunnel. Alle drei trugen schwere Rüstungen und Helme mit Visier. Nur der Zwerg in der Mitte trug anstatt eines Helmes eine Art Maske, die in Gold auf schwarz das stilisierte Gesicht eines Dawi darstellte. Auch der Rest seiner Rüstung war in schwarz gehalten und zeigte goldene Ornamente. Er war der Anführer keine Frage. Aber noch etwas war besonders an der Erscheinung des Zwerges. Während seine Begleiter die typische bauchig untersetzte Statur ihrer Rasse hatten, wirkte dieses Exemplar fasst athletisch. Natürlich breitschultrig und klein, aber irgendwie athletisch. Dennoch hielt er, genau wie seine Begleiter, die zweihändige Waffe, in seinem Fall eine Axt nach Art der Norsca-Zwerge, locker und entspannt.
"Es ist selten einen Menschen in den Tunneln meines Volkes zu treffen." Es war die Maske, die der Stimme des Sprecher diesen unheimlichen klang verlieh. "Noch dazu zweimal denselben
Für einen Augenblick entgleisten Kessels Gesichtszüge zu einem undeutbaren Ausdruck zwischen Erstaunen, Verwunderung und Ungläubigkeit, dann kniff er die Augen zusammen und fixierte den Zwerg: "Ogar Nordaxt!" Rief er schließlich.
"Gustav Kessel!"
Beide stimmten ein herzhaftes Lachen an, gingen aufeinander zu und begrüßten sich innig.
Fraoch hatte die Szene mit erstaunen und offenem Mund verfolgt. Der Hauptmann hatte in seinem kurzen Menschenleben scheinbar noch mehr erlebt als er ihm ohnehin zugetraut hätte. Ein echter Freund der Dawi! Davon gab es nicht wirklich viele.
"Nun alter Freund" fuhr der Zwerg fort. Er hatte die Maske nach oben geschoben, die nun wie ein flacher Helm auf seinem Kopf saß. Darunter war das Gesicht eines Zwerges in den mittleren Jahren zum Vorschein gekommen. Sein Bart war pechschwarz und zeigte nur vereinzelt graue Strähnen, aber sein Gesicht war hager für einen Zwerg. Umso auffallender war deshalb die dicke Nase, die das ganze Gesicht zu dominieren schien.
"Was führt dich zurück ins Reich meines Volkes und wer ist der Bartscherer der dich begleitet?"
"Das ist Fraoch Eichenforst aus dem edlen Haus er Bru`encha." Fraoch machte eine ansatzweise Verbeugung.
"Und das ist Ogar Nordaxt, Klanherr des Axtbergtals." Der Zwerg nickte dem Halbelf zu.
"Wenn er mit dir unterwegs ist Gustav, ist er in Ordnung. Aber erzähl weiter."
"Der Magier hinter dieser Mauer, alter Freund, hat die Stadt Wiesenbad verraten und den Skaven in die Hände gespielt." Bei der Erwähnung der Rattenmenschen verfinsterte sich das Gesicht des Zwerges. "Ich hatte die Verantwortung für die Stadt und nun muss der Chaoshexer büßen."
Der Zwerg zog die Maske zurück ins Gesicht fasste seine Axt mit beiden Händen und schritt auf die Mauer zu. "Worauf warten wir dann noch!"

