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CHRISTOPH STURM - "SÖLDNER"

Ein riesiger, blutroter Feuerball schien den Horizont zu entzünden. Gebirge glühten im roten Schein. Wälder färbten sich in ein dunkles Orange. Die Wolken darüber schienen wie von Vulkanen gespienes flüssiges Gestein. Ihr Färbung reichte von Orange bis zu einem bedrohlichem Rot.
Ich nahm mir viel zu selten Zeit um die Wunder unserer Welt in dieser Ruhe und Geduld zu beobachten. Ruhe und Geduld, diese Worte schienen mir in diesem Moment so nahe wie schon lange nicht mehr. Doch ich wusste, dass sie so nah nur für diesen Augenblick seien würden, vielleicht nur noch bis zum nächsten Wimpernschlag. Hätte ich diesen Moment halten können, so hätte ich es getan und auf ewig an dem Fuße dieses Hügels im Sonnenuntergang gesessen.
Doch das war nun einmal nicht mein Schicksal. Ich war Krieger, ein Söldner, geboren für die Schlacht; solche Momente ließen nur einen Teil meiner Seele frei, der tief unter der Habgier, dem Pflichtbewusstsein meinen Männern gegenüber und dem Hass auf meine Gegner vergraben war.

Was hatte mich eigentlich hier hergeführt? Hierher, in die nähe der Verdammten Stadt. Mein Ruf war mir vorausgeeilt bis hierher, bis nach Praag. So sandte man Boten aus, mich zu finden und mir die Nachricht der seltsamen Geschehnisse zu bringen, seltsam selbst für Praags Verhältnisse. Jeder wusste, dass auf Praag seit dem großen Krieg gegen das Chaos ein Fluch lag. Damals als das Chaos seine Finger nach der Stadt ausstreckte und sie verschlang. Nach der Schlacht um Praag veränderte das Chaos die Stadt. Die Körper und Seelen der gefallenen Krieger verschmolzen mit dem Toten Gestein der Schutzwälle und Häuser und so entstand ein widerwärtiges lebendes Monument der Grausamkeit, geweiht dem Chaos. Nach dem Sieg über die Armeen des Chaos wurde dieses zwar komplett niedergebrannt, um Praag wieder aufzubauen, doch schien das Chaos sich tief im Boden unter und um Praag verwurzelt zu haben. Die Toten Praags haben bis heute einen unruhigen Schlaf. Niemand lässt nach Anbruch der Dunkelheit seine Pforte unverschlossen oder geht gar unbewaffnet durch die Gassen. Milizen Streifen Nacht für Nacht durch die ganze Stadt. Jeweils zwanzig Mann bewaffnet mit Hämmern, Streitkolben und Äxten, die jeden verdorrten Knochen zerschmettern und jeden verrottenden Kopf von seinen wurmzerfressenen Schultern trennen konnten. So hatte man sich daran gewöhnt, die Toten, die erwachten, sofort wieder zurück in ihre Gräber zu schicken. Doch in den letzten Monaten hatte sich etwas geändert. Leichen verschwanden und man fand aufgewühlte Gräber, doch anstatt wie üblich ziellos durch die Stadt zu streifen, auf der Suche nach einer unvorsichtigen Seele, verschwanden alle Toten spurlos. Keiner bezweifelte, dass sie zu Untoten geworden waren, doch warum hatten sie nicht versucht ihren Durst nach Leben an den Bürgern der Stadt zu stillen? Es schien, als würden die finstren Mächte sich sammeln. Doch warum?

Die Antworten auf diese Fragen sollten meine Männer und ich finden, gegen eine angemessene Belohnung natürlich. Im Morgengrauen würden wir aufbrechen und das letzte Stück Weg nach Praag hinter uns lassen. Ein Knacken hinter mir riss mich aus meinen Gedanken. Langsam glitt meine Hand zum Schwert und umgriff den Schaft fest. Im Augenwinkel sah ich eine Gestalt auf mich zuschleichen. Ich lies sie etwas näher herankommen, dann sprang ich auf, zückte mein Schwert und hielt des dem vermeintlichen Angreifer an die Kehle. Nun war er endgültig dahin, dieser Moment der Ruhe.
"Kommandant, Kommandant, halt ich bin es doch nur, Zamdur!"
Ich erkannte ihn, es war einer meiner Männer. Ein junger Spund, der sich uns erst vor kurzem angeschlossen hatte. meine Augen verengten sich als ich antwortete: "Was schleichst du dich so an? Ist dir dein Leben nichts wert? Das nächste mal macht mein Schwertstreich nicht vor deiner Kehle halt!" Erschrocken blickte er mich an.
"Aber Kommandant, ich suchte euch und etwas Abgeschiedenheit von den anderen."
Ich musste laut auflachen, hielt aber sofort wieder inne.
"Abgeschiedenheit suchst du von ihnen? Von denen, die dir in der nächsten Schlacht vielleicht den Hals retten? Die, deren Äxte den Kopf des Gegners in deinem Rücken Spalten? Du bist mir ein seltsames Bürschchen, aber nun, da du hier bist, geselle dich ruhig zu mir."
Er war noch zu Jung um die Bedeutung des Zusammenhalts in einer Truppe zu verstehen. Wir waren nicht einfach nur ein Trupp von namenlosen Waffenschwingern. Wir kannten uns untereinander. Wir waren nicht einfach ausgesucht und zusammengeworfen von irgendeinem Lehnsherren. Wir waren wie Brüder. In der Schlacht verteidigte jeder das Leben seines Bruders wie sein eigenes. Genau das machte unseren Erfolg aus. Hier kämpfte nicht jeder nur für sich, wir waren kein Haufen Einzelkämpfer, wir waren eine Einheit. Er würde es irgendwann verstehen, wenn er so lange lebte. Ich steckte mein Schwert weg, setzte mich wieder und deutete Zamdur es mir gleich zu tun.
"Was liegt dir auf dem Herzen das du mich aufsuchst?"
Er zögerte ich sah wie sein Gesicht anfing sich leicht zu färben.
"Nun...., ähm, ich fragte mich die ganze Zeit, warum man euch Wilbur Eisstein nennt! Man sagte mir, es gebe ein Geschichte dazu."
Sein Blick senkte sich sofort nachdem er fertig gesprochen hatte. Ein Schmunzeln huschte über meine Lippen. Deshalb war er hier! Er wollte eine Geschichte hören. Wer konnte es ihm verübeln; er war gerade erst dem Knabenalter entwachsen. Auf seinem Kinn zeigte sich noch nicht einmal Flaum und sein Gesicht war noch so knabenhaft, wie es nur sein konnte. Im Kampf täuschte dieses Äußere. Er war ein überragender Kämpfer; es fehlte ihm noch an Kraft, doch das glich er durch beinahe magische Schnelligkeit aus. Im Kampf war er ebenso wenig ein Knabe wie ich.
