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RUF DER MACHT KAPITEL 4

Teil 4

Der unmenschliche Schrei hallte durch sein Bewußtsein und nur im entferntesten Winkel seines Verstandes begriff Landril, daß er selbst es war der so schrie. Ein Regen aus Blut, Knochensplittern und der Gehirnmasse seines Vaters ging über Landril nieder und klatschte gegen die nackte Haut seines Gesichts, der Hände und näßte seine Haare.
Als würde die Zeit selbst langsamer ablaufen, sah er den mächtigen Körper seines Vaters nach hinten kippen. Blut sprudelte aus dem Stumpf auf dem sich ein unförmiges Etwas befand, das noch vor wenigen Augenblicken der Kopf seines Vaters gewesen war. Wie bei einer Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte, fiel der Körper in das Khavgras und blieb mit zuckenden Gliedmaßen liegen.
Durch das Donnern der Waffe aufgeschreckt brüllten und blökten die Hrutons in ihrem Gehege und rammten verzweifelt vor Angst gegen die dicken Holzpfähle. Obwohl es im Augenblick kaum etwas gab, das unwichtiger für ihn erschien, nahm Landril es doch mit der typischen Aufmerksamkeit des Hrutonjägers wahr.
Sergeant Canus bedachte Landril mit einem kurzen Blick ehe er die Waffe in ihre Halterung zurückschob und sich ohne ein weiteres Wort abwandte und zur Luke des Thunderhawks schritt.
Mit einem Gefühl als würde seine ganze Welt zerschmettert stürzte sich Landril neben seinen Vater. Eine grausame Flut an Gedanken und Gefühlen drohte ihn schier zu zerreissen. Er krümmte sich über dessen breiten Brustkorb und schrie seinen Schmerz heraus. Landril krallte seine Hände in das Gras, das schmierig vom warmen Blut seines Vaters war.
Bilder zuckten durch sein Bewußtsein. Bilder aus der Vergangenheit. Er sah sich selbst als Kind, wie er von den starken Händen seines Vaters in die Luft geworfen und sicher wieder aufgefangen wurde. Er sah wie sein Vater ihn bei seiner ersten Hrutonjagd vor einem wütenden Bullen in Sicherheit brachte. Seinen Vater, der ihm zeigte wie man einen Speer selbst herstellte. Der ihn und Orlril als Kinder solange kitzelte bis sie kaum noch Luft bekamen vor Lachen. Seinen Vater.....
... dessen Kopf in Stücke zerfetzt wurde und als lebloser Leichnam in das weiche Gras fiel.
Landril glaubte nie wieder atmen zu können, so schmerzhaft war es Luft in seinen von schluchzenden Krämpfen geschüttelten Körper zu saugen. Tränen ließen die Umgebung verschwimmen, doch die Bilder aus seinen Erinnerungen blieben klar und deutlich. Er glaubte zerbrechen zu müssen, so weh tat es und irgendwo in seinem Verstand zerbrach eine Barriere.
Der Teil von ihm, der in den letzten Wochen sich immer leerer gefühlt hatte und der dennoch beständig zu wachsen schien, füllte sich. Es war wie eine Welle, die durch Landril schoß, wie ein aufgestauter Fluß, dessen Damm gebrochen war und nun durch sein alter Flußbett raste um alles hinweg zu spülen was ihm im Weg stand.
Sein ganzer Körper bog sich unter dieser Welle, es füllte seine Gedanken aus und schloß ihn von seiner Umwelt aus. Landril wollte schreien, doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr.
Bis ihn jemand an der Schulter ergriff und vom Leichnam seines Vaters wegschob.
Wie ein Blitzschlag war seine Wahrnehmung wieder da. Mehr als das. Alles erschien ihm klarer, schärfer umrissen.
Eine Gestalt hatte sich zwischen ihm und dem toten Körper niedergelassen. Die Größe des Mannes und seine Rüstung wiesen ihn ebenfalls als Space Marine aus, doch seine Rüstung unterschied sich von denen der anderen.
Sie war fast weiß, mit wenigen roten Akzenten. Der den ganzen Kopf bedeckenden weiße Helm wies einen roten Streifen auf der zwischen den Augen begann und sich bis zum Nacken fortsetzte. Landril unbekannte Zeichen bedeckten seine riesigen Schulterpanzer. Ein kantiger Kasten mit rätselhaften Ausbuchtungen und Vertiefungen war am rechten Unterarm befestigt.