Hinter der Mauer war es genau so dunkel, wie es überall unter der Erde ist. Dennoch hatte Kessel den Docht seiner Laterne so weit runtergedreht wie möglich. Der Gang sah aus wie die anderen Zwergentunnels, mit einer Ausnahme: Es war feucht. An den Wänden lief ein steter leiser Wasserfilm und am Boden hatten sich mehrere Pfützen gebildet. Der Boden und die Wände waren mit glitschigem Moos überwachsen und in der ferne hörte man Wasser in die Lachen tropfen. Alles hier wirkte verwahrlost. Sie gingen langsam und möglichst leise. Zwar hatten sie sich eben mit Meißel und Brecheisen durch die Wand gearbeitet, doch sie wollten die winzige Chance dennoch unentdeckt geblieben zu sein nicht aufs Spiel setzen. Ogar führte sie an, gefolgt von seinen Zwergen Kameraden. Dann erst kam Kessel, denn er war durch sein schlechtes Sehvermögen geschwächt. Den Abschluss bildete Fraoch um nach hinten zu decken. Nach wenigen Schritten merkten sie das immer mehr Steintrümmer und Erde auf dem Boden lagen. Die Menge des Schuttes nahm weiter zu, bis sie vor einem großen Loch in der Decke des Tunnels standen. Das Wasser floss hier in kleinen Bächen aus der Öffnung und hatte eine beachtliche Lache darunter gebildet.
"Habt ihr ein Seil?" Fragte Ogar halblaut.
"Fraoch hat eines im Rucksack." Antwortete Kessel.
"Ich mach das schon." Mit diesen Worten nahm der Halbelf das Seil aus seiner Tasche und band seine Brechstange an einem Ende fest. Dann stellte er sich unter die Öffnung und warf mit einer einzigen fließenden Bewegung den improvisierten Wurfanker nach oben. Das Geräusch der Brechstange auf dem Boden war erstaunlich leise und gedämpft und als Fraoch an dem Seil zog kam ihm eine Hand voll verfaultem Stroh entgegen, bis sich die Stange verkantete.
"Das müsste halten" sagte er und war im nächsten Moment in der finsteren Öffnung verschwunden.
Als nächstes kletterte Ogar behände an dem Seil hoch, gefolgt von seinen Gefolgsmännern. Die Zwerge waren sichtlich nicht begeistert davon in voller Rüstung ein Seil erklimmen zu müssen, schafften es jedoch mit einiger Anstrengung. Kessel war beeindruckt. Er konnte sich keinen Ritter vorstellen, der in schwerer Rüstung noch solche Turnübungen vollbrachte.
Er ging also als letzter und zog die Laterne am Seil hinter sich hoch. Der Raum in dem sie sich nun befanden sah aus wie eine ehemalige Kerkerzelle. Der ganze Boden war mit altem Stroh und Exkrementen bedeckt. Und es war feucht.
Die Konstruktion der Menschen musste den Grundwasserspiegel durchstoßen haben ohne über eine angemessene Isolierung zu verfügen. Das gesamte Mauerwerk hatte sich voll gesogen und mit der Zeit musste der Boden über dem Zwergentunnel nachgegeben haben.
Für einen Augenblick kam Kessel der absurde Gedanke die Zwerge hätten diesen Tunnelabschnitt nicht wegen der Bedrohung durch den Chaoshexer versiegelt, sondern um ihre Konstruktion vor dem Eindringen des Sickerwassers zu schützen.
Ogar gab ein Grunzen von sich, als Zeichen das sie endlich weitergehen sollten. Diesmal bildeten die beiden Clanzwerge den Abschluss. Die Tür zu ihrer Zelle war genau so verrottet, wie der Rest und gab unter dem Druck den der Zwerg auf sie ausübte rasch und leise nach.
Hinter der Tür erstreckte sich eine ungefähr vierzig Schritt lange Zellenflucht. Die Decke war niedrig und es roch modrig. Kessel stellte erstaunt fest, dass die anderen Zellentüren in fabelhaftem Zustand waren. Er blieb vor einer davon stehen und lauschte. Ein lautes gleichmäßiges Schnauben war zu hören. Irgendetwas schien hier zu schlafen. Etwas sehr Grosses.
Er folgte den Anderen und sie kamen an eine Art Wachraum. Drei solcher Zellentrakte stießen hier zusammen und an der Hinterwand des Raumes führte eine Wendeltreppe nach oben. Dort wo früher die Wachen gesessen hatten lagerten nun große Mengen an Futter: Getreide, faules Obst, aber vor allem Fleisch. Was auch immer hinter den Türen des Verlieses schlief, es fraß eine Menge rohes Fleisch.
Fraoch und Ogar lauschten kurz in die anderen Gänge, aber als sie nichts hörten machten sie sich daran die Wendeltreppe zu erklimmen. Oben angekommen blieb der Zwerg wie angewurzelt stehen. Dieses Stockwerk war genau so aufgebaut, wie das darüber liegende.
"Da kommt wer!" Zischte er.
Kessel schloss sofort die Blende seiner Laterne und war augenblicklich blind. Nicht ganz. Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und nun konnte auch er den feinen Schimmer einer Laterne aus einem der Seitengänge sehen. Dann hörte er auch Schritte und ein leises unbekümmertes Pfeifen. Im nächsten Moment trat Gurdon der Lehrling des Magiers aus dem Gang. Wie versteinert blieb der Junge Mann für einen Augenblick stehen, als sein Blick auf den schwer bewaffneten Zwerg fünf Schritte vor ihm fiel. Dann wirbelte er herum und rannte den Weg zurück, den er gekommen war. Ogar schoss ihm hinterher, aber zu spät: Gurdon hatte die erste Tür des Flures bereit aufgerissen und war weiter gerannt. Auch der Zwerg währe an der offenen Tür vorbeigeeilt, doch ein schrecklicher Schrei, der durch die Wand drang lies ihn schlitternd zu stehen kommen. Das Geräusch klang nach dem Laut einer gequälten Echse oder dem Schrei eines Riesenvogels. Jedenfalls war er entsetzlich laut und lies den Gefährten das Blut in den Adern gefrieren. Das was dem Schrei aus der Tür folgte war die perfekte Kreatur aus Tzeentchs Alpträumen. Beine und Körper glichen einem drei Meter großen Laufvogel. Das Monster hatte auch einen riesigen und anscheinend scharfen Schnabel, aber statt Flügeln hatte es muskulöse Arme die in Krallenbewährten Klauen endeten. Seine Haut glich der eines Riesensalamanders und war schwarz bis auf zwei leuchtend gelbe Flecke auf dem Rücken der Bestie.
"Zurück!" Rief der zwergische Clanherr und die Gruppe zog sich langsam in die Wachstube zurück. Das Monster jedoch fixierte Ogar mit seinen Vogelaugen und ansatzlos schoss der Schnabel auf den Zwerg zu. Die Bewegung war so plötzlich und schnell, dass kein Mensch ihr hätte ausweichen können. Der Zwerg jedoch hatte es geschafft seine Axt hoch zu reißen und den Kopf der Bestie mit der Breitseite getroffen. Aufschreiend fuhr der Kopf zurück.
"Macht dass ihr weiter kommt! Gondreck, Ragor und ich, wir halten das Biest auf! Ihr müsst den Zauberer finden und töten! Wer weiß was der Bengel noch alles frei lässt!"
Kessel wollte dem Zwerg widersprechen. Er wollte ihn nicht allein lassen im Kampf gegen diese Monstrositäten, aber erstens war Fraoch schon auf dem Weg zur Treppe und zweitens hatte der Zwerg recht: Sie durften dem Zauberer nicht genug Zeit lassen sich auf ihr kommen vor zu bereiten. Also warf er einen letzten Blick auf den Zwerg, der bereits mit erhobener Axt auf die Chaosbrut eindrang, und folgte dem Halbelf die Leiter nach oben.