Doch nun wo er nicht um sein Leben kämpfen musste, kam sein wahres Alter wieder zum Vorschein. Immer wieder schielte er erwartungsvoll zu mir hinüber als er auf meine Antwort wartete. Warum sollte ich ihm diesen kleinen Wunsch verwehren? Also nickte ich leicht und begann die Geschichte meiner Namensgebung zu erzählen:
"Es ist Jahre her. Es war an einem sehr heißen Tag, die Sonne brannte so auf uns herab, dass wir glaubten, sie würde gleich zu uns herabsinken und uns mit Stumpf und Stiel verbrennen. Wir hatten gerade einen Kampf mit Grünhäuten hinter uns und um wieder Kräfte zu sammeln, ließen wir uns am Rand eines Forstes im Schatten nieder. Meine Rüstung war so heiß, ich fühlte mich wie ein Laib Brot im Ofen. Also wollte ich mich ihrer entledigen, als plötzlich..."
Ich unterbrach meine Geschichte und blickte Zamdur in die Augen. Sie waren geweitet vor Erwartung, er platzte förmlich vor Neugier. Sein ganzer Körper schien sich vor Spannung versteift zu haben. Ob meiner Unterbrechung wurde sein Blick nun fragend.
Ich lächelte und begann erneut: "Keine Sorge, ich erzähle ja weiter. Mhhh.... Ach ja, ich wollte mich gerade der Rüstung entledigen, als Plötzlich ein Pfiff zu hören war. Ich sah etwas Glühendes auf mich zukommen, doch schaffte es nicht mehr rechtzeitig auszuweichen.
Ich wurde direkt von diesem Etwas, das vom Himmel fiel, getroffen. Es prallte auf meine Rüstung und warf mich zu Boden. Es war genau auf meiner Brust eingeschlagen und an dieser Stelle wurde die Rüstung plötzlich unerträglich heiß. Das Etwas aus dem Himmel verschmolz glühend mit meiner Rüstung. Ich schrie vor Schmerzen doch meine Männer konnten nichts tun, außer dem Schauspiel zuzusehen. Einige holten Wasser und schütteten es über mich.
Doch nach einiger Zeit verging das Glühen, und auch der Schmerz und die Hitze ließen nach. Unter den staunenden Blicken meiner Männer stand ich wieder auf. Fast unverletzt, nur meine Brust brannte noch ein wenig. Wir alle blickten voller Erstaunen auf meine Rüstung. Es war ein Stein, der sich mit ihr vereinigt hatte. Ein Stein der vom Himmel gefallen war. Einer meiner Männer trat vor und berührte ihn. Überrascht stellte er fest, dass der Stein und das Metall meiner Rüstung eiskalt waren, obwohl sie eben noch so heiß waren, das sie Wasser verdampfen ließen. Auch im Inneren Herrschte nun eine angenehme Kühle, wo ich eben noch diese Hitze verflucht hatte.
Ein magischer Stein - sagten die Männer. Ein Eisstein, der mich zu seinem Träger auserkoren hatte. So bekam ich den Namen Eisstein. Wilbur wurde ich ja schon von jeher gerufen." Zamdurs Augen leuchteten als ich ihn wieder ansah.
"Kein Schwerthieb, der meine Rüstung seitdem traf, durchdrang sie, und sie trägt sich beinahe leichter als ein Lederwams", beendete ich meine Geschichte.
Die Dämmerung war inzwischen über uns herein gebrochen. Einige Sterne blinkten schon am Firmament. Mit einem zufriedenem Gesichtsausdruck blickte Zamdur ihnen entgegen. Einige Augenblicke saß er so stumm da, währenddessen wich sein zufriedener Gesichtsausdruck jedoch einem sehr nachdenklichen.
"Sagt, glaubt ihr, dass es eine große Schlacht in Praag geben wird?"
Auch ich richtete meinen Blick nun wieder gen Himmel.
"Das kann ich dir genauso wenig sagen wie die Sterne dort oben. Doch ich kann dir sagen, dass es in Praag keine Schlacht geben wird. Wenn es einen Feind hier gibt, so stellen wir ihn vor dieser verfluchten Stadt. Ich setzte keinen Fuß auf den Boden Praags, wenn es nicht unbedingt notwendig ist."
"Wie wollt ihr dann den Feind finden und wie soll es morgen weiter gehen?"
"Wie wir den Feind finden, darüber zerbrich dir mal nicht deinen Kopf. Und wie es Morgen weitergeht, das wirst du sehen, wenn es soweit ist. Doch genug geplaudert für heute! Begib dich zur Ruhe!"
Der Junge nickte kurz, stand auf und ging in Richtung Lager. Kurze Zeit später machte auch ich mich auf den Weg zurück.


Im Morgengrauen stand mein Roß bereit.
"Also Männer, ich werde jetzt mit neun weiteren nach Praag reiten. Unser Hauptlager bleibt hier, ein Stück außerhalb der Stadt. Ich werde mit dem Stadthalter Praags sprechen und danach entscheide ich wie es weiter geht."
Viele zeigten sich erleichtert, dass ich entschieden hatte, das Hauptlager nicht näher an die Stadt zu legen. Warum auch, wir waren nahe genug um rechtzeitig einzugreifen, sollte sich ein Feind der Stadt nähern, aber immer noch weit genug entfernt, sodass kein Angreifer uns ausmachen konnte. Hätten wir näher an der Stadt gelagert, hätte sich der Feind - so es denn einen gab - schon auf uns einstellen können, und genau das wollte ich verhindern. Außerdem war mir, genau wie den Männern, nicht wohl dabei, allzu nahe an der Stadt zu lagern.
Die neun Männer waren schnell ausgesucht, unter ihnen befand sich auch Zamdur. Er war froh, mitkommen zu dürfen, denn seine Neugier im Bezug auf Praag schien keine Grenzen zu kennen. Genau aus diesem Grund hatte ich beschlossen, ihn mitzunehmen: Er konnte mit uns nun einiges lernen, statt im Lager nur herumzulungern.
Es dauerte nicht lange, da zeigte sich Praag am Horizont. Wie ein Geschwür, das den Boden befallen hatte, ragte es dunkel hervor. Zinnen, die scheinbar versuchten, dem verfluchten Boden zu entwachsen, Mauern die das "Geschwür" deutlich vom Rest der Umgebung abgrenzten, und schmutzige Tore, die wie Eiterbeulen an dem Ganzen Gebilde wirkten. Wir waren inzwischen vor eben diesen Toren angekommen. Aus der Nähe wirkte die Stadt beinahe noch bedrohlicher. Ich trug einer Torwache auf, meine Ankunft anzukündigen und den Stadthalter heraus zu bitten. Ich hatte immer noch nicht vor, die Stadt zu betreten, auch wenn der Stadthalter sicher ungehalten auf mein Verhalten reagieren würde. Und als hätte er meine Gedanken gehört, kam er angestürmt. Ein dicklicher Wicht mit hochrotem Kopf und vor Zorn verengten Augen.
"Was fällt ihm ein? Ist er sich zu fein mit seinem Gesindel Unsere Stadt zu betreten, wie? Müssen Wir wie ein Strauchdieb vor die Tore laufen um mit seiner Söldnerhochwürden zu sprechen, wie?"
