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RUF DER MACHT KAPITEL 6

Teil 6

Zum wahrscheinlich tausendsten Mal an diesem Tag fiel Landril's Blick auf das von Kot verkrustete Hinterteil des Farris, auf dem die Alte vor ihm her ritt. Angewidert schlug er die Augen nieder, während das Farris unbeirrbar weiter vor ihm her trabte. Mechanisch bewegten sich Landril's Beine und trugen ihn hinter dem Tier her. Als Hruthonjäger war er es gewohnt über längere Strecken zu laufen, doch mittlerweile zehrte der schnelle Schritt doch an seinen Kräften. Fast den ganzen Tag lief er nun schon hinter der Alten auf ihrem eigenartigen Reittier her.
Sie behauptete es eilig zu haben und hielt sich nicht damit auf ihm seine Fragen zu beantworten. Als sie das Tier nun stoppte, wäre Landril beinahe gegen das Hinterteil des Farris gerannt. Im letzen Augenblick wich er zur Seite aus, wodurch er ins Stolpern kam und lang auf den Boden schlug. Fluchend schlug er dem Tier gegen das Bein, was es einen schreckten Sprung machen ließ, der die Alte beinahe aus dem Sattel beförderte. Ihre Flüche danach waren noch um einiges kräftiger als seine eigenen, was Landril ein Grinsen entlockte.
Mit knackenden Gelenken und schmerzhaften Stöhnen wand sich die Alte aus dem Sattel und ließ sich auf den mit kniehohen Khavgras bewachsenen Boden nieder. Landril fiel auf, das es in dieser Region mehr Büsche und manchmal sogar niedrig gewachsenen Bäume gab, was auf mehr Grundwasser im Boden schließen ließ. Er bohrte die Finger in die Erde und hob eine Handvoll davon auf. Prüfend ließ er die Krümel zwischen den Fingern hindurch gleiten. Die Erde war dunkler als dort wo er zu Hause gewesen war, fruchtbarer und offensichtlich gab es in der Tiefe auch mehr Wasser. Der Farmer in ihm meldete sich und kennzeichnete diese Gegend als vielversprechend.
Er hörte die Alte wieder husten und insgeheim fragte sich Landril ob sie vor dem Ende der Reise sterben würde oder es noch schaffte.
Unter unverständlichem Gemurmel und immer wieder einsetzendem Husten ging sie gebeugt auf eine Stelle zu an der das Khavgras in einer Senke stand. Landril dachte einen Moment daran ihr zu folgen, doch etwas hielt ihn zurück. Als sie sich darauf hin in das Gras hockte und an ihrer Kleidung herum nestelte war er froh dass er bei dem Farris geblieben war.
Angeekelt wandte er sich ab und wartete ungeduldig darauf das sie sich erleichterte, damit es endlich weiterging.
Nach einigen Minuten kam sie aus der Senke zurück und stieg ihn eines weiteren Blickes zu würdigen in den Sattel des Farris. Landril warf ihr einen verächtlichen Blick hinterher und setzte sich wieder in Bewegung.
Ihr Gespräch vom Vorabend, als sie wie aus einem Traum plötzlich aus der Dunkelheit aufgetaucht war, kam ihm wieder in den Sinn. Ihre Erklärungen waren für ihn nicht leicht zu verstehen, da sie ständig Begriffe benutzte die er noch nie in seinem Leben gehört hatte. Warp, Psionische Matrizen. Sanktionierte Psioniker. Mächte des Empyrean. Scriptoren, Mutanten, Inquisitoren, alles Sachen mit denen er nichts anfangen konnte.
Immerhin wußte er nun, dass es ein riesiges Sternenreich der Menschen gab, unzählige Planeten zwischen denen gigantische Schiffe aus Stahl flogen. Außerirdische Kreaturen, welche die Menschen vernichten oder versklaven wollten. Und den Herrscher der Menschheit, der Imperator, der eingebettet in seinem goldenen Thron liegt, während die Verwalter die eigentliche Herrschaft an sich gerissen haben. Wo jeden Augenblick Menschen dafür starben, weil sie anders als der Durchschnitt waren. Weil sie von Geburt eine Gabe besaßen.