Ischika war sehr zufrieden. Nachdem die Skavenhorde jeden Stein in Wiesenbad abgetragen hatte ohne auch nur eine Spur des Elfen zu finden hatte der graue Prophet Sknitsh eine hohe Belohnung auf den Kopf von Fraoch Eichenforst ausgesetzt. Zwar hatte Ischika ein paar wertvolle Mitarbeiter verloren, aber mit dem Geld aus der Belohnung würde er diesen wertlosen Abschaum mehr als ersetzen können. Und er würde sich diese Belohnung holen.
Ischika der Meisterassassine hatte nämlich noch ein Ass im Ärmel.
Leise vor sich hin kichernd ging er zu seinem Zelt. Die ihm verbliebenen acht Gossenläufer warteten davor auf ihn, aber er ging an ihnen vorbei als habe er sie gar nicht gesehen. Er hatte wichtigeres zu tun. Er ging direkt auf die Rückwand seines Zeltes zu. Dort lag ein kleiner Käfig, verborgen durch eine raffinierte doppelte Zeltplane. Er öffnete den Käfig und nahm behutsam ein kleines Menschenkopf großes, rotes Wesen daraus hervor. Das kleine Ding schien nur aus Beinen und gigantischen Nasenlöschern zu bestehen.
Ischika streichelte seinen Liebling liebevoll und hielt ihm etwas vor die Nase, das wie eine skavische Ledergarotte aussah.
"Hier kleiner Schnüffel! Such! Such!"
Er setzte das kleine Tier auf den Boden, wo es hörbar Luft einzog und für kurze Zeit fast auf das doppelte seiner eigentlichen Größe anwuchs.
"Ja, such den Elfen! Such! Such!"
Ischika hatte beim Züchterclan einen horrenden Preis für den Schnüffelsquig gezahlt. Nun würde sich zeigen ob sich die Investition gelohnt hatte.
Langsam und leise hechelnd setzte das kleine Biest sich in Bewegung, erst leicht schwankend und im Zickzack, dann aber immer schneller und in eine Richtung. Vor dem Zelt blieb es erneut kurz stehen, schien sich zu orientieren und zog dann los Richtung Wiesenbad.
Ischika winkte seinen Untergebenen ihm zu folgen. Und so führte das kleine Wesen sie immer weiter in die Ruinen, bis sie schließlich an den Stadtweiher kamen. Dort blieb der Squig japsend stehen.
"Hier her sind sie gegangen Schnüffel? Bist du sicher? Über dieses Wasser?" Ischika drehte sich zu seinen Leuten um:
"Ihr da! Was steht ihr noch so nichts tuend herum? Sucht mir ein Boot! Los! Los!"

Hinter der nächsten Biegung der Wendeltreppe wurde Fraoch und Kessel der Blick in das Stockwerk von einem schweren roten Vorhang verdeckt. Da der Elf voran ging zog er den Vorhang vorsichtig ein Stück zur Seite. Und erlebte eine Überraschung. Er hatte mit einem weiteren Verlies gerechnet, blickte stattdessen aber in eine gut und vornehm eingerichtete Praxis.
Denn genau so sah es aus, wie die Praxis eines wohlhabenden Heilers der vornehmen Familien des Reiches. In der Mitte des Raumes stand ein großer Schreibtisch, aus edlem lustrianischen Holz. Dahinter stand ein hochlehniger ledergepolsterter Stuhl, davor zwei kleinere Exemplare. An den Wänden standen deckenhohe Regale, in denen entweder Bücher oder Flaschen, Tiegel und Phiolen verschiedenster Art und Farbe standen. Hinter dem Schreibtisch, direkt neben der Treppe, hing ein großes Porträt Furchmars.
Kein Zweifel, sie befanden sich im Erdgeschoss des Turmes und dies war das Sprechzimmer des Zauberers. Hier hatte er die Reichen und Mächtigen der Stadt empfangen und ihnen Tränke und Pasten gegen ihre Probleme und Leiden verkauft.
Hier gab es nichts Interessantes für sie und deshalb hielten sie sich nicht weiter auf. Wenn dieser Turm genau so aufgebaut war wie der Nordturm, dann hätten sie nun noch drei Stockwerke vor sich und das Dach natürlich. Langsam und leise erklommen sie nun weiter die Wendeltreppe. Durch eine Schießscharte fiel dämmeriges Morgenlicht in das Treppenhaus. Dankbar löschte Kessel die Laterne und stellte sie ab. Sie hatte ihn nur behindert, und durch das Licht des anbrechenden Tages brauchte er sie nicht mehr. Stattdessen zog er die Pistole aus seinem Halfter.
Auch das nächste Stockwerk hielt keinen Chaoshexer für sie bereit. Es schien vielmehr eine Art Wohnbereich zu sein. Ein altes schweres Bett stand auf der einen Seite des Raumes, davor eine einfache Liege für den Lehrling. Auf der anderen Seite standen ein einfacher Tisch und ein kleiner Herd. An der stadtabgewandten Seite führte eine kleine Tür zum Abort und der Treppe gegenüber war ein großer Kamin in der Wand eingelassen. Alles hier war schlicht und leicht verwahrlost und zeugte davon, wie wenig Aufmerksamkeit der verrückte Magier seinen körperlichen Bedürfnissen widmete.
Das vorletzte Stockwerk war die Werkstadt des Zauberers, oder sein Labor. Fraoch warf einen kurzen Blick hinein, schüttelte dann aber seinen Kopf und meinte: "Seht besser nicht dort hinein, Hauptmann. Das ist kein Anblick für einen geistig Gesunden, sei er Mensch oder Elf oder sonst was. Und was wir suchen ist nicht dort!" Kessel zögerte einen Augenblick, entschied dann aber das der Halbelf recht hatte, auch wenn er einen Augenblick schmunzeln musste. Wenn dies kein Anblick für einen geistig Gesunden war, bezweifelte er nicht, das Fraoch es ertrug. Doch seine Heiterkeit verflog so schnell wie sie gekommen war, denn nun lag nur noch ein Stockwerk vor ihnen. Gleich würden sie unweigerlich dem Zauberer entgegen treten und es würde sich entscheiden ob er Wiesenbad rechen würde, oder ob auch er hier sterben würde.
Noch vorsichtiger als zu vor schlichen sie Stufe für Stufe der obersten Turmkammer entgegen. Ein leichter Ozongeruch drang an ihre Nasen und mit jeder Stufe stieg ein leichtes Schwindelgefühl in Kessel auf. Endlich standen sie vor einer schweren Eichentür. Neben ihnen führte die Treppe weiter auf die Zinnen des Turmes, aber sie konnten spüren dass ihr Ziel hinter dieser Tür lag. Irgendetwas lag in der Luft. Es war der Geruch gewaltiger Magie und verbotener Macht. Furchmahr hatte ihr kommen bemerkt und sie konnten nur beten dass sie nicht zu spät kamen.

