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ELIAS STERN - "VON HELDEN, LEGENDEN UND MENSCHEN"

Mit aufwirbelnder Erde und rasendem Atem. So kam er zum Stillstand.
Ein grauer Schleier hatte sich um ihn gelegt.
Die Bäume, der Wald schien so nah und doch so fern, denn nicht mehr als schwache Siluetten war er, Schatten in Düsternis, ohne Form, ohne Regung, ohne Leben.
Der Nebel hatte die Landschaft genommen, mit seinen tausenden, untastbaren Armen, hielt sie fest, streckte die Hand aus und verbarg selbst der Sonne Anlitz.
Des Waldes Laut war verklungen. Stille herrschte. Doch keine Ruhe, denn die Luft selbst schien nur Luft zu holen, vor dem Sturm.
Getier, so zahlreich, das weniger als ein Blatt für ein Jedes war, hatten in ihrem Gesang inne gehalten und nun schwiegen sie, vor Furcht.

Ein Laut ertönte, fern, doch echote er durch das Geäst und die Stämme und hallte dann lauthals.
Da erwachte das Leben und die Tiere verzogen sich rasch aus ihren Nestern und Höhlen, suchten weit entfernt Schutz vor jener Kreatur, die diesen abscheulichen Laut von sich gegeben hat.
Auch er machte kehrt, rannte fort, über Stock und Stein, durchquerte den Wald ohne innezuhalten, achtete nicht der Wunden, die er erlitt und stolperte kaum noch aus dem Saum hervor.
Schwer waren seine Beine und seine Brust brannte.
Kalt war die Luft und frisch, doch schien sie seinen Durst danach nicht zu stillen vermögen.
Nass war sein Haar, hing schlaff hinab, reichte beinahe bis zu seiner Schulter.
Ein goldener Fleck war es, als der Nebel kurz borst und der Sonne Strahl kurz hindurchließ und so auf sein Haupte scheinen ließ.
Wie funkelnde Edelsteine gab das Wasser vor ihm das Licht wieder und er beugte sich hinab, ließ von der Sonne Wärme ab und erfreute sich des kühlen Nass.
Da ertönte plötzlich ein stoßender Laut.
Er lauschte.
Das Auftreten eines Hufes war es gewesen und sogleich vernahm er weitere, doch schienen sie nicht allzu rasch zu reiten, die unbekannten Reiter und auch nicht in seine Richtung.
So setzte noch ein letztes Mal zum Trinken an.
Doch kaum hatte er seinen Durst gestillt und sich selbst zur Ruhe gebracht, war sie schon wieder zu Ende.

Ein Ruf erklang, fern, doch wurde er beantwortet, scheinbar tausendfach und die Rufer schienen näher zu kommen.
Schon hörte man das Brechen von Geäst und Wurzel und da bekam er es mit Angst zu tun und erhob sich.
Weit übersprang er den kleinen, flüsternden Bach und über die kurze Wiese rannte er, wieder hinein in den Wald, doch hielt er auch dort nicht, denn Abstand suchte er nun, so weit wie möglich.
So rannte er und da vergaß er die unbekannetn Reiter und wie es hatte geschehen müssen, trat er genau zwischen sie.
Acht waren sie an Zahl.
Große Reiter waren es mit gewaltigen Pferden.
Sowohl des Reiters und des Reittiers Rüstung war schwarz und dick, unhandlich möchte man sagen, doch trugen sie sie mit scheinbarer Leichtigkeit.
Dort wo des Pferdes Panzer endete, entblößte man muskulöse, schwarze Beine, mit Hufen, die eigentlich keine waren, denn sie schienen aus Stein zu sein und Teil des Tieres selbst.
Rot waren ihre Augen, welche ihn nun boshaft begutachteten, wie auch ihre Mähne, doch schien dies etwas flüssiges zu sein, etwas, was nicht hätte dort sein sollen.
Von des Reiters Anlitz blieb er verschont, denn kein Teil von seiner selbst war zu erkennen unter den dicken Platten aus grausig verziertem Stahl.
Doch aus dem Helm schien eine ungedämpfte Bosheit auszugehen, denn aus den schwarzen Sehschlitzen schienen sie ihn begutachten, mit Augen so schwarz wie die Nacht finster.
Um ihn standen sie nun, auf einem Weg durch den Wald.
Manche blickten ihn an, andere nicht.
Doch alle verweilten sie ruhig und regungslos.
Dann trat einer der Reiter hervor, zog ein Schwert aus seiner Scheide und seltsam leuchtete das Stachelbewehrte Klinge.
Just in diesem Moment packte ihn die Verzweiflung so sehr, dass auch er sein Schwert zog,
Klein erschien es im Vergleich zu dem des Widersachers, kaum mehr als ein Dolch, oder Messer, doch hatte es sich schon häufig in der Schlacht bewiesen.
Mit einem verzweifeltem Ausruf auf den Lippen sprang er nach vorne und schwang sein Schwert umher.
Unelegant schwirrte die Klinge durch die Luft und fand erst Halt, als er seine Drehung beendete.
Das kalte Stahl hatte sich durch das Bein des Widersachers Pferd geschnitten und nun taumelte es, fiel zu Boden und begrub seinen Reiter unter sich.
Den Augenblick nützend rannte er los, hinein in den Wald und in den, nun schwachen Nebel.