Der Space Marine riß seinem Vater das blutgetränkte Hemd vom Oberkörper und hob den Arm mit dem Kasten. Leises Summen ertönte als er den Kasten dicht an den Leichnam heranbrachte. Etwas sprang daran auf und zwei Metallschienen gruben sich zwischen die Rippen des Toten. Das Summen wurde lauter und ein grauenvoll knirschendes Geräusch wurde laut als die Rippen auseinander gebogen wurden. Eine dritte Metallschiene, etwas dünner diesmal, mit einer Art Greifer am Ende, erschien und senkte sich in die Öffnung in der Brust. Als sie zurückfuhr hing etwas in dem Greifer, ein Klumpen blutiges Fleisch, das Landril an ein kleines Organ erinnerte. Er hatte oft genug mit seinem Vater Hrutons geschlachtet um einen Fleischfetzen von Organen unterscheiden zu können.
Der Marine nahm das Organ von dem Greifer und verstaute es in einem kleinen Kästchen, das ähnliche Zeichen aufwies wie die Truhe die sein Vater fast sein ganzes Leben für seine Kriegerbrüder bewahrt hatte. Sein Vater....
Die Kraft der Welle in ihm und die Ungeheuerlichkeit mit der dieser Space Marine den toten Körper behandelte überfluteten die Trauer und den Schmerz den Landril erfuhr.
Mit wutverzerrtem Gesicht sprang er auf und riß den viel größeren Mann an seinem Schulterschutz herum.
Ein zorniger Laut entwich dem Marine, der durch den Helm den er trug schnarrend verzerrt wurde. Drohend baute er sich vor Landril auf, der mit geballten Fäusten vor ihm stand und durch die Stärke mit der die Welle durch seinen Körper tobte leicht schwankte.
"Störe meine Kreise nicht! Ich komme einer heiligen Pflicht nach und werde mich nicht noch einmal von dir ablenken lassen. Geh in dein Haus, kleiner Mann und danke dem Imperator dafür das wir die Bestrafung nicht auch noch auf den Rest deiner Familie ausdehnen."
Aus dem Helm drang ein abgehacktes Lachen. Der Marine ließ ihn stehen und wandte sich zum gehen als er Landril's haßerfüllte Stimme hörte.
"Dafür werdet ihr bezahlen, ihr verfluchten Mörder!"
Mit einer Geschwindigkeit die Landril erschreckte schnellte der Marine herum. Ein Gegenstand, den Landril mittlerweile als Waffe identifizierte, war in seiner Hand erschienen.
Angst peitschte in Landril auf und erneut fühlte er wie etwas in etwas in ihm brach. Reine Kraft, wie weißglühender Stahl brannte durch seinen Kopf. Landril's Augen begannen in einem weißen Feuer zu glühen, als die Kraft begann sich ihre Bahn zu brechen.
"Ein Psioniker", keuchte der Space Marine und richtete in einer flüssigen Bewegung die Waffe auf Landril.
Knisternd schossen zwei silberne Blitze aus seinen hell strahlenden Augen, vereinigten sich eine Handlänge vor Landril's Gesicht zu einem einzelnem Energiestrang, der zuckend wie ein lebendiges Wesen in den vollkommen überraschten Space Marine fuhr. Die Energie schlug in den massiven Brustpanzer und schmetterte den Gepanzerten von den Füßen. Vor Schmerz brüllend flog der von fahlen Energieentladungen eingehüllte Mann mehrere Meter zurück bis er krachend auf den Gras bedeckten Boden aufschlug.
Dumpfer Schmerz hallte in Landril nach als der Blitz verebbte. Sein eigener Atem kam ihm überlaut vor. Das Blut rauschte in seinen Ohren und er blinzelte ungläubig, so als könne er nicht glauben was eben passiert war.
In das Brüllen der völlig verängstigten Hrutons mischte sich das splitternde Geräusch des zerbrechenden Geheges, welches der Gewalt der gegen es drängenden Tiere nicht mehr standhalten konnte.
Landril fuhr sich mit den Fingern über das Gesicht und hinterließ eine Spur aus bereits trocknendem Blut seines Vaters über seinen blassen Gesichtszügen. Drei Meter vor ihm lag der reglose Space Marine, der die Brust seines Vaters geöffnet hatte. Feine Rauchfahnen stiegen von verschiedenen Stellen seiner Rüstung auf, die im Bereich des Blitzeinschlags geschmolzen und verbrannt war. Die ehemals weiße Panzerung war versengt und geschwärzt. Der Mann darin regte sich nicht mehr.
Der in den Ebenen stets vorkommende leichte Wind wehte den Gestank von verbranntem Fleisch herüber und ließ Landril's Magen erschauern.