Wie er.
Weil sie gegen überholte Regeln verstoßen haben
Wie sein Vater.
Benommen schüttelte Landril den Kopf. In seinen Ohren rauschte das Blut und er fühlte sich schwindelig. Egal was er anstellte, irgendwie führte ihn jeder Gedankengang zurück zu seinem Vater, zu den Männern die ihn ermordeten, zu dem Marine den er tötete.
Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er auf das hin und her wankende Tier neben sich. Sollte er der Alten erzählen, was er getan hatte? Er konnte sie nicht einschätzen. Sie machte einen verrückten Eindruck, hatte widerliche Angewohnheiten und ließ kaum eine Gelegenheit verstreichen um ihm klarzumachen, daß er ein Dummkopf war, der vom Leben und der Galaxis keine Ahnung hatte. Trotzdem war da ein Gefühl von Verbundenheit. Lag es daran, dass sie selbst diese Gabe besaß? Machte sie das automatisch zu Verbündeten? Oder suchte er unbewußt Hilfe bei dem Erstbesten, der ihm begegnet war.
Plötzlich fiel ihm etwas ein.
"Hey", rief er, "wie heißt du eigentlich, Alte."
Die dürre Gestalt, die auf dem Farris vor ihm ritt, richtete sich kerzengerade auf und hieb die Hacken in die Seiten des Tieres. Das Farris blieb so abrupt stehen, das Landril, der in einen leichten Lauf verfallen war, beinahe gegen es gerannt wäre. Er wich zur Seite aus und sah zu der Frau auf die ihn von oben herab anfunkelte.
"Wen nennst du hier Alte, Bengel!
Sie hob ein Bein über den Hals des Farris und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Ihr Gesicht verzog sich kurz schmerzhaft als sie auf dem Boden anlangte. Dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Ihr dürrer Zeigefinger wies auf Landril. Er ignorierte den Finger und baute sich vor ihr mit zusammengekniffenen Augen und vorgeschobenem Kinn auf.
"Wen nennst du hier Bengel, Alte", zischte er.
Für einen Moment sah sie ihn mit versteinertem Gesichtsausdruck an, dann erschlafften ihre Züge und Landril glaubte eine Spur von Furcht über ihr faltiges Gesicht huschen zu sehen. Einen Augenblick später grinste sie ihm ihr zahnlückenbehaftetes Lachen entgegen.
"Ganz schön mutig, Jüngelchen. Schließlich willst du ja was von mir, oder? Da kannst du ruhig ein bißchen höflicher sein."
Landril verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie spöttisch an.
"Wenn ich mich recht erinnere willst du auch was von mir. Oh nein, du mußt nichts sagen. Es gibt einen Grund warum du mich gesucht hast, auch wenn du ihn mir noch nicht genannt hast. So naiv bin ich dann doch nicht, auch wenn ich nur ein Hrutonjäger bin."
Die Alte ging zu ihrem Farris und klopfte ihm auf die Flanke, was das Tier zu einem zufriedenen Schnauben veranlaßte. Anscheinend mochte es die alte Frau. Landril hatte es am Morgen einmal streicheln wollen, da hatte es ihm beinahe in die Schulter gebissen.
Seufzend fuhr sie sich mit ihren langen Fingern durch die kurzen grauen Haare, und klopfte abwesend mit der anderen Hand ihren Mantel nach ihrer Metallflasche mit dem starken Schnaps ab. Schließlich ließ sie beide Hände sinken und hielt Landril ihre rechte entgegen.
"Hast ja Recht, Jüngelchen. Ich bin Shalla Bintoosi. Du kannst mich Shalla nennen und wage es nicht noch mal mich mit Alte anzusprechen, klar!"
"In Ordnung", stimmte Landril zu. "Ich heiße Landril, der Sohn von Sagit und Eresia."
Zögernd griff er nach ihrer emporgehobenen Hand. Sie nahm sie und drückte einmal kurz ehe sie wieder losließ.
"Bah, werd mich nie dran gewöhnen können, dass ihr hier keine Nachnamen habt."
Landril sog zischend die Luft ein, ob dieser Unhöflichkeit. Ruckartig zog er seine Hand zurück.
