Seine Schritte hallten im langen Säulengang wieder. Ohne
je zum Ziel zu kommen, lief Ariethos auf und ab, und genauso
wie die Schritte kreisten seine Gedanken ziellos im Kopf umher.
Schon wieder hatte er es getan, wie eine bösartige, pervertierte
Sucht verfolgte es Ariethos. Krieger oder Philosoph? Schon einige
Male hatte er sich geschworen, nie wieder seine Soldaten in
den Krieg zu schicken. Und nun hatte er es doch wieder getan.
Kaum war das Blut vom letzten Kampf an den Waffen seiner Männer
getrocknet, gelüstete es Ariethos wieder nach neuen Eroberungen.
Natürlich war er siegreich gewesen, so wie immer, das war
auch nicht Ursache seines inneren Widerstreits. Vielmehr beängstigte
ihn seine Bereitschaft, auch den letzten Kämpfer für
das berauschende Gefühl des Sieges zu opfern. Triumph,
Ruhm und die Aura des gloriosen Bezwingers der Feinde des Imperiums
- für diese Dinge war er bereit, die ganze Welt auszurotten.
Nun marterte Ariethos also wieder sein gnadenloses Gewissen.
Sein weiser Freund, der Erzmagier Jygnir hatte ihm empfohlen,
es mit einer finalen Auseinandersetzung mit sich selbst zu beruhigen.
So sollte es denn sein - sein Schwert, Unheilbringer und Zeichen
des ruhmreichen Feldherrn Ariethos, sollte das letzte sein,
das durch ihn je zerstört werden sollte. Nie wieder würde
seine Hand oder seine Zunge jemandem Verderben bringen.
Die Jahre zogen ins Land, und aus dem einstigen Kriegerkönig
wurde ein segensreicher Friedensbringer. Das Imperium gedieh,
und das Volk war reich und glücklich, wohl eine der besten
Zeiten, die man je gesehen hatte. Doch die Götter sind
bisweilen missgünstig auf allzu dauerhaftes Glück,
und am meisten erboste sie wohl die Tatsache, dass Ariethos
sein seelisches Zerwürfnis dank der Friedfertigkeit vollständig
beigelegt hatte. Solch inneres Glück war außer dem
göttlichen Sigmar nie einem sterblichen beschieden gewesen.
So bestraften die Weltenlenker denn Ariethos mit einer Horde
plündernder, breitgesichtiger Orks.
Ohne Gnade richteten die Orks den Frieden des Imperiums, unwissend,
ein göttliches Werkzeug zu sein. Genauso grausam wie untereinander,
wüteten sie gegen die Bevölkerung, Ariethos' Skrupel
waren ihnen fremd. Ohne Wahl plünderten und brandschatzten
die Grünhäute in den Dörfern um Altdorf, und
wer noch von einer Begegnung mit ihnen berichten konnte, pries
die Himmlischen für ihre Gnade.
So stürzten die Götter Ariethos' Seele in den Abgrund
unendlicher Zerwürfnis, der Herrscher fühlte, wie
sich zwei Hunde in seinem Inneren balgten - die Selbstachtung
und der Krieg. Sein feierliches Gelübde wog schwer, genauso
wie die Verantwortung dem bedrohten Untertanen gegenüber.
Die Armee reanimieren und von neuem dem Tod dienen? Auf Frieden
und die Wiederkehr der göttlichen Gunst hoffen? Ariethos
war gebrochen. Was auch immer er beschliessen würde, unzählige
Unschuldige würden durch ihn den Tod finden. Nun quälten
ihn wieder die alten Selbstzweifel, Jygnirs guter Rat wurde
zur Marter.
Lange saß Ariethos auf dem mit Intarsien verzierten Thron,
ohne Erkenntnis zu erlangen. Da blickte er auf und sah sich
die Fresken an der Wand des Thronsaals an. Ein Bildnis des heroisch
gegen die Orks kämpfenden Sigmar fesselte ihn. Wie ein
Berserker wütete der Krieger in heiligem Zorn und strafte
die Orks für ihre Vermessenheit, sich ihm entgegenzustellen.
Bis zur Hüfte watete der Abgebildete in Blut und leblosen
Körpern. Dieses Bild eines unbekannten Meisters, so beschloß
Ariethos, sollte sein Schicksal besiegeln. Er würde, um
das Volk zu schützen, seine Krieger neuerlich vor das Angesicht
des Todes führen.
So stand das Heer des Imperiums auf dem Schlachtfeld, Schild
an Schild, Stahl an Stahl. Wie ein Mann würden sie sich
dem Feind entgegenstellen und grausame Rache nehmen, ungeachtet
des Blutzolls, den die Grünhäute fordern mochten.
An der Spitze seiner Männer stand der vom Schicksal getriebene
Ariethos, gerüstet in seinen prächtigsten Panzer.
Bereit zu seinem letzten Kampf. Ohne Furcht vor dem Feind, aber
zitternd vor der Schuld. Mit einem Stoßgebet an seine
göttlichen Peiniger ihn nicht vom Feld zurückkehren
zu lassen, gab er das Zeichen zum Angriff. Die Unergründlichen
hatten ein Einsehen.
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