Mein Blick fiel kurz auf meine Männer, die ob dieses kuriosen Schauspiels schmunzeln mussten. Dann schaute ich wieder auf den sich immer weiter aufplusternden Stadthalter.
"Oh, nun lacht die feine Herrschaft noch über Uns. Wir leiten ja nur die Geschicke einer Stadt und sind keine Tagediebe wie ihres gleichen, wie?"
Nun gab ich meinem Pferd einen Ruck und es preschte ihm entgegen. Kurz vor ihm hielt ich. Tief gruben sich die Hufe meines Tieres in den sumpfigen Boden. Dreck flog dem Dicken ins Gesicht und er fiel vor Schreck nach hinten über. Die Wachen sprangen sofort los und hechteten in meine Richtung.
"Haltet ein! Höret Stadthalter! Wenn ihr die Hilfe, die ihr selber riefet, als Tagediebe schimpft, so werden wir wieder abreiten. So könnt ihr dann weiter die Geschicke eurer Stadt leiten, während sie von Untoten überrannt wird, wie?"
Das Grinsen meiner Männer wurde breiter, wie mir ein kurzer Blick über die Schulter verriet. Beinahe schon hasserfüllt blickte mich der Stadthalter an, gab dann jedoch seinen Wachen ein Zeichen zu warten und stand auf. Nachdem er sich des Drecks in seinem Gesicht entledigt hatte, schaute er wieder zu mir.
Doch mit einem völlig anderen Gesichtsausdruck, als eben noch.
Mit einem freundlichen, beinahe schon unterwürfigen Lächeln, sagte er: "Wir wollen doch im Zorn gesprochenen Worten nicht zuviel Gewicht beimessen, wie? Es tut Uns leid, sollten Wir euch zu nahe getreten sein." Nun huschte auch ein Lächeln über mein Gesicht
"Zu nahe getreten ist höchstens mein Ross euch, werter Stadthalter. Lasst uns jetzt lieber über eure Probleme sprechen wenn ihr unsere Hilfe nun doch wollt!"
Er nickte kurz klopfte sich noch einmal ab und trat ein paar Schritte auf mich zu.
"So sei es! Unser Problem kennt ihr aus unserer Nachricht."
"Richtig, aber gibt es gar keine Spur wo die Toten nun wandeln? Es muss doch Zeichen geben, welche Pfade sie nahmen, um die Stadt zu verlassen."
"Nein, keiner Unserer Untergebenen konnte eine Spur finden. Wir haben natürlich auch befohlen, die ganze Stadt zu durchsuchen, um sicher zu sein, dass sie sich nicht unter unseren Stuben eingenistet haben."
"Gut, also sind sie auf jeden Fall außerhalb der Stadt."
Auf diese Bemerkung erntete ich wieder einen bösen Blick des Stadthalters. Um nicht weiter Öl in das Feuer zu gießen, sagte ich versöhnlich: "Nur, dass die Schlacht nicht innerhalb eurer Mauern statt findet und euer Leben sowie das der Bürger nicht gefährdet wird."
Sofort nahm sein Gesicht wieder freundlichere Züge an, obwohl es selbst im Zorn mit seinen Pausbacken, der Knubbelnase und den winzigen Augen eher lächerlich anmutete.
"Sei es drum; Ihr wisst, dass unsere Dienste nicht billig sind und dass vor und nach der Lösung des Problems eine Entlohnung auf uns warten muss!"
Der Dicke nickte heftig, wandte sich zu seinen Wachen und gab ihnen ein Handzeichen. Zwei Wachen verschwanden sofort in den Weiten der zahllosen Gassen. Er wandte sich kurz darauf mit einem zufriedenen Lächeln wieder mir zu.
"Wir sind großzügig, solltet ihr das Problem lösen können. Jetzt sollt ihr als Bestätigung eures Auftrags 2000 Goldstücke erhalten. Löst ihr die Aufgabe zu Unserer Zufriedenheit, so erwartet euch das fünffache."
In diesem Moment fiel mein Blick auf einen Zwerg, der gerade aus der Stadt ging. Er hielt ein seltsames Gerät in der Hand und beäugte es argwöhnisch. Aus der Form schloss ich, dass es sich um eine Pistole handeln musste. Ein Kriegsgerät, das zwar sehr durchschlagskräftig, aber ebenso unzuverlässig war. Dennoch - ein Paar dieser Geräte wären uns sicher von Nutzen gewesen!
"Sagt Stadthalter, habt ihr in eurer Rüstkammer auch solche Waffen, wie sie der Zwerg dort hat?"
Beinahe erschrocken blickte er sich um, erkannte aber scheinbar sofort worauf ich hinaus wollte. "Ja, aber davon kann ich keine entbehren."
"Entschließt euch nicht zu früh! Ich wäre schon mit einem Dutzend zufrieden."
Mehr dieser Geräte wären sicherlich nur hinderlich gewesen. Meine Schützen konnten mit dem Langbogen sowieso weiter und auch schneller schießen, als mit so einem Ding. Doch Pfeile sind wenig hilfreich gegen ein Skelett - die meisten fliegen einfach hindurch oder bleiben in irgendeinem Knochen stecken. Die Metallkugeln, welche eine Pistole verschoss, konnten Knochen jedoch mit Leichtigkeit zerschmettern.
"Natürlich bräuchte ich dazu auch die nötigen Vorräte an Kugeln und von dem Pulver das man zum Betrieb dieses Geräts braucht."
"Schwarzpulver nennt man das, Tölpel", antwortete der Dawi trotzig. Er hatte gehört, dass ich ihn "Zwerg" genannt hatte ... Und das Volk der Zwerge schätzt es numal nicht sehr, wenn man es ebenso nennt. Obgleich viele Zwerge uns Menschen inzwischen diesen Fehler nachsehen, so gibt es auch noch einige die dies nicht tun und auf der Bezeichnung "Dawi" bestehen.
"Ein Dutzend? Nun ich denke, diese Menge könnte ich entbehren, doch das schmälert natürlich euren Lohn, wie?"
"Natürlich. Waffen sind teuer. Ich bin mir dessen bewusst, doch spart nicht zu sehr an dem Arm, der diese dann auch führt!" Ich hoffte, ich hatte ihm damit klargemacht, dass er nicht zuviel an unserem Lohn sparen sollte.
Die 2000 Goldstücke waren schnell verstaut und wir machten uns auf den Rückweg zum Lager. Die Sonne stand schon hoch am Himmel als wir wieder dort ankamen. Schnell wurden die Pistolen ausgeteilt und ich beäugte meine Schützen bei ihrem ersten Versuch, damit einen Baum zu treffen. Schießpulver wurde eingefüllt, sie zielten und zündeten dann die Lunten. Es lärmte gewaltig; eine Pistole versagte ihren Dienst nicht nur, sondern sie explodierte förmlich.