"Was soll das denn schon wieder heißen, Alte", sagte er schneidend.
"Das soll heißen, Bengel", sagte sie nicht minder schneidend, "das es auf dieser Welt nicht genug Menschen gibt, das es sich gelohnt hat Familiennamen einzuführen, um sie zu unterscheiden. Und das ich mich daran nicht gewöhnen kann."
"Obwohl ich nun schon seit über dreißig Jahren hier bin", fügte sie ruhiger hinzu.
Ihre ruhiger werdende Stimme in der eine Spur Melancholie hing stimmte Landril versöhnlicher.
Es erstaunte ihn selbst, dass er es so gut aufnahm plötzlich erfahren zu haben, dass seine Heimat nicht der einzige bewohnte Planet war und das er innerhalb weniger Tage Menschen getroffen hat, die nicht von dieser Welt stammten.
Hing das ebenfalls mit seiner erwachten Gabe zusammen? Hatte sich sein Geist nicht nur einem neuen Weg geöffnet, sondern auch so erweitert, dass eine solche Erfahrung nicht mehr sein Weltbild erschüttern konnte? Oder waren die Strapazen der letzten Tage zuviel für ihn gewesen? Landril erschauerte, als er den Gedanken weiterspann.
Vielleicht werde ich wahnsinnig, dachte er. Vielleicht bin ich es schon.
Ein Schatten fiel über sein Gesicht als er die Alte - Shalla - vor sich betrachtete. War sie überhaupt Wirklichkeit oder bildete sich sein gestörter Verstand das alles nur ein?
Ein Klumpen aus Eis schien sich plötzlich in seinen Eingeweiden zu befinden und er wandte sich von ihr ab. In der Leibesmitte gekrümmt ließ er sich auf den Boden sinken und erbrach sich schwallartig über seine Hände.
Die mit halbverdauten Essensresten versetzte Brühe brannte in seinem Mund ließ seinen Magen weiter revoltieren. Ein aufkommender Krampf schleuderte ihn seitlich auf den Boden und ließ seine Beine unkontrolliert durch sein Erbrochenes schlagen. Landril's bewußtes Denken setzte aus. Alles was er fühlte was Schmerz und Übelkeit. Seine Haut und Muskeln schienen in Flammen zu stehen, während sich sein Inneres anfühlte als würde es sich verflüssigen. Galle schwappte erneut in seinen Mund und seine Zähne schlugen so hart aufeinander, dass einer zersplitterte.
Ein Stoß traf seinen Körper und warf ihn auf den Bauch. Am Rande seines Denkens spürte Landril das Gewicht eines anderen Körpers auf seinem Rücken. Kühle Finger tasteten über seine glühende Stirn und dann schoß etwas wie ein Schlag durch seinen Körper. Der Krampf verschwand und in seinem Inneren blieb nur ein dumpfer, pochender Schmerz zurück. Landril spürte die Splitter seines Zahnes auf der Zunge und versuchte vorsichtig die verkrampften Kiefer zu öffnen. Es tat weh und kostete ihn mehr Mühe als er gedacht hatte, aber schließlich spie er das Gemisch aus Blut, Splittern und erbrochenem Schleim aus. Erschöpft ließ er den Kopf in das Gras sinken und sog tief die Luft in die brennenden Lungen. Alles in seinem Inneren fühlte sich wund an.
"Hey Jüngelchen, es wird Zeit, das du mit deiner Ausbildung beginnst. Du wirst mir ein bißchen zu anfällig für Störungen aus dem Warp. Ich werde dir zeigen wie du dich abschirmen kannst."
Noch immer hustete Landril schleimige Brocken aus sich heraus, als er spürte wie sich das Gewicht auf ihm sich verlagerte. Shalla saß nun auf seinem Rücken und umklammerte mit ihren dürren, kühlen Fingern seinen Kopf.
Der Impuls sich zu wehren schoß in ihm hoch, doch er war zu schwach. Lediglich ein ersticktes Stöhnen entrang sich seiner wie eingeschnürt wirkenden Brust.
"Still, Narr! Sei still und lerne", zischte sie angestrengt und im nächsten Augenblick sprang von ihren Fingern ein Strom von Bildern in seinen Kopf. Landril schrie.
