Der Wald war ruhig
und der nächtliche Bodennebel verdeckte das feuchte Unterholz.
Viele Tiere des Waldes ruhten noch in ihrem Bau oder labten sich
in ihren Höhlen an der in der Nacht geschlagenen Beute. Nur
der Wind brachte die auf den Waldboden gefallenen Laubblätter
zum Rascheln. Aber einige Lebewesen waren noch unterwegs. Ein
kleines Säugetier mit getigertem Fell tauchte zwischen den
Farnen auf und schnupperte unruhig über den Boden. Es war
auf der Suche nach heruntergefallenen Samen. Auf einem Laubhügel
wurde es fündig. Doch schon nach wenigen Augenblicken horchte
es erschreckt auf. Die länglichen Ohren stellten sich auf
und drehten sich unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen.
Dann verschwand es so schnell und lautlos, wie es gekommen war.
Der Laubhügel begann sich zu bewegen und glitt langsam über
den Waldboden.
Die hier typische Dämmerung hatte bereits begonnen. Es
war soweit mit der Mission zu beginnen. Ein zirpendes Geräusch
lies ihn kurz aufhorchen. Das war das Signal! Schon seit Stunden
hatte er hier ausgeharrt und geschwiegen. Seine Atmung war kontrolliert
immer flacher geworden und sein Körper war in den antrainierten
Ruhezustand gewechselt. Gestern Morgen waren sie angekommen.
Dann waren sie sofort in den Wald und seine Atmosphäre
untergetaucht und hatten der Natur Gelegenheit gegeben, sich
an sie und ihren Geruch zu gewöhnen. Auch sie selbst hatten
sofort begonnen sich ihrer Umgebung anzupassen. Irgendwann hatten
die hier beheimateten Tiere begriffen, dass sie nicht auf Beute
aus waren und ihnen nicht ihr Revier streitig machen wollten.
Dann waren sie wieder in ihre artspezifischen Gewohnheiten verfallen
und hatten nicht mehr alarmiert geschwiegen. Nein, nun konnten
er und seine Kameraden sich bewegen, ohne dass gleich der ganze
Wald schwieg, wie es immer der Fall war, wenn irgendwo Gefahr
im Verzug war. So würden sie den Gegner nicht unnötig
auf sich aufmerksam machen. Es hatte nur ein paar Stunden gedauert,
bis sie selbst zu einem Teil der Natur geworden waren.
Die Tarnkleidung hatte den erdigen Duft des Waldbodens angenommen
und sich mit dem leicht fauligen Geruch des Laubes vermischt.
Etwas mitgebrachtes Pheromonspray hatte dem ganzen noch eine
unauffällige Note verliehen und ihren eigenen schwachen
Körpergeruch gänzlich überdeckt. Dank ihres speziellen
Trainings war es ihnen möglich gewesen, sich über
Stunden nur im zeitlupenhaften Kriechgang zu bewegen. So würden
sie sich nicht durch zu schnelle Bewegungen und zu laute Geräusche
verraten, keine knackenden Äste und Zweige und auch keine
raschelnden Blätter.
So hatten sie sich allmählich ihren jeweiligen Zielpositionen
genähert, ohne dass auch nur irgendjemand etwas davon ahnte.
Mit geschultem Blick hatte er sämtliche Fallen und Sensoren
bemerkt, die das Zielgebiet sicherten und überwachten.
Schnell waren die Fallen unbrauchbar gemacht und die teilweise
gut versteckten Kameras umgangen. Sie durften nicht einfach
ausgeschaltet werden. Das Risiko war zu groß, dass ein
ausgefallener Bildschirm Alarm in der Zentrale auslöste.