Dankenswerterweise blieb der Schütze unverletzt. Doch auch die anderen Schüsse gaben keinen Anlass zur Freude über die neuen Waffen. Ein einziger schlug im Baum ein, der Rest traf augenscheinlich nicht einmal die Nähe. Auf mein Lachen und die Häme der anderen Zuschauer reagierten die Schützen mit Trotz. Ein jeder, selbst der Unglückliche mit der explodierten Pistole, griff zu seinem Bogen. Alle Zwölf ließen die Sehne zur selben Zeit losschnellen. Ein kurzes Zischen und alle Pfeile hatten ihr Ziel gefunden. In ihrer Ehre bestätigt nahmen sie die Pistolen und warfen sie mir demonstrativ vor die Füße.
"Höllenmaschinen ohne jeden Nutzen, wahrscheinlich vom Feind, um uns zu schwächen", war der Kommentar von Gunther, dem Redensführer meiner Schützen.
Mit einem Lächeln antwortete ich: "Na, wenn das so ist werden wir sie so schnell wie möglich an einen unserer Feinde verkaufen." Vielleicht nicht an einen Feind, aber verkaufen wollte ich diese Dinger auf jeden Fall wieder. Wir hatten nicht die Zeit, um den Umgang mit den Pistolen zu erlernen. Die nächste Schlacht stand uns praktisch unmittelbar bevor, da musste jeder Treffer sitzen. Ich wollte nicht das meine Schützen im Schlachtgetümmel einen der unsrigen erschießen.
"Gute Entscheidung, Kommandant ... wenn uns überhaupt jemand Gold für diesen Schund zahlt."
"Ein Käufer wird sich schon finden, Gunther. Aber wenn du daran zweifelst kannst du ja noch etwas damit üben."
Eine verächtliche Geste zeigte mir an, das er wohl nicht mehr zweifelte.
"Aber Kommandant, ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Wandeln die Toten in Praag auf den Straßen, so schimpfen die Bürger. Kaum sind die Ungeheuer weg, so ist es ihnen auch nicht recht."
Er sprach einem Großteil meiner Männer offensichtlich aus der Seele.
"Nun Gunther, Tote verschwinden nicht einfach, und wenn sie es in Praag doch taten, so wandelten sie in den Straßen und wurden dort schnell zur Strecke gebracht, weil es wenige waren. Jetzt aber verschwinden die Toten spurlos, das deutet darauf hin, dass sie sich sammeln, oder das Praag nun auch ihnen zu dreckig ist. Wie dem auch sei, sollten sie sich sammeln, könnten sie Praag überrennen; deshalb die Aufregung."
Gunther begann zu lächeln: "Ach, solange wir da sind, wird keine Stadt überrannt, außer wir wollen es so!"
Jubel brach aus, welchen ich nach kurzem Warten unterbrach: "Gut, gut es ist nun an der Zeit, den Gegner zu suchen. Ich denke, irgendwo im Umland der Stadt sammeln sich die Untoten."
Ich entschied, dass vier berittene Suchtrupps die Umgebung auskundschaften sollten. Jeweils zehn Mann pro Trupp, einen führte ich persönlich an. Nach fünf Tagen sollte jeder Trupp wieder im Lager sein. Dort konnten wir dann weitere Pläne schmieden. Zamdur bat mich, sich meinem Trupp anschließen zu dürfen. Da er ein guter Reiter war gewährte ich ihm die Bitte. Zwei Ereignislose Tage waren wir durch die Wildnis geritten, als wir an einem kleinen unscheinbaren Wäldchen vorbei kamen. Für mich war klar, dass dort nichts sein konnte, doch Zamdur schien nervös.
"Was hast du mein Junge?"
"Ich weiß nicht Kommandant. Mit diesem Wald dort stimmt etwas nicht. Ihr wollt an ihm vorbei reiten, doch ich bitte euch: Lasst uns absitzen und ihn kurz erkunden. Es würde uns doch auch kaum Zeit kosten."
Die Rösser hier bei den anderen zu lassen klang logisch, würde ich in dem Wäldchen einen Gegner erwarten, doch das tat ich nicht. Zamdur anscheinend schon, warum, wusste ich nicht. Doch ich entschied, dass es einen Versuch wert war. So saßen wir ab und näherten uns dem Wald. Ein süßlicher Geruch kroch mir in die Nase, als wir uns zwischen den ersten Bäumen des Wäldchens unseren Weg bahnten. Ich gab Zamdur ein Zeichen, nun absolut still zu sein und sich hinter mir zu bewegen. Ich hatte den Geruch erkannt. Hier stank es, und zwar nach Verwesung. Obwohl die Bäume nicht sehr dicht standen, wurde es immer schwerer, etwas zu erkennen, denn die Dämmerung brach über uns herein. Schritt für Schritt schlichen wir nun voran.
Ein Klappern ließ mich aufschrecken. Schnell riss ich Zamdur mit mir zu Boden. Das Gelände war leicht angestiegen und vor uns war nun fast mannshoch Erde aufgeschichtet. Vorsichtig krochen wir hinauf, und was ich dann sah war unglaublich: Der kleine Wald war eigentlich gar kein Wald. Es war nur ein breiter Streifen Bäume, welcher einen riesigen Krater umgab. Doch viel unglaublicher - und ungleich schlimmer - war das, was sich im Inneren des Kraters befand.
Wir sahen eine Horde Untoter. Scheinbar endlos viele hatte sich dort gesammelt. Es war ein faszinierender und gleichzeitig unglaublich widerwärtiger Anblick. Skelette in rostigen Rüstungen, mit schartigen Schwertern und schon halb zerschmetterten Schilden. Wandelnde Leichen, die gerade irgendein wildes Tier zerfetzten, um ihre Gier nach Blut zu stillen ... und inmitten dessen ein Mensch.
Viele Schlachten hatten ich schon geschlagen doch so widerwärtigen und auch Angst einflößenden Gegnern, wie diesen Untoten, hatte ich noch nicht gegenüber gestanden. Der Anblick - und wohl auch der beinahe unerträgliche Gestank hier am Kraterrand - war wohl für Zamdurs Magen zuviel, denn er rebellierte. Nach dem er seine vorangegangenen Malzeiten in einer Pfütze neben sich abgelassen hatte, wandet er sich von den Scheusalen ab. Ich bedeutete ihm zu warten, was er auch tat, als er stellte fest, dass es doch noch etwas gab, was man der Pfütze hinzufügen konnte.
Ich konzentrierte mich derweil auf den Mensch zwischen den ganzen Monstern. Den kahlen, blassen Kopf zierte nur ein Symbol. Er trug eine Robe, verziert mit blasphemischen Symbolen, ähnlich dem auf seinem Kopf. Mehr konnte ich auf diese Entfernung nicht sehen, zumal es immer dunkler wurde und er mir den Rücken zugewandt hatte. Doch das genügte auch um zu erkennen, was dieser Mensch war: Es war ein Nekromant, ein Hexer, der sich der Dunkelheit verschrieben hatte. Er war ein Herr über die Toten. Nekromanten vermochten mit ihrer dunklen Macht die gesamten Toten eines Friedhofs wieder auferstehen zu lassen. Sie zwangen den Toten ihren Willen auf und formten so ganze Armeen.