Nur Sekunden später war es vorbei. Mit einem ächzenden Fluch stieg Shalla von seinem Rücken herunter und taumelte ein paar Schritte weiter bis sie sich an ihrem Farris festhalten konnte. Ihre Hand fingerte schon wieder an der flachen Metallflasche herum, bis sie den Verschluß geöffnet hatte und einen tiefen Zug aus dem Gefäß nahm.
"Weißt du, Jüngelchen", sagte sie schwer atmend und wies mit der Flasche auf den am Boden liegenden Landril, "weißt du, wenn ich dich da so liegen sehe, frage ich mich ob es die ganze Mühe wert ist. Hast du eine Ahnung wie anstrengend so etwas für eine alte Frau wie mich ist?"
Sie machte einen abfälligen Laut.
"Nein! Du weißt es nicht. Scheinst überhaupt sehr wenig zu wissen. Ach, woher auch. Bist halt nur ein dummer Hinterwäldler!"
Landril schmeckte das Blut und die Galle in seinem Mund und spie es wieder aus. In seinem Kopf raste es. Die Bilder die Shalla in ihn gepflanzt hatte wurde von seinem Verstand sortiert und für ihn angepaßt. Mit jedem Augenblick der verging ordnete er mehr von den Bildern zu.
"Du verdammte Hexe", preßte er zwischen den Zähnen hervor und wälzte sich auf den Rücken. Die Sonne stach ihm in die Augen und er hob gequält einen Arm um sich zu überschatten.
"Was hast du mit mir gemacht? Was hast du mit mir gemacht?"
Mit beiden Händen umklammerte er seinen Kopf.
"Was ich gemacht habe, du junger Narr? Ich habe dir dein kleines bißchen Verstand gerettet. Spürst du es nicht? Schon jetzt beginnt dein Verstand Barrieren zu errichten um sich vor äußeren Einflüssen zu schützen. Mit der Zeit werde ich dir noch mehr zeigen, aber für den Anfang wird es reichen, das du nicht überschnappst."
Landril hob den Kopf und blickte sie erstaunt an. Tatsächlich wurden seine Gedanken klarer und nicht mehr so verworren wie noch vor kurzem. Er lauschte in sich hinein und fand die Mauern um seinen Geist, die sich aufbauten und stärker wurden. Instinktiv streckte er geistige Fühler aus um zu ergründen was sich dahinter befand. Er erschrak. Ein unbändiger Strom der Kraft tobte hinter der Barriere.
"Was passiert, wenn ich die Mauern öffne?"
Sie lachte kurz und ohne Humor.
"Dann, Bengel wird sich die Kraft durch dich entladen. Das ist die Antriebskraft hinter jeder psionischen Fähigkeit. Du musst diese Barrieren öffnen oder zumindest durchlässig werden lassen, wenn du deine Fähigkeiten anwenden willst."
Sie hob einen Finger und ihre Stimme nahm einen belehrenden Tonfall an den Landril an ihr noch nicht gehört hatte. Stöhnend schaffte er es sich aufzusetzen.
"Es kommt darauf an die Kraft zu dosieren und zu fokussieren. Nimm nur soviel Kraft wie du brauchst und nur solange wie du brauchst, sonst lockst du ungebetenen Besuch an."
Er dachte nach. Das Wissen in ihm breitete sich aus und sickerte immer mehr in seine Gedanken.
"Shalla", sagte er abwesend und das erste Mal ihren Namen benutzend, "werden alle Psioniker so geschult? Ich meine, indem ein anderer ihnen diese Techniken in den Geist projiziert."
"Oh, das meinst du. Nein, nein. Normalerweise ist es sehr zeitaufwendig diese Techniken zu lernen. Ein ausgebildeter Psioniker beginnt seine Ausbildung schon als Kind. Ich selbst habe angefangen zu lernen als ich sechs Jahre als war."
Verwirrt runzelte er die Stirn, was er gleich darauf bereute, weil ein neuer Kopfschmerz durch seine Schläfen schoß.