"WAS ZUM...? Bruder Brancas? Beim Imperator, nein!"
Landril's Kopf ruckte herum und sein Blick erfaßte Sergeant Canus, der in der Luke des Thunderhawks erschienen war. Der Mörder seines Vaters!
Sofort spürte Landril wie eine neue Welle der Kraft sich in seinem Kopf aufzubauen begann, doch bevor etwas in seinem Verstand erneut zuschlug fauchte etwas an seinem Kopf vorbei und schlug explodierend hinter ihm in den Boden ein.
Erschrocken stolperte er rückwärts und fiel zu Boden. Ein weiteres Geschoß zerteilte die Luft dort, wo sich eben noch seine Brust befunden hatte.
Landril rollte sich herum und sprang wieder auf die Beine. Um ihn herum hämmerte ein weiteres Geschoss ein Loch in den Boden. Erde und Gras fetzte davon und hinterließ einen Kopfgroßen Krater. Mit einer gewaltigen Anstrengung hechtete er vor und rammte mit der Schulter die Tür zur Heimstatt auf. Krachend gab das Holz nach und Landril stolperte die Treppe hinunter, verlor das Gleichgewicht und schlug schmerzhaft auf den Rücken als er den Boden erreichte. Japsend schnappte er nach Luft, die durch den Aufprall aus seinen Lungen getrieben wurde.
Er starrte an die Decke der Heimstatt, auf die Lichteinlässe, die zwischen den Balken eingearbeitet waren.
Sie werden mich töten, schoß es ihm durch den Kopf und im gleichen Moment ertönte draußen ein gewaltiges donnerndes Geräusch.
Die Decke über Landril zerbarst in einer Explosion aus Feuer, Rauch und umherfliegenden Holz - und Steinsplittern. Mit erschreckender Klarheit sah Landril die zerstörten Teile der Decke auf sich herunter fallen.
Der Schock ließ ihn seine Schmerzen vergessen und überschnell reagieren. Ein am Ende geborstener Balken schlug auf den Boden, wo noch einen Augenblick vorher sein Kopf gewesen war. Landril hechtete rollend über den Boden und auf die nächste Treppe zu, die weiter in die Kammern führte die seine Familie bewohnte, bewohnt hatte.
Das Donnern über ihm ertönte wieder und diesmal gab die ganze Tragekonstruktion der Heimstatt nach. Tonnen von Holz, Stein und Erde rutschte in den unterirdischen Bereich des Wohnkomplexes, gerade in dem Moment als Landril durch die Tür in eine der Kammern sprang. Eine gewaltige Staubwolke wallte hinter ihm her als Geröll die Türöffnung ausfüllte und sich in die Kammer ergoss. Der Staub war so dicht, das Landril kaum Luft bekam. Er konnte so gut wie nichts sehen und seine Augen brannten. Instinktiv zog er sein Hemd aus dem Hosenbund und hielt es sich vor Mund und Nase um den Staub herauszufiltern.
Dumpfes Dröhnen ertönte von oben und kleine Steine und noch mehr Staub rieselte durch den schmalen Lichtschacht in der Decke. Immer wieder wummerten die Geschosse in die ehemalige Heimstatt, bis es schließlich ruhig wurde.
Das wenige Licht, das durch den fast völlig zerstörten Lichtschacht fiel stach wie grelle Finger durch den in der Luft tanzenden Staub. Landril wischte mit schmutzigen Fingern den Staub aus seinen tränenden Augen und lauschte, doch alles blieb ruhig. Die Stille war beinahe beunruhigender als der Lärm der auf die Heimstatt schießenden Waffen. Die Leichtigkeit, mit der die Krieger - die Mörder! - die Heimstatt vernichtet hatten betäubte Landril's Gedanken. Die Macht dieser Waffen übertraf alles was er sich nur im Entferntesten vorstellen konnte. Die stärkste Waffe, die er bis vor einer Stunde noch gekannt hatte war ein Bogen, doch dies.....
Er schluckte und schmeckte rauhen Staub in seinem Mund, trotz des provisorischen Mundschutzes den er sich vor Mund und Nase hielt. Durch die zu drei Viertel mit Schutt zugeschütteten Tür konnte er das Geräusch von schabenden Stein und knackendem Holz hören, als das frisch eingebrochene Geröll begann sich unter seinem eigenem Gewicht abzusetzen. Der große Wohnraum war völlig zerstört worden, doch die Kammer in der Landril lag, schien das Schlimmste überstanden zu haben. Abermals fuhr Landril sich über die Augen im besser sehen zu können.
