EPISCHE AUSMASSE
Das außergewöhnliche an der Verfilmung des Herr der Ringe ist die
gewaltige Größe dieses Unternehmens. Die Filme wurden ohne Unterbrechung
an einem Stück gedreht - das hatte es bis dahin in der Filmgeschichte noch
nicht gegeben. Die Dreharbeiten der gesamten Trilogie begannen nach einer mehrjährigen
Vorbereitungszeit am 11. Oktober 1999, und dauerten dann offiziell bis zum 22.
Dezember 2000 an. Auf diese 15 Monate verteilten sich insgesamt 274 Drehtage.
Es wurden jedoch noch bis Frühling 2002 nachträglich noch ein paar
Szenen neu eingespielt, so dass der gesamte Dreh am Ende knapp 300 Tage lang
gedauert haben müsste. Zeitweise operierten bis zu sieben Teams gleichzeitig
an den ca. 350 verschiedenen Drehorten in Neuseeland. Mit einer eigens dafür
eingerichteten Satellitenvideoverbindung konnte Peter Jackson immerhin drei
dieser Teams auf einmal überwachen und instruieren. Man kann sich also
in etwa vorstellen wie chaotisch und gewaltig die Dreharbeiten gewesen sein
mussten.
Danach folgt die Phase der Nachbearbeitung, die auch bis nach der Premiere des
ersten Teils noch andauern wird, da sie für jeden einzelnen der drei Filme
etwa ein halbes Jahr benötigen, um die ganzen Spezialeffekte einzusetzen,
die einzelnen Szenen zu schneiden und die Filmmusikstücke anzupassen. Die
insgesamt knapp dreijährige Arbeit stellt damit die größte Filmproduktion der
südlichen Hemisphäre dar.
CHRONOLOGIE
Es folgt eine bruchstückhafte Übersicht über den ungefähren
Zeitplan der Dreharbeiten für die HdR-Verfilmung:
[Okt 99]
Hobbits verstecken sich hinter einer Baumwurzel vor dem Schwarzen Reiter (Mt.
Victoria, Wellington)
Überquerung des Brandywein
Szenen in Bree (Fort Dorset, Seatoun)
[Nov 99]
Kampf auf der Wetterspitze (ThreeFootSix Studios, Wellington)
Boromirs Tod (Closeburn, Queenstown)
[Dez 99]
Verfolgungsjagd der Schwarzen Reiter (bei Queenstown)
[Anfang 00]
Szenen in Hobbingen (bei Matamata, Waikato)
Kampf auf Amon Hen (Closeburn, Queenstown)
Szenen mit Sarumans und Gandalf im Orthanc (ThreeFootSix Studios, Wellington)
Flucht der Gefährten vor Orks in Lothlórien (bei Glenorchy)
Szenen in Bruchtal (Kaitoke Nationalpark)
Die Schlacht von Helms Klamm (Upper Hutt)
[Apr 00]
letzte Szenen mit Saruman und Bilbo
Szenen in Mordor (Tongariro Nationalpark)
[Mai 00]
Rat von Elrond (ThreeFootSix Studios, Wellington)
[Jun 00]
Schneesturm am Caradhras (Südliche Alpen)
Abschied von Lórien am Silberlauf-Zwickel (Featherston)
letzte Szenen mit Galadriel
[Aug 00]
Schicksalsberg-Szenen in Mordor (Mt. Ruapehu, Tongariro Nationalpark)
Flussreise auf dem Anduin
Weitere Szenen in Isengart und am Amon Hen
[Sep 00]
Kampf zwischen Rohirrim und Orks (South Canterbury)
letzte Szenen mit Boromir
Szenen in und um Edoras (Mt. Sunday, Canterbury)
Gefährten auf Wanderschaft (Mt. Olympus, Golden Bay)
Flucht über die Bruinen-Furt (Arrow River, Arrowtown)
[Nov 00]
Szenen im Fangorn-Forst
[Dez 00]
Szenen in Minas Tirith und Osgiliath (Upper Hutt)
Schlacht auf den Pelennor-Feldern
[Nachdrehs]
Feb 01 - einige kleinere Szenen
Apr 01 - Flussreise auf dem Anduin
Jun 02 - einige Szenen für "Die Zwei Türme"
[Drehpausen]
Weihnachten 99 bis Anfang 00
Ende Juni bis 24. Juli 00
INFOS
Erste Szene
Die erste gedrehte Szene fand im Wald des Mt. Victoria statt und war jene, in
der die Hobbits den Schwarzen Reiter hören und sich im Wald verstecken. Der
Ringgeist bleibt dann stehen, sitzt ab, sucht herum und reitet dann von dannen.