Fraoch legte ein Ohr an die Tür und lauschte.
"Er ist da drinnen, ich kann ihn hören. Er befindet sich in irgendeinem Ritual."
Der Halbelf legte seine linke Hand auf den Türknauf und stellte sich selbst links neben den Türpfosten. Kessel stellte sich rechts neben die Tür, die offensichtlich nach innen aufging.
Fraoch drehte den Knauf und drückte gegen das schwere Eichenholz. Nichts passierte.
"Abgeschlossen."
Kessel machte eine genervte Geste und bedeutete dem Elfen zur Seite zu treten. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Außenwand des Turms gegenüber der Tür, nahm seine Pistole in die Rechte Hand und sein Schwert locker in die Linke. Sein Blick wanderte prüfend über die Tür und die rötlich angelaufenen Eisenbeschläge.
"Siegmar lass es Rost sein!"
Kessel holte tief Luft, dann hob er sein rechtes Bein und trat mit aller Kraft gegen die Tür. Mit einem lauten Bersten gaben die verrosteten Angeln nach und die Tür viel der Länge nach in den Raum. Einen Wimpernschlag später war auch Kessel durch die Öffnung und hinter ihm Fraoch.
Wie es manch mal ist, wenn ein Mensch unter extremer Anspannung steht, so war auch Kessels Aufmerksamkeit ins unendliche gesteigert. In Sekunden sog er die Szene in sich auf:
Die Schießscharten waren vermauert, aber Hunderte von Kerzen spendeten ein schauriges Zwielicht. Auf dem Boden war ein Geflecht komplizierter Symbole gezeichnet. In der Mitte war ein Heptagramm zu erkennen in dessen Spitzen die Zeichen finsterer Gottheiten zu sehen waren. Darum waren Zwei Kreise mit einem Durchmesser von fasst vier Metern gezogen. Auch zwischen den beiden Kreislinien war ein Gewirr okkulter Symbole gezeichnet. Auch die schwarzen Wände der Kammer waren mit obszönen Zeichen beschmiert.
Kessel viel auf, das die Symbole auf dem Boden nicht, wie er zuerst dachte aufgemalt waren, sondern, das es sich um mit einer roten Flüssigkeit gefüllte Rinnen handelte. Er dachte sofort an Blut, doch konnte er nirgends ein geschlachtetes Tier oder … Ähnliches sehen.
Jenseits dieses Beschwörungskreises stand Furchmahr. Der Zauberer schien ihr Eindringen überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er hatte die Arme erhoben und die Augen seltsam verdreht. Mit lauter Stimme rezitierte er aus einem schweren Folianten, der aufgeschlagen auf einem Podium vor ihm lag. Seine langen Gewänder waren gebläht als stände er im Zentrum seines eigen Wirbelsturms.
Automatisch hob Kessel seine Pistole und drückte ab. Er konnte sich später nicht daran erinnern den Schuss gehört zu haben, aber er spürte den Rückstoss und sein Gesichtsfeld füllte sich mit beißendem Pulverdampf. Wie in Zeitlupe beobachtete er dass die Kugel in die Brust des Zauberers einschlug. Er sah den feinen roten Nebel, der vor dessen Brust aufstieg und die blutige Spur die die Kugel hinter ihm durch die Luft zog. Dann war der Zauber gebrochen, Furchmahr viel tot zu Boden und sein Blut schlug sich in feinen Flecken auf dem Folianten nieder.
Kessel starrte fast ungläubig auf die Leiche, dann auf seine Pistole. Schließlich zuckte er die Achseln und drehte sich zu Fraoch um:
"Na das war leicht."
"Zu leicht" antwortete der Halbelf und musterte den Raum aus zusammengekniffenen Augen.
"Er war ein Zauberer, aber eben nur ein Men.." Kessel hielt mitten im Wort inne. Er war auf den toten Magier zugegangen und dabei näher an den Beschwörungskreis getreten. Nun spürte auch er einen schwachen Luftstrom. Prüfend streckte er die Hand aus.
"Irgendwas geht hier vor!"
Auch Fraoch trat nun an den Beschwörungskreis. "Das Ritual ist nicht unterbrochen," stellte er fest, dann umrundete er den Kreis, trat über den Zauberer (was auch immer er gewesen sein mag, Kugelfest war er nicht) und betrachtete den Folianten.
In zwischen betrachtete Kessel beunruhigt den Ritualplatz. Die Fugen zwischen dem Bodenpflaster schienen leicht zu glimmen und der Wind wurde auch immer intensiver.
"Es scheint sich um eine Art Beschwörung zu handeln. Das Buch ist in einer sehr alten Sprache geschrieben" Fraochs röchelnde Stimme war über das lauter werdende heulen des Windes aus dem Ritualkreis kaum noch zu verstehen, "aber solang der Ritualkreis intakt ist sollten wir sicher sein."
Kessel verzog das Gesicht und deutete auf den toten Furchmahr. Der Arm des Magiers lag im innern des Kreises und das Blut aus seiner Wunde hatte sich mit der Flüssigkeit in der Rinne vermischt. Der Hauptmann war kein Experte in solchen Dingen, aber er war sich ziemlich sicher, dass dieser Kreis unterbrochen war.
Fraoch folgte seinem Blick und zischte etwas, das Kessel für einen elfischen Fluch hielt.
Das Glühen zwischen den Steinen hatte sich inzwischen in ein helles Strahlen verwandelt und fast sah es so aus als sei der Mörtel zwischen den Steinen verschwunden und man könne durch den Boden in einen anderen gleißend hellen Raum blicken.
Kessel kam sich schrecklich hilflos vor. Er hatte schon einige brenzlige Situationen überstanden, aber selten hatte er so wenig tun können. Er konnte nur hier stehen und abwarten. Immer wieder wanderte sein Blick von den Vorgängen im Kreis zu Fraoch der immer noch versuchte den Text der Beschwörung zu entziffern.
Im Kreis hatte sich ein Stein aus dem Boden gelöst und schwebte fast zehn Zentimeter hoch im Wind. Im folgten kurz darauf ein zweiter und ein dritter. Bald war der ganze Boden abgedeckt und gab den blick frei in eine grelle Unendlichkeit, deren Anblick den Augen schmerzte.
Kessel wich instinktiv an die Wand des Raumes zurück. Er hatte die leer geschossene Pistole zurück in den Halfter geschoben und umklammerte sein Schwert mit beiden Händen. Fraoch schien etwas herausgefunden zu haben und rief ihm etwas zu, aber seine angeschlagene Stimme war zu leise und Kessel verstand ihn nicht. Schließlich deutete der Halbelf auf die Tür und rannte los. Das verstand Kessel und zögerte keinen Augenblick seinem Gefährten zu folgen. Kurz hinter der Tür holte er ihn ein.
"Was ist los?"
" Pink Horror" krächzte der Elf.