Nun ergab alles einen Sinn: Praag musste nahezu ideal für einen Nekromanten sein. Er musste noch nicht einmal einen Teil seiner Macht dazu verwenden, die Toten auferstehen zulassen; in Praag taten sie das von selbst. Der Nekromant musste ihnen dann nur noch seinen Willen aufzwingen. Wie er das über diese Entfernung tat, war mir ein Rätsel, so wie mir eigentlich jegliche Form der Magie stets ein Rätsel war.
Ich hatte nun genug gesehen und Zamdur wohl auch. Ich gab ihm ein Zeichen und wir krochen wieder hinab. Bisher waren wir unbemerkt geblieben und ich hoffte, das würde auch so bleiben. Um ganz sicher zu gehen blieben wir beide bis zum Rande des Waldes nahe am Boden. Kaum hatten wir die Bäume hinter uns gelassen und unsere Kameraden sahen, überkam es Zamdur und er rannte los. Wie von Sinnen ließ er seiner angestauten Furcht freien Lauf und warf ein Bein vor das andere, er flog schon beinahe zu den Pferden. Ich hingegen ließ mir Zeit. Schließlich musste ich darüber nachdenken, wie wir den Unwesen dort im Krater zu Leibe rücken sollten.
Ich hatte bisher nicht darauf geachtet, doch plötzlich sah ich, dass mehr Pferde und Männer da standen, als vor unserem Gang in den Wald. Nun beschleunigte ich meinen Schritt ebenfalls, doch als ich ankam, löste sich das Rätsel auf: Es war einer der anderen drei Suchtrupps zu uns gestoßen. Zamdur hatte wohl auf die Fragen, was wir im Wald gesehen hatten, nicht antworten können, sodass ich nun in die Pflicht genommen wurde. Nachdem ich alles geschildert hatte herrschte beredtes Schweigen. Ich suchte drei Mann aus, die als Späher zurückbleiben sollten. Es waren erfahrene Männer, die wussten, wie sie unentdeckt blieben. Dann machte sich der Rest von uns auf den Weg zurück zum Lager. Da es nichts mehr zu suchen galt, konnten wir den direktesten Weg zurück nehmen. Es dauerte kaum länger als einen Tagesritt, da war das Lager schon wieder in Sichtweite. Nachdem wir es betreten hatten, versammelten sich alle Männer um mich. Ich berichtete kurz von dem Wäldchen, dem Krater und von denen, die sich darin aufhielten. Ein Raunen ging durch die Menge, viele hatten noch gehofft, dass es zu keinem Gefecht kommen würde. Nun war diese Hoffnung zerstört.
Nachdem ich meine Beschreibung der Gegner abgeschlossen hatte, ergriff wieder Gunther das Wort: "Kommandant wir haben während eurer Abwesenheit beunruhigende Nachricht erhalten. Ein Reiter rastete hier bei uns. Er kam gerade aus Kislev und berichtete, dass dort auch Friedhöfe geschändet worden sein. Ebenso hätte man rings um die Stadt viele aufgewühlte Stellen gefunden. Doch einige Wochen seien seit dem schon vergangen." "Interessant! Um die Stadt auch aufgewühlte Stellen? Vor Kislevs Toren hatte doch die entscheidende Schlacht gegen das Chaos stattgefunden! Auch dort hat dieser verdammte Nekromant sich Sklaven untertan gemacht? Vielleicht tapfere Kämpfer, die im Krieg gegen das Chaos als Helden ihr Leben ließen. Wir werden dem Treiben ein Ende setzen! Wir werden die rächen, deren wohlverdienten Schlaf er gestört hat! Ich will seinen Kopf! Was ist mit Euch?"
Ich hatte mich und meine Männer in Rage geredet. Alle schrien oder schlugen mit den Waffen gegen ihre Schilde, es war ein wildes Kampfgebrüll - beinahe, als wären wir schon in der Schlacht.
"Morgen, noch bevor die Sonne ihr Antlitz zeigt, werden wir aufbrechen. Macht alles bereit!"
Einen Reiter schickte ich noch los, um dem Stadthalter Praags Kunde zu bringen. Dieser wusste dann, aus welcher Richtung der Gegner kommen würde. Sollten wir uns zurückziehen müssen, so konnte der Stadthalter mit seinen Truppen einen Hinterhalt legen. Doch soweit würde es nicht kommen, wir würden die Toten zurück in ihre Gräber prügeln. Und ich wollte derjenige sein, der dem Hexer den Kopf abschlägt, oder wenigstens die Hände, bevor wir ihn auf einem Scheiterhaufen vor den Toren Praags verbrennen würden.
Und ich wollte verdammt sein, wenn er uns entkommen würde. Mein Hass gegen diesen Nekromanten saß nun tief. Nicht nur, dass er mit dunklen Mächten im Bunde stand. Er störte die Ruhe der Krieger, die ehrenvoll ihr Leben für unsere Zukunft gelassen hatten. Auch einige meiner Vorfahren sollen den alten Geschichten nach in der Schlacht um Kislev gefallen sein. Der Gedanke, das ihre Überreste nun seinem schändlichem Befehl folgten, verstärkte meinen Zorn noch. Er würde büßen für seine Untaten, und ich würde sein Richter und Henker sein, mochte kommen, wer oder was wolle.

Blutrot hatte sich der Himmel verfärbt, als wüsste, er was bald unter ihm, auf diesem Boden, geschehen würde. Nur wenige Wolken in verschiedenen Rottönen zogen am Himmel über mir. Sie wirkten wie Beobachter aus einer fernen Welt, welche sich das bevorstehende Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Entschlossen stand ich nun hier und erwartete den Gegner.
Mit beiden Händen hielt ich mein Schwert. Das Rot des Himmels spiegelte sich in der Klinge und es schien, als wäre sie blutgetränkt. Vielleicht ein Zeichen, dass die Schlacht für mich glorreich verlaufen würde?
Für mich? Ich lies meinen Blick schweifen. Allein! Ich stand vollkommen allein auf dem Schlachtfeld. Was war passiert? Wo waren meine Männer?
Noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, begann die Erde zu beben. Überall um mich herum entstanden Risse im Boden. Sie öffneten sich immer weiter, als wollte mich der Boden verschlingen. Immer heftiger bebte die Erde und immer schwerer war es für mich, nicht zu stürzen. Doch ganz plötzlich war alles wieder ruhig. Eine beunruhigende Stille trat ein. Einen Moment lang glaubte ich, ein leises Zischen zu hören. Wenige Augenblicke später vernahm ich ganz deutlich ein lautes Brodeln. Es schien aus den Rissen um mich herum zu kommen.