Trotz der relativ simplen Szene war der Aufwand sehr groß: Es wurden z.B. weitere
Pilze, Farne und Bäume, darunter ein riesiger Baumstumpf von der Südinsel, hinter
dem sich die Hobbits verstecken, hergebracht, um den Wald dichter erscheinen
zu lassen.
Verzögerungen
Der Rauswurf von Aragorn-Darsteller Stuart Townsend zwei Tage nach Drehbeginn
und das schwere Unwetter und die Überschwemmungen im November '99 verursachten
eine Verzögerung in der Planung, doch dank des guten Wetters zum Jahreswechsel
(Sommer auf der Südhalbkugel) konnten diese Verzögerungen wieder wettgemacht
werden.
Sicherheit & Kriminalität
Genauso wie bei "Star Wars" werden alle Dreharbeiten unter höchster
Geheimhaltung durchgeführt. Ein etwas zu geschwätziger Statist, der im Internet
mit detaillierten Informationen über die Produktion und die Arbeiten am Set
berichtet hatte, wurde daraufhin für immer aus dem Filmteam entfernt.
Doch es gibt auch Ausnahmefälle: Eine Frau aus Auckland, die wegen Spionage
für eine Woche vom Filmgelände ausgeschlossen wurde, bekam später eine Einladung
zu einer dreistündigen Besichtigung des Filmsets in Upper Hutt, inklusive eines
Interviews mit Peter Jackson, Billy Boyd und Elijah Wood.
Juni '00 gelang der neuseeländischen Polizei die Festnahme eines Stuntman, der
Filmmaterial auf Videokassetten gestohlen hatte und für große Summen über das
Internet weiterverkaufen wollte. Nur einen Monat später wurde ein 39-jähriger
New Line Unternehmensleiter festgenommen und verurteilt - wegen dem Diebstahl
von HdR-Gegenständen im Wert von bis zu 1500 Dollar. Darunter befanden sich
Schwerter, zwei Drehbuchskripts, 12 Videokassetten, und diverse Skizzen und
Konzeptzeichnungen von Rüstungen und Farbfotos von Kostümen. Der Dieb versuchte
seine Beute über den Internet-Auktionärsdienst EBay zu verkaufen. Gleichzeitig
gelang es den Behörden drei weitere Verbrecher ausfindig zu machen: Der erste
war ein ehemaliger Security Guard eines HdR-Filmsets und hatte ca. 500 Fotographien
vom Filmset und von den Requisiten gemacht, anstatt das Gelände vor neugierigen
Schaulustigen zu bewachen. Der nächste war ein 38-jähriger Geschäftsmann, der
Geld veruntreut hatte. Der letzte Verurteilte war ein 46-jähriger arbeitsloser
HdR-Fan, der Gegenstände im Wert von ca. 213 700 Dollar entwendet hatte. Er
und seine Frau waren als Statisten engagiert, doch nachdem seine Rolle gestrichen
wurde, bot man ihm einen Posten beim Sicherheitsdienst an. Er arbeitete 14-18
Stunden am Tag, sechsmal die Woche und verzichtete manchmal gar auf sein Insulin,
obwohl er Diabetiker war. Aus den gestohlenen Kostümen, Modellsoldaten, Lederhandschuhen,
Schwertern, usw. wollte der zu Sozialdiensten Verurteilte einen Schrein erstellen,
mit dem er sein Mitwirken am Film zur Schau stellen konnte.
Stunts & Kämpfe
In einem Interview erzählte Stunt Coordinator Bruce Brown davon, dass es im
Film unzählige Stuntszenen geben wird, unter anderem müssten seine Stuntleute
von Pfeilen erschossen einen Wasserfall hinunterstürzen, oder mit Sturmleitern
eine Burgmauer angreifen, nur um dann wieder von den Verteidigern hinuntergestoßen
zu werden. Nicht zu vergessen die ganzen Schwertkämpfe, Schlachten und Reiterszenen.
Zu seinem Team gehörten auch neun Reitspezialisten, die wegen schneller Reitjagden
und Pferdestürze engagiert wurden. Bei den Schlachten haben nur echte Schauspieler
und Stuntleute die vorderste Linie der Armee gebildet, der Rest wurde durch
Soldaten und Statisten gestellt.