"Ja, aber wieso hast du mir dann das Wissen direkt in den Kopf gepflanzt? Ich meine, es hat funktioniert, aber warum wird es nicht immer so gemacht. Würde man nicht eine Menge Zeit sparen, wenn alle Schüler so lernen würden?"
"Sicher würde man das", sagte sie zustimmend und nahm noch einen Schluck aus der Flasche, "aber man würde dabei auch über die Hälfte aller Schüler verlieren. Ein unvorbereitetes Hirn kann schweren Schaden nehmen, wenn es dermaßen überlastet wird. Und um vorbereitet zu sein muß man diese lange Ausbildung in Kauf nehmen."
Sie prostete ihm zu und ließ die Flasche in den Falten ihres Mantels verschwinden. Landril hob die Hand um sie am weiterreden zu hindern.
"Moment mal. Willst du damit sagen, das ich hätte verrückt werden können, wenn das nicht geklappt hätte."
"Aber nein, Bengel. Du wärst gestorben, wenn das nicht geklappt hätte. Das volle Programm weißt du, Blut aus den Augen und den Ohren. Schreckliche Schmerzen und all das. Aber so wie die Dinge lagen warst du ohnehin kurz davor so zu enden."
Sie hob die Schultern.
"Was hatte ich also zu verlieren?"
"Was DU zu verlieren hattest? Was ist mit MIR", rief er wütend.
"Du, Jüngelchen, konntest nur gewinnen! Und du hast doch überlebt. Was regst du dich also so auf?"
Mit hochrotem Kopf schnappte Landril zornig nach Luft. Seine Finger zuckten, als wollten sie sich der Alten von selbst um den faltigen Hals legen. Shalla wich einen Schritt zurück.
"Hey, Jüngelchen. Beruhige dich! Wenn du mich so ansiehst bekomme ich noch Angst. Du wirst doch einer alten hilflosen Frau nichts tun, oder?"
Landril rammte die Hände gegen den Boden und stemmte sich auf die Beine. Schwankend trat er einen Schritt vor und stellte sich vor die alte Frau. Die Anstrengung des Aufstehens hatte ihm den Schweiß auf die Stirn getrieben.
"Wage es nie wieder so etwas mit mir abzuziehen, alte Frau. Ich will wissen, was du vorhast, wenn du so etwas tun willst. Ist das klar", grollte er drohend.
Falls sie sich beeindruckt fühlte, zeigte sie es zumindest nicht. Herausfordernd schob sie das Kinn vor und stemmte die Fäuste in die Seiten.
"Und wage du nicht, noch mal so mit mir reden, Bengel! Wenn ich nicht wäre, würdest du schon ausgebrannt und von den Mächten des Warp verzehrt in den verdammten Ebenen liegen. Ich habe deinen Geist und deine Seele gerettet. Du magst eine starke Gabe haben, aber ohne Anleitung bringt sie dich um! ICH bin die einzige Chance die du hast, also zeig verdammt noch mal etwas Respekt!"
Landril spürte wie seine Hände sich ohne sein bewußtes Zutun zu Fäusten ballten, und durch das ihm vermittelte Wissen, wußte er auch, das er genug Kraft kanalisieren konnte um diese alte Frau aus der Welt zu tilgen, doch irgend etwas in seinem Inneren hielt ihn zurück.
Er konnte nicht einfach ein Leben auslöschen, nur weil ihn jemand bis zu Weißglut reizte. Er hatte einen der Mörder getötet, aber das war etwas anderes gewesen.
Also atmete er mehrmals tief durch und öffnete seine Fäuste. Er hielt die Hände von sich gestreckt und fühlte wie seine Wut langsam verging.
Außerdem, fügte er in Gedanken hinzu, brauche ich sie noch.
Als Shalla sah, wie die Wut aus seinem Gesicht verschwand entspannte sie sich ebenfalls.
"Gut", sagte sie, "es gibt eine Zeit um wütend zu sein, doch die ist nicht jetzt. Wut kann eine mächtige Waffe sein, doch man muß sie sehr gezielt einsetzen, sonst reißt sie einen mit wie ein tobender Fluß und man ertrinkt in ihr."
Sie hob belehrend einen Finger.
"Lerne deine Wut zu kanalisieren, so wie die Kraft aus dem Warp und du wirst über eine sehr große Macht verfügen."