Sollte er trotz allem auf einem der Überwachungsbänder
zu sehen sein, müsste man sich diese schon im Schnelldurchlauf
betrachten, um überhaupt seine Bewegungen darauf ausmachen
zu können. Er hatte damals in der Ausbildung nicht schlecht
gestaunt, als ihnen der Ausbilder Überwachungsbänder
gezeigt hatte und wissen wollte, was sie darauf sahen. Keinem
war etwas aufgefallen, erst als der Ausbilder auf einen sich
langsam über den Bildschirm bewegenden Grashaufen gedeutet
hatte, war ihnen ein Licht aufgegangen. Doch nun waren sie schon
auf Sichtweite zum Ziel. Während der langen Wartezeit bis
zum Startsignal hatten sie sich alle Wachrotationen der bewaffneten
Soldaten eingeprägt. Dies geschah mittlerweile unbewusst
und er konnte sich auf die weiteren Schritte der Mission konzentrieren.
Nur durch ein kompliziertes Alphabet aus zirpenden Geräuschen
und leisen Pfiffen, die problemlos von den Waldtieren stammen
konnten, hatten sie sich verständigt und abgesprochen.
Gleich nach dem nächsten Wachwechsel wollten sie zuschlagen.
Die frischen Wachen wären noch unausgeschlafen oder zu
abgelenkt von ihren Tätigkeiten in Innern der Gebäude
und würden noch nicht so schnell reagieren können,
wie jemand der schon seit einiger Zeit draußen war und
sich an die Lichtverhältnisse und Geräusche gewöhnt
hatte. Das leise Zirpen war das Startsignal.
Er wählte den Mann aus, der gerade um die Ecke des Elektrozauns
kam. Der Mann gähnte und streckte seine Arme. Seine Schicht
hatte gerade angefangen und er hatte nun mehrere Stunden Wachdienst
vor sich. Sein Gewehr hatte er noch geschultert. Gut. Er würde
wertvolle Sekunden damit verschwenden, die Waffe in Anschlag
zu bringen und schussbereit zu machen. Der Mann war so gut wie
tot. Mit gemächlichen Schritten näherte sich der Soldat
einem Baum. Das nichts ahnende Opfer stellte sich breitbeinig
in Position um Wasser zu lassen. Mit schnellen lautlosen Bewegungen
war er an den Mann heran. Der Zeitpunkt war perfekt gewählt.
Der Soldat hatte im Moment alles andere im Kopf, als einen Angriff
aus dem Unterholz. Das Messer war schnell gezückt. Er sprang
hoch. Mit der Linken umschlang er den Kopf seines Opfers und
hielt ihm den Mund zu. Mit der Rechten setzte er das Messer
an die Kehle des Soldaten und schlitzte sie schnell und fachmännisch
auf. Der Schnitt ging tief genug um auch die Stimmbänder
zu zerstören. Warmes Blut ergoss sich über seine Hände.
Der ganze Angriff dauerte nicht einmal fünf Sekunden und
der Soldat sackte in sich zusammen und wurde von ihm ins nahe
Unterholz gezerrt. Ein paar Farne und Sträucher würden
die Leiche lange genug verbergen, bis die Mission vorüber
war. Er nahm das Funkgerät an sich, mit dem der Soldat
einen möglichen Alarm hätte melden können und
schlich weiter. Der zweite Soldat, der eigentlich von der anderen
Seite des Zauns hätte kommen müssen, erschien nicht.
Also war auch er unauffällig ausgeschaltet worden. Er warf
einen kurzen Blick auf, den unter seinem grünen Stoffstreifen
verborgenen, Chronometer. Sie lagen alle perfekt in der Zeit.
Erst jetzt fühlte er das angenehme Kribbeln des Blutes
in seinen Gliedern, die so lange fast bewegungslos verharrt
hatten und das Adrenalin in seinen Adern, das ihn nach der langen
Ruhephase zu berauschen drohte. Er gierte geradezu nach schnellen
Bewegungen, doch er musste sich beherrschen. Der kleinste Fehler
konnte das Aus für die ganze Mission bedeuten. Mit dem
Codeschlüssel des Wachsoldaten kam er durch die Tür
im Elektrozaun und war nun auf dem Zielgelände. Viel gab
es nicht zu sehen. Das größere Hauptgebäude
unterschied sich eigentlich nur durch die Funkantenne und die
stärkeren Türen von den restlichen Baracken des kleinen
Vorpostens am Rande der Landebahnen. Mit geübtem Blick
fand er das, wonach er suchte. Das Generatorhäuschen das
den Strom für den Elektrozaun produzierte.