Kessel und Fraoch stürmten die Wendeltreppe hinab. Hinter sich hörten sie mindestens einen Verfolger, der schnell aufholte. Kessels Atem ging pfeifend und ihm war klar, dass sie nicht viel länger weglaufen konnten und er wollte auf keinen Fall im engen Treppenhaus gestellt werden. Also griff er Fraoch bei der Schulter und zog ihn durch die nächste Tür in Furchmars Praxis.
Kessel stützte sich schwer Atmend auf den großen Schreibtisch und gab Fraoch ein Zeichen sich bereit zu halten. Der Elf zog seine Klinge, er hatte sie beim Studium des Grimoirs weggesteckt, und Kessel glaubte diesmal einen roten Schimmer an der Schneide der Waffe zu sehen. Aber er hatte keine Zeit für einen zweiten gründlicheren Blick, den in diesem Moment stürmten ihre Verfolger in den Raum.
Die erste der zwei Kreaturen schien kaum durch die Tür zu passen und auch die zweite war nicht kleiner. Beide sahen aus wie riesige rosa Kugeln mit grotesk langen und schmalen Gliedmassen. Am Ende der oberen Extremitäten waren riesige saugfingerige Hände und die Gesichter der Dämonen lagen direkt auf ihrem feisten Leib. Aus den riesigen Augen sprühte der Wahnsinn und in den Aufgerissenen Mäulern waren Messerscharfe Zähne zu sehen. Ohne inne zu halten stürzten sie sich auf ihre Opfer.
Kessel hatte Mühe dem ersten Hieb aus zu weichen, stieß gegen den Schreibtisch und wurde vom Rückhandhieb seines Gegners quer durch den Raum geschleudert. Benommen rappelte er sich auf und sah gerade noch, wie Fraoch sein nun rot glühendes Schwert dem zweiten Dämonen in den Leib bohrte. Es folgte ein deutlich hörbares Ploppen, als der Dämon verschwand und an seiner Stelle gleich zwei kleinere blaue Kopien erschienen. Der verbliebene rosa Horror stürzte auf Kessel zu und hätte ihn sicher zerquetscht, wenn der sich nicht mit einem Hechtsprung durch die Beine der Chaoskreatur gerettet hätte.
Kessel hatte sein Schwert verloren und seine Pistole war leergeschossen, also griff er nach den beiden Dolchen an seinen Unterarmen und rammte sie dem Dämon in den ungeschützten Rücken. Es war ein Gefühl als würde er in bretonischen Plump-Pudding greifen, aber der Erfolg blieb nicht aus. Mit lautem Plopp verschwand der Dämon um zwei kleinere blaue Vettern zurück zu lassen.
Schwitzend wich der Hauptmann ein paar Schritte zurück um zu Atem zu kommen, aber die Dämonen schienen keine Pause nötig zu haben. Wie mit dem Katapult geschossen rasten sie in zwei Bögen auf ihn zu um ihn in die Zange zu nehmen. Von zwei Seiten angegriffen hatte Kessel keine Chance. Er wand sich nach rechts um wenigstens eine der Bestien mit zu nehmen. Der Aufschlag des blauen Horrors war hart, aber Kessel brachte seine Klingen ins Ziel und der Dämon zerstob in tausend blaue Flocken. Im selben Moment erwartete er von hinten gepackt zu werden, aber der Angriff blieb aus. Verwundert wandte Kessel sich um und sah Fraoch mit rasch dunkler werdendem Schwert hinter sich stehen.
"Jetzt sind wir Quitt Hauptmann."
"Trotzdem Danke!"
Die Dämonen waren in der Tat besiegt und alles was von ihnen übrig war, war ein unbeschreibliches Chaos in der Praxis des toten Zauberers. Kessels Blick fiel auf die Außentür.
"Dort liegt Wiesenbad."
"Tun sie sich das nicht an, lassen sie uns zu den Zwergen zurückgehen sie könnten unsere Hilfe gebrauchen."
"Ogar kommt sehr gut allein zurecht und ich muss einfach sehen was aus der Stadt geworden ist"
Kessel trat zu der Tür und stellte verwundert fest, dass sie nicht einmal abgeschlossen war. Hinter der Tür lag ein verwüstetes Wiesenbad. Kein Stein lag mehr auf dem anderen und wo noch vor kurzem dichte Häuserreihen standen konnte Kessel nun bis zu den Ruinen des ausgebrannten Rathauses sehen. Was wohl aus dem ängstlichen Haberschreck geworden war?
Der Hauptmann der Stadtgarnison wankte ein paar Schritte nach vorne und fiel auf die Knie. Seine Hände griffen nach einer kleinen Stoffpuppe der eins der Knopfaugen fehlte und deren weises Puppenkleid hässliche rote Flecken hatte.
Kessel hatte keine Tränen für die verlorenen Leben Wiesenbads, aber er hatte Hass für den Grauen Propheten der Skaven. Vor langer Zeit hatte er am eigenen Leib den perversen Sadismus einer solchen Kreatur erlebt, war wie die wenigen Überlebenden Wiesenbads in die Sklaverei des Rattenvolkes gerate. Dafür und für alle Menschen die hier gestorben waren würde diese spezielle Ratte zahlen. Er würde sie zahlen lassen. Das schwor er bei Ulric und Myrmidia, bei Morr und Verena.