Landril winkte genervt ab. Für heute hatte er genug Lektionen erhalten. Erschöpft fuhr er sich mit den Fingern durch seine schwarzen Haare. Sie waren feucht vor Schweiß auf seinen Fingern blieb ein feuchter Film zurück. Mit einem Mal wurde ihm bewußt, das seine Kleidung ihm feucht am Körper klebte und ein Frösteln durchlief seine Gestalt.
"Ich bin sehr müde, Shalla", sagte er leise.
"Laß uns hier rasten."
Ohne auf ihre Antwort abzuwarten, holte er die Decke aus seinem Bündel und wickelte sich darin ein. Für einen Moment schien sie ihm widersprechen zu wollen, doch dann schwieg sie doch. Vielleicht begriff sie wie brüchig ihre Verbindung war und wollte es nicht riskieren, das er aus Zorn einen Fehler beging, der ihr Schaden konnte. Stumm nickte sie und ließ sich ebenfalls auf den Boden nieder.
Landril bekam dies schon nicht mehr mit. Er war eingeschlafen. Und träumte!

>>Sterne umwirbelten ihn. Unzählige Sonnen und Planeten glitten an ihm vorüber... Menschen lebten hier. Mehr Menschen als Landril sich je vorgestellt hat. Er raste durch das All und nahm alles in sich auf. Dinge, die er noch nie gesehen hatte erschienen vor seinem träumenden Geist, der sich körperlos durch die Sternenmeer bewegte. Eine Sonne kam in sein Blickfeld. Sie flog an ihm vorbei. Ein Planet und noch ein Planet und dann sah er es. Eine Welt, die aussah wie eine Kugel aus geschwärztem Stahl. Deren Atmosphäre, der Begriff erschien einfach in seinem Geist, schwefelgelb und braun schimmerte. Ganze Kontinente lagen unter kilometerdicken Stahl verborgen. Meeresbecken waren aufgefüllt worden mit Fabrikkomplexen. Unzählige Raumschiffe umschwärmten diese Welt auf die Landril mit Grauen herabblickte.
Dort war kaum noch Leben. Nichts Natürliches. Diese Welt war schon vor Äonen ihrer Lebensvielfalt beraubt worden. Das einzige Lebendige dort unten waren Menschen.
Sie waren zusammengepfercht in die kilometerhohen Stahlberge. Millionen von ihnen sahen niemals einen Sonnenstrahl. Sie lebten und starben wie Ungeziefer unter der Erde, ohne zu ahnen warum sie überhaupt existierten. Sie beteten zu einem Gott, der sie nie erhören würde und gaben mit Freude ihr Leben für einen Glauben der sie als bedeutungslos stempelte. Landril erschauerte.
Auch er hatte diesen Glauben geteilt. Sein Vater hatte es ihm seit frühester Kindheit gelehrt und er hatte es angenommen. Der Gedanke an einen unsterblichen Gott, der seine schützende Hand über alle Menschen hielt war beruhigend.
Er sah die Mächtigen der Welt, die in ihren Himmelspalästen thronten und alle anderen verachteten. Sah wie sie ihre Ziele durchsetzten ohne Rücksicht auf die Bevölkerung. Sah Soldaten die ganze Siedlungen auslöschten, einfach weil sie anders waren oder sich nicht anpassen wollten. Er sah Männer und Frauen die so verblendet in ihrem fanatischen Glauben waren, dass sie ganze Welten auslöschten. Die untereinander kämpften, obwohl sie eigentlich die gleichen Ziele verfolgten.
Der Gedanke an den unsterblichen Gott der seine schützende Hand über die Menschen hielt war...
... eine LÜGE!
Ein Monstrum thronte im Zentrum dieser Welt. Eine verwesende Leiche, die in arkane Kraftfelder gehüllt an einem winzigen Rest Leben festhielt und jeden Tag Tausende von Menschen das Leben aussaugte. Die Erkenntnis traf Landril wie einen Schlag.
Menschen wie ihn!
Psioniker!<<



Fortsetzung folgt....



Urheberrecht: Heiko Stallmann, 2006



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