Bruce Brown hat für jeden Charakter einen eigenen Kampfstil entwickelt und diese
von den Schauspielern einstudieren lassen. Die Variationen reichten von heimtückisch
über grazil bis hin zu unaufhaltsamen Killermaschinen. Karl Urban, welcher Éomer
verkörperte, berichtete z.B. dass sein Charakter einen gänzlich anderen und
besonders auffälligen Kampfstil besitzt. Aus den riesigen Massenschlachten würde
Éomer sich dadurch, dass er sich wie ein Tänzer durch die feindlichen
Reihen schneidet, stark hervorheben. Brown versicherte jedoch, dass die Kämpfe
äußerst realistisch aussehen, und nichts mit den modernen Filmkämpfen zu tun
haben werden. Besonders stolz sei er auf die Verpflichtung von Bob Anderson
gewesen, dem 77-jährigen Schwertmeister des Films, der sich um die Choreographie
der Schwertduelle kümmerte.
Tiere
Pferdetrainer Don Reynolds beteuerte in einem Interview die vorbildliche Behandlung
und Haltung der Tiere, nachdem ja Gerüchte von Misshandlungen und Verletzungen
aufgekommen waren. Der Reporter bekam auch die Reittiere der Hauptdarsteller
zu sehen.
Zu den schwierigsten Tricks, so erzählte Reynolds, gehörte eine Szene, in der
Aragorn schwer verwundet von seinem Ross, einem heißblütigem braunen Hengst
namens Uraeus (im Film "Brego" statt "Hasufel" aus der Buchvorlage),
gerettet werden musste. Und der grauweiße Andalusier Demero, der "Schattenfell"
spielte, war äußerst schwierig dazu zu bringen, sich ohne Sattel, Zaumzeug,
Steigbügel und Zügel reiten zu lassen. Und das Ganze musste dann auch noch mit
einem Gandalf darauf und vor einer verfolgenden Armee aus knapp 250 Pferden
funktionieren. An vorderster Front der Reiterarmee wurden immer die Pferde mit
dem stärksten und auffallendsten Charakter eingesetzt. Reynolds verriet auch,
dass die meisten Schauspieler über ein Reitdouble für haarige Szenen verfügten,
und dass die wichtigsten Pferde ebenfalls gedoubelt wurden.
Links: Ein Foto von einem Nazgûl-Pferd. Rechts: Gandalfs majestätisches Ross
Schattenfell.
Links: Basil Clapham auf Blanco, dem Double von Demero (Schattenfell), er war
auch das Reitdouble für Ian McKellen. Mitte: Pferdetrainer Don Reynolds reitet
ohne Zaumzeug Demero ein. Rechts: Liv Tylers Reitdouble Jane Abbott auf Florian,
dem Ross der Elbenprinzessin.
Ganz links: Ein Foto vom Warmblut Uraeus und Jason Hill, der Viggo Mortensen
(Aragorn) doubeln wird. Mitte links: Don Reynolds auf dem stolzen Demero (Schattenfell).
Mitte rechts: Zureiter Dave Johnson und Trainer Chris Rutten vor Legolas Pferd.
Ganz rechts: Shane und Rastus, das Paar, das Sams treues Pony spielen wird.
Doch die Arbeit von Reynolds und dem Hauptzureiter Dave Johnson ging noch viel
weiter: Sie trainierten auch Hasen, Schweine, Enten, Schafe, Frettchen, Ziegen,
Kakerlaken und neuseeländische Insekten - sogenannte "Wetas" (Namenspatron von
Peter Jacksons Effekteschmiede), die alle eine mehr oder weniger wichtige Rolle
in den Filmen spielten.
Sarumans Tod
Das folgende mysteriöse Foto zeigt eine aufgespießte Person, über deren Identität
wildeste Gerüchte kursieren. Da Gandalf ist ausgeschlossen ist, muss es sich
hier Saruman handeln, der in Isengart für ein dramatisches Ende des zweiten
Teils durch seine eigenen modernen Maschinen zu Tode kommt. Es könnte natürlich
auch nur ein Scherz der Filmemacher sein, doch Tatsache ist, dass man nach der
Veröffentlichung dieses Fotos die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärfen
ließ.
Abschluss der Dreharbeiten
Anlässlich des offiziellen Endes der Dreharbeiten versammelten sich Schauspieler
und Crew-Mitglieder am Minas Tirith Filmset zu einer Art öffentlichen Pressekonferenz
(siehe Foto) und am Abend des 22. Dezembers schließlich zu einer großen
Abschluss-Party im Wellingtoner Hafen. Eingeladen wurden nur ausgewählte
Gäste, die Besucherzahl bewog sich auf etwa 2500 Personen.