Eigentlich war es nur ein etwas besserer Holzschuppen mit einem
schweren Schloss vor der Tür. Im Innern summte der Stromgenerator
leise vor sich hin. Mit seinen Spezialdietrichen hatte er das
Schloss schnell geknackt und war im Schuppen. Dann zog er ein
Kabel aus einer Halterung und unterbrach den Stromfluss. Als
nächstes drückte er das Schloss wieder zu und kletterte
auf das Dach des Schuppens um sich dort auf die Lauer zu legen.
Bald würde jemand nachschauen, was es mit dem Stromausfall
auf sich hatte. Er brauchte nicht lange warten und da näherten
sich auch schon zwei genervte Soldaten. Sie unterhielten sich
leise im lokalen und unverständlichen Dialekt und achteten
nicht im Geringsten auf ihre Umgebung. Sie fühlten sich
sicher. Interessiert betrachteten sie den noch laufenden Generator
und suchten nach der Fehlerquelle. Uneinig über die nächsten
Schritte, begann der Eine halbherzig das Gerät mit Schlägen
und Tritten zu bearbeiten, während der Andere die Treibstoffzufuhr
und die wenigen Hebel und knöpfe die die Leistung des Generators
regelten untersuchte. Dabei murmelte er betend vor sich hin.
Beide waren nun total abgelenkt und bemerkten nicht den Schatten
der vom Dach glitt und sich ihnen mit gezücktem Messer
näherte.
Er tötete sie schnell und fast geräuschlos, wobei
der Generator laut genug war, um jedes Geräusch der Sterbenden
zu schlucken. Mit Mühe zerrte er sie hinter den Generator,
wo sie erst einmal gut genug versteckt waren. Als nächstes
holte er aus einer der vielen Taschen seiner Tarnmontur ein
kleines Zusatzgerät, das er am Generator anbrachte. Als
er auf den Knopf einer mitgebrachten Fernbedienung drückte,
floss der Strom wieder. Jetzt war er in der Lage, den Strom
jederzeit an- und abzuschalten. Jedenfalls für alle äußeren
Systeme die von dem Generator gespeist wurden. An die zweite
Generatoreinheit, im Innern eines der Gebäude, kam er nicht
heran. Ein Blick auf den Chronometer zeigte ihm, dass er etwas
Zeit vertrödelt hatte. Seine Kameraden hatten die kurze
Stromunterbrechung genutzt und den Elektrozaun überwunden.
Er hörte ihre leisen Zirplaute und sputete sich, um die
verlorene Zeit wieder aufzuholen. Mittlerweile mussten alle
Soldaten die soeben ihren Außendienst angetreten hatten,
ausgeschaltet sein. Er hatte nichts davon bemerkt, also hatten
die Männer im innern der Gebäude garantiert keine
Ahnung von dem, was sich buchstäblich vor ihrer Tür
abspielte. Rasch machte er sich auf den Weg zu seiner nächsten
Position. Mehrere Male sah er wandelende Vegetation auf dem
Gelände. Seine Kameraden nahmen also auch ihre jeweiligen
Positionen ein. Vor ihm lag der Sendemast für das Hauptradar
und die Funkstation der ganzen Anlage. An dessen Sockel hatte
einer seiner Kameraden einen flexiblen Tornister für ihn
abgelegt, den er aufnahm, bevor er anfing, den Mast zu erklimmen.
Endlich oben, sicherte er sich mit zwei mitgebrachten Gurten.