Hoch oben auf den Zinnen des Südturms blickte eine vermummte Gestalt auf die zwei Abenteurer hinab. Der Vermummte war schlecht gelaunt. Seine Pläne gingen in letzter Zeit nicht gut auf. Furchmahr hatte also auch versagt. Sein unsäglicher Plan, die Skaven die Drecksarbeit für ihn machen zu lassen war genau so gescheitert, wie seine lächerliche Beschwörung. All das hatte ihn nicht nur nicht weiter gebracht, sondern ihn auch seine einmalig günstige Stellung gekostet.
Einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken sich einfach direkt auf die Beiden zu stürzen und dem Ganzen ein Ende zu machen, aber einerseits wusste er nicht, ob seine Kräfte ausreichten um es mit Fraoch und seinem Begleiter auf zu nehmen und außer dem war das nicht der Weg Tzeentchs. Sein Meister hatte ihn Geduld gelehrt und er würde geduldig auf eine neue Gelegenheit warten.

Als sie zu den Zwergen zurückkehrten hatten diese, drei Monster und den Lehrling des verblichenen Furchmahr getötet. Ogar putzte seine Axt, während die anderen beiden sich gegenseitig verbanden.
"War'n guter Kampf, aber ich werde Gondreck und Rogar nach Hause schicken müssen. Sie haben sich verletzt. Was machen wir als nächstes?"
"Wir?" Kessel sah den Zwerg verdutzt an.
"Gustav, wir haben uns ewig nicht mehr gesehen, und du warst immer für nen guten Kampf zu haben. Irgendwas ist faul, sonst würdest du nicht mit diesem…" Ogar schnitt eine Grimasse und nickte in Fraochs Richtung "Elfen durch die Gegend ziehen. Also werde ich euch begleiten!"
"Aber sie wissen doch gar nicht um was es geht!" Flüsterte Fraoch.
"Eben und ich hoffe es ist eine lange Geschichte, schließlich bin ich ein Zwerg: Ich liebe lange Geschichten."
Kessel setzte ein breites Grinsen auf und schlug dem Zwerg auf die Schulter: "Ich freu mich Ogar! Eine Axt wie deine können wir bestimmt gut gebrauchen, aber du musst Fraoch fragen: es ist seine Party."
Der Halbelf musterte den Zwerg eingehend. Für einen Augenblick sah es so aus als ließe er sich zu einer schnellen Antwort hin reißen, dann aber schluckte er seinen Stolz hinunter.
"Ein dritter Mann wäre sicher eine Hilfe." Sagte er.
"Sehr gut, dann erzählt mal ihr zwei, was treibt euch in diese Gegend?"
Also erzählten sie ihm von dem Schlüssel von Lor`scha und von den Skaven, die hinter ihnen her waren. Sie schilderten ihm die Belagerung und den Verrat des Magiers.
"Und wie wollt ihr den Schlüssel von Dingens nun auf die Elfeninsel bringen?" Fragte der Zwerg nach dem sie geendet hatte.
"Wir werden in Altdorf oder Marienburg ein Elfenschiff finden, das mich nach Ulthuan trägt." Antwortete Fraoch.
"Und bis dahin wollten wir dich fragen, ob du uns einen sicheren Weg durch alte Zwergenstrassen zeigen kannst." Schloss sich Kessel an.
"Die alten Strassen in der nähe der Menschenstädte sind nicht sicher. Die Skaven wimmeln dort überall herum. Wir können bis zum Hundekopf im westlichsten Zipfel Talabeclandes kommen. Von dort sind es aber noch ein paar Tagesmärsche bis nach Altdorf. Außerdem ist die Gegend nicht die sicherste, aber es ist wahrscheinlich der schnellste Weg."
Fraoch dachte über den Vorschlag des Zwerges nach. Schließlich sagte er: "Der Hundekopf also? Ich habe gehört dort sei der Herdenstein eines Tiermenschen Stammes."
Ogar zuckte die Achsel: "Der Hundekopf ist groß und es gibt viele Legenden. Außerdem hab ich ja nicht behauptet dass es ein sicherer Weg ist. Wir könnten auch versuchen nach Marienburg zu kommen, aber das währe ein langer Fußmarsch."
"Nein." Fraoch schüttelte den Kopf. " Der Hundekopf ist in Ordnung. Wir sollten uns jetzt einen Rastplatz suchen und Morgen aufbrechen."

Ischika beeilte sich vor den fünf Gefährten verborgen zu bleiben. Er hatte seine Beute belauscht und folgte ihr nun zu ihrem Ruheplatz. Wenn der Elf und seine Freunde schliefen würden er und seine tapferen Krieger über ihre ahnungslosen Opfer herfallen und er Ishika würde eine fürstliche Belohnung einstreichen. Die Fünf kehrten zurück in die Geheime Kammer hinter dem Stadtweiher um dort die Nacht zu verbringen. Der Meisterassassine sammelte seine Leute um sich um den letzten entscheidenden Schlag zu führen.