Rauch trat auf einmal aus den Spalten, wie vom Boden ausgespien. Auch dieses Schauspiel währte nur kurz. Das Zischen hatte aufgehört und einige Qualmwolken schwebten unheilschwanger um mich herum. Erschrocken stellte ich fest, dass der Rauch sich bewegte. Jedoch nicht durch den Wind, sondern scheinbar aus eigener Kraft. Die einzelnen Rauchschwaden strebten auf einander zu und bildeten eine immer größer und dunkler werdende Wolke. Gebannt beobachtete ich den Vorgang. Inzwischen hatten sich alle Rauchschwaden vereinigt. Nun formte sich die riesige finstere Wolke um. An einigen Stellen strebte sie auseinander, an anderen verdichtete sie sich. Immer mehr schien sie die Form eines riesigen Menschen anzunehmen. Arme, Beine, selbst ein Kopf hatten sich scheinbar von selbst gebildet. An der Stelle, die ich als Kopf identifiziert hatte, bildeten sich zwei kleine Löcher und knapp darunter ein breiter Riss. Nun war es eindeutig, ich blickte in das fiese Antlitz eines Ungetüms aus Rauch und Dampf. Ich ging einige Schritte zurück und machte mich kampfbereit. Die Fratze verformte sich derweil zu einem üblen Grinsen. Ein schallendes Lachen schlug mir entgegen, als ich mein Schwert erhoben hatte. Die Bestie hob einen Arm und Rauch strömte aus dem Zentrum in Richtung eben dieses Arms. Dort trat er aus und bildete neben dem Monster eine weitere Wolke. Diese verformte sich jedoch sofort wieder, sie zog sich in die Länge und wurde immer schmaler. Langsam konnte ich erkennen, was sich aus dieser Wolke bildete: Ein riesiges Schwert. Es war also nicht einfach eine Bestie - es war ein gigantischer Krieger.
Inzwischen war mir zuviel Zeit verstrichen, also griff ich an. Mit einem Schrei stürmte ich mit erhobenen Schwert auf den Gegner zu. Ich war wohl zu schnell für ihn, denn er schaffte es nicht mehr, in eine Abwehrhaltung zu gehen. Mein Schwerthieb traf ihn voll.
Doch zu meiner Überraschung glitt mein Schwert durch, als wäre dort nichts. Ich hatte mit soviel Wucht zugeschlagen und nichts getroffen, so dass ich mein Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte. Wieder dieses tiefe, schallende Lachen. Es klang nun vollkommen siegesbewusst. Ich war auf den Bauch gestürzt, sodass ich nicht sehen konnte, was über mir vorging. Schnell rollte ich mich herum und sah noch, wie die Klinge aus Rauch auf mich zu schnellte. Sie traf punktgenau, meine Rüstung zerbarst unter ihrem Druck. Nun in diesem letzten Augenblick war mir klar, dass dieser Gegner mir überlegen war und ich mein Leben verwirkt hatte. Gerade als die schreckliche Klinge in meine Brust schnitt, die Schmerzen unerträglich wurden und ich mir die gnädige Dunkelheit der Ohnmacht ersehnte, erwachte ich schweißgebadet.
Ein Traum, es war alles nur ein Traum! Ein Omen? Eine Warnung aus dem Jenseits, dass wir dem Kommenden nicht gewachsen sein würden? Ich würde unseren Priester befragen, wie er diesen Traum deutete. Seine Segnungen und Bannsprüche hatten das Schlachtenglück schon oft zu unserem Vorteil gewendet. Ich war gerade auf dem Weg zu seinem Zelt, als Vlad, der Priester, mir entgegen trat. Mit weit geöffneten Augen musterte er mich. Es schien, als wollte er durch mich hindurch blicken. Schließlich blickte er mir lange in die Augen und sagte dann: "Du hast ihn auch gesehen!"
"Ich habe ... wen gesehen?" stotterte ich.
"Den Krieger aus schwarzen Rauch. Den Unheilsboten aus meinem Traum, er ist auch dir erschienen!"
Erstaunt neigte ich den Kopf: "Ja einen solchen Krieger sah ich in meinem Traum. Was bedeutet das?"
"Auch ich bin der Bedeutung dieses Zeichens unsicher! Womöglich werden wir in der nächsten Schlacht einem mächtigen Krieger gegenüber stehen. Einem Krieger, der fast unbesiegbar zu sein scheint."
"Fast unbesiegbar, doch es gibt nichts, das sich unserer Meute entgegenstellen kann, ohne zermalmt zu werden", sagte ich laut. Sofort ging ein wildes Gebrüll durch die Mengen. Wir waren bereit für die Schlacht, mochte kommen was wolle. So wurden die letzten Vorbereitungen getroffen und wir zogen los.

Als sich der zweite Tag unser Reise dem Ende neigte, kam mir einer der Späher entgegen, die ich zurückgelassen hatte. "Sie kommen, Sie kommen!", schrie er uns entgegen. Als er uns endlich erreicht hatte berichtete er: "Kommandant, unsere Gegner haben den Wald verlassen. Sie sind noch ungefähr eine Wegstunde von uns entfernt."
"Gut, also bereiten wir uns auf die Schlacht vor.", entgegnete ich mit einem grimmigen Lächeln. Wir konnten schon eine für uns günstige Position beziehen und somit bestimmen, wo die Schlachtlinie verlief. Es dauerte, bis alle meine Männer ihre Stellung bezogen hatten. Es wurde langsam finster. Nicht unbedingt ein Nachteil für uns. "Keine Fackeln und keine Feuer, so wissen sie nicht das wir da sind."
So lagen wir nun auf der Lauer und endlich sahen wir am Horizont Lichter blinken. Es waren die Fackeln der Untoten. Beinahe unzählig viele. Nach einer Weile konnte man auch die ersten wandelnden Leichname erkennen. In Reih und Glied marschierten sie, vollkommen organisiert, beinahe, als wäre es nur ein Ehrenmarsch für irgendeinen König.
Als sie die Verwesenden und entstellten Körper auf sich zu marschieren sahen, ging der Ansatz von Panik durch die Reihen meiner Männer. Also ergriff ich das Wort: "Wir haben Grünhäute niedergemetzelt, Skaven ihre seuchenverpesteten Köpfe
abgeschlagen und auch gegen Lindwürmer haben wir bestanden, also sage ich: lasst den Gegner aussehen wie er will, wir werden ihn besiegen! Wir werden sie in die Löcher zurück jagen, aus denen sie gekommen sind! Keiner von ihnen wird diese Schlacht in einem Stück überstehen!"
Gunther nahm sein Schwert und klopfte auf sein Schild. Kurz darauf klopften fast alle meine Männer im Takt. Ein bedrohliches Dröhnen, das noch mehr unseren unbeugbaren Willen bewies, entstand.
Auch unseren Gegnern war dies wohl nicht entgangen, denn sie stockten. Ich sah, wie nun doch eine leichte Unordnung in den Reihen der Untoten entstand, also schrie ich: "Angriff!"