Beim Aufstieg war er einmal hängen geblieben, als sich
seine Ausrüstung an einer vorstehenden Stahlstrebe verfangen
hatte und wäre einmal fast abgerutscht und in die Tiefe
gestürzt. Natürlich wäre er von einem seiner
Kameraden schnell ersetzt worden. Für solche Fälle
war im Missionsplan Vorsorge getroffen worden, doch er wollte
mit seinem Tod auch nicht dafür verantwortlich sein, die
ganze Mission zum Scheitern zu bringen. Auch wollte er gerne
noch etwas weiter leben. Neben sich legte er das Spezialseil
ab, mit dem er sich nach Erfüllung des Missionsauftrages
abseilen wollte. Dann musste es schnell gehen. Wenn es soweit
war, würde auf dem ganzen Gelände der Teufel los sein.
Er blickte hinunter und suchte nach seinen Kameraden. Nichts.
Er entdeckte niemanden. Das ganze Gelände wirkte wie ausgestorben.
Dann war es an der Zeit die Waffe fertig zu machen. Mit geübten
Griffen holte er die einzelnen Komponenten des Gewehrs aus dem
Tornister und setzte sie zusammen. Die Bewegungsabläufe
dafür waren ihm in den langen Stunden des Trainings in
Fleisch und Blut übergegangen und er hätte sie in
völliger Finsternis oder im Halbschlaf zusammensetzen können.
Alle Waffenteile waren Nachtschwarz und zumindest die äußere
Gehäuseoberfläche zusätzlich noch leicht aufgeraut.
Das sorgte einmal dafür, dass sich auch nicht der kleinste
Lichtreflex auf ihr brach und zum andern konnte sie einem so
nicht aus der Hand rutschen. Die Waffe neigte dazu ungeübten
Schützen mühelos die Schulter auszurenken, wenn man
nicht daran gewöhnt war, weswegen sie Gelschulterstütze
enthielt, um den mächtigen Rückstoß zu mildern.
Als letztes holte er nun die hochsensible Zieloptik aus ihrem
Futteral und lies sie in die Halterung einrasten. Sie war das
Herz der Waffe. Die empfindliche Elektronik im Inneren des Gehäuses
begann zu arbeiten und kleine Leuchtdioden blinkten kurz auf,
als sich das Gerät an die herrschenden Lichtverhältnisse
anpasste. Nun war die Waffe in der Lage Entfernungen, Windgeschwindigkeiten
und Schusswinkel zu messen und zu berechnen. Ein unsichtbarer
Ziellaser würde jedes aus ihr abgefeuerte Projektil ins
Ziel bringen. Schlechte Sichtverhältnisse bei Nacht und
Nebel, Rauch oder starker Regen wurde nun automatisch kompensiert
und ausgeglichen. Ein leiser Piepton zeigte an, dass die Zieloptik
bereit war. Ruhig legte er sich auf die Lauer. Laut Zeitplan
hatte er noch etliche Minuten Zeit, bis das Zielobjekt eintraf.
Sein Zielgebiet lag vor ihm. Die Start- und Landebahnen lagen
verwaist dar. Das Gelände wurde nur noch selten benutzt,
weil es so weitab von den großen Zentren lag. Ideal für
Operationen, die nicht unbedingt an die Öffentlichkeit
sollten. So sollte es auch heute sein. Ein geheimes Treffen,
von dem sich beide Seiten Vorteile versprachen. Doch war dieses
Treffen nicht so geheim geblieben, wie es die Beteiligten gerne
hätten. Doch noch ahnten sie nichts von ihrem Unglück.
Die Zielzone war frei von jeglicher Deckung und versprach beste
Sichtverhältnisse, wenn die Sonne in wenigen Minuten aufgegangen
war, um den noch jungen Tag zu erhellen. Ein einzelner Hangar
lag scheinbar verlassen am Rande eines kleinen Flugfeldes. Er
staunte wieder einmal über die Detailschärfe der Zieloptik,
die alles perfekt heranzoomte, obwohl das Ziel fast zwei Kilometer
entfernt sein würde.