Baum um Baum zogen an ihm vorbei, doch er achtete ihrer nicht, auch nur kaum seines Weges, denn die Panik trieb ihn weiter.
Hinter sich vernahm er die Laute nahender Pferde und er raste förmlich durch das Dickicht und zwischen den Stämmen durch.
Da kam es, wie es kommen musste.
Er stürzte, fiel mit dem Kopf voraus auf den Boden und verweilte einen Augenblick auf nassen Ästen und Zweigen und Blättern, während der Reiter gar über ihn hinweg ritt.
So blieb er doch noch liegen und wartete, hoffte auf ein unbemerktes Entkommen.
Da ertönte ein Laut, so schrecklich und grausam, dass er sich die Ohren zuhalten musste und er glaubte schon den Tod erblicken zu können, doch dann vernahm er weitere Geräusche.
Es waren die Rufe von Menschen wie Ehr und laut vernahm man nun das Geräusch von surrenden Pfeilen und abgefeuerten Gewehren und das Pferd und der Reiter gaben einen letzten wütenden Schrei von sich, ehe er mit einem raschen Aufprall endete.
Obgleich er sich nun in Sicherheit glaubte, erhob er sich nicht und ging zu seinen Freunden, sondern kehrte um, unwissend welche Beweggründe ihn dazu brachten.
Der Krieg war ihm zur Last gefallen und er wollte nun noch weg davon, wollte seinen Frieden finden und keinen Schlachten Ruhm.
Ein Feigling mag er sein, doch lieber ein lebender Feigling als ein toter Held und so ging er fort, kehrte seiner Vergangenheit dem Rücken.

Aber das Schicksal wollte es anders.
So erblickte er wieder die Ritter, die er zuvor hinter sich gelassen hatten, doch nun schienen sie nevös zu sein, denn die Pferde waren unruhig und die Reiter blickten aus ihren Helmen heraus rasch umher.
Und da erblickten sie ihn und er erstarrte, blieb reglos und stumm.
Doch dann blickte er empor dem Himmel entgegen und sprach: „Möchtest du meinen Tod, oder eine gute Tat?“
Da borsten plötzlich die Wolken und die Sonne warf einen weiten, hellen Schein auf ihn und verschwand dann wieder.
Er nickte.
Sein Schwert hielt er stets in seiner Hand und nun schwang er es umher und rannte los.
Ein Ruf entkam ihm, voller Wut und Hass und Angst und doch erzitterten seine Feinde nicht aber er blieb ungebremst und rannte einfach weiter.
Die Reiter gaben ihren Pferden die Sporen und rannten los, ihm entgegen.
So schienen sie aufeinanderzustoßen in lautem Getose und die Wucht sollte selbst Bäume entfesseln können.
Doch es blieb still.
Er rannte einfach.
Hindurch zwischen den Pferde Beine, wich aus und rannte trotzig weiter, seine Feinde weit hinter sich lassend und verschwand.
Aus dem Gedächtnis seiner Feinde.
Doch seiner Freunde?