Wenige Sekunden später prallten die ersten Schwerter und Äxte auf einander, Knochen zerbarsten und Blut spritzte. Zwei Skelette hatten mich als Ziel auserkoren, oder eher umgekehrt. Eines war mit einem Hammer bewaffnet, das andere nannte Schwert und Schild sein eigen. Noch während der Hammerschwinger ausholte, köpfte ihn mein Schwerthieb. Sofort wandte ich mich dem anderen zu und wehrte seinen Streich ab. Doch auch er parierte meinen Hieb gekonnt. Schnell hob ich den Schild und sprang auf ihn zu. Die Wucht des Aufschlags warf ihn um, sodass ich mich auch seiner schnell entledigen konnte. Um mich herum tobte die Schlacht wild.
Es kam gerade kein Gegner auf mich zu, also nutzte ich die Zeit um einen kurzen Überblick zu bekommen. Meine Männer behielten die Oberhand, überall flogen Leichenteile und Knochen der Untoten herum. Wir würden diese Schlacht mit Leichtigkeit gewinnen ...
Plötzlich mischte sich ein neues Geräusch unter den Schlachtenlärm. Es war schrill und wurde immer lauter. Ein Blick nach oben offenbarte mir die grausame Wahrheit: Ein riesiger, brennender Schädel flog unter lautem und schrillen Gelächter in hohem Bogen über mich hinweg und schlug mitten zwischen meinen Männern ein. Er explodierte förmlich und riss - soweit ich es erkennen konnte - vier Mann in den Tod.
Verdammt! Das Schlachtenglück hatte sich wohl gewendet. Schnell versuchte ich zu erkennen, von wo dieser Schädel gekommen sein mochte, als plötzlich wieder dieses schrille Gelächter ertönte. Diesmal sah ich, von wo der Schädel aufstieg. Ein Katapult!
Dieser verdammte Bastard hatte die Untoten ein Katapult bauen lassen, welches sie nun gegen uns einsetzten. Wie konnte ich es nur übersehen haben, es war umgeben von einigen Fackeln und somit hell erleuchtet. Als ich genauer hinsah, traf es mich wie ein Donnerschlag: Dieser verdammte Nekromant befehligte die Besatzung höchstpersönlich! Er stand lachend neben der Kriegsmaschiene und wies gerade auf ein neues Ziel. Soweit sollte es nicht kommen. Ich würde seinem Treiben jetzt ein Ende bereiten.
Doch zulange hatte ich einfach nur herumgestanden und nur geschaut, denn plötzlich wurde ich hart am Rücken getroffen und ging zu Boden. Schnell drehte ich mich um und sah, was mich da getroffen hatte: Ein Hammer, geschwungen von einem halb verrotteten Kadaver. Er holte schon zum vernichtenden Schlag aus, als er von hinten ein Schwerthieb abbekam. Er wankte, und das Schwert des Angreifers steckte noch in ihm - doch geschlagen war er noch nicht. Einen Augenblick später sah ich jedoch, wie ein Hammer seinen Schädel zerschmetterte. Es war Zamdur, der den Hammer mühsam mit beiden Händen geschwungen hatte und nun anscheinend noch nicht einmal mehr die Kraft hatte, den Hammer wieder zu heben. Er zog schnell sein Schwert aus dem Kadaver, nickte mir kurz zu und rannte geduckt weiter. Nun verdankte ich dem Grünschnabel wohl mein Leben ...
Ich war sofort wieder aufgesprungen und hieb mir nun meinen Weg zum Katapult frei. Ein Gegner nach dem anderen fiel. bis ich endlich die Kriegsmaschine erreicht hatte. Erst jetzt bemerkte der Hexer mich. Schnell befahl er der Besatzung des Katapults. mich anzugreifen, und sechs Skelette stürmten auf mich zu. Ich bereitete mich auf einen längeren Kampf vor, doch das Glück war auf meiner Seite. Ohne große Probleme mähte ich die sechs nacheinander nieder.
Nun trat ich auf den Nekromant zu. "Ich werde dich für dein blasphemisches Verhalten und deine Untaten richten."
Seine Antwort war nur ein kaltes Lächeln, dann hob er einen Arm und deutete auf eine Kiste, die nahe dem Katapult lag; anscheinend ein steinerner Sarkophag, reich verziert und riesig. Unbeeindruckt hob ich mein Schwert und schritt auf den Unhold zu.
"Haltet ein, oh tapferer Krieger!", sagte er spöttisch. "Du siehst den Sarg dort? Darin ist eine Macht gefangen. Eine Macht, die noch nicht einmal ich zu bändigen vermag. Einsperren konnte ich sie jedoch, und das Behältnis mit einem magischen Siegel versehen."
"Willst du mich mit deinen Märchen zu Tode reden, Hexer?"
Wieder lächelte er kalt: "Du verstehst nicht. Das Siegel, mit dem diese Macht gefangen gehalten wird, ist mit meiner Lebenskraft verbunden. Tötest du mich, so öffnet sich auch das Siegel und entlässt den grausamsten Krieger, den diese Welt je gesehen hat. Nichts könnte ihn aufhalten! Keiner deiner Schwerthiebe, Pfeile oder Schläge wird ihn verletzen können. Nur Das Siegel - und somit meine Lebenskraft - stehen zwischen ihm und dieser Welt."
In diesem Sarkophag musste das Monster aus meinem Traum ruhen. Also dürfte das Siegel nicht gebrochen werden.
"Also Krieger, leg deine Waffen nieder und bereite dich auf deinen Tod vor."
Nun war es an mir zu lächeln: "Ich darf dich also nicht töten! Doch wenn ich dich bewusastlos schlage und dich gefangen nehme, dann bleibt deine Lebenskraft erhalten und das Siegel auch."
Diese Lücke in seinem Plan war ihm wohl neu, aber dennoch stimmte meine Vermutung, denn in seinem Gesicht spiegelte sich das blanke Entsetzten. Ich lachte noch einmal auf. "Also gut ich richte dich nicht, ich sperre dich nur auf ewig ein."
Er setzte sofort zur Flucht an, doch ich war schneller. Ein Hieb mit dem Schwertknauf und er ging zu Boden. Schnell kappte ich ein paar Taue von dem Katapult und fesselte ihn. Als ich mich gerade umsah, kam Zamdur auf mich zu. Mit leuchtenden Augen fragte er: "Habt ihr ihn schon getötet?"
"Nein, das geht nicht; er bleibt unser Gefangener!"
Zamdurs Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. "Was!? Er muss sterben, er muss sterben!"
Ich unterschätzte die Situation und lächelte nur. "Mein Junge, stelle deine Rachegelüste hinten an. Es ist wichtig, dass er am Leben bleibt."
Zamdur stand nun schon direkt neben dem gefesselten Nekromanten. Noch immer sah ich keine Gefahr in Zamdurs Verhalten.
"Ha du Narr! Es ist wichtig das er am Leben bleibt? Es ist wichtig das er stirbt und das Siegel gebrochen wird!", schrie Zamdur.
Erneut sah ich tatenlos zu. "Steck den Dolch ein, du Wahnsinniger!"
Ich stockte.
Woher wußte er von dem Siegel?
Ein Verräter?