Ein Zirpen erreichte seine Ohren. Das Signal. Das Zielobjekt
war auf dem Weg. Mit geübtem Griff holte er ein Magazin
mit mehreren großkalibrigen Projektilen aus der Tasche.
Diese Geschosse besaßen Miniaturtriebwerke, die sie bei
einigen Sekunden Brenndauer so beschleunigen würden, dass
sie so gut wie alles durchschlagen würden. Sie waren speziell
beschichtet und besaßen weitere, ihm aber leider unbekannte,
Eigenschaften, um das Ziel auf jeden Fall zu töten. Er
wusste nur, dass die Magazinhülle strahlenresistent war,
um den Schützen nicht zu schädigen. Zusätzlich
stopfte er sich zwei Gummipfropfen in die Ohren. Nun machte
er Bewegungen im Zielgebiet aus. Die Hangartore öffneten
sich und zwei Panzerwagen rollten aus dem Hangar. Sie entluden
Soldaten mit schussbereiten Waffen. Dann folgten einige hohe
Offiziere und zwei lokale politische Würdenträger.
Er konnte die Namen auf ihren Uniformen lesen und die glitzernden
Steine in ihren Amtsketten erkennen. Er blickte kurz auf und
suchte den Himmel ab. Dann konnte er den nahenden Schweber ausmachen,
der die Zielperson enthielt. Als der Schweber zur Landung auf
dem Landefeld ansetzte, konnte er durch die Zieloptik mehrere
ungewöhnliche Details an dem fremden Fahrzeug ausmachen.
Das Adrenalin pulsierte erneut durch seine Adern und er spürte
die Erregung des Jägers, der seine Beute gesichtet hatte.
Er zwang sich zur Ruhe und verlangsamte bewusst seine Atmung.
Nicht auszudenken, wenn er die Gelegenheit vertat, nur weil
ihm vor Aufregung die Hände zitterten. Er hatte eigentlich
angenommen, schon längst gegen solche Gefühle abgestumpft
zu sein. Doch das Gefühl der Macht war wieder da. Die Macht,
Herr über Leben und Tod zu sein. Er würde Leben nehmen
und Tod geben. Der Schweber setzte auf und öffnete seine
Luken. Auch aus ihm stiegen bewaffnete Krieger aus. Doch waren
ihre Waffen fremdartig und ihre Kampfanzüge geradezu exotisch.
Sie trugen seltsame Helme, die sie wie Insekten wirken ließen.
Sie waren so anders, wie er es sich in seinen kühnsten
Träumen nicht hatte vorstellen können. Erst nachdem
sie die Lage als sicher und die Soldaten und Würdenträger
als ungefährlich einstuft hatten, verlies ihr Anführer
den schwer gepanzerten Schweber, die Zielperson!
Nun sah er diese Fremden das erste Mal ohne einen Helm. Ihr
Anführer war eine große schlanke Erscheinung, gekleidet
in eine helle Robe und ohne jegliche Waffen oder Ausrüstungsgegenstände,
nicht einmal Körperpanzerung war auszumachen. Der Kopf
war bis auf einen seitlichen Zopf haarlos. Das Gesicht war glatt
und von hellgrauer leichtbläulich schimmernder Haut überzogen.
Der Mund war lippenlos und das Wesen schien über keine
Nase zu verfügen. Die Augen waren rötlich und schienen
von innen heraus zu glühen. Auf der Stirn öffnete
sich eine Vertiefung, in dessen Mitte ein Edelstein zu glitzern
schien. Vielleicht ein kristallines Schmuckstück? Statt
Füßen schien diese Kreatur über eine Art Hufe
zu verfügen. Alles in allem ein seltsamer Anblick. Und
dennoch strahlte von dem Wesen eine Art Aura, die er nicht direkt
einordnen konnte. Er legte das Fadenkreuz der Zieloptik nun
direkt auf die Stirn des Wesens und suchte mit dem Finger den
Druckpunkt des Abzuges. Das Fadenkreuz verfolgte jede Bewegung
des Fremden. Dann schien die Zielperson irgendetwas zu spüren.