Allmählich schälten sich die Umrisse der Kammer aus dem sich niederlegenden Staub und Landril erkannte, das es die Kammer seines Vaters gewesen war. Urplötzlich schlug die Trauer über ihn wieder herein und Tränen rannen aus seinen Augen über seine Wangen, wo sie schmierige Linien in den auf seinem Gesicht liegendem Staub zeichneten.
Alles war vorbei. Vor wenigen Tagen war noch alles in Ordnung gewesen und nun war alles was Landril als gut und richtig empfunden hatte vorbei. Und warum? Weil diese MÖRDER erschienen waren.
In seiner Kehle sammelte sich der bittere Geschmack von Hass und Landril begrüßte ihn. Seine Wut half ihm die Trauer und den Schmerz zurück zu drängen. Half ihm einen Ausweg aus dieser Falle zu finden.
Vorsichtig, um schnelle Bewegungen zu vermeiden, die eventuell neue Einstürze hervorrufen konnten, erhob sich Landril vom Boden und sah sich um. Dort wo er eben noch gegen die Wand gelehnt hatte war ein Umriß zu erkennen, da sich dort kein Staub hatte niederlegen können. Landril sah an sich herunter. Alles an ihm war von einer steingrauen Farbe. Er fuhr mit einer Hand über die Wand, wo seine Finger die dunklere Farbe der Wand unter dem Staub zum Vorschein brachte. Seine Finger waren ebenso grau wie der Rest der Kammer. Er sah sich weiter um.
Das schmale, harte Bett seines Vaters war von einem herabgefallenen Steinbrocken zerschmettert worden, doch der große Schrank an der Wand hinter dem Bett war noch ganz. Er war lediglich verschoben worden.
Landril stutzte. In der Wand hinter dem Schrank war eine Öffnung zu erkennen. Neugierig schob er sich über den schuttübersäten Boden auf die Öffnung zu.
Es war der Durchgang. Hinter dem Schrank! Hatte sein Vater nicht hier die Truhe versteckt gehalten? Vorsichtig lugte Landril in den Raum hinter dem Durchgang hinein. Es war Dunkel. Nur ein Rest des Lichtes, der die Kammer erleuchtete drang hier hinein.
Landril betrat den Raum und wartete einen Augenblick bis sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Er schrak zurück. Der Umriß eines Space Marines tauchte aus den dunklen Schatten auf und es bedurfte eines Augenblicks des Schrecks bis Landril erkannte, das dies lediglich eine aufgestellte Rüstung war. Die Rüstung seines Vaters!
Nach der ersten Überraschung über seine Entdeckung folgte die Ernüchterung. Die Rüstung war unrettbar zerstört. Breite Risse zogen sich kreuz und quer über die ganze Oberfläche. Heraus gebrochene Teile fehlten und gaben den Blick frei auf darunterliegende Schichten aus Drähten, Schläuchen und Dingen die Landril nicht kannte und mit denen er nichts anfangen konnte. Der linke Schulterpanzer war vollkommen zerschmettert, überhaupt wies die gesamte linke Seite der Rüstung die schlimmsten Schäden auf. Es schien ein Wunder, das sein Vater damals überlebt hatte angesichts der Schäden, welche die Rüstung zeigte.
Vor der Rüstung befand sich ein kantig gehauener Steinblock mit einer glatt geschliffenen Oberfläche. Wahrscheinlich hatte hier die Truhe gestanden, die sein Vater über zweihundert Jahre gehütet hatte. Verbittert wollte Landril sich umdrehen und den Raum verlassen, als sein Blick auf etwas fiel, das ihm bekannt vorkam.
Auf einem weiteren Steintisch lag etwas, das Landril bei den Mördern seines Vaters gesehen hatte. Eine Waffe, zuckte es durch seine Gedanken und seine Finger verkrampften sich. Er keuchte unter seinem provisorischem Mundschutz auf.
Wie überall hatte sich auch auf der Waffe Staub abgelagert und färbte sie Steingrau. Behutsam nahm er sie in seine zitternde Hand. Er staunte wie schwer sie war. Kühl und friedlich lag das klobig anmutende Objekt in seiner Hand. Verwirrende Gefühle wirbelten durch Landril. Dies war ein Ding, wie das, welches seinen Vater ermordet hat und doch konnte es für ihn sehr nützlich werden.