Er hatte diese Gedanken wohl aus meinem Gesicht ablesen können, denn er lächelte mich noch einmal höhnisch an und stach dann zu. Noch bevor ich reagieren konnte, keuchte der Nekromant in seinem letzten Atemzug.
Von nun an überschlugen sich die Ereignisse. Zamdur sprang auf und rannte los. Gerade als ich mich an seine Verfolgung machen wollte, bebte die Erde. Ein Rotes Licht umgab den Sarkophag plötzlich. Kleine Risse entstanden im Gestein, aus denen noch mehr rotes Licht schien. Immer mehr und immer größere Risse entstanden. Alles um den Sarkophag war nun in einen blutroten Schimmer getaucht. Ohne jedes Anzeichen flog plötzlich die oberer Steinplatte weg. Einige Schritt weiter schlug sie auf den Boden und grub sich tief in das feuchte Erdreich. Gebannt starrte ich auf den nun offenen Sarkophag, als ich plötzlich eine Hand im roten Schein erkennen konnte. Eine riesige Hand, die anscheinend eben die Steinplatte weggestoßen hatte. Ich wand meinen Blick kurz ab, nur um mich zu versichern, dass ich nicht wieder träumte. Sehr schnell richtete ich meinen Blick jedoch wieder zum Sarkophag. Inzwischen begann sich eine Gestalt aus dem Licht und den wabernden Staubwolken zu schälen. Plötzlich erlosch das Licht. Ich kniff immer wieder die Augen zusammen, denn durch das helle Licht, welches eben erloschen war, konnte ich in der nun entstandenen Dunkelheit nichts mehr sehen. Ich strengte mich an, in die Finsternis zu starren, doch das brauchte ich gar nicht. Die Gestalt trat plötzlich vor eine Fackel. Ein fast ogergroßes Unwesen stand dort im hellen Schein der Fackel. Als ich genau hinsah, stellte ich fest, dass diesem Monstrum sowohl der Kopf als auch der rechte Arm fehlte. Links trug es eine Axt als Waffe, welche es auch noch im selben Augenblick einsetzte. Wir hatten die Schlacht verloren, mit so einem Verbündeten hatten die Untoten gesiegt.
Doch der Axthieb traf keinen von meinen Männern, vielmehr zerfetzte er drei Skelette direkt vor der Bestie. Das Ungetüm machte einige Schritte, bis wieder einige Untote seinen Weg kreuzten, und erneut fielen sie seinen Axthieben zum Opfer. Ich folgte der Bestie und erkannte bald, dass sie sich einfach einen Weg durch die Schlacht bahnte. Sie kämpfte für keinen, jeder der im Weg stand wurde niedergemäht.
Ich schrie meinen Männern zu, sie sollten den Weg für das Ungetüm frei machen und es nicht bekämpfen. Selbst in der tobenden Schlacht wurde mein Befehl befolgt. So konnte das Monster durch unsere Reihen spazieren, ohne einen meiner Männer zu töten. Ich verlor es ziemlich schnell aus dem Blick, da sich die Untoten nicht sehr beeindruckt vom Tod ihres Meisters und den Verlusten durch die Bestie zeigten. Doch sie hatten keine Chance mehr gegen uns. Die Schlacht tobte zwar noch eine Weile aber uns war der Sieg nicht mehr zu nehmen.

Als die Sonne begann den Horizont zu erhellen waren auch die letzten Toten zurück in ihr Reich geschickt. Wir sammelten uns wieder und versorgten die Verletzten. Während ich auf dem Schlachtfeld noch nach Überlebenden suchte, trat Gunther zu mir.
"Kommandant, ein Reiter aus unserem Lager kam eben an. Er wollte uns warnen: Man hat in Zamdurs Zelt Male des Chaos und blasphemische Schriften gefunden. Zamdur ist ein Verräter."
"Das habe ich schon bemerkt, nur leider zu spät. Ein Anhänger des Chaos in meinen Reihen, wie blind war ich nur?"
"Wir haben ihn alle verkannt. Der Priester will unbedingt mit euch sprechen."
Wir suchten noch eine Weile, dann brachte mich Gunther zu Vlad, dem Priester.
"Beschreibe mir das Monster, Wilbur!"
"Haben meine Männer es dir nicht beschrieben?"
"Ich muss es von dir hören, dein scharfes Auge mag mehr gesehen haben."
"Gut ... Es war riesig, beinahe so groß wie ein Oger, und ihm fehlten der rechte Arm und der Kopf."
Vlad schrie auf: "Ojeh!"
"Was ist, Priester? Weißt du, was es war?"
"Ich glaube es zu wissen. Ein Monster aus vergangener Zeit. Erinnere dich an die Schlacht um Kislev, die entscheidende Schlacht im großen Krieg gegen das Chaos. Welche Bestie wurde dort zur Strecke gebracht, indem Magnus ihr den Kopf abschlug?"
"Oh nein, Asavar Kul!"

Was hatte ich getan? Durch meine Leichtgläubigkeit und mein Versäumnis, Zamdur im richtigen Moment aufzuhalten, hatte ich Asavar auferweckt? Asavar Kul, den größten Anführer, den die Mächte des Chaos jemals hatten.
Ich hatte ihn befreien und entkommen lassen. Einen untoten Chaoschampion, der nun nach Norden gezogen war. DER Grund für den großen Krieg wandelte dank mir wieder auf dieser Welt.
Was hatte ich angerichtet?


Der Autor
"Zu meiner Kurzgeschichte gibt es natürlich auch eine kurze Geschichte ;) Ich bin durch Zufall in einem Internetforum über das Thema Warhammer gestolpert und erkundigte mich dort etwas darüber. Da die Leute alle so nett waren dachte ich, etwas das so eine nette community hat muss was besonderes sein. Also kaufte ich mir meinen ersten White Dwarf und es
war um mich geschehen! Eben in diesem White Dwarf war die Geschichte über den grossen Krieg gegen das CFhaos und den Fall Praags, das inspirierte mich so sehr, dass ich ohne vom Wettbewerb zu wissen diese Geschichte schrieb und als ich vom Wettbewerb erfuhr schickte ich sie sofort ein.
Ich möchte nochmal den ganzen Warhammer Fans danken, dass sie so begeisterungsfähig sind und auch so verständnisvoll um selbst Unwissende wie ich einer war und heute teilweise noch bin, in ihre Reihen aufzunehmen."

Die Jury
"Hierbei handelt es sich um eine detailfreudige und spannende Geschichte. Der Handlungsbogen wird konsequent um die Haupthandlung der Bekämpfung der Untotenhorde aufgebaut, wobei aber auch kleinere Nebenhandlungen erfolgreich eingebunden wurden. Der große Paukenschlag (der einen Großteil der Jury sehr überraschte!) folgt im Finale und soll jetzt natürlich nicht verraten werden ... Die Geschichte überzeugt daher inhaltlich, doch es gab deutlichen Punkteabzug für durchgehend schlechte Schrift und Sprache im Originaltext."

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