Suchend blickte sie sich um und schaute dann direkt in seine
Richtung. Unmöglich! War er etwa entdeckt worden? Plötzlich
zersplitterte der Kristall auf der Stirn und dunkles Blut spritzte
aus der Wunde. Der Knall war wie immer unglaublich laut gewesen.
Der Rückstoß war wie immer mehr schlecht als recht
abgedämpft worden. Die Waffe hatte ihm wieder einmal blaue
Flecken beschert. Und doch musste er noch ein weiteres Mal durch
die Zieloptik blicken. Der Anführer der Fremden war zusammengesackt.
Die hintere Hälfte seines Kopfes war nicht mehr existent
und sein Blut hatte eine große Lache um ihn und seine,
nun auf ihn zustürzenden, Beschützer gebildet. Sie
hatten erst jetzt den Schall wahrgenommen den der Schuss verursacht
hatte. Augenblicklich schien sich ein Schutzfeld um sie zu bilden
und alle restlichen Krieger reagierten nun wie ein Mann und
eröffneten das Feuer auf die Soldaten. Der Schweber fuhr
auf einmal schwere Waffen an seinen Seiten aus und begann die
Panzerwagen unter Feuer zu nehmen. Die hellblauen Strahlen aus
ihren Mündungen verwandelten Mensch und Material zu Asche.
Als alle Fremden wieder im Innern des Schwebers waren, flog
dieser mit Höchstgeschwindigkeit in den Himmel davon. Der
Auftrag war erfüllt.
Schnell baute er die Waffe wieder auseinander. Der Schuss war
zwar laut genug gewesen um überall im Lager gehört
worden zu sein, aber die Soldaten reagierten nur langsam darauf,
da sich das laute Geräusch nicht wiederholt hatte. Sicherlich
hatten sie jetzt erst versucht, per Funk Meldungen von ihren
Wachposten einzuholen. Und nun würden sie auch erst das
kurze Feuergefecht in zwei Kilometern Entfernung registrieren.
Aufgeregte Soldaten kamen aus den Türen und riefen in ihrer
unverständlichen Sprache Befehle und Kommandos wild durcheinander.
Doch nun wurden auch seine Kameraden aktiv. Sie feuerten aus
ihren versteckten Stellungen auf die noch verwirrten Soldaten,
warfen Granaten in nun offene Türen und zündeten platzierte
Sprengsätze. Ihre Gegner wollten auf ihre jeweiligen Verteidigungsstellungen,
mussten jedoch feststellen, dass der Feind schon längst
in der Anlage war. Endlich war er wieder auf ebener Erde und
konnte seine Kameraden unterstützen. Zuvor zündete
er noch das Seil an. Es würde bis nach oben abbrennen und
keine sichtbaren Spuren hinterlassen, außer etwas Asche,
die mit dem nächsten Windhauch weggeweht werden würde.
Schnell machte er sich auf den Rückweg in den relativ sicheren
Wald. Mit der Fernbedienung unterbrach er die Stromzufuhr des
Elektrozauns. Noch konnten er und seine Kameraden das Überraschungsmoment
ausnutzen, doch es konnte nicht mehr lange dauern, bis sich
die Soldaten formiert hatten und gezielt gegen die Eindringlinge
vorgehen würden.
Mit gezogener Pistole rannte er durch das Durcheinander und
versuchte, den Soldaten so gut es ging aus dem Weg zu gehen.
Systematisch arbeitete er sich von Deckung zu Deckung in Richtung
Zaun vor. Rauchbomben sorgten für zusätzliche Verwirrung
und deckten seinen Rückzug. Ab und zu sah er einige seiner
Kameraden bis sie um die nächste Ecke verschwunden waren.