Bilder blitzen vor seinem geistigen Augen, wie er mit der Waffe seines Vaters in der Hand die Mörder richtete und so Gerechtigkeit walten ließ. Grimmige Befriedigung erfüllte ihn als das tote Gesicht Sergeant Canus in seinem Verstand Gestalt annahm. Unwillkürlich fassten seine Finger den Griff der Waffe fester.
Es war etwas schwierig für ihn die Waffe richtig zu umfassen. Der Griff war für Hände geschaffen, die von einer Panzerung umhüllt waren und so erheblich größer waren. Trotzdem beschloß Landril die Waffe an sich zu nehmen.
An dem Platz, an dem sie gelegen hatte, befand sich noch ein Gürtel, der wohl ursprünglich zu der Rüstung gehört hatte. An ihm befanden sich Ausbuchtungen in denen leicht gekrümmte Schachteln aus Metall eingeschoben waren. Er zog eine der Schachteln heraus und sah dass sie mit Daumendicken Zylinder, die an einer Seite eine Spitze aufwiesen gefüllt waren.
Einer Eingebung folgend verglich er die Krümmung der Schachtel mit der des Waffengriffes und sie war identisch. Sollten dies die Geschosse sein, welche die Waffe abfeuerte? Er beschloß den Gürtel ebenfalls mitzunehmen.
Mit seinen Fundstücken verließ Landril den Raum und ging in die Kammer seines Vaters zurück. Noch immer hing viel Staub in der Luft, doch es war nicht mehr so erstickend und so ließ Landril sein Hemd wieder herunter, das er sich bis dahin noch als Schutz vor Mund und Nase gehalten hatte.
Er sah nach oben in den Lichtschacht. An der Färbung und dem Stand des einfallenden Lichts erkannte Landril, daß er nur noch ein paar Stunden Zeit hatte bis die Sonne unterginge. Dann würde er hier unten in vollkommener Dunkelheit sitzen.
Ein Geräusch zog seine Aufmerksamkeit auf sich und Landril drehte suchend den Kopf bis er die Ursache ausgemacht hatte. Durch die Wand neben der fast zugeschütteten Tür zog sich ein fingerdicker Riß, der vorhin noch nicht dagewesen war. Das scharfe Knacken von Stein ertönte erneut und Landril konnte sehen wie die Rißränder sich weiter voneinander weg bewegten. Die Wand würde nicht mehr lange halten!
Ich muß hier raus, dachte Landril, und zwar schnell!
Wieder verirrten seine Blicke sich in den Lichtschacht. Es war eng, aber er würde die nahe beieinander liegenden Wände nutzen können um sich abzustützen.
Aus dem Bettuch seines Vaters knotete er sich seinen Beutel für seine Fundstücke zusammen den er sich vor den Bauch band. Wie in seiner Kammer, gab es auch hier einen Tisch auf dem einst eine Waschschüssel gestanden hatte. Landril zog ihn in die Mitte der Kammer bis er fast genau unter dem Lichtschacht stand. Schließlich schob er den Schrank neben den Tisch.
Indem er erst auf den einen und dann auf den andren stieg erreichte Landril ohne größere Schwierigkeiten den Schacht. Die Wände waren rauh, aber gerade und ebenfalls von Rissen durchzogen. Bisweilen waren Steine heraus gebrochen und Landril nutzte die entstandenen Löcher um sich ein Stück in den Schacht hinauf zu ziehen.
Indem er die Beine gegen die eine Schachtwand und den Rücken gegen die andere stemmte, schaffte er es sich in der Enge des Schachtes zu halten ohne seine Hände benutzen zu müssen, die unablässig nach Rissen und Lücken suchten, in denen seine Finger Halt finden konnten.
Die Anstrengung ließ seine Beinmuskeln zittern und Schweiß stand bald auf seiner Stirn, der in Rinnsalen sein angespanntes Gesicht herunter lief.
Als er es schließlich geschafft hatte das zersplitterte Glas aus dem Rahmen zu schlagen und sich durch die Öffnung zu ziehen waren seine Hände mit Schürfwunden übersät. Ihm fehlten mindestens drei Fingernägel und die Muskeln in seinen Beinen fühlten sich an als würden sie aus reinem Feuer bestehen, das seine Beine verbrannte. Aber er hatte es geschafft!
Landril lag auf dem Rücken und starrte in den dunkel gewordenen Himmel. Er lebte. Sie hatten es nicht geschafft ihn auch zu töten. Befreiendes Lachen schüttelte seinen gepeinigten Körper und er sog die kühl werdende Abendluft in seine Lungen. Er hatte es geschafft!


Fortsetzung folgt.....



Urheberrecht: Heiko Stallmann, 2005



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