Es war stockdunkel im Gang vor der Tür.
Ogar Nordaxt Sohn des Ugli und Clanherr des Axtbergtales langweilte sich zu Tode. Es war nicht so, dass er ungeduldig war, nein er hatte einmal 20 Jahre an einer einzigen Statue gearbeitet, denn ein Bildhauer brauchte Geduld. Es war viel mehr, das er es hasste gar nichts zu tun. Deshalb haste er Nachtwachen. Am liebsten hätte er ein Lied gebrummt, oder an einem Holz geschnitzt, aber das ging natürlich nicht. Er musste wachsam sein, das war ihm klar und er war es auch. Nachtwachen waren immer das schlimmste an einem Abenteuer. Er hatte nichts gegen einen ordentlichen Kampf ein zu wenden und war auch bereit dafür Hunderte von Meilen zu gehen, aber dieses nächtliche Rumgehhocke zerrte an seinen Nerven. Nichts desto trotz war er froh, Gustav getroffen zu haben. Seit er Clanherr war hatte er kaum noch Gelegenheit die Sippenfestung zu verlassen. Er hatte die Skavenjagt aufgegeben und das er hier mit seinen beiden Clanmännern unterwegs gewesen war lag nur daran, das er König Drohag im Weltrandgebierge seine Aufwartung gemacht hatte. Seit sein Clan vor fast zweitausend Jahren das Weltrandgebirge Richtung graue Berge verlassen hatte war es Brauch, das jeder Clanherr bald nach seiner Ernennung beim alten König vorsprach. Zwerge ehrten alte Traditionen und so war auch er losgezogen. Es war ein gutes Fest gewesen, aber Ogar befürchtete das diese Reise sein letztes Abenteuer würde, bevor ihn die Pflichten des Clanherren vollends vereinnahmten. Mit Gustav nach Altdorf zu ziehen wäre ein guter Abschluss für seine wilden Jahre.
Da war ein leises Kratzen auf den Bodenplatten. Ogar sog tief Luft ein. Skaven! Er konnte sie riechen. Den Geräuschen nach fünf oder sechs. Er zog an der dünnen Schnur die seinen Knöchel mit dem des Halbelfen verband, der am Brunnen wache hielt und löste dann den Knoten. Schon konnte er undeutliche Umrisse am Ende des Ganges ausmachen.
Die Tür neben ihm ging auf und Fraoch und Gustav traten in den Gang. Der nachtblinde Mensch hatte eine Laterne dabei und als er die Blende aufdrehte konnten sie die Gestalten von sechs Maskierten Skaven sehen. Der Größte von ihnen gab einen zischenden Befehl und die anderen Fünf stürmten vorwärts.
Ogar zog seine Kampfmaske vors Gesicht und trat ein paar Schritte vor. Er breitete die Arme aus und brüllte. Sein Schrei schien durch die Maske zehnfach verstärkt und so klang er mehr als ein schmerzenstoller Minotaur als ein Zwerg. Der Effekt war Furcht erregend und zeigte Wirkung. Die Skaven gerieten ins Straucheln, als die Vorderen abbremsten, aber von den Hintermännern weitergedrängt wurden. Nun nahm der Zwerg die Axt in beide Hände und sprintete seinerseits auf die Rattenmenschen zu. Sein Brüllen hatte sich in ein Lachen verwandelt, das klang als stürzten Felsen einen Steilhang hinab. Die Schulter voran warf er sich auf die Skaven. Mit dem gepanzerten Ellenbogen schlug er einer Ratte die Zähne aus und trieb einer zweiten die Axt in den Leib. Eine dritte bekam einen Fußtritt gegen den Brustkorb, das die Rippen brachen. Die letzten zwei Skaven wandten sich zur Flucht, aber Ogar enthauptete eine von ihnen mit einem linkshändig geführten Rückhandschlag. Dann machte er seinen benommenen Opfern den Garaus und kam breit grinsend zu den staunenden Gefährten zurück. Das war es was er an Abenteuern liebte.
Kessel stand der Mund offen. Er hatte die ehrfurchtgebietende Stärke seines Freundes fast vergessen. Nach dieser Demonstration seiner Kraft war der Hauptmann doppelt froh ihn dabei zu haben und auch aus Fraochs Gesicht konnte er nichts anderes als Anerkennung lesen.

Ischika rannte was das Zeug hielt. Wo kam dieser wahnsinnige Zwerg nur her? Er würde zu Sknitsh gehen und ihm die Informationen verkaufen die er hatte. So konnte er retten was zu retten war und vielleicht einen kleinen Profit erwirtschaften. Er fühlte ein kurzes Kribbeln und hatte für einen Augenblick das unangenehme Gefühl nicht allein in seinem Kopf zu sein, fing sich dann aber und verschwand im Keller des Magierturmes.
Der Maskierte stand im Schatten unter dem Fundamenten des Turms. Seine schwarze Gestallt war vor dem feuchten Zwergenmauerwerk unsichtbar, selbst für die Augen der beiden Skaven, die in Panik an ihm vorbei flohen. Ein einfacher Zauberspruch genügte und er konnte im Verstand des Anführers lesen wie in einem offenen Buch. Diese Kreatur war so schwach. Aber sie hatte Informationen, sehr nützliche Informationen. Tzeentch hatte seine Geduld belohnt. Am Hundekopf würde er bekommen was er suchte.