Dann stellte sich ihm einer der Soldaten mit dem Gewehr im Anschlag
entgegen und rief ihm etwas unverständliches zu. Die Art
wie der Soldat ihn anschrie, sagte mehr als tausend Worte. Er
hob die Pistole und drückte ab, ohne auch nur anzuhalten.
Beim Training hatte man ihm beigebracht, zu reagieren ohne nachzudenken.
Nur das Ziel zählte. Jedes Hindernis auf dem Weg dorthin
musste überwunden werden. Der Soldat war viel zu überrascht
gewesen, um noch auszuweichen. Dann fiel er auch schon zu Boden.
Vor ihm wartete einer seiner Kameraden, der sich ein Gewehr
von einem der Soldaten gegriffen hatte und nun Deckungsfeuer
gab. Mit Handzeichen mahnte er zur Eile und gab kurz darauf
ein paar gezielte Feuerstöße in Richtung der Verfolger
ab. Dann hatte er ihn passiert und war schon in Sichtweite des
Zauns. Darin klaffte ein Loch, gerade groß genug, um durchzuschlüpfen.
Als er durch war, drehte er sich um dem Rest des Teams Deckung
zu geben. Doch dann sah er den Schweber der Fremden wieder.
Das Fahrzeug musste umgekehrt sein, um den Tod der Zielperson
zu rächen. Die Bordwaffen feuerten und töteten Jeden,
den die Zielsensoren erfassten. Auch die Gebäude wurden
beschossen woraufhin sie zusammenbrachen. Die Soldaten hatten
die Eindringlinge längst vergessen und feuerten mit ihren
Gewehren nun auf das fremde Fahrzeug. Er wartet so lange es
ihm möglich war auf noch fehlenden Kameraden, aber es kamen
keine mehr. Als ihn kurz darauf wieder die ersten Bäume
umgaben und die Luft den Geruch von verbranntem Fleisch und
Feuer verloren hatte, wusste er, dass er dem Gemetzel im Zielgebiet
entkommen war. Dann hörte er die Zirplaute der Anderen
und gemeinsam zogen sie sich zurück. Der Auftrag war erfüllt
und sie hatten nur zwei der Ihren verloren. Trauern würden
sie später.
*****
Adjutant Schneider kam in das Büro des Hauptmanns. In
seinen Händen hatte er eine wichtige Botschaft. Wortlos
reichte er sie Hauptmann und salutierte. Als er gegangen war,
begann dieser die Nachricht zu lesen. Der Bericht von Sergeant
Jonas, die Spezialeinheit der Unsichtbaren hatte die geheime
Mission auf Panuran II erfolgreich absolviert und nur zwei Verluste
zu vermelden. Worum es bei der Mission genau gegangen war, wusste
er nicht. Die Befehle hatten einige zusätzliche versiegelte
Instruktionen der Inquisition enthalten. Aber Brand konnte sich
seinen Teil denken. Gerüchten zufolge hatte die Regierung
von Panuran II mit den außerirdischen Tau paktiert, um
lukrative Handelsverträge abzuschließen. Doch die
Tau hatten sich nun, aus noch unbekannten Gründen, aus
dem Panuran-Sektor zurückgezogen. Ein weiterer Bericht
war ihm heute früh zugetragen worden. Auf einem der Außenposten
in der Nähe eines stillgelegten Raumhafen auf Panuran II
war es zu einer verheerenden Brandkatastrophe gekommen, bei
der niemand überlebt hatte. Jonas Bericht enthielt über
diesem Außenposten aber keine näheren Angaben. Klar.
War bestimmt Geheimsache. Etwas später klingelte sein Telefon.
Am anderen Ende war das Hauptquartier. Sergeant Jonas und seine
Truppe Unsichtbarer bekamen eine Belobigung und die Order, sofort
zum Sektorhauptquartier aufzubrechen.
Eine Belobigung vom Hauptquartier. Respekt! Hätte er diesen
Halblingscharfschützen gar nicht zugetraut. |