Heinrichs Bart verzog sich plötzlich, ein Zeichen von Trauer, trotz der heiteren und freudigen Stimmung im Lager.
Mit seiner heilen Hand hob er seinen Krug und da wurde es ruhig und so viele Gesichter blickten ihn nun an, erwartungsvoll aber auch geduldig.
„Trotz der Annehmlichkeiten die wir uns an dieser Stelle genehmigen dürfen und des Sieges feiern den wir errungen haben, möchte ich noch einmal jener gedenken die nun nicht mit uns sein können.“
Heinrichs Stimme war laut, tosend und erfüllte das gesamte Lager.
„Viele sind gefallen, viele lassen Witwen zurück, doch nun möchte ich einer Person gedenken.“
Einige senkten den Kopf, versanken in Erinnerung.
„Er hat Furcht überwunden, die selbst den Tapfersten unter uns hätte wanken lassen.“
Er blickte umher, sah in so viele vertraute Gesichter und fand in so vielen Trauer geschieben.
„Den abscheulichen Dienern des Chaos aus dem Norden hat er sich gestellt, zweimal zumindest und hat so mir und meinen Leuten womöglich das Leben gerettet, denn sein selbstloser Einsatz hat den Feind verwirrt und sein reines Herz ließ ihn sogar einen von ihnen zu Fall bringen.“
Er seufzte.
„Gefallen ist er, doch gab er sein Leben nicht sinnlos weg, denn viele verdanken seinem Mut ihr Leben und so möchte ich auf ihn anstoßen.“
Da erhoben gar alle ihren Krug.
„Auf ihn!“ hieß es im Chor und als alle einen Schluck zu sich genommen haben fuhr er fort.
„Ich möchte euch noch einmal daran erinnern wofür er sein Leben gegeben hat und wofür bereit sind zu kämpfen, wie ein Held und als solcher soll er am Lagerfeuer besungen werden, bis er zu einer Legende wird.“
Nun verfiel er wieder in seine altvertraute, laute und starke Stimme und rief so laut er es vermochte diese Worte und alle stimmten ihm bei..
„Für das Imperium! Für Sigmar!“


Der Autor
"So sitze ich gar nieder. Vor einem leeren Blatt. Ohne Idee, ohne jeglichem Einfall. Kein Funke entspringt meinem Kopf, keine entündende Flamme schlägt aus. Wo ist der Anfang einer Geschichte? Ist es in der Welt in der sie spielt, oder bei der Person, um die sie handelt? Ich weiß es nicht. Sollen es Geschichten sein von Helden und Monstern, Legenden von großen Taten, oder aber vom einfachen Leben handeln? Ich weiß es nicht. Und guter Rat is bekanntlich teuer. Ein Mythos soll entspringen und keine schwachsinnigen Geschichten. Und obgleich ich es versuche, vermag ich keinen Anhaltspunkt zu finden, der es wert ist ein Funke zu sein. Was soll ich tun? Keine eigene Erfahrung kann ich einbauen, denn die meinen sind belanglos. Sind sie das wirklich? Zählen denn die Gefühle des Einzelnen tatsächlich weniger als die der vielen? Ich sage nein, denn es sind die Einzelnen, von denen die Legenden handeln. Von kleinen Gefühlen mögen sie beginnen und in großen Taten enden. Ist denn das Wort des Predigers höher als das des Gläubigen? Sind die Helden denn so sehr anders als all die anderen, oder sind es nur die Beweggründe, die sie so eigen machen? Was verbirgt sich hinter all dieser Pracht und Schönheit? Ist es etwas gar ungewöhnliches oder doch nur etwas einfaches? Möglicherweiße auch nur ein einfacher Mensch? Wer weiß? Denn die Legenden erzählen immer von Gestalten, welche so nie gelebt haben."

Die Jury
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