Der Weg durch die Dunkelheit schien endlos. Seit Tagen oder vielleicht Wochen wanderten die Drei durch das unterirdische Wegenetz der Dawi. Die meisten Gänge wurden nur durch sporadische Leuchtkristalle erhellt, aber in manschen Teilen fehlten selbst die. Ogar machte das alles nichts aus, dies war seine Welt und seine gute Laune färbte ein wenig auf Kessel ab, so dass dieser durch die Trostlosigkeit ihrer Wanderung nicht all zu sehr verzweifelte. Am schwersten aber hatte es Fraoch. Der Halbelf war in den weiten Forsten Bretonias aufgewachsen und fühlte sich unter der Erde gefangen. Der Mangel an natürlichem Licht schlug ihm aufs Gemüt und an ein freundschaftliches Verhältnis zu dem Zwerg war nicht zu denken. Vielmehr schien ihn die ausgelassene Art des Dawi noch mehr zu bedrücken.
Jede Nacht verbrachten sie in gleichförmigen Gasträumen mit frischem Wasser und an einem warmen Feuer. Ogar und Kessel unterhielten sich dann oft noch lang über alte Zeiten und ihr Leben seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten.
"Eine feine Pistole hast du da, Gustav. So eine Waffe sieht man nicht oft!"
"Ein Magistrat Marienburgs hat sie mir vor fünf Jahren Geschenkt. Seit dem hat sie mir gute Dienste geleistet."
"Du nutzt sie seit fünf Jahren, kann ich sie mal sehen?"
"Natürlich." Gustav gab ihm die große Faustwaffe.
Der Zwerg untersuchte die Waffe ein paar Augenblicke und nahm besonders den Lauf in Augenschein.
"Dachte ich's mir doch: Eine zwergische Arbeit."
"Ja, so was in der Richtung habe ich mir auch gedacht, sie schisst einfach zu genau für ihr Gewicht."
Zwar gab es bereits seit Jahren auch im Reich zuverlässige Arkenbusen, die von Menschlichen Ingeneuren gebaut wurden, doch war bei diesen Waffen das Zielen eher eine Sache des guten Willens, als von Übung. Auf dem Schlachtfeld machte das nicht viel aus, schränkte aber sonst den Wert von Feuerwaffen sehr ein. Die Technicus Akademie hatte dieses Problem durch lange engere Läufe gelöst, doch waren solche Waffen sehr groß und zu kompliziert zu laden um von taktischem Wert zu sein.
Bei Pistolen war nun das Problem noch größer. Je kürzer eine Pistole war, desto ungenauer schoss sie. Darüber hinaus musste verhindert werden, dass die Ladung aus der getragenen Pistole fiel. Also musste auch hier der Lauf sehr eng sein. Daraus folgte, je kleiner eine Pistole war, desto unzuverlässiger war sie. Einzig die Zwerge schienen eine akzeptable Lösung für diese Probleme gefunden zu haben. Zwar war auch Kessels Pistole noch fast so lang wie sein Unterarm, aber sie schoss sehr genau.
"Würdet ihr uns euer Geheimnis verraten, könnten wir in wenigen Jahren Armeen mit Feuerwaffen ausrüsten. Das Chaos und seine Kreaturen hätten nichts mehr zu lachen!" Kessel sprach mit wenig Elan, er wusste Zwerge würden nie eines ihrer Gildengeheimnisse mit Außenstehenden teilen. Außerdem hatte er als Soldat Angst vor solchen Kriegen.
"Ja, bis zu dem Tag, das ihnen irgend ein Überläufer das Geheimnis in die Hände spielt. Nein, Gustav, es gibt zu viel Verrat unter den Menschen." Antwortete der Zwerg und winkte ab.
Kessel verdrehte die Augen: "Jetzt klingst du wie Fraoch!"
"Vielleicht hat ihr Freund einfach Recht, Hauptmann."
Kessel erschrak als er die Stimme des Elfen hörte: Einmal weil er geglaubt hatte er schlafe und dann weil sie noch immer nicht viel mehr war als ein lautes Flüstern. Die äußere Wunde am Hals war weitgehend verheilt und hatte eine feine Narbe hinterlassen, innerlich jedoch schien größerer Schaden entstanden zu sein.
"Trotzdem sind mir die Menschen noch treuere Verbündete als andere. Ich sage wer im Glashaus sitzt soll nicht mit Steinen schmeißen." Ogar sprach mit ruhiger Stimme, aber Kessel erkannte einen Streitsüchtigen Zug um die Augen des Zwerges. So waren Zwerge nun mal.
"Genau diese kleinliche nachtragende Art macht es unmöglich vernünftig mit dem Volk der Dawi zu reden!" Kessel war erstaunt, das Fraoch auf diese durchsichtige Provokation Ogars einging, aber scheinbar hatte auch er einige Spannungen abzureagieren.
"Kleinlich?" brauste der Zwerg auf "Nennt ihr Bartscherer Vertragsbruch und Jahrhunderte Krieg Kleinigkeiten!"
"Ihr seid es doch gewesen, die den Krieg vom Zaun gebrochen haben…"
Kessel lehnte sich zurück und lächelte. Noch zuverlässiger als die Falschheit der Menschen war das Mistrauen zwischen Zwergen und Elfen.
Das Brüllen des einen und das Zischen des Anderen war noch lange zu hören.

FORTSETZUNG FOLGT


Der Autor
"Das Wiesenbad-Massaker ist ein Zufalls-Produkt. Nach dem Ende der Kettenromane auf dem Imperiale-Archive-Forum wollte ich immer noch weiterschreiben und das Format kleiner abgeschlossener Absätze war recht bequem. Die Geschichte hat sich zunächst beim Schreiben weiter entwickelt, aber nach ein paar Tagen hab ich gedacht, Mensch das ist das längste Stück Text, das du je freiwillig geschrieben hast und das Feedback ist bisher rein positiv: mach was draus.
Also hab ich angefangen zu planen und ob ihrs glaubt oder nicht im Kopf sind schon fünf Kapitel geplant. Ihr werdet sicher gemerkt haben, das das Ende kein richtiges Ende ist, aber bis zum Fanwork Award waren nur die ersten zwei Kapitel fertig und ich wollte unbedingt mit dieser Geschichte teilnehmen, denn sie gefällt mir. Nein im Ernst ich habe echt einen grossen Spass am Schreiben und ich hoffe das kommt auch ein bisschen rüber."

Die Jury
"Die Geschichte baut auf einem interessanten und durchdachten Hintergrund einen konstanten Spannungsbogen auf, der an keiner einzigen Stelle absackt. Die Darstellung der Haupt- und Nebencharaktere wirkt in praktisch allen Punkten überzeugend, ebenso die Beschreibungen des Umfelds. Der Leser wird durch ungelöste Rätsel während der Handlung zum Nachdenken bewogen. Leider hat der Autor lediglich die ersten beiden Kapitel der Geschichte eingereicht ... die Jury wartet schon ganz verbissen auf eine Fortsetzung!"

2. Platz >